Ein Thier vollkommen auszubilden, dessen Existenz von vornherein unmöglich ist, und es zur Welt kommen zu lassen! Herr Professor Lotze in Göttingen, ein natur- philosophischer Gothaner und Rechtgläubiger, übertrifft sich selbst, indem er bei Gelegenheit der Mißgeburten sagt: "Wenn einem Foetus einmal das Gehirn fehlt, so wäre für eine freiwählende Kraft das einzig Zweckmäßige, ihre Wirkungen einzustellen, da sie diesen Mangel nicht compensiren kann. Darin aber, daß die bildenden Kräfte durch ihr Fortwirken dazu beitragen, daß ein so völlig unzweckmäßiges und elendes Geschöpf auf eine der Jdee der Gattung widerstreitende Weise eine Zeit lang existiren kann, darin scheint uns im Gegentheil ein schlagender Beweis dafür zu liegen, daß die Zweckmäßigkeit des letzten Erfolgs immer von einer Disposition rein mecha- nischer determinirter Kräfte herrührt, deren Ablauf, wenn er einmal eingeleitet ist, ohne Besinnung und Rücksicht auf sein Ziel genau soweit dem Gesetze der Trägheit nach vor sich geht, als ihm nicht ein Widerstand ent- gegengesetzt wird, etc." --
Das ist doch wohl deutlich geredet, und es erscheint dem gegenüber kaum begreiflich, wie derselbe Herr an einer anderen Stelle behaupten kann, "es habe die Na- tur, mißtrauisch gegen den Erfindungsgeist der Seele, den Körper mit gewissen mechanischen Bedingungen aus- gerüstet", welche z. B. bewirken, daß ein fremder Körper
Ein Thier vollkommen auszubilden, deſſen Exiſtenz von vornherein unmöglich iſt, und es zur Welt kommen zu laſſen! Herr Profeſſor Lotze in Göttingen, ein natur- philoſophiſcher Gothaner und Rechtgläubiger, übertrifft ſich ſelbſt, indem er bei Gelegenheit der Mißgeburten ſagt: „Wenn einem Foetus einmal das Gehirn fehlt, ſo wäre für eine freiwählende Kraft das einzig Zweckmäßige, ihre Wirkungen einzuſtellen, da ſie dieſen Mangel nicht compenſiren kann. Darin aber, daß die bildenden Kräfte durch ihr Fortwirken dazu beitragen, daß ein ſo völlig unzweckmäßiges und elendes Geſchöpf auf eine der Jdee der Gattung widerſtreitende Weiſe eine Zeit lang exiſtiren kann, darin ſcheint uns im Gegentheil ein ſchlagender Beweis dafür zu liegen, daß die Zweckmäßigkeit des letzten Erfolgs immer von einer Dispoſition rein mecha- niſcher determinirter Kräfte herrührt, deren Ablauf, wenn er einmal eingeleitet iſt, ohne Beſinnung und Rückſicht auf ſein Ziel genau ſoweit dem Geſetze der Trägheit nach vor ſich geht, als ihm nicht ein Widerſtand ent- gegengeſetzt wird, ꝛc.‟ —
Das iſt doch wohl deutlich geredet, und es erſcheint dem gegenüber kaum begreiflich, wie derſelbe Herr an einer anderen Stelle behaupten kann, „es habe die Na- tur, mißtrauiſch gegen den Erfindungsgeiſt der Seele, den Körper mit gewiſſen mechaniſchen Bedingungen aus- gerüſtet‟, welche z. B. bewirken, daß ein fremder Körper
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Ein Thier vollkommen auszubilden, deſſen Exiſtenz von
vornherein unmöglich iſt, und es zur Welt kommen zu
laſſen! Herr Profeſſor Lotze in Göttingen, ein natur-
philoſophiſcher Gothaner und Rechtgläubiger, übertrifft
ſich ſelbſt, indem er bei Gelegenheit der Mißgeburten
ſagt: „Wenn einem Foetus einmal das Gehirn fehlt, ſo
wäre für eine freiwählende Kraft das einzig Zweckmäßige,
ihre Wirkungen einzuſtellen, da ſie dieſen Mangel nicht
compenſiren kann. Darin aber, daß die bildenden Kräfte
durch ihr Fortwirken dazu beitragen, daß ein ſo völlig
unzweckmäßiges und elendes Geſchöpf auf eine der Jdee
der Gattung widerſtreitende Weiſe eine Zeit lang exiſtiren
kann, darin ſcheint uns im Gegentheil ein ſchlagender
Beweis dafür zu liegen, daß die Zweckmäßigkeit des
letzten Erfolgs immer von einer Dispoſition rein mecha-
niſcher determinirter Kräfte herrührt, deren Ablauf, wenn
er einmal eingeleitet iſt, ohne Beſinnung und Rückſicht
auf ſein Ziel genau ſoweit dem Geſetze der Trägheit
nach vor ſich geht, als ihm nicht ein Widerſtand ent-
gegengeſetzt wird, ꝛc.‟ —
Das iſt doch wohl deutlich geredet, und es erſcheint
dem gegenüber kaum begreiflich, wie derſelbe Herr an
einer anderen Stelle behaupten kann, „es habe die Na-
tur, mißtrauiſch gegen den Erfindungsgeiſt der Seele,
den Körper mit gewiſſen mechaniſchen Bedingungen aus-
gerüſtet‟, welche z. B. bewirken, daß ein fremder Körper
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/124>, abgerufen am 22.11.2024.
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