als heutzutage, und sie drängten bei der Enge der städtischen Verhältnisse zu Abhilfemaßregeln, denen man eine gewisse Planmäßigkeit und gesunde Ueberlegung schwerlich wird ab- sprechen können. Als solche nenne ich die Errichtung von Frauenklöstern, die Gründung von Versorgungsanstalten für alleinstehende weibliche Personen und die Beschäftigung zahlreicher Frauen in den Gewerben. Jene Versorgungs- anstalten sind die Bekinen- oder Gotteshäuser -- Stiftungen wohlhabender Bürger, welche ein Haus zur Wohnung für eine Anzahl Frauen, oft auch Renten und sonstige Ein- künfte zu ihrem Unterhalt bestimmt hatten. In Frankfurt sind deren 57 namentlich bekannt, welche etwa 300 Bekinen fassen konnten, während die beiden Frauenklöster (Katharinen und Weißfrauen) gegen 60 Nonnen aufzunehmen vermochten 1).
Was die Teilnahme der Frauen an der Erwerbsarbeit betrifft, so finden wir sie fast in allen Berufsarten, auch im zünftigen Handwerk, soweit es für Weiberhände geeignete Beschäftigung bot, und wenn sich auch in Frankfurt nicht, wie in andern Städten, eigene Frauenzünfte nachweisen lassen, so konnten sie doch auch hier als Meisterinnen zu eigenem Rechte in einzelne Zünfte Aufnahme finden. Be- sonders häufig sind sie in der Textilindustrie und im Klein- handel. Ja wir sehen sie selbst in Gewerben, in denen wir sie heute nicht mehr zu erblicken gewohnt sind, wie in Bade- und Rasierstuben. Zwischen 1389 und 1497 lassen
1) Näheres in meiner Schrift: Die Frauenfrage im Mittelalter. Tübingen 1882.
als heutzutage, und ſie drängten bei der Enge der ſtädtiſchen Verhältniſſe zu Abhilfemaßregeln, denen man eine gewiſſe Planmäßigkeit und geſunde Ueberlegung ſchwerlich wird ab- ſprechen können. Als ſolche nenne ich die Errichtung von Frauenklöſtern, die Gründung von Verſorgungsanſtalten für alleinſtehende weibliche Perſonen und die Beſchäftigung zahlreicher Frauen in den Gewerben. Jene Verſorgungs- anſtalten ſind die Bekinen- oder Gotteshäuſer — Stiftungen wohlhabender Bürger, welche ein Haus zur Wohnung für eine Anzahl Frauen, oft auch Renten und ſonſtige Ein- künfte zu ihrem Unterhalt beſtimmt hatten. In Frankfurt ſind deren 57 namentlich bekannt, welche etwa 300 Bekinen faſſen konnten, während die beiden Frauenklöſter (Katharinen und Weißfrauen) gegen 60 Nonnen aufzunehmen vermochten 1).
Was die Teilnahme der Frauen an der Erwerbsarbeit betrifft, ſo finden wir ſie faſt in allen Berufsarten, auch im zünftigen Handwerk, ſoweit es für Weiberhände geeignete Beſchäftigung bot, und wenn ſich auch in Frankfurt nicht, wie in andern Städten, eigene Frauenzünfte nachweiſen laſſen, ſo konnten ſie doch auch hier als Meiſterinnen zu eigenem Rechte in einzelne Zünfte Aufnahme finden. Be- ſonders häufig ſind ſie in der Textilinduſtrie und im Klein- handel. Ja wir ſehen ſie ſelbſt in Gewerben, in denen wir ſie heute nicht mehr zu erblicken gewohnt ſind, wie in Bade- und Raſierſtuben. Zwiſchen 1389 und 1497 laſſen
1) Näheres in meiner Schrift: Die Frauenfrage im Mittelalter. Tübingen 1882.
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als heutzutage, und ſie drängten bei der Enge der ſtädtiſchen
Verhältniſſe zu Abhilfemaßregeln, denen man eine gewiſſe
Planmäßigkeit und geſunde Ueberlegung ſchwerlich wird ab-
ſprechen können. Als ſolche nenne ich die Errichtung von
Frauenklöſtern, die Gründung von Verſorgungsanſtalten
für alleinſtehende weibliche Perſonen und die Beſchäftigung
zahlreicher Frauen in den Gewerben. Jene Verſorgungs-
anſtalten ſind die Bekinen- oder Gotteshäuſer — Stiftungen
wohlhabender Bürger, welche ein Haus zur Wohnung für
eine Anzahl Frauen, oft auch Renten und ſonſtige Ein-
künfte zu ihrem Unterhalt beſtimmt hatten. In Frankfurt
ſind deren 57 namentlich bekannt, welche etwa 300 Bekinen
faſſen konnten, während die beiden Frauenklöſter (Katharinen
und Weißfrauen) gegen 60 Nonnen aufzunehmen vermochten 1).
Was die Teilnahme der Frauen an der Erwerbsarbeit
betrifft, ſo finden wir ſie faſt in allen Berufsarten, auch
im zünftigen Handwerk, ſoweit es für Weiberhände geeignete
Beſchäftigung bot, und wenn ſich auch in Frankfurt nicht,
wie in andern Städten, eigene Frauenzünfte nachweiſen
laſſen, ſo konnten ſie doch auch hier als Meiſterinnen zu
eigenem Rechte in einzelne Zünfte Aufnahme finden. Be-
ſonders häufig ſind ſie in der Textilinduſtrie und im Klein-
handel. Ja wir ſehen ſie ſelbſt in Gewerben, in denen
wir ſie heute nicht mehr zu erblicken gewohnt ſind, wie in
Bade- und Raſierſtuben. Zwiſchen 1389 und 1497 laſſen
1) Näheres in meiner Schrift: Die Frauenfrage im Mittelalter.
Tübingen 1882.
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/245>, abgerufen am 31.07.2024.
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