man den Göttern, den Andern den Thieren verglei- chen. Vom Thier bis zum höchstgebildeten Menschen zieht sich eine ununterbrochene Stufenleiter geistiger Qualitäten. Stets aber bedingen sich diese beiden Na- turen dergestalt, daß eine direkte Vergleichung zwischen beiden eigentlich gar nicht vorgenommen, sondern nur behauptet werden kann, sie seien unzertrennlich. Welche inneren Widersprüche und Unlöslichkeiten dabei der innere Dualismus und die äußere unlösliche Aneinanderkettung von Geist und Materie dem Bewußtsein des Einzelnen mit sich zu führen scheinen, kann uns bei dieser rein faktischen Frage natürlich nicht weiter bekümmern.
Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust, Die eine will sich von der andren trennen; Die eine hält, in derber Liebeslust, Sich an die Welt mit klammernden Organen, Die andre reißt gewaltsam sich vom Dust Zu den Gefilden hoher Ahnen.
Nachschrift.
Der obige Aufsatz war bereits ganz vollendet, als uns ein Bericht über einen in der letzten Naturforscher- versammlung in Göttingen durch Hrn. Professor Huschke gehaltenen Vortrag zukam, aus dem hervorgeht, daß der- selbe durch ausgedehnte und fleißige Untersuchungen das nähere Verhältniß der oben besprochenen s. g. Win- dungen des Gehirns zu den seelischen Funktionen ge-
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man den Göttern, den Andern den Thieren verglei- chen. Vom Thier bis zum höchſtgebildeten Menſchen zieht ſich eine ununterbrochene Stufenleiter geiſtiger Qualitäten. Stets aber bedingen ſich dieſe beiden Na- turen dergeſtalt, daß eine direkte Vergleichung zwiſchen beiden eigentlich gar nicht vorgenommen, ſondern nur behauptet werden kann, ſie ſeien unzertrennlich. Welche inneren Widerſprüche und Unlöslichkeiten dabei der innere Dualismus und die äußere unlösliche Aneinanderkettung von Geiſt und Materie dem Bewußtſein des Einzelnen mit ſich zu führen ſcheinen, kann uns bei dieſer rein faktiſchen Frage natürlich nicht weiter bekümmern.
Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Bruſt, Die eine will ſich von der andren trennen; Die eine hält, in derber Liebesluſt, Sich an die Welt mit klammernden Organen, Die andre reißt gewaltſam ſich vom Duſt Zu den Gefilden hoher Ahnen.
Nachſchrift.
Der obige Aufſatz war bereits ganz vollendet, als uns ein Bericht über einen in der letzten Naturforſcher- verſammlung in Göttingen durch Hrn. Profeſſor Huſchke gehaltenen Vortrag zukam, aus dem hervorgeht, daß der- ſelbe durch ausgedehnte und fleißige Unterſuchungen das nähere Verhältniß der oben beſprochenen ſ. g. Win- dungen des Gehirns zu den ſeeliſchen Funktionen ge-
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man den Göttern, den Andern den Thieren verglei-
chen. Vom Thier bis zum höchſtgebildeten Menſchen
zieht ſich eine ununterbrochene Stufenleiter geiſtiger
Qualitäten. Stets aber bedingen ſich dieſe beiden Na-
turen dergeſtalt, daß eine direkte Vergleichung zwiſchen
beiden eigentlich gar nicht vorgenommen, ſondern nur
behauptet werden kann, ſie ſeien unzertrennlich. Welche
inneren Widerſprüche und Unlöslichkeiten dabei der innere
Dualismus und die äußere unlösliche Aneinanderkettung
von Geiſt und Materie dem Bewußtſein des Einzelnen
mit ſich zu führen ſcheinen, kann uns bei dieſer rein
faktiſchen Frage natürlich nicht weiter bekümmern.
Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Bruſt,
Die eine will ſich von der andren trennen;
Die eine hält, in derber Liebesluſt,
Sich an die Welt mit klammernden Organen,
Die andre reißt gewaltſam ſich vom Duſt
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
Nachſchrift.
Der obige Aufſatz war bereits ganz vollendet, als
uns ein Bericht über einen in der letzten Naturforſcher-
verſammlung in Göttingen durch Hrn. Profeſſor Huſchke
gehaltenen Vortrag zukam, aus dem hervorgeht, daß der-
ſelbe durch ausgedehnte und fleißige Unterſuchungen das
nähere Verhältniß der oben beſprochenen ſ. g. Win-
dungen des Gehirns zu den ſeeliſchen Funktionen ge-
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/167>, abgerufen am 16.07.2024.
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