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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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Es ist noch vorzuziehen, sie treten mit gelenken Gliedern
hinter die Coulissen und können im Abgehen noch hübsch
gestikuliren und die Zuschauer klatschen hören. Das ist ganz
artig und paßt für uns, wir stehen immer auf dem Theater,
wenn wir auch zuletzt im Ernst erstochen werden. Es ist
recht gut, daß die Lebenszeit ein wenig reduzirt wird, der
Rock war zu lang, unsere Glieder konnten ihn nicht aus-
füllen. Das Leben wird ein Epigramm, das geht an; wer
hat auch Athem und Geist genug für ein Epos in fünfzig
oder sechzig Gesängen? 's ist Zeit, daß man das bischen
Essenz nicht mehr aus Zubern, sondern aus Liqueurgläschen
trinkt, so bekömmt man doch das Maul voll; sonst konnte
man kaum einige Tropfen in dem plumpen Gefäß zusammen-
rinnen machen. Endlich -- -- ich müßte schreien, das ist
mir der Mühe zu viel, das Leben ist nicht der Arbeit werth,
die man sich macht, es zu erhalten.
Paris. So flieh, Danton!
Danton. Nimmt man das Vaterland an den Schuh-
sohlen mit? -- Und endlich -- und das ist die Hauptsache:
sie werden's nicht wagen. (Zu Camille.) Komm, mein Junge,
ich sage dir: sie werden's nicht wagen. Adieu, Adieu!

(Danton und Camille ab.)
Philippeau. Da geht er hin.
Lacroix. Und glaubt kein Wort von dem, was er ge-
sagt hat. Nichts als Faulheit! Er will sich lieber guillo-
tiniren lassen, als eine Rede halten.
Paris. Was thun?
Lacroix. Heim gehen und als Lucretia auf einen an-
ständigen Fall studiren.


Es iſt noch vorzuziehen, ſie treten mit gelenken Gliedern
hinter die Couliſſen und können im Abgehen noch hübſch
geſtikuliren und die Zuſchauer klatſchen hören. Das iſt ganz
artig und paßt für uns, wir ſtehen immer auf dem Theater,
wenn wir auch zuletzt im Ernſt erſtochen werden. Es iſt
recht gut, daß die Lebenszeit ein wenig reduzirt wird, der
Rock war zu lang, unſere Glieder konnten ihn nicht aus-
füllen. Das Leben wird ein Epigramm, das geht an; wer
hat auch Athem und Geiſt genug für ein Epos in fünfzig
oder ſechzig Geſängen? 's iſt Zeit, daß man das bischen
Eſſenz nicht mehr aus Zubern, ſondern aus Liqueurgläschen
trinkt, ſo bekömmt man doch das Maul voll; ſonſt konnte
man kaum einige Tropfen in dem plumpen Gefäß zuſammen-
rinnen machen. Endlich — — ich müßte ſchreien, das iſt
mir der Mühe zu viel, das Leben iſt nicht der Arbeit werth,
die man ſich macht, es zu erhalten.
Paris. So flieh, Danton!
Danton. Nimmt man das Vaterland an den Schuh-
ſohlen mit? — Und endlich — und das iſt die Hauptſache:
ſie werden's nicht wagen. (Zu Camille.) Komm, mein Junge,
ich ſage dir: ſie werden's nicht wagen. Adieu, Adieu!

(Danton und Camille ab.)
Philippeau. Da geht er hin.
Lacroix. Und glaubt kein Wort von dem, was er ge-
ſagt hat. Nichts als Faulheit! Er will ſich lieber guillo-
tiniren laſſen, als eine Rede halten.
Paris. Was thun?
Lacroix. Heim gehen und als Lucretia auf einen an-
ſtändigen Fall ſtudiren.


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[39/0235] Es iſt noch vorzuziehen, ſie treten mit gelenken Gliedern hinter die Couliſſen und können im Abgehen noch hübſch geſtikuliren und die Zuſchauer klatſchen hören. Das iſt ganz artig und paßt für uns, wir ſtehen immer auf dem Theater, wenn wir auch zuletzt im Ernſt erſtochen werden. Es iſt recht gut, daß die Lebenszeit ein wenig reduzirt wird, der Rock war zu lang, unſere Glieder konnten ihn nicht aus- füllen. Das Leben wird ein Epigramm, das geht an; wer hat auch Athem und Geiſt genug für ein Epos in fünfzig oder ſechzig Geſängen? 's iſt Zeit, daß man das bischen Eſſenz nicht mehr aus Zubern, ſondern aus Liqueurgläschen trinkt, ſo bekömmt man doch das Maul voll; ſonſt konnte man kaum einige Tropfen in dem plumpen Gefäß zuſammen- rinnen machen. Endlich — — ich müßte ſchreien, das iſt mir der Mühe zu viel, das Leben iſt nicht der Arbeit werth, die man ſich macht, es zu erhalten. Paris. So flieh, Danton! Danton. Nimmt man das Vaterland an den Schuh- ſohlen mit? — Und endlich — und das iſt die Hauptſache: ſie werden's nicht wagen. (Zu Camille.) Komm, mein Junge, ich ſage dir: ſie werden's nicht wagen. Adieu, Adieu! (Danton und Camille ab.) Philippeau. Da geht er hin. Lacroix. Und glaubt kein Wort von dem, was er ge- ſagt hat. Nichts als Faulheit! Er will ſich lieber guillo- tiniren laſſen, als eine Rede halten. Paris. Was thun? Lacroix. Heim gehen und als Lucretia auf einen an- ſtändigen Fall ſtudiren.

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/235>, abgerufen am 24.11.2024.