förmiger Bewegungen seinen Jnhalt nach abwärts; auf mechanische Weise erfolgen alle Muskelaktionen und voll- bringen sich die Gehbewegungen bei Menschen und Thie- ren; der Bau des Auges beruht auf denselben Gesetzen, wie die Construction einer Cammera obscura, und das Ohr empfängt die Schallwellen gleich jeder andern Höh- lung. "Jn der Wissenschaft," sagt Krahmer, "herrscht gegenwärtig kein Zweifel mehr über die Unmöglichkeit, irgend eine natürliche Eigenschaft zu bezeichnen, welche nur bei den Körpern der einen oder der andern Art vorkäme. Ebenso weiß man, daß die s. g. organischen Processe keineswegs Selbstthätigkeit genannt werden kön- nen, da auch sie, wie die Veränderungen in der anorga- nischen Welt nur unter Mitwirkung der Außenwelt und der an sie gebundenen physikalischen Kräfte zu Stande kommen." -- Daher hat die Physiologie vollkommen Recht, wenn sie, wie Schaller sagt, "jetzt vorzugsweise die Tendenz äußert, den Unterschied des Organischen vom Unorganischen als einen durchaus unwesentlichen darzustellen." Wenn uns bisweilen die Effekte organi- scher Combinationen überraschen, wenn sie uns wunder- bar, unerklärlich, nicht mit den gewöhnlichen Wirkungen natürlicher Kräfte in Einklang zu bringen scheinen, so liegt dieses Räthselhafte nicht in einer wirklichen Uner- klärlichkeit, sondern nur in der unendlichen und bis auf's Aeußerste complicirten Stoff-Combination, welche in der
förmiger Bewegungen ſeinen Jnhalt nach abwärts; auf mechaniſche Weiſe erfolgen alle Muskelaktionen und voll- bringen ſich die Gehbewegungen bei Menſchen und Thie- ren; der Bau des Auges beruht auf denſelben Geſetzen, wie die Conſtruction einer Cammera obscura, und das Ohr empfängt die Schallwellen gleich jeder andern Höh- lung. „Jn der Wiſſenſchaft,‟ ſagt Krahmer, „herrſcht gegenwärtig kein Zweifel mehr über die Unmöglichkeit, irgend eine natürliche Eigenſchaft zu bezeichnen, welche nur bei den Körpern der einen oder der andern Art vorkäme. Ebenſo weiß man, daß die ſ. g. organiſchen Proceſſe keineswegs Selbſtthätigkeit genannt werden kön- nen, da auch ſie, wie die Veränderungen in der anorga- niſchen Welt nur unter Mitwirkung der Außenwelt und der an ſie gebundenen phyſikaliſchen Kräfte zu Stande kommen.‟ — Daher hat die Phyſiologie vollkommen Recht, wenn ſie, wie Schaller ſagt, „jetzt vorzugsweiſe die Tendenz äußert, den Unterſchied des Organiſchen vom Unorganiſchen als einen durchaus unweſentlichen darzuſtellen.‟ Wenn uns bisweilen die Effekte organi- ſcher Combinationen überraſchen, wenn ſie uns wunder- bar, unerklärlich, nicht mit den gewöhnlichen Wirkungen natürlicher Kräfte in Einklang zu bringen ſcheinen, ſo liegt dieſes Räthſelhafte nicht in einer wirklichen Uner- klärlichkeit, ſondern nur in der unendlichen und bis auf’s Aeußerſte complicirten Stoff-Combination, welche in der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0243"n="223"/>
förmiger Bewegungen ſeinen Jnhalt nach abwärts; auf<lb/>
mechaniſche Weiſe erfolgen alle Muskelaktionen und voll-<lb/>
bringen ſich die Gehbewegungen bei Menſchen und Thie-<lb/>
ren; der Bau des Auges beruht auf denſelben Geſetzen,<lb/>
wie die Conſtruction einer <hirendition="#aq">Cammera obscura,</hi> und das<lb/>
Ohr empfängt die Schallwellen gleich jeder andern Höh-<lb/>
lung. „Jn der Wiſſenſchaft,‟ſagt <hirendition="#g">Krahmer,</hi>„herrſcht<lb/>
gegenwärtig kein Zweifel mehr über die Unmöglichkeit,<lb/>
irgend eine <hirendition="#g">natürliche</hi> Eigenſchaft zu bezeichnen, welche<lb/><hirendition="#g">nur</hi> bei den Körpern der einen oder der andern Art<lb/>
vorkäme. Ebenſo weiß man, daß die ſ. g. organiſchen<lb/>
Proceſſe keineswegs Selbſtthätigkeit genannt werden kön-<lb/>
nen, da auch ſie, wie die Veränderungen in der anorga-<lb/>
niſchen Welt nur unter Mitwirkung der Außenwelt und<lb/>
der an ſie gebundenen <hirendition="#g">phyſikaliſchen</hi> Kräfte zu Stande<lb/>
kommen.‟— Daher hat die Phyſiologie vollkommen<lb/>
Recht, wenn ſie, wie <hirendition="#g">Schaller</hi>ſagt, „jetzt vorzugsweiſe<lb/>
die Tendenz äußert, den Unterſchied des Organiſchen<lb/>
vom Unorganiſchen als einen durchaus unweſentlichen<lb/>
darzuſtellen.‟ Wenn uns bisweilen die Effekte organi-<lb/>ſcher Combinationen überraſchen, wenn ſie uns wunder-<lb/>
bar, unerklärlich, nicht mit den gewöhnlichen Wirkungen<lb/>
natürlicher Kräfte in Einklang zu bringen ſcheinen, ſo<lb/>
liegt dieſes Räthſelhafte nicht in einer wirklichen Uner-<lb/>
klärlichkeit, ſondern nur in der unendlichen und bis auf’s<lb/>
Aeußerſte complicirten Stoff-Combination, welche in der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[223/0243]
förmiger Bewegungen ſeinen Jnhalt nach abwärts; auf
mechaniſche Weiſe erfolgen alle Muskelaktionen und voll-
bringen ſich die Gehbewegungen bei Menſchen und Thie-
ren; der Bau des Auges beruht auf denſelben Geſetzen,
wie die Conſtruction einer Cammera obscura, und das
Ohr empfängt die Schallwellen gleich jeder andern Höh-
lung. „Jn der Wiſſenſchaft,‟ ſagt Krahmer, „herrſcht
gegenwärtig kein Zweifel mehr über die Unmöglichkeit,
irgend eine natürliche Eigenſchaft zu bezeichnen, welche
nur bei den Körpern der einen oder der andern Art
vorkäme. Ebenſo weiß man, daß die ſ. g. organiſchen
Proceſſe keineswegs Selbſtthätigkeit genannt werden kön-
nen, da auch ſie, wie die Veränderungen in der anorga-
niſchen Welt nur unter Mitwirkung der Außenwelt und
der an ſie gebundenen phyſikaliſchen Kräfte zu Stande
kommen.‟ — Daher hat die Phyſiologie vollkommen
Recht, wenn ſie, wie Schaller ſagt, „jetzt vorzugsweiſe
die Tendenz äußert, den Unterſchied des Organiſchen
vom Unorganiſchen als einen durchaus unweſentlichen
darzuſtellen.‟ Wenn uns bisweilen die Effekte organi-
ſcher Combinationen überraſchen, wenn ſie uns wunder-
bar, unerklärlich, nicht mit den gewöhnlichen Wirkungen
natürlicher Kräfte in Einklang zu bringen ſcheinen, ſo
liegt dieſes Räthſelhafte nicht in einer wirklichen Uner-
klärlichkeit, ſondern nur in der unendlichen und bis auf’s
Aeußerſte complicirten Stoff-Combination, welche in der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/243>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.