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Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835.

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griffen zu bleiben! -- Halt! Halt! Ist's das eigent-
lich? -- Sie werden sagen: seine gigantische Ge-
stalt hätte zu viel Schatten auf mich geworfen, ich
hätte ihn deßwegen aus der Sonne gehen heißen. --
Und wenn sie Recht hätten? -- Ist's denn so noth-
wendig? Ja, ja, die Republik! Er muß weg! --
Es ist lächerlich, wie meine Gedanken einander
beaufsichtigen. -- Er muß weg. Wer in einer Masse,
die vorwärts drängt, stehen bleibt, leistet so gut
Widerstand, als trät' er ihr entgegen, er wird zer-
treten. -- Wir werden das Schiff der Revolution
nicht auf den seichten Berechnungen und den Schlamm-
bänken dieser Leute stranden lassen, wir müssen die
Hand abhauen, die es zu halten wagt, und wenn
er es mit den Zähnen packte! -- Weg mit einer
Gesellschaft, die der todten Aristokratie die Kleider
ausgezogen und ihren Aussatz geerbt hat. -- Keine
Tugend! die Tugend ein Absatz meiner Schuhe!
Bei meinen Begriffen! -- Wie das immer wieder
kommt. -- Warum kann ich den Gedanken nicht
los werden? Er deutet mit blutigem Finger im-
mer da, da hin! Ich mag so viel Lappen darum
wickeln, als ich will, das Blut schlägt immer durch.
-- (Nach einer Pause:) Ich weiß nicht, was in mir
griffen zu bleiben! — Halt! Halt! Iſt’s das eigent-
lich? — Sie werden ſagen: ſeine gigantiſche Ge-
ſtalt hätte zu viel Schatten auf mich geworfen, ich
hätte ihn deßwegen aus der Sonne gehen heißen. —
Und wenn ſie Recht hätten? — Iſt’s denn ſo noth-
wendig? Ja, ja, die Republik! Er muß weg! —
Es iſt lächerlich, wie meine Gedanken einander
beaufſichtigen. — Er muß weg. Wer in einer Maſſe,
die vorwärts drängt, ſtehen bleibt, leiſtet ſo gut
Widerſtand, als trät’ er ihr entgegen, er wird zer-
treten. — Wir werden das Schiff der Revolution
nicht auf den ſeichten Berechnungen und den Schlamm-
bänken dieſer Leute ſtranden laſſen, wir müſſen die
Hand abhauen, die es zu halten wagt, und wenn
er es mit den Zähnen packte! — Weg mit einer
Geſellſchaft, die der todten Ariſtokratie die Kleider
ausgezogen und ihren Ausſatz geerbt hat. — Keine
Tugend! die Tugend ein Abſatz meiner Schuhe!
Bei meinen Begriffen! — Wie das immer wieder
kommt. — Warum kann ich den Gedanken nicht
los werden? Er deutet mit blutigem Finger im-
mer da, da hin! Ich mag ſo viel Lappen darum
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[48/0052] griffen zu bleiben! — Halt! Halt! Iſt’s das eigent- lich? — Sie werden ſagen: ſeine gigantiſche Ge- ſtalt hätte zu viel Schatten auf mich geworfen, ich hätte ihn deßwegen aus der Sonne gehen heißen. — Und wenn ſie Recht hätten? — Iſt’s denn ſo noth- wendig? Ja, ja, die Republik! Er muß weg! — Es iſt lächerlich, wie meine Gedanken einander beaufſichtigen. — Er muß weg. Wer in einer Maſſe, die vorwärts drängt, ſtehen bleibt, leiſtet ſo gut Widerſtand, als trät’ er ihr entgegen, er wird zer- treten. — Wir werden das Schiff der Revolution nicht auf den ſeichten Berechnungen und den Schlamm- bänken dieſer Leute ſtranden laſſen, wir müſſen die Hand abhauen, die es zu halten wagt, und wenn er es mit den Zähnen packte! — Weg mit einer Geſellſchaft, die der todten Ariſtokratie die Kleider ausgezogen und ihren Ausſatz geerbt hat. — Keine Tugend! die Tugend ein Abſatz meiner Schuhe! Bei meinen Begriffen! — Wie das immer wieder kommt. — Warum kann ich den Gedanken nicht los werden? Er deutet mit blutigem Finger im- mer da, da hin! Ich mag ſo viel Lappen darum wickeln, als ich will, das Blut ſchlägt immer durch. — (Nach einer Pauſe:) Ich weiß nicht, was in mir

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_danton_1835/52>, abgerufen am 23.11.2024.