und den Grad seiner Bildung zu schließen. Man denke an den poetischen, von ideellen Kunstgestalten bevölkerten Himmel der Griechen, in welchem die in ewiger Ju- gend und Schönheit blühenden Götter menschlich ge- nießen, lachen, kämpfen, Jntriguen spinnen und den eigentlichen Reiz ihres Daseins in dem persönlichen Ein- greifen in menschliche Schicksale finden -- jenen Him- mel, welcher Schiller zu seinem schönen sehnsüchtigen Ge- dichte an die Götter Griechenlands begeisterte. Man denke an den zürnenden, finstern Jehovah der Juden, welcher bis in's dritte und vierte Glied straft; an den christlichen Himmel, in welchem Gott seine unendliche Allmacht mit seinem Sohne theilt und die himmlische Rangordnung der Seligen ganz nach menschlichen Be- griffen bestimmt; an den Himmel der Katholiken, in welchem die im Schooße des Heilands liegende Jung- frau Maria ihre sanfte weibliche Ueberredungskunst zu Gunsten der Straffälligen bei dem himmlischen Richter geltend macht; an den Himmel der Orientalen, welcher blühende Houri's in Menge, rauschende Caskaden, ewige Kühle und ewigen sinnlichen Genuß verspricht; an den Himmel des Grönländers, in welchem dessen höchster Wunsch in dem reichlichsten Ueberfluß an Thran und Fischen sich ausspricht; an den Himmel des jagenden Jndianers, in welchem eine ewige reichliche Jagd den Seligen lohnt etc. etc. Auch in der Art des religiösen
und den Grad ſeiner Bildung zu ſchließen. Man denke an den poetiſchen, von ideellen Kunſtgeſtalten bevölkerten Himmel der Griechen, in welchem die in ewiger Ju- gend und Schönheit blühenden Götter menſchlich ge- nießen, lachen, kämpfen, Jntriguen ſpinnen und den eigentlichen Reiz ihres Daſeins in dem perſönlichen Ein- greifen in menſchliche Schickſale finden — jenen Him- mel, welcher Schiller zu ſeinem ſchönen ſehnſüchtigen Ge- dichte an die Götter Griechenlands begeiſterte. Man denke an den zürnenden, finſtern Jehovah der Juden, welcher bis in’s dritte und vierte Glied ſtraft; an den chriſtlichen Himmel, in welchem Gott ſeine unendliche Allmacht mit ſeinem Sohne theilt und die himmliſche Rangordnung der Seligen ganz nach menſchlichen Be- griffen beſtimmt; an den Himmel der Katholiken, in welchem die im Schooße des Heilands liegende Jung- frau Maria ihre ſanfte weibliche Ueberredungskunſt zu Gunſten der Straffälligen bei dem himmliſchen Richter geltend macht; an den Himmel der Orientalen, welcher blühende Houri’s in Menge, rauſchende Caskaden, ewige Kühle und ewigen ſinnlichen Genuß verſpricht; an den Himmel des Grönländers, in welchem deſſen höchſter Wunſch in dem reichlichſten Ueberfluß an Thran und Fiſchen ſich ausſpricht; an den Himmel des jagenden Jndianers, in welchem eine ewige reichliche Jagd den Seligen lohnt ꝛc. ꝛc. Auch in der Art des religiöſen
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[187/0207]
und den Grad ſeiner Bildung zu ſchließen. Man denke
an den poetiſchen, von ideellen Kunſtgeſtalten bevölkerten
Himmel der Griechen, in welchem die in ewiger Ju-
gend und Schönheit blühenden Götter menſchlich ge-
nießen, lachen, kämpfen, Jntriguen ſpinnen und den
eigentlichen Reiz ihres Daſeins in dem perſönlichen Ein-
greifen in menſchliche Schickſale finden — jenen Him-
mel, welcher Schiller zu ſeinem ſchönen ſehnſüchtigen Ge-
dichte an die Götter Griechenlands begeiſterte. Man
denke an den zürnenden, finſtern Jehovah der Juden,
welcher bis in’s dritte und vierte Glied ſtraft; an den
chriſtlichen Himmel, in welchem Gott ſeine unendliche
Allmacht mit ſeinem Sohne theilt und die himmliſche
Rangordnung der Seligen ganz nach menſchlichen Be-
griffen beſtimmt; an den Himmel der Katholiken, in
welchem die im Schooße des Heilands liegende Jung-
frau Maria ihre ſanfte weibliche Ueberredungskunſt zu
Gunſten der Straffälligen bei dem himmliſchen Richter
geltend macht; an den Himmel der Orientalen, welcher
blühende Houri’s in Menge, rauſchende Caskaden, ewige
Kühle und ewigen ſinnlichen Genuß verſpricht; an den
Himmel des Grönländers, in welchem deſſen höchſter
Wunſch in dem reichlichſten Ueberfluß an Thran und
Fiſchen ſich ausſpricht; an den Himmel des jagenden
Jndianers, in welchem eine ewige reichliche Jagd den
Seligen lohnt ꝛc. ꝛc. Auch in der Art des religiöſen
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/207>, abgerufen am 22.11.2024.
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