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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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Am 15. Februar 1837 wurde Ludwig Börne zu
Paris, am 21. Februar Georg Büchner zu Zürich be-
erdigt. Zwei Tage später, am 23. Februar, erlitt sein
unglücklicher Glaubensgenosse, Pfarrer Weidig, in den
Darmstädter Kerkern seinen schauervollen und immer noch in
die Geheimnisse eines fürchterlichen Augenblickes begrabenen
Tod. Keiner von den Dreien sollte die Wonne haben, die
Zeit zu sehen, an deren Herbeiführung sie die Kräfte ihres
Lebens gesetzt hatten; aber auch der Schmerz wurde ihnen
erspart, die Wiedervernichtung Dessen zu erleben, was diese
Zeit als Groß und Wahr für immer errungen zu haben
glaubte! --



Büchner zählte 231/2 Jahr als ihn der Tod ereilte,
und das, was dieser kräftige Geist in so jungen Jahren be-
reits geleistet hatte, mag zeigen, was er geleistet haben würde,
wenn ein bitteres Geschick milder gegen ihn gewesen wäre.
Büchner war groß, schlank, von schönen und einnehmenden
Gesichtszügen; das lodernde Feuer seines Geistes wurde ge-
dämpft durch eine gewisse Milde und Sanftmuth seines
Wesens, die oft selbst zum Melancholischen hinneigte. Wer
ihn nach "Danton" und seinem politischen Auftreten beur-
theilt und ihn für einen wilden, das Maaß überschreitenden
Charakter hält, irrt sich sehr. Die innige Harmonie seiner
Seelenkräfte ließ keine derselben auf Kosten der anderen sich
vordrängen, und ein tiefes, weiches Gemüth spricht sich fast
in jeder Zeile seiner Briefe aus. "Er hatte die Rede und
den Gedanken," sagt Gutzkow, "stets in gleicher Gewalt
und wußte mit einer, an jungen Gelehrten so seltenen Be-

G. Büchner's Werke. m

Am 15. Februar 1837 wurde Ludwig Börne zu
Paris, am 21. Februar Georg Büchner zu Zürich be-
erdigt. Zwei Tage ſpäter, am 23. Februar, erlitt ſein
unglücklicher Glaubensgenoſſe, Pfarrer Weidig, in den
Darmſtädter Kerkern ſeinen ſchauervollen und immer noch in
die Geheimniſſe eines fürchterlichen Augenblickes begrabenen
Tod. Keiner von den Dreien ſollte die Wonne haben, die
Zeit zu ſehen, an deren Herbeiführung ſie die Kräfte ihres
Lebens geſetzt hatten; aber auch der Schmerz wurde ihnen
erſpart, die Wiedervernichtung Deſſen zu erleben, was dieſe
Zeit als Groß und Wahr für immer errungen zu haben
glaubte! —



Büchner zählte 23½ Jahr als ihn der Tod ereilte,
und das, was dieſer kräftige Geiſt in ſo jungen Jahren be-
reits geleiſtet hatte, mag zeigen, was er geleiſtet haben würde,
wenn ein bitteres Geſchick milder gegen ihn geweſen wäre.
Büchner war groß, ſchlank, von ſchönen und einnehmenden
Geſichtszügen; das lodernde Feuer ſeines Geiſtes wurde ge-
dämpft durch eine gewiſſe Milde und Sanftmuth ſeines
Weſens, die oft ſelbſt zum Melancholiſchen hinneigte. Wer
ihn nach "Danton" und ſeinem politiſchen Auftreten beur-
theilt und ihn für einen wilden, das Maaß überſchreitenden
Charakter hält, irrt ſich ſehr. Die innige Harmonie ſeiner
Seelenkräfte ließ keine derſelben auf Koſten der anderen ſich
vordrängen, und ein tiefes, weiches Gemüth ſpricht ſich faſt
in jeder Zeile ſeiner Briefe aus. "Er hatte die Rede und
den Gedanken," ſagt Gutzkow, "ſtets in gleicher Gewalt
und wußte mit einer, an jungen Gelehrten ſo ſeltenen Be-

G. Büchner's Werke. m
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[CLXXVII/0193] Am 15. Februar 1837 wurde Ludwig Börne zu Paris, am 21. Februar Georg Büchner zu Zürich be- erdigt. Zwei Tage ſpäter, am 23. Februar, erlitt ſein unglücklicher Glaubensgenoſſe, Pfarrer Weidig, in den Darmſtädter Kerkern ſeinen ſchauervollen und immer noch in die Geheimniſſe eines fürchterlichen Augenblickes begrabenen Tod. Keiner von den Dreien ſollte die Wonne haben, die Zeit zu ſehen, an deren Herbeiführung ſie die Kräfte ihres Lebens geſetzt hatten; aber auch der Schmerz wurde ihnen erſpart, die Wiedervernichtung Deſſen zu erleben, was dieſe Zeit als Groß und Wahr für immer errungen zu haben glaubte! — Büchner zählte 23½ Jahr als ihn der Tod ereilte, und das, was dieſer kräftige Geiſt in ſo jungen Jahren be- reits geleiſtet hatte, mag zeigen, was er geleiſtet haben würde, wenn ein bitteres Geſchick milder gegen ihn geweſen wäre. Büchner war groß, ſchlank, von ſchönen und einnehmenden Geſichtszügen; das lodernde Feuer ſeines Geiſtes wurde ge- dämpft durch eine gewiſſe Milde und Sanftmuth ſeines Weſens, die oft ſelbſt zum Melancholiſchen hinneigte. Wer ihn nach "Danton" und ſeinem politiſchen Auftreten beur- theilt und ihn für einen wilden, das Maaß überſchreitenden Charakter hält, irrt ſich ſehr. Die innige Harmonie ſeiner Seelenkräfte ließ keine derſelben auf Koſten der anderen ſich vordrängen, und ein tiefes, weiches Gemüth ſpricht ſich faſt in jeder Zeile ſeiner Briefe aus. "Er hatte die Rede und den Gedanken," ſagt Gutzkow, "ſtets in gleicher Gewalt und wußte mit einer, an jungen Gelehrten ſo ſeltenen Be- G. Büchner's Werke. m

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. CLXXVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/193>, abgerufen am 23.11.2024.