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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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legenheit zu heimlicher Waffenübung zu gewähren, zweitens,
neue Mitglieder zu werben, drittens, alle Befehle der Partei-
leitung, mögen sie nun Vertheilung von Flugschriften oder
Beisteuer an Geld oder endlich als letztes Ziel die Revolution
betreffen, pünktlich auszuführen. Die Parteileitung besteht
aus zuverlässigen Männern, welche in einer größeren Stadt
des Landes ihren Sitz haben, unter zeitweiliger Beiziehung
von Deputirten der einzelnen Vereine, und hat die doppelte
Aufgabe, einerseits alle auf das eigene Land bezüglichen
Anordnungen zu treffen, andrerseits mit dem "Männerbund"
zu communiciren. Als Statut endlich schlug Büchner
einen kurzen, bündigen Satz vor, welcher jedes Mitglied und
jeden Verein für die Revolution und als deren Endziel für
die Republik verpflichtete. Wie immer man diesen Plan be-
urtheilen mag, die energische Thatkraft seines Schöpfers
leuchtet überall hervor, und mit derselben Energie setzte sich
Büchner für die Annahme ein. Aber er fand vielfachen
Widerstand, den entschiedensten von Weidig. Die bisherige
Organisation, meinte dieser, zeige allerdings in der Praxis
große Mängel, welche sich indeß durch sorgliche Wahl der
Agenten, durch häufige Rundreisen der Führer beheben ließen,
an dem Prinzip aber müsse man festhalten, weil es einen
unschätzbaren Vortheil biete: möglichst geringe Gefahr der
Entdeckung. Je mehr Vereine und Formen, desto stärker
die Eventualität, der Polizei verrathen zu werden. Auch
sei Büchner's Plan deßhalb verwerflich, weil er die Partei
der Mithülfe vieler wackerer, allerdings nicht radical, sondern
constitutionell gesinnter Männer beraube, welche sich bisher
durch Geldspenden und Verbreitung der Flugschriften hilfreich
erwiesen, nun aber, wenn man ihnen den Eintritt in eine

legenheit zu heimlicher Waffenübung zu gewähren, zweitens,
neue Mitglieder zu werben, drittens, alle Befehle der Partei-
leitung, mögen ſie nun Vertheilung von Flugſchriften oder
Beiſteuer an Geld oder endlich als letztes Ziel die Revolution
betreffen, pünktlich auszuführen. Die Parteileitung beſteht
aus zuverläſſigen Männern, welche in einer größeren Stadt
des Landes ihren Sitz haben, unter zeitweiliger Beiziehung
von Deputirten der einzelnen Vereine, und hat die doppelte
Aufgabe, einerſeits alle auf das eigene Land bezüglichen
Anordnungen zu treffen, andrerſeits mit dem "Männerbund"
zu communiciren. Als Statut endlich ſchlug Büchner
einen kurzen, bündigen Satz vor, welcher jedes Mitglied und
jeden Verein für die Revolution und als deren Endziel für
die Republik verpflichtete. Wie immer man dieſen Plan be-
urtheilen mag, die energiſche Thatkraft ſeines Schöpfers
leuchtet überall hervor, und mit derſelben Energie ſetzte ſich
Büchner für die Annahme ein. Aber er fand vielfachen
Widerſtand, den entſchiedenſten von Weidig. Die bisherige
Organiſation, meinte dieſer, zeige allerdings in der Praxis
große Mängel, welche ſich indeß durch ſorgliche Wahl der
Agenten, durch häufige Rundreiſen der Führer beheben ließen,
an dem Prinzip aber müſſe man feſthalten, weil es einen
unſchätzbaren Vortheil biete: möglichſt geringe Gefahr der
Entdeckung. Je mehr Vereine und Formen, deſto ſtärker
die Eventualität, der Polizei verrathen zu werden. Auch
ſei Büchner's Plan deßhalb verwerflich, weil er die Partei
der Mithülfe vieler wackerer, allerdings nicht radical, ſondern
conſtitutionell geſinnter Männer beraube, welche ſich bisher
durch Geldſpenden und Verbreitung der Flugſchriften hilfreich
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[CV/0121] legenheit zu heimlicher Waffenübung zu gewähren, zweitens, neue Mitglieder zu werben, drittens, alle Befehle der Partei- leitung, mögen ſie nun Vertheilung von Flugſchriften oder Beiſteuer an Geld oder endlich als letztes Ziel die Revolution betreffen, pünktlich auszuführen. Die Parteileitung beſteht aus zuverläſſigen Männern, welche in einer größeren Stadt des Landes ihren Sitz haben, unter zeitweiliger Beiziehung von Deputirten der einzelnen Vereine, und hat die doppelte Aufgabe, einerſeits alle auf das eigene Land bezüglichen Anordnungen zu treffen, andrerſeits mit dem "Männerbund" zu communiciren. Als Statut endlich ſchlug Büchner einen kurzen, bündigen Satz vor, welcher jedes Mitglied und jeden Verein für die Revolution und als deren Endziel für die Republik verpflichtete. Wie immer man dieſen Plan be- urtheilen mag, die energiſche Thatkraft ſeines Schöpfers leuchtet überall hervor, und mit derſelben Energie ſetzte ſich Büchner für die Annahme ein. Aber er fand vielfachen Widerſtand, den entſchiedenſten von Weidig. Die bisherige Organiſation, meinte dieſer, zeige allerdings in der Praxis große Mängel, welche ſich indeß durch ſorgliche Wahl der Agenten, durch häufige Rundreiſen der Führer beheben ließen, an dem Prinzip aber müſſe man feſthalten, weil es einen unſchätzbaren Vortheil biete: möglichſt geringe Gefahr der Entdeckung. Je mehr Vereine und Formen, deſto ſtärker die Eventualität, der Polizei verrathen zu werden. Auch ſei Büchner's Plan deßhalb verwerflich, weil er die Partei der Mithülfe vieler wackerer, allerdings nicht radical, ſondern conſtitutionell geſinnter Männer beraube, welche ſich bisher durch Geldſpenden und Verbreitung der Flugſchriften hilfreich erwieſen, nun aber, wenn man ihnen den Eintritt in eine

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. CV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/121>, abgerufen am 28.11.2024.