und Pelzwaren, Männer- und Frauengewänder. Im XIV. und XV. Jahrhundert haben sich aus dem einen Schneider- gewerbe als besondere Berufszweige entwickelt: die Hand- werke des Tuchscheerers, des Seidenstickers, des Hutmachers, des Kürschners und des Flickschneiders; die Weißzeugnäherei und die Anfertigung der Frauenkleider wird weiblichen Händen überlassen.
Noch heute läßt sich auf solchen Arbeitsgebieten, welche einen kapitalistischen Betrieb nicht zulassen, der gleiche Vor- gang beobachten, z. B. in der Wissenschaft und bei den persönlichen Dienstleistungen. Es sei nur auf den ärztlichen Beruf verwiesen und seine immer zahlreicher werdenden Spezialisten. Was die letzteren für die Ausbildung der Technik leisten, ist nichts anderes, als was das mittelalter- liche Gewerbe auf dem gleichen Wege erstrebte und erreichte. Höchste individuelle Geschicklichkeit war für den städtischen Meister der alten Zeit und ist für den Spezialarzt der Gegenwart dasselbe, was für den modernen Fabrikanten seine patentierten Maschinen und Verfahrungsweisen, seine wohldisziplinierten Arbeiterscharen sind.
Während bei der modernen Arbeitsteilung jeder Fort- schritt es den Arbeitern schwieriger macht zur Selbständig- keit zu gelangen, während sie mit Notwendigkeit das Aus- einanderfallen von Arbeit und Kapital bedingt, wurde durch die mittelalterliche Berufsteilung die Zahl der selbständigen Betriebe vermehrt und die Bedeutung der Arbeit für das persönliche Fortkommen gesteigert.
und Pelzwaren, Männer- und Frauengewänder. Im XIV. und XV. Jahrhundert haben ſich aus dem einen Schneider- gewerbe als beſondere Berufszweige entwickelt: die Hand- werke des Tuchſcheerers, des Seidenſtickers, des Hutmachers, des Kürſchners und des Flickſchneiders; die Weißzeugnäherei und die Anfertigung der Frauenkleider wird weiblichen Händen überlaſſen.
Noch heute läßt ſich auf ſolchen Arbeitsgebieten, welche einen kapitaliſtiſchen Betrieb nicht zulaſſen, der gleiche Vor- gang beobachten, z. B. in der Wiſſenſchaft und bei den perſönlichen Dienſtleiſtungen. Es ſei nur auf den ärztlichen Beruf verwieſen und ſeine immer zahlreicher werdenden Spezialiſten. Was die letzteren für die Ausbildung der Technik leiſten, iſt nichts anderes, als was das mittelalter- liche Gewerbe auf dem gleichen Wege erſtrebte und erreichte. Höchſte individuelle Geſchicklichkeit war für den ſtädtiſchen Meiſter der alten Zeit und iſt für den Spezialarzt der Gegenwart dasſelbe, was für den modernen Fabrikanten ſeine patentierten Maſchinen und Verfahrungsweiſen, ſeine wohldisziplinierten Arbeiterſcharen ſind.
Während bei der modernen Arbeitsteilung jeder Fort- ſchritt es den Arbeitern ſchwieriger macht zur Selbſtändig- keit zu gelangen, während ſie mit Notwendigkeit das Aus- einanderfallen von Arbeit und Kapital bedingt, wurde durch die mittelalterliche Berufsteilung die Zahl der ſelbſtändigen Betriebe vermehrt und die Bedeutung der Arbeit für das perſönliche Fortkommen geſteigert.
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und Pelzwaren, Männer- und Frauengewänder. Im XIV.
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werke des Tuchſcheerers, des Seidenſtickers, des Hutmachers,
des Kürſchners und des Flickſchneiders; die Weißzeugnäherei
und die Anfertigung der Frauenkleider wird weiblichen
Händen überlaſſen.
Noch heute läßt ſich auf ſolchen Arbeitsgebieten, welche
einen kapitaliſtiſchen Betrieb nicht zulaſſen, der gleiche Vor-
gang beobachten, z. B. in der Wiſſenſchaft und bei den
perſönlichen Dienſtleiſtungen. Es ſei nur auf den ärztlichen
Beruf verwieſen und ſeine immer zahlreicher werdenden
Spezialiſten. Was die letzteren für die Ausbildung der
Technik leiſten, iſt nichts anderes, als was das mittelalter-
liche Gewerbe auf dem gleichen Wege erſtrebte und erreichte.
Höchſte individuelle Geſchicklichkeit war für den ſtädtiſchen
Meiſter der alten Zeit und iſt für den Spezialarzt der
Gegenwart dasſelbe, was für den modernen Fabrikanten
ſeine patentierten Maſchinen und Verfahrungsweiſen, ſeine
wohldisziplinierten Arbeiterſcharen ſind.
Während bei der modernen Arbeitsteilung jeder Fort-
ſchritt es den Arbeitern ſchwieriger macht zur Selbſtändig-
keit zu gelangen, während ſie mit Notwendigkeit das Aus-
einanderfallen von Arbeit und Kapital bedingt, wurde durch
die mittelalterliche Berufsteilung die Zahl der ſelbſtändigen
Betriebe vermehrt und die Bedeutung der Arbeit für das
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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