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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893.

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Uebertragung der "körperlichen und geistigen Verfassung",
der "Nerven und Muskeln" von einer Generation auf die
andere stattfinde, hat wohl noch niemand bezweifelt. Man
mag das immerhin Vererbung nennen, darf aber dabei
nicht übersehen, daß jede neue Generation durch Lehre und
Erziehung auf das geistige und sittliche Niveau der Eltern
gehoben werden muß. Wenn ihr dabei die Bildungselemente
nach dem treffenden Ausdruck von Riehl "anfliegen", wenn
sie das Beispiel ihrer Umgebung zur Nachahmung reizt,
wenn vieles mühelos angeeignet wird, was der unter andern
Verhältnissen Aufwachsende erst mit Anstrengung erlernen
muß, so handelt es sich trotzdem immer um Erworbenes,
nicht um Angeborenes. Das gilt bis zu gewissem Grade
sogar von der körperlichen Verfassung, soweit sie auf der
Art der Ernährung und Erziehung beruht, von den "Nerven
und Muskeln" 1).

Elemente der beruflichen Anpassung können auf den
angedeuteten Wegen des "Anfliegens" und der Nachahmung
sich gewiß ebenso gut übertragen wie andere Bildungs-

1) Schäffle, Bau und Leben des sozialen Körpers II, 201
nennt das die physische Seite der Pädagogik. Er sagt: "Die phy-
sische Erziehung jeder neuen Generation und die Einschulung in die
leiblichen Fertigkeiten der Eltern, bezw. Voreltern kommt als eine
gewaltige Arbeit zur geschlechtlichen Fortpflanzungsthätigkeit hinzu. ...
Die physische Ausstattung durch Zeugung und Geburt bleibt ein toter
Schatz, wenn nicht die Schule des Lebens und eine oft langwierige
bewußte Arbeit der Erziehung den Schatz angeborener Leibesanlagen
zu heben bestrebt ist. In diesem zweiten Akte werden körperliche An-
passungen erlangt, die den eigenen Eltern fremd waren."
Bücher, Die Entstehung der Volkswirtschaft. 11

Uebertragung der „körperlichen und geiſtigen Verfaſſung“,
der „Nerven und Muskeln“ von einer Generation auf die
andere ſtattfinde, hat wohl noch niemand bezweifelt. Man
mag das immerhin Vererbung nennen, darf aber dabei
nicht überſehen, daß jede neue Generation durch Lehre und
Erziehung auf das geiſtige und ſittliche Niveau der Eltern
gehoben werden muß. Wenn ihr dabei die Bildungselemente
nach dem treffenden Ausdruck von Riehl „anfliegen“, wenn
ſie das Beiſpiel ihrer Umgebung zur Nachahmung reizt,
wenn vieles mühelos angeeignet wird, was der unter andern
Verhältniſſen Aufwachſende erſt mit Anſtrengung erlernen
muß, ſo handelt es ſich trotzdem immer um Erworbenes,
nicht um Angeborenes. Das gilt bis zu gewiſſem Grade
ſogar von der körperlichen Verfaſſung, ſoweit ſie auf der
Art der Ernährung und Erziehung beruht, von den „Nerven
und Muskeln“ 1).

Elemente der beruflichen Anpaſſung können auf den
angedeuteten Wegen des „Anfliegens“ und der Nachahmung
ſich gewiß ebenſo gut übertragen wie andere Bildungs-

1) Schäffle, Bau und Leben des ſozialen Körpers II, 201
nennt das die phyſiſche Seite der Pädagogik. Er ſagt: „Die phy-
ſiſche Erziehung jeder neuen Generation und die Einſchulung in die
leiblichen Fertigkeiten der Eltern, bezw. Voreltern kommt als eine
gewaltige Arbeit zur geſchlechtlichen Fortpflanzungsthätigkeit hinzu. …
Die phyſiſche Ausſtattung durch Zeugung und Geburt bleibt ein toter
Schatz, wenn nicht die Schule des Lebens und eine oft langwierige
bewußte Arbeit der Erziehung den Schatz angeborener Leibesanlagen
zu heben beſtrebt iſt. In dieſem zweiten Akte werden körperliche An-
paſſungen erlangt, die den eigenen Eltern fremd waren.“
Bücher, Die Entſtehung der Volkswirtſchaft. 11
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[161/0183] Uebertragung der „körperlichen und geiſtigen Verfaſſung“, der „Nerven und Muskeln“ von einer Generation auf die andere ſtattfinde, hat wohl noch niemand bezweifelt. Man mag das immerhin Vererbung nennen, darf aber dabei nicht überſehen, daß jede neue Generation durch Lehre und Erziehung auf das geiſtige und ſittliche Niveau der Eltern gehoben werden muß. Wenn ihr dabei die Bildungselemente nach dem treffenden Ausdruck von Riehl „anfliegen“, wenn ſie das Beiſpiel ihrer Umgebung zur Nachahmung reizt, wenn vieles mühelos angeeignet wird, was der unter andern Verhältniſſen Aufwachſende erſt mit Anſtrengung erlernen muß, ſo handelt es ſich trotzdem immer um Erworbenes, nicht um Angeborenes. Das gilt bis zu gewiſſem Grade ſogar von der körperlichen Verfaſſung, ſoweit ſie auf der Art der Ernährung und Erziehung beruht, von den „Nerven und Muskeln“ 1). Elemente der beruflichen Anpaſſung können auf den angedeuteten Wegen des „Anfliegens“ und der Nachahmung ſich gewiß ebenſo gut übertragen wie andere Bildungs- 1) Schäffle, Bau und Leben des ſozialen Körpers II, 201 nennt das die phyſiſche Seite der Pädagogik. Er ſagt: „Die phy- ſiſche Erziehung jeder neuen Generation und die Einſchulung in die leiblichen Fertigkeiten der Eltern, bezw. Voreltern kommt als eine gewaltige Arbeit zur geſchlechtlichen Fortpflanzungsthätigkeit hinzu. … Die phyſiſche Ausſtattung durch Zeugung und Geburt bleibt ein toter Schatz, wenn nicht die Schule des Lebens und eine oft langwierige bewußte Arbeit der Erziehung den Schatz angeborener Leibesanlagen zu heben beſtrebt iſt. In dieſem zweiten Akte werden körperliche An- paſſungen erlangt, die den eigenen Eltern fremd waren.“ Bücher, Die Entſtehung der Volkswirtſchaft. 11

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Zitationshilfe: Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/183>, abgerufen am 22.11.2024.