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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855.

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Form und Gestaltung verleiht, man denke die sogenannte
Cohäsionskraft hinweggenommen, was würde und müßte
die Folge sein? Die Materie müßte augenblicklich in
ein formloses Nichts zerfallen. Jn der sinnlichen Welt
kennen wir kein Beispiel irgend eines Stofftheilchens,
das nicht mit Kräften begabt wäre, und vermittelst die-
ser Kräfte spielt es die ihm zugewiesene Rolle bald in
dieser, bald in jener Gestaltung, bald in Verbindung
mit gleichartigen, bald in Verbindung mit ungleichartigen
Stofftheilchen. Aber auch ideell sind wir in keiner Weise
im Stande, uns eine Vorstellung einer kraftlosen Materie
zu machen. Denken wir uns einen Urstoff, wie wir
wollen, immer müßte ein System gegenseitiger Anziehung
und Abstoßung zwischen seinen kleinsten Theilchen statt-
finden; ohne dasselbe müßten sie sich selbst aufheben und
spurlos im Weltenraume verschwimmen. "Ein Ding
ohne Eigenschaften ist ein Unding, weder vernunft-
gemäß denkbar, noch erfahrungsgemäß in der Natur
vorhanden." (Droßbach.) -- Ebenso leer und haltlos
ist der Begriff einer Kraft ohne Stoff. Jndem es
ein ausnahmsloses Gesetz ist, daß eine Kraft nur an
einem Stoff in die Erscheinung treten kann, folgt
daraus, daß Kraft nichts weiter sein kann und nicht
anders definirt werden darf, denn als eine Eigen-
schaft
der Materie, als eine "unzertrennliche, ihr von
Ewigkeit innewohnende Eigenschaft." Deßwegen lassen

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Form und Geſtaltung verleiht, man denke die ſogenannte
Cohäſionskraft hinweggenommen, was würde und müßte
die Folge ſein? Die Materie müßte augenblicklich in
ein formloſes Nichts zerfallen. Jn der ſinnlichen Welt
kennen wir kein Beiſpiel irgend eines Stofftheilchens,
das nicht mit Kräften begabt wäre, und vermittelſt die-
ſer Kräfte ſpielt es die ihm zugewieſene Rolle bald in
dieſer, bald in jener Geſtaltung, bald in Verbindung
mit gleichartigen, bald in Verbindung mit ungleichartigen
Stofftheilchen. Aber auch ideell ſind wir in keiner Weiſe
im Stande, uns eine Vorſtellung einer kraftloſen Materie
zu machen. Denken wir uns einen Urſtoff, wie wir
wollen, immer müßte ein Syſtem gegenſeitiger Anziehung
und Abſtoßung zwiſchen ſeinen kleinſten Theilchen ſtatt-
finden; ohne daſſelbe müßten ſie ſich ſelbſt aufheben und
ſpurlos im Weltenraume verſchwimmen. „Ein Ding
ohne Eigenſchaften iſt ein Unding, weder vernunft-
gemäß denkbar, noch erfahrungsgemäß in der Natur
vorhanden.‟ (Droßbach.) — Ebenſo leer und haltlos
iſt der Begriff einer Kraft ohne Stoff. Jndem es
ein ausnahmsloſes Geſetz iſt, daß eine Kraft nur an
einem Stoff in die Erſcheinung treten kann, folgt
daraus, daß Kraft nichts weiter ſein kann und nicht
anders definirt werden darf, denn als eine Eigen-
ſchaft
der Materie, als eine „unzertrennliche, ihr von
Ewigkeit innewohnende Eigenſchaft.‟ Deßwegen laſſen

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[3/0023] Form und Geſtaltung verleiht, man denke die ſogenannte Cohäſionskraft hinweggenommen, was würde und müßte die Folge ſein? Die Materie müßte augenblicklich in ein formloſes Nichts zerfallen. Jn der ſinnlichen Welt kennen wir kein Beiſpiel irgend eines Stofftheilchens, das nicht mit Kräften begabt wäre, und vermittelſt die- ſer Kräfte ſpielt es die ihm zugewieſene Rolle bald in dieſer, bald in jener Geſtaltung, bald in Verbindung mit gleichartigen, bald in Verbindung mit ungleichartigen Stofftheilchen. Aber auch ideell ſind wir in keiner Weiſe im Stande, uns eine Vorſtellung einer kraftloſen Materie zu machen. Denken wir uns einen Urſtoff, wie wir wollen, immer müßte ein Syſtem gegenſeitiger Anziehung und Abſtoßung zwiſchen ſeinen kleinſten Theilchen ſtatt- finden; ohne daſſelbe müßten ſie ſich ſelbſt aufheben und ſpurlos im Weltenraume verſchwimmen. „Ein Ding ohne Eigenſchaften iſt ein Unding, weder vernunft- gemäß denkbar, noch erfahrungsgemäß in der Natur vorhanden.‟ (Droßbach.) — Ebenſo leer und haltlos iſt der Begriff einer Kraft ohne Stoff. Jndem es ein ausnahmsloſes Geſetz iſt, daß eine Kraft nur an einem Stoff in die Erſcheinung treten kann, folgt daraus, daß Kraft nichts weiter ſein kann und nicht anders definirt werden darf, denn als eine Eigen- ſchaft der Materie, als eine „unzertrennliche, ihr von Ewigkeit innewohnende Eigenſchaft.‟ Deßwegen laſſen 1*

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Zitationshilfe: Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/23>, abgerufen am 28.11.2024.