Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

nach Gesetzen der Zweckmäßigkeit erreichen sollte. Hin-
reichende Beispiele hierfür werden wir unter einem spä-
teren Kapitel (Teleologie) vorzubringen Gelegenheit finden.
Daher konnte auch diese Vorstellungsweise grade unter
den Naturforschern, welche täglich und stündlich Ge-
legenheit haben, sich von dem rein mechanischen Wirken
der Naturkräfte zu überzeugen, die wenigsten Anhänger
finden. Zahlreichere Anhänger fand diejenige Ansicht,
welche eine Vermittlung in der Weise sucht, daß sie
zwar der Macht der Thatsachen gegenüber zugibt, daß
das gegenwärtige Spiel der Naturkräfte ein vollkommen
mechanisches, von jedem außer ihnen selbst gelegenen
Anstoß gänzlich unabhängiges und in keiner Weise will-
kührliches sei -- daß man aber annehmen müsse, daß
dieses nicht von Ewigkeit her so gewesen sein könne,
sondern daß eine mit der höchsten Vernunft begabte
Schöpferkraft sowohl die Materie geschaffen, als auch
derselben die Gesetze ertheilt und unzertrennbar mit ihr
verbunden habe, nach denen sie wirken und leben solle,
daß diese Schöpferkraft ihrem Werk alsdann den ersten
Anstoß der Bewegung ertheilt und sich selbst von da an
zur Ruhe begeben habe. Gegen das Wesentliche einer
solchen Ansicht glauben wir uns schon in einem früheren
Kapitel hinlänglich ausgesprochen zu haben, und werden
an einer späteren Stelle, wo es sich von der Schöpfung
im Einzelnen handelt, noch einmal darauf zurückzukom-

nach Geſetzen der Zweckmäßigkeit erreichen ſollte. Hin-
reichende Beiſpiele hierfür werden wir unter einem ſpä-
teren Kapitel (Teleologie) vorzubringen Gelegenheit finden.
Daher konnte auch dieſe Vorſtellungsweiſe grade unter
den Naturforſchern, welche täglich und ſtündlich Ge-
legenheit haben, ſich von dem rein mechaniſchen Wirken
der Naturkräfte zu überzeugen, die wenigſten Anhänger
finden. Zahlreichere Anhänger fand diejenige Anſicht,
welche eine Vermittlung in der Weiſe ſucht, daß ſie
zwar der Macht der Thatſachen gegenüber zugibt, daß
das gegenwärtige Spiel der Naturkräfte ein vollkommen
mechaniſches, von jedem außer ihnen ſelbſt gelegenen
Anſtoß gänzlich unabhängiges und in keiner Weiſe will-
kührliches ſei — daß man aber annehmen müſſe, daß
dieſes nicht von Ewigkeit her ſo geweſen ſein könne,
ſondern daß eine mit der höchſten Vernunft begabte
Schöpferkraft ſowohl die Materie geſchaffen, als auch
derſelben die Geſetze ertheilt und unzertrennbar mit ihr
verbunden habe, nach denen ſie wirken und leben ſolle,
daß dieſe Schöpferkraft ihrem Werk alsdann den erſten
Anſtoß der Bewegung ertheilt und ſich ſelbſt von da an
zur Ruhe begeben habe. Gegen das Weſentliche einer
ſolchen Anſicht glauben wir uns ſchon in einem früheren
Kapitel hinlänglich ausgeſprochen zu haben, und werden
an einer ſpäteren Stelle, wo es ſich von der Schöpfung
im Einzelnen handelt, noch einmal darauf zurückzukom-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="43"/>
nach Ge&#x017F;etzen der Zweckmäßigkeit erreichen &#x017F;ollte. Hin-<lb/>
reichende Bei&#x017F;piele hierfür werden wir unter einem &#x017F;pä-<lb/>
teren Kapitel (Teleologie) vorzubringen Gelegenheit finden.<lb/>
Daher konnte auch die&#x017F;e Vor&#x017F;tellungswei&#x017F;e grade unter<lb/>
den <hi rendition="#g">Naturfor&#x017F;chern,</hi> welche täglich und &#x017F;tündlich Ge-<lb/>
legenheit haben, &#x017F;ich von dem rein <hi rendition="#g">mechani&#x017F;chen</hi> Wirken<lb/>
der Naturkräfte zu überzeugen, die wenig&#x017F;ten Anhänger<lb/>
finden. Zahlreichere Anhänger fand diejenige An&#x017F;icht,<lb/>
welche eine Vermittlung in <hi rendition="#g">der</hi> Wei&#x017F;e &#x017F;ucht, daß &#x017F;ie<lb/>
zwar der Macht der That&#x017F;achen gegenüber zugibt, daß<lb/>
das gegenwärtige Spiel der Naturkräfte ein vollkommen<lb/>
mechani&#x017F;ches, von jedem außer ihnen &#x017F;elb&#x017F;t gelegenen<lb/>
An&#x017F;toß gänzlich unabhängiges und in keiner Wei&#x017F;e will-<lb/>
kührliches &#x017F;ei &#x2014; daß man aber annehmen mü&#x017F;&#x017F;e, daß<lb/>
die&#x017F;es nicht von Ewigkeit her &#x017F;o gewe&#x017F;en &#x017F;ein könne,<lb/>
&#x017F;ondern daß eine mit der höch&#x017F;ten Vernunft begabte<lb/>
Schöpferkraft &#x017F;owohl die Materie ge&#x017F;chaffen, als auch<lb/>
der&#x017F;elben die Ge&#x017F;etze ertheilt und unzertrennbar mit ihr<lb/>
verbunden habe, nach denen &#x017F;ie wirken und leben &#x017F;olle,<lb/>
daß die&#x017F;e Schöpferkraft ihrem Werk alsdann den er&#x017F;ten<lb/>
An&#x017F;toß der Bewegung ertheilt und &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t von da an<lb/>
zur Ruhe begeben habe. Gegen das We&#x017F;entliche einer<lb/>
&#x017F;olchen An&#x017F;icht glauben wir uns &#x017F;chon in einem früheren<lb/>
Kapitel hinlänglich ausge&#x017F;prochen zu haben, und werden<lb/>
an einer &#x017F;päteren Stelle, wo es &#x017F;ich von der Schöpfung<lb/>
im Einzelnen handelt, noch einmal darauf zurückzukom-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0063] nach Geſetzen der Zweckmäßigkeit erreichen ſollte. Hin- reichende Beiſpiele hierfür werden wir unter einem ſpä- teren Kapitel (Teleologie) vorzubringen Gelegenheit finden. Daher konnte auch dieſe Vorſtellungsweiſe grade unter den Naturforſchern, welche täglich und ſtündlich Ge- legenheit haben, ſich von dem rein mechaniſchen Wirken der Naturkräfte zu überzeugen, die wenigſten Anhänger finden. Zahlreichere Anhänger fand diejenige Anſicht, welche eine Vermittlung in der Weiſe ſucht, daß ſie zwar der Macht der Thatſachen gegenüber zugibt, daß das gegenwärtige Spiel der Naturkräfte ein vollkommen mechaniſches, von jedem außer ihnen ſelbſt gelegenen Anſtoß gänzlich unabhängiges und in keiner Weiſe will- kührliches ſei — daß man aber annehmen müſſe, daß dieſes nicht von Ewigkeit her ſo geweſen ſein könne, ſondern daß eine mit der höchſten Vernunft begabte Schöpferkraft ſowohl die Materie geſchaffen, als auch derſelben die Geſetze ertheilt und unzertrennbar mit ihr verbunden habe, nach denen ſie wirken und leben ſolle, daß dieſe Schöpferkraft ihrem Werk alsdann den erſten Anſtoß der Bewegung ertheilt und ſich ſelbſt von da an zur Ruhe begeben habe. Gegen das Weſentliche einer ſolchen Anſicht glauben wir uns ſchon in einem früheren Kapitel hinlänglich ausgeſprochen zu haben, und werden an einer ſpäteren Stelle, wo es ſich von der Schöpfung im Einzelnen handelt, noch einmal darauf zurückzukom-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/63
Zitationshilfe: Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/63>, abgerufen am 24.11.2024.