Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite
die inneren Feinde der Republik zerfallen. Unter Bannern
von verschiedener Farbe und auf den verschiedensten Wegen
eilen sie Alle dem nämlichen Ziele zu. Die eine dieser
Faktionen ist nicht mehr. In ihrem affectirten Wahnsinne
suchte sie die erprobtesten Patrioten als abgenutzte Schwäch-
linge bei Seite zu werfen, um die Republik ihrer kräftigsten
Arme zu berauben. Sie erklärte der Gottheit und dem
Eigenthum den Krieg, um eine Diversion zu Gunsten der
Könige zu machen. Sie parodirte das erhabene Drama der
Revolution, um dieselbe durch studirte Ausschweifungen blos-
zustellen. Hebert's Triumph hätte die Republik in ein Chaos
verwandelt, und der Despotismus war befriedigt. Das
Schwert des Gesetzes hat den Verräther getroffen. Aber
was liegt den Fremden daran, wenn ihnen Verbrecher einer
andern Gattung zur Erreichung des nämlichen Zweckes bleiben?
Wir haben Nichts gethan, wenn wir noch eine andere Faktion
zu vernichten haben. -- Sie ist das Gegentheil der vorher-
gehenden. Sie treibt uns zur Schwäche, ihr Feldgeschrei
heißt: Erbarmen! Sie will dem Volke seine Waffen und
die Kraft, welche die Waffen führt, entreißen, um es nackt
und entnervt den Königen zu überantworten. -- Die Waffe
der Republik ist der Schrecken, die Kraft der Republik ist
die Tugend, -- die Tugend, weil ohne sie der Schrecken ver-
derblich, -- der Schrecken, weil ohne ihn die Tugend ohn-
mächtig ist. Der Schrecken ist ein Ausfluß der Tugend, er
ist nichts Anderes, als die schnelle, strenge und unbeugsame
Gerechtigkeit. Sie sagen: der Schrecken sei die Waffe einer
despotischen Regierung, die unsrige gleiche also dem Despo-
tismus. Freilich, aber so, wie das Schwerdt in den Händen
eines Freiheitshelden dem Säbel gleicht, womit der Satellit
die inneren Feinde der Republik zerfallen. Unter Bannern
von verſchiedener Farbe und auf den verſchiedenſten Wegen
eilen ſie Alle dem nämlichen Ziele zu. Die eine dieſer
Faktionen iſt nicht mehr. In ihrem affectirten Wahnſinne
ſuchte ſie die erprobteſten Patrioten als abgenutzte Schwäch-
linge bei Seite zu werfen, um die Republik ihrer kräftigſten
Arme zu berauben. Sie erklärte der Gottheit und dem
Eigenthum den Krieg, um eine Diverſion zu Gunſten der
Könige zu machen. Sie parodirte das erhabene Drama der
Revolution, um dieſelbe durch ſtudirte Ausſchweifungen blos-
zuſtellen. Hebert's Triumph hätte die Republik in ein Chaos
verwandelt, und der Despotismus war befriedigt. Das
Schwert des Geſetzes hat den Verräther getroffen. Aber
was liegt den Fremden daran, wenn ihnen Verbrecher einer
andern Gattung zur Erreichung des nämlichen Zweckes bleiben?
Wir haben Nichts gethan, wenn wir noch eine andere Faktion
zu vernichten haben. — Sie iſt das Gegentheil der vorher-
gehenden. Sie treibt uns zur Schwäche, ihr Feldgeſchrei
heißt: Erbarmen! Sie will dem Volke ſeine Waffen und
die Kraft, welche die Waffen führt, entreißen, um es nackt
und entnervt den Königen zu überantworten. — Die Waffe
der Republik iſt der Schrecken, die Kraft der Republik iſt
die Tugend, — die Tugend, weil ohne ſie der Schrecken ver-
derblich, — der Schrecken, weil ohne ihn die Tugend ohn-
mächtig iſt. Der Schrecken iſt ein Ausfluß der Tugend, er
iſt nichts Anderes, als die ſchnelle, ſtrenge und unbeugſame
Gerechtigkeit. Sie ſagen: der Schrecken ſei die Waffe einer
despotiſchen Regierung, die unſrige gleiche alſo dem Despo-
tismus. Freilich, aber ſo, wie das Schwerdt in den Händen
eines Freiheitshelden dem Säbel gleicht, womit der Satellit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div type="act" n="3">
            <div type="scene" n="4">
              <sp who="#ROB">
                <p><pb facs="#f0214" n="18"/>
die inneren Feinde der Republik zerfallen. Unter Bannern<lb/>
von ver&#x017F;chiedener Farbe und auf den ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Wegen<lb/>
eilen &#x017F;ie Alle dem nämlichen Ziele zu. Die eine die&#x017F;er<lb/>
Faktionen i&#x017F;t nicht mehr. In ihrem affectirten Wahn&#x017F;inne<lb/>
&#x017F;uchte &#x017F;ie die erprobte&#x017F;ten Patrioten als abgenutzte Schwäch-<lb/>
linge bei Seite zu werfen, um die Republik ihrer kräftig&#x017F;ten<lb/>
Arme zu berauben. Sie erklärte der Gottheit und dem<lb/>
Eigenthum den Krieg, um eine Diver&#x017F;ion zu Gun&#x017F;ten der<lb/>
Könige zu machen. Sie parodirte das erhabene Drama der<lb/>
Revolution, um die&#x017F;elbe durch &#x017F;tudirte Aus&#x017F;chweifungen blos-<lb/>
zu&#x017F;tellen. Hebert's Triumph hätte die Republik in ein Chaos<lb/>
verwandelt, und der Despotismus war befriedigt. Das<lb/>
Schwert des Ge&#x017F;etzes hat den Verräther getroffen. Aber<lb/>
was liegt den Fremden daran, wenn ihnen Verbrecher einer<lb/>
andern Gattung zur Erreichung des nämlichen Zweckes bleiben?<lb/>
Wir haben Nichts gethan, wenn wir noch eine andere Faktion<lb/>
zu vernichten haben. &#x2014; Sie i&#x017F;t das Gegentheil der vorher-<lb/>
gehenden. Sie treibt uns zur Schwäche, ihr Feldge&#x017F;chrei<lb/>
heißt: Erbarmen! Sie will dem Volke &#x017F;eine Waffen und<lb/>
die Kraft, welche die Waffen führt, entreißen, um es nackt<lb/>
und entnervt den Königen zu überantworten. &#x2014; Die Waffe<lb/>
der Republik i&#x017F;t der Schrecken, die Kraft der Republik i&#x017F;t<lb/>
die Tugend, &#x2014; die Tugend, weil ohne &#x017F;ie der Schrecken ver-<lb/>
derblich, &#x2014; der Schrecken, weil ohne ihn die Tugend ohn-<lb/>
mächtig i&#x017F;t. Der Schrecken i&#x017F;t ein Ausfluß der Tugend, er<lb/>
i&#x017F;t nichts Anderes, als die &#x017F;chnelle, &#x017F;trenge und unbeug&#x017F;ame<lb/>
Gerechtigkeit. Sie &#x017F;agen: der Schrecken &#x017F;ei die Waffe einer<lb/>
despoti&#x017F;chen Regierung, die un&#x017F;rige gleiche al&#x017F;o dem Despo-<lb/>
tismus. Freilich, aber &#x017F;o, wie das Schwerdt in den Händen<lb/>
eines Freiheitshelden dem Säbel gleicht, womit der Satellit<lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0214] die inneren Feinde der Republik zerfallen. Unter Bannern von verſchiedener Farbe und auf den verſchiedenſten Wegen eilen ſie Alle dem nämlichen Ziele zu. Die eine dieſer Faktionen iſt nicht mehr. In ihrem affectirten Wahnſinne ſuchte ſie die erprobteſten Patrioten als abgenutzte Schwäch- linge bei Seite zu werfen, um die Republik ihrer kräftigſten Arme zu berauben. Sie erklärte der Gottheit und dem Eigenthum den Krieg, um eine Diverſion zu Gunſten der Könige zu machen. Sie parodirte das erhabene Drama der Revolution, um dieſelbe durch ſtudirte Ausſchweifungen blos- zuſtellen. Hebert's Triumph hätte die Republik in ein Chaos verwandelt, und der Despotismus war befriedigt. Das Schwert des Geſetzes hat den Verräther getroffen. Aber was liegt den Fremden daran, wenn ihnen Verbrecher einer andern Gattung zur Erreichung des nämlichen Zweckes bleiben? Wir haben Nichts gethan, wenn wir noch eine andere Faktion zu vernichten haben. — Sie iſt das Gegentheil der vorher- gehenden. Sie treibt uns zur Schwäche, ihr Feldgeſchrei heißt: Erbarmen! Sie will dem Volke ſeine Waffen und die Kraft, welche die Waffen führt, entreißen, um es nackt und entnervt den Königen zu überantworten. — Die Waffe der Republik iſt der Schrecken, die Kraft der Republik iſt die Tugend, — die Tugend, weil ohne ſie der Schrecken ver- derblich, — der Schrecken, weil ohne ihn die Tugend ohn- mächtig iſt. Der Schrecken iſt ein Ausfluß der Tugend, er iſt nichts Anderes, als die ſchnelle, ſtrenge und unbeugſame Gerechtigkeit. Sie ſagen: der Schrecken ſei die Waffe einer despotiſchen Regierung, die unſrige gleiche alſo dem Despo- tismus. Freilich, aber ſo, wie das Schwerdt in den Händen eines Freiheitshelden dem Säbel gleicht, womit der Satellit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/214
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/214>, abgerufen am 24.11.2024.