aber der Weg, den er zurücklegt, ist ein sehr kurzer: vom Erzeuger zum Verbraucher. Es gibt keinen Güterumlauf. Ausgenommen sind die wenigen Artikel des auswärtigen Handels und die Pfennwerte; nur sie werden Waren; nur sie müssen mehrfach die Geldform durchlaufen, ehe sie in dem Haushalt ihre Bestimmung erfüllen. Aber es handelt sich hier um eine Ausnahme von dem System des direkten Austausches, nicht um ein konstitutives Element der ganzen Wirtschaftsordnung.
Sind auch die Anfänge volkswirtschaftlicher Arbeits- teilung und Berufsgliederung vorhanden, so gibt es doch noch keine stehenden Unternehmungen und kein Unterneh- mungskapital. Höchstens ließe sich von Handelskapital sprechen. Das Handwerk ist Uebernehmen von Arbeit, kein Unternehmen. In der Form der Stör und des Heim- werks ist es fast kapitallos. Es verkörpert Arbeit gegen Lohn in fremdem Material 1), und auch wo der Handwerker bereits mit eignen Betriebsmitteln arbeitet, vollzieht sich die Werterhöhung des Produktes nicht in der Weise, daß das- selbe in der Fabrikation fortgesetzt neue Kapitalteile einschluckt, sondern so, daß Arbeit in ihm investiert wird.
Außerordentlich gering ist auch die Menge des Leih- und Nutzkapitals. Ja man kann zweifeln, ob im mittel- alterlichen Verkehr überhaupt von Kreditgeschäften gesprochen werden kann. Das Jugendalter der Tauschwirtschaft hängt am Bargeschäft; es gibt nicht, wo nicht zugleich praesenter
1) Vgl. unten S. 100.
aber der Weg, den er zurücklegt, iſt ein ſehr kurzer: vom Erzeuger zum Verbraucher. Es gibt keinen Güterumlauf. Ausgenommen ſind die wenigen Artikel des auswärtigen Handels und die Pfennwerte; nur ſie werden Waren; nur ſie müſſen mehrfach die Geldform durchlaufen, ehe ſie in dem Haushalt ihre Beſtimmung erfüllen. Aber es handelt ſich hier um eine Ausnahme von dem Syſtem des direkten Austauſches, nicht um ein konſtitutives Element der ganzen Wirtſchaftsordnung.
Sind auch die Anfänge volkswirtſchaftlicher Arbeits- teilung und Berufsgliederung vorhanden, ſo gibt es doch noch keine ſtehenden Unternehmungen und kein Unterneh- mungskapital. Höchſtens ließe ſich von Handelskapital ſprechen. Das Handwerk iſt Uebernehmen von Arbeit, kein Unternehmen. In der Form der Stör und des Heim- werks iſt es faſt kapitallos. Es verkörpert Arbeit gegen Lohn in fremdem Material 1), und auch wo der Handwerker bereits mit eignen Betriebsmitteln arbeitet, vollzieht ſich die Werterhöhung des Produktes nicht in der Weiſe, daß das- ſelbe in der Fabrikation fortgeſetzt neue Kapitalteile einſchluckt, ſondern ſo, daß Arbeit in ihm inveſtiert wird.
Außerordentlich gering iſt auch die Menge des Leih- und Nutzkapitals. Ja man kann zweifeln, ob im mittel- alterlichen Verkehr überhaupt von Kreditgeſchäften geſprochen werden kann. Das Jugendalter der Tauſchwirtſchaft hängt am Bargeſchäft; es gibt nicht, wo nicht zugleich praeſenter
1) Vgl. unten S. 100.
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[60/0074]
aber der Weg, den er zurücklegt, iſt ein ſehr kurzer: vom
Erzeuger zum Verbraucher. Es gibt keinen Güterumlauf.
Ausgenommen ſind die wenigen Artikel des auswärtigen
Handels und die Pfennwerte; nur ſie werden Waren; nur
ſie müſſen mehrfach die Geldform durchlaufen, ehe ſie in
dem Haushalt ihre Beſtimmung erfüllen. Aber es handelt
ſich hier um eine Ausnahme von dem Syſtem des direkten
Austauſches, nicht um ein konſtitutives Element der ganzen
Wirtſchaftsordnung.
Sind auch die Anfänge volkswirtſchaftlicher Arbeits-
teilung und Berufsgliederung vorhanden, ſo gibt es doch
noch keine ſtehenden Unternehmungen und kein Unterneh-
mungskapital. Höchſtens ließe ſich von Handelskapital
ſprechen. Das Handwerk iſt Uebernehmen von Arbeit,
kein Unternehmen. In der Form der Stör und des Heim-
werks iſt es faſt kapitallos. Es verkörpert Arbeit gegen
Lohn in fremdem Material 1), und auch wo der Handwerker
bereits mit eignen Betriebsmitteln arbeitet, vollzieht ſich die
Werterhöhung des Produktes nicht in der Weiſe, daß das-
ſelbe in der Fabrikation fortgeſetzt neue Kapitalteile einſchluckt,
ſondern ſo, daß Arbeit in ihm inveſtiert wird.
Außerordentlich gering iſt auch die Menge des Leih-
und Nutzkapitals. Ja man kann zweifeln, ob im mittel-
alterlichen Verkehr überhaupt von Kreditgeſchäften geſprochen
werden kann. Das Jugendalter der Tauſchwirtſchaft hängt
am Bargeſchäft; es gibt nicht, wo nicht zugleich praeſenter
1) Vgl. unten S. 100.
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/74>, abgerufen am 24.11.2024.
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