angenehm geworden, daß es jederzeit absichtlich gemieden wird. Wie könnte es auch anders sein! Es kann ja kein Zweifel mehr darüber besteheu, daß das Leben keinen Ausnahmsgesetzen gehorcht, daß es sich nicht dem Ein- fluß der anorganischen Kräfte entzieht, sondern daß es im Gegentheil nichts weiter ist, als das Produkt eines Zusammenwirkens dieser Kräfte selbst. Vor allen Dingen war die Chemie im Stande, es über jeden Zweifel hinaus zu constatiren, daß die stofflichen Grundelemente in der an- organischen und organischen Welt überall vollkommen dieselben sind, daß also beide Welten ganz aus den näm- lichen Elementen bestehen, und daß das Leben in seiner materiellen Grundlage auch kein einziges Stoffatom auf- zuweisen vermag, welches nicht auch in der anorganischen Welt ebenso vorhanden und im Kreislaufe des Stoff- wechsels wirksam wäre. Die Chemie war im Stande, die organischen Körper oder stofflichen Zusammensetzungen ganz in derselben Weise in ihre Grundelemente zu zer- legen, diese einzeln daraus darzustellen, wie sie dieses bei den nicht organischen Körpern gethan hat. Jener s. g. Urschleim, aus dem man früher alle organischen Wesen glaubte entstehen lassen zu müssen, ist ein voll- kommner chemischer Unsinn und nicht existirend. -- Schon diese eine Thatsache hätte hinreichen können, jeden Ge- danken an eine besondere Lebenskraft aus der Wissen- schaft zu verbannen. Wir haben gesehen, daß Kräfte
angenehm geworden, daß es jederzeit abſichtlich gemieden wird. Wie könnte es auch anders ſein! Es kann ja kein Zweifel mehr darüber beſteheu, daß das Leben keinen Ausnahmsgeſetzen gehorcht, daß es ſich nicht dem Ein- fluß der anorganiſchen Kräfte entzieht, ſondern daß es im Gegentheil nichts weiter iſt, als das Produkt eines Zuſammenwirkens dieſer Kräfte ſelbſt. Vor allen Dingen war die Chemie im Stande, es über jeden Zweifel hinaus zu conſtatiren, daß die ſtofflichen Grundelemente in der an- organiſchen und organiſchen Welt überall vollkommen dieſelben ſind, daß alſo beide Welten ganz aus den näm- lichen Elementen beſtehen, und daß das Leben in ſeiner materiellen Grundlage auch kein einziges Stoffatom auf- zuweiſen vermag, welches nicht auch in der anorganiſchen Welt ebenſo vorhanden und im Kreislaufe des Stoff- wechſels wirkſam wäre. Die Chemie war im Stande, die organiſchen Körper oder ſtofflichen Zuſammenſetzungen ganz in derſelben Weiſe in ihre Grundelemente zu zer- legen, dieſe einzeln daraus darzuſtellen, wie ſie dieſes bei den nicht organiſchen Körpern gethan hat. Jener ſ. g. Urſchleim, aus dem man früher alle organiſchen Weſen glaubte entſtehen laſſen zu müſſen, iſt ein voll- kommner chemiſcher Unſinn und nicht exiſtirend. — Schon dieſe eine Thatſache hätte hinreichen können, jeden Ge- danken an eine beſondere Lebenskraft aus der Wiſſen- ſchaft zu verbannen. Wir haben geſehen, daß Kräfte
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angenehm geworden, daß es jederzeit abſichtlich gemieden
wird. Wie könnte es auch anders ſein! Es kann ja kein
Zweifel mehr darüber beſteheu, daß das Leben keinen
Ausnahmsgeſetzen gehorcht, daß es ſich nicht dem Ein-
fluß der anorganiſchen Kräfte entzieht, ſondern daß es
im Gegentheil nichts weiter iſt, als das Produkt eines
Zuſammenwirkens dieſer Kräfte ſelbſt. Vor allen Dingen
war die Chemie im Stande, es über jeden Zweifel hinaus
zu conſtatiren, daß die ſtofflichen Grundelemente in der an-
organiſchen und organiſchen Welt überall vollkommen
dieſelben ſind, daß alſo beide Welten ganz aus den näm-
lichen Elementen beſtehen, und daß das Leben in ſeiner
materiellen Grundlage auch kein einziges Stoffatom auf-
zuweiſen vermag, welches nicht auch in der anorganiſchen
Welt ebenſo vorhanden und im Kreislaufe des Stoff-
wechſels wirkſam wäre. Die Chemie war im Stande, die
organiſchen Körper oder ſtofflichen Zuſammenſetzungen
ganz in derſelben Weiſe in ihre Grundelemente zu zer-
legen, dieſe einzeln daraus darzuſtellen, wie ſie dieſes
bei den nicht organiſchen Körpern gethan hat. Jener
ſ. g. Urſchleim, aus dem man früher alle organiſchen
Weſen glaubte entſtehen laſſen zu müſſen, iſt ein voll-
kommner chemiſcher Unſinn und nicht exiſtirend. — Schon
dieſe eine Thatſache hätte hinreichen können, jeden Ge-
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/237>, abgerufen am 24.11.2024.
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