Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835.
moralisches sondern auch ein politisches Verbrechen; der Lasterhafte ist der politische Feind der Freiheit, er ist ihm um so gefährlicher, je größer die Dienste sind, die er ihr scheinbar erwiesen. Der gefährlichste Bürger ist derjenige, welcher leichter ein Dutzend rothe Mützen verbraucht, als eine gute Handlung vollbringt. Ihr werdet mich leicht verstehen, wenn ihr an Leute denkt, welche sonst in Dachstuben leb- ten und jetzt in Carossen fahren und mit ehema- ligen Marquisinnen und Baronessen Unzucht trei- ben. Wir dürfen wohl fragen, ist das Volk gepfän- det, oder sind die Goldhände der Könige gedrückt worden, wenn wir Gesetzgeber des Volkes mit al- len Lastern und allem Luxus der ehemaligen Höf- linge Parade machen, wenn wir diese Marquise und Grafen reiche Weiber heirathen, üppige Gastmähler geben, spielen, Diener halten und kostbare Kleider tragen sehen? -- Wir dürfen wohl staunen, wenn wir sie Einfälle haben, schöngeistern und so etwas von gutem Ton bekommen hören. Man hat vor Kurzem auf eine unverschämte Weise den Tacitus parodirt, ich könnte mit dem Sallust antworten und den Catilina travestiren; doch ich denke, ich habe keine Striche mehr nöthig, die Porträts sind fertig.
moraliſches ſondern auch ein politiſches Verbrechen; der Laſterhafte iſt der politiſche Feind der Freiheit, er iſt ihm um ſo gefährlicher, je größer die Dienſte ſind, die er ihr ſcheinbar erwieſen. Der gefährlichſte Bürger iſt derjenige, welcher leichter ein Dutzend rothe Mützen verbraucht, als eine gute Handlung vollbringt. Ihr werdet mich leicht verſtehen, wenn ihr an Leute denkt, welche ſonſt in Dachſtuben leb- ten und jetzt in Caroſſen fahren und mit ehema- ligen Marquiſinnen und Baroneſſen Unzucht trei- ben. Wir dürfen wohl fragen, iſt das Volk gepfän- det, oder ſind die Goldhände der Könige gedrückt worden, wenn wir Geſetzgeber des Volkes mit al- len Laſtern und allem Luxus der ehemaligen Höf- linge Parade machen, wenn wir dieſe Marquiſe und Grafen reiche Weiber heirathen, üppige Gaſtmähler geben, ſpielen, Diener halten und koſtbare Kleider tragen ſehen? — Wir dürfen wohl ſtaunen, wenn wir ſie Einfälle haben, ſchöngeiſtern und ſo etwas von gutem Ton bekommen hören. Man hat vor Kurzem auf eine unverſchämte Weiſe den Tacitus parodirt, ich könnte mit dem Salluſt antworten und den Catilina traveſtiren; doch ich denke, ich habe keine Striche mehr nöthig, die Porträts ſind fertig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#ROB"> <p><pb facs="#f0032" n="28"/> moraliſches ſondern auch ein politiſches Verbrechen;<lb/> der Laſterhafte iſt der politiſche Feind der Freiheit,<lb/> er iſt ihm um ſo gefährlicher, je größer die Dienſte<lb/> ſind, die er ihr ſcheinbar erwieſen. Der gefährlichſte<lb/> Bürger iſt derjenige, welcher leichter ein Dutzend<lb/> rothe Mützen verbraucht, als eine gute Handlung<lb/> vollbringt. Ihr werdet mich leicht verſtehen, wenn<lb/> ihr an Leute denkt, welche ſonſt in Dachſtuben leb-<lb/> ten und jetzt in Caroſſen fahren und mit ehema-<lb/> ligen Marquiſinnen und Baroneſſen Unzucht trei-<lb/> ben. Wir dürfen wohl fragen, iſt das Volk gepfän-<lb/> det, oder ſind die Goldhände der Könige gedrückt<lb/> worden, wenn wir Geſetzgeber des Volkes mit al-<lb/> len Laſtern und allem Luxus der ehemaligen Höf-<lb/> linge Parade machen, wenn wir dieſe Marquiſe und<lb/> Grafen reiche Weiber heirathen, üppige Gaſtmähler<lb/> geben, ſpielen, Diener halten und koſtbare Kleider<lb/> tragen ſehen? — Wir dürfen wohl ſtaunen, wenn<lb/> wir ſie Einfälle haben, ſchöngeiſtern und ſo etwas<lb/> von gutem Ton bekommen hören. Man hat vor<lb/> Kurzem auf eine unverſchämte Weiſe den Tacitus<lb/> parodirt, ich könnte mit dem Salluſt antworten und<lb/> den Catilina traveſtiren; doch ich denke, ich habe<lb/> keine Striche mehr nöthig, die Porträts ſind fertig.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0032]
moraliſches ſondern auch ein politiſches Verbrechen;
der Laſterhafte iſt der politiſche Feind der Freiheit,
er iſt ihm um ſo gefährlicher, je größer die Dienſte
ſind, die er ihr ſcheinbar erwieſen. Der gefährlichſte
Bürger iſt derjenige, welcher leichter ein Dutzend
rothe Mützen verbraucht, als eine gute Handlung
vollbringt. Ihr werdet mich leicht verſtehen, wenn
ihr an Leute denkt, welche ſonſt in Dachſtuben leb-
ten und jetzt in Caroſſen fahren und mit ehema-
ligen Marquiſinnen und Baroneſſen Unzucht trei-
ben. Wir dürfen wohl fragen, iſt das Volk gepfän-
det, oder ſind die Goldhände der Könige gedrückt
worden, wenn wir Geſetzgeber des Volkes mit al-
len Laſtern und allem Luxus der ehemaligen Höf-
linge Parade machen, wenn wir dieſe Marquiſe und
Grafen reiche Weiber heirathen, üppige Gaſtmähler
geben, ſpielen, Diener halten und koſtbare Kleider
tragen ſehen? — Wir dürfen wohl ſtaunen, wenn
wir ſie Einfälle haben, ſchöngeiſtern und ſo etwas
von gutem Ton bekommen hören. Man hat vor
Kurzem auf eine unverſchämte Weiſe den Tacitus
parodirt, ich könnte mit dem Salluſt antworten und
den Catilina traveſtiren; doch ich denke, ich habe
keine Striche mehr nöthig, die Porträts ſind fertig.
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