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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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der Schönheit, das von ihrem süßen Leibe sich ausgießt, ist
unlöschbar. Siehe, die Erde würde nicht wagen, sie zu ver-
schütten, sie würde sich um sie wölben, der Grabdunst würde
wie Thau an ihren Wimpern funkeln, Krystalle würden wie
Blumen um ihre Glieder sprießen und helle Quellen in
Schlaf sie murmeln.
Danton. Schlafe, mein Junge, schlafe.
Camille. Höre, Danton, unter uns gesagt, es ist so
elend, sterben zu müssen. Es hilft auch zu nichts. Ich will
dem Leben noch die letzten Blicke aus seinen hübschen Augen
stehlen, ich will die Augen offen haben.
Danton. Du wirst sie ohnehin offen behalten. Samson
drückt einem die Augen nicht zu. Der Schlaf ist barmherziger.
Schlafe, mein Junge, schlafe.
Camille. Lucile, deine Küsse phantasiren auf meinen
Lippen, jeder Kuß wird ein Traum, meine Augen sinken und
schließen ihn fest ein.
Danton. Will denn die Uhr nicht ruhen? Mit jedem
Picken schiebt sie die Wände enger um mich, bis sie so eng
sind, wie ein Sarg. -- Ich las einmal als Kind so eine
Geschichte, die Haare standen mir zu Berg. -- Ja, als Kind!
das war der Mühe werth, mich so groß zu füttern und mich
warm zu halten. Blos Arbeit für den Todtengräber! --
Es ist mir, als röch' ich schon. Mein lieber Leib, ich will
mir die Nase zuhalten und mir einbilden, du seist ein Frauen-
zimmer, das vom Tanzen schwitzt und stinkt, und dir Artig-
keiten sagen. Wir haben uns sonst schon mehr mit einander
die Zeit vertrieben. -- Morgen bist du eine zerbrochene
Fiedel, die Melodie darauf ist ausgespielt. Morgen bist du
eine leere Flasche, der Wein ist ausgetrunken, aber ich habe
der Schönheit, das von ihrem ſüßen Leibe ſich ausgießt, iſt
unlöſchbar. Siehe, die Erde würde nicht wagen, ſie zu ver-
ſchütten, ſie würde ſich um ſie wölben, der Grabdunſt würde
wie Thau an ihren Wimpern funkeln, Kryſtalle würden wie
Blumen um ihre Glieder ſprießen und helle Quellen in
Schlaf ſie murmeln.
Danton. Schlafe, mein Junge, ſchlafe.
Camille. Höre, Danton, unter uns geſagt, es iſt ſo
elend, ſterben zu müſſen. Es hilft auch zu nichts. Ich will
dem Leben noch die letzten Blicke aus ſeinen hübſchen Augen
ſtehlen, ich will die Augen offen haben.
Danton. Du wirſt ſie ohnehin offen behalten. Samſon
drückt einem die Augen nicht zu. Der Schlaf iſt barmherziger.
Schlafe, mein Junge, ſchlafe.
Camille. Lucile, deine Küſſe phantaſiren auf meinen
Lippen, jeder Kuß wird ein Traum, meine Augen ſinken und
ſchließen ihn feſt ein.
Danton. Will denn die Uhr nicht ruhen? Mit jedem
Picken ſchiebt ſie die Wände enger um mich, bis ſie ſo eng
ſind, wie ein Sarg. — Ich las einmal als Kind ſo eine
Geſchichte, die Haare ſtanden mir zu Berg. — Ja, als Kind!
das war der Mühe werth, mich ſo groß zu füttern und mich
warm zu halten. Blos Arbeit für den Todtengräber! —
Es iſt mir, als röch' ich ſchon. Mein lieber Leib, ich will
mir die Naſe zuhalten und mir einbilden, du ſeiſt ein Frauen-
zimmer, das vom Tanzen ſchwitzt und ſtinkt, und dir Artig-
keiten ſagen. Wir haben uns ſonſt ſchon mehr mit einander
die Zeit vertrieben. — Morgen biſt du eine zerbrochene
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[84/0280] der Schönheit, das von ihrem ſüßen Leibe ſich ausgießt, iſt unlöſchbar. Siehe, die Erde würde nicht wagen, ſie zu ver- ſchütten, ſie würde ſich um ſie wölben, der Grabdunſt würde wie Thau an ihren Wimpern funkeln, Kryſtalle würden wie Blumen um ihre Glieder ſprießen und helle Quellen in Schlaf ſie murmeln. Danton. Schlafe, mein Junge, ſchlafe. Camille. Höre, Danton, unter uns geſagt, es iſt ſo elend, ſterben zu müſſen. Es hilft auch zu nichts. Ich will dem Leben noch die letzten Blicke aus ſeinen hübſchen Augen ſtehlen, ich will die Augen offen haben. Danton. Du wirſt ſie ohnehin offen behalten. Samſon drückt einem die Augen nicht zu. Der Schlaf iſt barmherziger. Schlafe, mein Junge, ſchlafe. Camille. Lucile, deine Küſſe phantaſiren auf meinen Lippen, jeder Kuß wird ein Traum, meine Augen ſinken und ſchließen ihn feſt ein. Danton. Will denn die Uhr nicht ruhen? Mit jedem Picken ſchiebt ſie die Wände enger um mich, bis ſie ſo eng ſind, wie ein Sarg. — Ich las einmal als Kind ſo eine Geſchichte, die Haare ſtanden mir zu Berg. — Ja, als Kind! das war der Mühe werth, mich ſo groß zu füttern und mich warm zu halten. Blos Arbeit für den Todtengräber! — Es iſt mir, als röch' ich ſchon. Mein lieber Leib, ich will mir die Naſe zuhalten und mir einbilden, du ſeiſt ein Frauen- zimmer, das vom Tanzen ſchwitzt und ſtinkt, und dir Artig- keiten ſagen. Wir haben uns ſonſt ſchon mehr mit einander die Zeit vertrieben. — Morgen biſt du eine zerbrochene Fiedel, die Melodie darauf iſt ausgeſpielt. Morgen biſt du eine leere Flaſche, der Wein iſt ausgetrunken, aber ich habe

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/280>, abgerufen am 22.11.2024.