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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.

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tikel dieses Verkehres werden in oft geschilderter Weise zu
allgemeinen Tauschmitteln: Pelze, Wollenzeug, Matten, Vieh,
Schmuckgegenstände, endlich Edelmetall. Es entsteht das
Geld; der Hausierhandel, die Märkte treten auf; es zeigen
sich Spuren entgeltlichen Kreditverkehrs.

Aber dies alles berührt die geschlossene Hauswirtschaft
nur an der Oberfläche, und so wenig uns auch die seit-
herige Litteratur über die ältere Geschichte des Handels
und der Märkte an eine richtige Schätzung dieser Dinge
gewöhnt hat, so wird doch aufs entschiedenste betont werden
müssen, daß weder bei den antiken Völkern noch im früheren
Mittelalter die Gegenstände des täglichen Bedarfs einem
regelmäßigen Austausch unterlagen. Seltene Naturprodukte,
gewerbliche Erzeugnisse von hohem spezifischem Wert bilden
die wenigen Handelsartikel. Gehen solche in den allge-
meinen Konsum über, wie im Mittelalter Wein, Salz, ge-
trocknete Fische, Wollenzeug, so werden auch Wirtschaften
auftreten müssen, welche eine Ueberschußproduktion in diesen
Dingen sich zur Aufgabe machen, und das wird die weitere
Folge haben, daß die anderen Wirtschaften die Tausch-
aequivalente jener Artikel in einer den Eigenbedarf über-
steigenden Menge hervorbringen, wie die Nordländer ihre
Pelze und ihr Vadhmal.

Aber die innere Struktur des Wirtschaftslebens wird
dadurch nicht berührt. Anstoß und Richtung empfängt jede
Einzelwirtschaft nach wie vor durch den Eigenbedarf ihrer
Angehörigen; was sie zur Befriedigung desselben selbst

tikel dieſes Verkehres werden in oft geſchilderter Weiſe zu
allgemeinen Tauſchmitteln: Pelze, Wollenzeug, Matten, Vieh,
Schmuckgegenſtände, endlich Edelmetall. Es entſteht das
Geld; der Hauſierhandel, die Märkte treten auf; es zeigen
ſich Spuren entgeltlichen Kreditverkehrs.

Aber dies alles berührt die geſchloſſene Hauswirtſchaft
nur an der Oberfläche, und ſo wenig uns auch die ſeit-
herige Litteratur über die ältere Geſchichte des Handels
und der Märkte an eine richtige Schätzung dieſer Dinge
gewöhnt hat, ſo wird doch aufs entſchiedenſte betont werden
müſſen, daß weder bei den antiken Völkern noch im früheren
Mittelalter die Gegenſtände des täglichen Bedarfs einem
regelmäßigen Austauſch unterlagen. Seltene Naturprodukte,
gewerbliche Erzeugniſſe von hohem ſpezifiſchem Wert bilden
die wenigen Handelsartikel. Gehen ſolche in den allge-
meinen Konſum über, wie im Mittelalter Wein, Salz, ge-
trocknete Fiſche, Wollenzeug, ſo werden auch Wirtſchaften
auftreten müſſen, welche eine Ueberſchußproduktion in dieſen
Dingen ſich zur Aufgabe machen, und das wird die weitere
Folge haben, daß die anderen Wirtſchaften die Tauſch-
aequivalente jener Artikel in einer den Eigenbedarf über-
ſteigenden Menge hervorbringen, wie die Nordländer ihre
Pelze und ihr Vadhmâl.

Aber die innere Struktur des Wirtſchaftslebens wird
dadurch nicht berührt. Anſtoß und Richtung empfängt jede
Einzelwirtſchaft nach wie vor durch den Eigenbedarf ihrer
Angehörigen; was ſie zur Befriedigung deſſelben ſelbſt

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[37/0051] tikel dieſes Verkehres werden in oft geſchilderter Weiſe zu allgemeinen Tauſchmitteln: Pelze, Wollenzeug, Matten, Vieh, Schmuckgegenſtände, endlich Edelmetall. Es entſteht das Geld; der Hauſierhandel, die Märkte treten auf; es zeigen ſich Spuren entgeltlichen Kreditverkehrs. Aber dies alles berührt die geſchloſſene Hauswirtſchaft nur an der Oberfläche, und ſo wenig uns auch die ſeit- herige Litteratur über die ältere Geſchichte des Handels und der Märkte an eine richtige Schätzung dieſer Dinge gewöhnt hat, ſo wird doch aufs entſchiedenſte betont werden müſſen, daß weder bei den antiken Völkern noch im früheren Mittelalter die Gegenſtände des täglichen Bedarfs einem regelmäßigen Austauſch unterlagen. Seltene Naturprodukte, gewerbliche Erzeugniſſe von hohem ſpezifiſchem Wert bilden die wenigen Handelsartikel. Gehen ſolche in den allge- meinen Konſum über, wie im Mittelalter Wein, Salz, ge- trocknete Fiſche, Wollenzeug, ſo werden auch Wirtſchaften auftreten müſſen, welche eine Ueberſchußproduktion in dieſen Dingen ſich zur Aufgabe machen, und das wird die weitere Folge haben, daß die anderen Wirtſchaften die Tauſch- aequivalente jener Artikel in einer den Eigenbedarf über- ſteigenden Menge hervorbringen, wie die Nordländer ihre Pelze und ihr Vadhmâl. Aber die innere Struktur des Wirtſchaftslebens wird dadurch nicht berührt. Anſtoß und Richtung empfängt jede Einzelwirtſchaft nach wie vor durch den Eigenbedarf ihrer Angehörigen; was ſie zur Befriedigung deſſelben ſelbſt

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Zitationshilfe: Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/51>, abgerufen am 24.11.2024.