und der mit ihnen verbundenen Naturkräfte. Keine Re- volution der Erde oder des Himmels, mochte sie noch so gewaltig sein, konnte auf eine andere Weise zu Stande kommen, keine gewaltige, aus dem Aether herabgreifende Hand hob die Berge und versetzte die Meere, schuf Thiere und Menschen nach persönlichem Einfall oder Behagen, sondern es geschah durch dieselben Kräfte, die noch heute Berge und Meere versetzen und Lebendiges hervorbringen, und Alles dieses geschah als der Ausdruck strengster Nothwendigkeit. Wo Feuer und Wasser zusammenkommen, da müssen Dämpfe entstehen und ihre unwiderstehliche Kraft auf ihre Umgebung ausüben. Wo ein Samenkorn in die Erde fällt, da muß es wachsen; wo der Blitz angezogen wird, da muß er einschlagen. Könnte über diese Wahrheit irgend ein Zweifel sein? Kein Gebildeter, der die Natur und das, was ihn um- gibt, auch nur auf's Oberflächlichste beobachtet hat, der die Erwerbungen der Naturwissenschaften auch nur in ihren allgemeinsten Umrissen kennt, kann in der Ueberzeugung von der Nothwendigkeit und Unabänderlichkeit der Na- turgesetze schwankend sein. Wie mit den Geschicken der Natur, so verhält es sich auch mit den Geschicken der Menschen; keine unsichtbare Hand zieht uns wie Draht- puppen auf einem Marionettentheater hin und her -- wir selbst sind unsrer Geschicke Schmied, soweit wir nicht durch zufällige oder nothwendige persönliche oder allge-
und der mit ihnen verbundenen Naturkräfte. Keine Re- volution der Erde oder des Himmels, mochte ſie noch ſo gewaltig ſein, konnte auf eine andere Weiſe zu Stande kommen, keine gewaltige, aus dem Aether herabgreifende Hand hob die Berge und verſetzte die Meere, ſchuf Thiere und Menſchen nach perſönlichem Einfall oder Behagen, ſondern es geſchah durch dieſelben Kräfte, die noch heute Berge und Meere verſetzen und Lebendiges hervorbringen, und Alles dieſes geſchah als der Ausdruck ſtrengſter Nothwendigkeit. Wo Feuer und Waſſer zuſammenkommen, da müſſen Dämpfe entſtehen und ihre unwiderſtehliche Kraft auf ihre Umgebung ausüben. Wo ein Samenkorn in die Erde fällt, da muß es wachſen; wo der Blitz angezogen wird, da muß er einſchlagen. Könnte über dieſe Wahrheit irgend ein Zweifel ſein? Kein Gebildeter, der die Natur und das, was ihn um- gibt, auch nur auf’s Oberflächlichſte beobachtet hat, der die Erwerbungen der Naturwiſſenſchaften auch nur in ihren allgemeinſten Umriſſen kennt, kann in der Ueberzeugung von der Nothwendigkeit und Unabänderlichkeit der Na- turgeſetze ſchwankend ſein. Wie mit den Geſchicken der Natur, ſo verhält es ſich auch mit den Geſchicken der Menſchen; keine unſichtbare Hand zieht uns wie Draht- puppen auf einem Marionettentheater hin und her — wir ſelbſt ſind unſrer Geſchicke Schmied, ſoweit wir nicht durch zufällige oder nothwendige perſönliche oder allge-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0054"n="34"/>
und der mit ihnen verbundenen Naturkräfte. Keine Re-<lb/>
volution der Erde oder des Himmels, mochte ſie noch<lb/>ſo gewaltig ſein, konnte auf eine andere Weiſe zu Stande<lb/>
kommen, keine gewaltige, aus dem Aether herabgreifende<lb/>
Hand hob die Berge und verſetzte die Meere, ſchuf Thiere<lb/>
und Menſchen nach perſönlichem Einfall oder Behagen,<lb/>ſondern es geſchah durch dieſelben Kräfte, die noch heute<lb/>
Berge und Meere verſetzen und Lebendiges hervorbringen,<lb/><hirendition="#g">und Alles dieſes geſchah als der Ausdruck<lb/>ſtrengſter Nothwendigkeit</hi>. Wo Feuer und Waſſer<lb/>
zuſammenkommen, da müſſen Dämpfe entſtehen und ihre<lb/>
unwiderſtehliche Kraft auf ihre Umgebung ausüben. Wo<lb/>
ein Samenkorn in die Erde fällt, da muß es wachſen;<lb/>
wo der Blitz angezogen wird, da muß er einſchlagen.<lb/>
Könnte über dieſe Wahrheit irgend ein Zweifel ſein?<lb/>
Kein Gebildeter, der die Natur und das, was ihn um-<lb/>
gibt, auch nur auf’s Oberflächlichſte beobachtet hat, der die<lb/>
Erwerbungen der Naturwiſſenſchaften auch nur in ihren<lb/>
allgemeinſten Umriſſen kennt, kann in der Ueberzeugung<lb/>
von der Nothwendigkeit und Unabänderlichkeit der Na-<lb/>
turgeſetze ſchwankend ſein. Wie mit den Geſchicken der<lb/>
Natur, ſo verhält es ſich auch mit den Geſchicken der<lb/>
Menſchen; keine unſichtbare Hand zieht uns wie Draht-<lb/>
puppen auf einem Marionettentheater hin und her —<lb/>
wir ſelbſt ſind unſrer Geſchicke Schmied, ſoweit wir nicht<lb/>
durch zufällige oder nothwendige perſönliche oder allge-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[34/0054]
und der mit ihnen verbundenen Naturkräfte. Keine Re-
volution der Erde oder des Himmels, mochte ſie noch
ſo gewaltig ſein, konnte auf eine andere Weiſe zu Stande
kommen, keine gewaltige, aus dem Aether herabgreifende
Hand hob die Berge und verſetzte die Meere, ſchuf Thiere
und Menſchen nach perſönlichem Einfall oder Behagen,
ſondern es geſchah durch dieſelben Kräfte, die noch heute
Berge und Meere verſetzen und Lebendiges hervorbringen,
und Alles dieſes geſchah als der Ausdruck
ſtrengſter Nothwendigkeit. Wo Feuer und Waſſer
zuſammenkommen, da müſſen Dämpfe entſtehen und ihre
unwiderſtehliche Kraft auf ihre Umgebung ausüben. Wo
ein Samenkorn in die Erde fällt, da muß es wachſen;
wo der Blitz angezogen wird, da muß er einſchlagen.
Könnte über dieſe Wahrheit irgend ein Zweifel ſein?
Kein Gebildeter, der die Natur und das, was ihn um-
gibt, auch nur auf’s Oberflächlichſte beobachtet hat, der die
Erwerbungen der Naturwiſſenſchaften auch nur in ihren
allgemeinſten Umriſſen kennt, kann in der Ueberzeugung
von der Nothwendigkeit und Unabänderlichkeit der Na-
turgeſetze ſchwankend ſein. Wie mit den Geſchicken der
Natur, ſo verhält es ſich auch mit den Geſchicken der
Menſchen; keine unſichtbare Hand zieht uns wie Draht-
puppen auf einem Marionettentheater hin und her —
wir ſelbſt ſind unſrer Geſchicke Schmied, ſoweit wir nicht
durch zufällige oder nothwendige perſönliche oder allge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/54>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.