sehr engen Grenzen. In seltenen Ausnahmefällen werden die letzteren wohl einmal überschritten; in der Regel aber wird jedem nicht der spezielle Beruf, wohl aber die soziale Berufsklasse1), der er anzugehören hat, durch die Vermögensausstattung des elterlichen Hauses zugewiesen. Der "soziale Rang" aber, welcher der einzelnen Berufsklasse in der Schätzung der Menschen zu Teil wird, läßt sich ohne die entsprechende Vermögensausstattung schwer aufrecht erhalten -- ein Beweis, daß auch er in letzter Linie nicht "eine sekundäre Folge der sozialen (auf Arbeitsteilung be- ruhenden) Differenzierung", sondern ein Kind der Vernunft- ehe von Besitz und Beruf ist.
Wie viele soziale Berufsklassen man auch unterscheiden mag, in jeder werden immer noch sehr verschiedenartige Berufszweige vertreten sein, und zwischen den letzteren wird ein fortwährender Austausch von Arbeitskräften stattfinden. Dieser Austausch reicht so weit, als die Berufsarten an- nähernd die gleiche Vermögensausstattung erfordern und deshalb in dem gleichen "sozialen Rang" stehen. Man könnte auch sagen: als die Menschen unter einander heiraten oder regelmäßig gesellig verkehren oder als annähernd das gleiche Bildungsniveau vorhanden ist. Alle diese Dinge stehen mit einander in Wechselbeziehung. Es ist eine all-
1) Ueber diesen Begriff, in welchem ich das gegenseitige Bedingt- sein von Besitz und Beruf zum Ausdruck zu bringen versuchte, lange ehe ich die Schmoller'sche Arbeit kannte, vergl. meine "Bevölkerung des Kantons Basel-Stadt", S. 70.
ſehr engen Grenzen. In ſeltenen Ausnahmefällen werden die letzteren wohl einmal überſchritten; in der Regel aber wird jedem nicht der ſpezielle Beruf, wohl aber die ſoziale Berufsklaſſe1), der er anzugehören hat, durch die Vermögensausſtattung des elterlichen Hauſes zugewieſen. Der „ſoziale Rang“ aber, welcher der einzelnen Berufsklaſſe in der Schätzung der Menſchen zu Teil wird, läßt ſich ohne die entſprechende Vermögensausſtattung ſchwer aufrecht erhalten — ein Beweis, daß auch er in letzter Linie nicht „eine ſekundäre Folge der ſozialen (auf Arbeitsteilung be- ruhenden) Differenzierung“, ſondern ein Kind der Vernunft- ehe von Beſitz und Beruf iſt.
Wie viele ſoziale Berufsklaſſen man auch unterſcheiden mag, in jeder werden immer noch ſehr verſchiedenartige Berufszweige vertreten ſein, und zwiſchen den letzteren wird ein fortwährender Austauſch von Arbeitskräften ſtattfinden. Dieſer Austauſch reicht ſo weit, als die Berufsarten an- nähernd die gleiche Vermögensausſtattung erfordern und deshalb in dem gleichen „ſozialen Rang“ ſtehen. Man könnte auch ſagen: als die Menſchen unter einander heiraten oder regelmäßig geſellig verkehren oder als annähernd das gleiche Bildungsniveau vorhanden iſt. Alle dieſe Dinge ſtehen mit einander in Wechſelbeziehung. Es iſt eine all-
1) Ueber dieſen Begriff, in welchem ich das gegenſeitige Bedingt- ſein von Beſitz und Beruf zum Ausdruck zu bringen verſuchte, lange ehe ich die Schmoller’ſche Arbeit kannte, vergl. meine „Bevölkerung des Kantons Baſel-Stadt“, S. 70.
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ſehr engen Grenzen. In ſeltenen Ausnahmefällen werden
die letzteren wohl einmal überſchritten; in der Regel aber
wird jedem nicht der ſpezielle Beruf, wohl aber die ſoziale
Berufsklaſſe 1), der er anzugehören hat, durch die
Vermögensausſtattung des elterlichen Hauſes zugewieſen.
Der „ſoziale Rang“ aber, welcher der einzelnen Berufsklaſſe
in der Schätzung der Menſchen zu Teil wird, läßt ſich
ohne die entſprechende Vermögensausſtattung ſchwer aufrecht
erhalten — ein Beweis, daß auch er in letzter Linie nicht
„eine ſekundäre Folge der ſozialen (auf Arbeitsteilung be-
ruhenden) Differenzierung“, ſondern ein Kind der Vernunft-
ehe von Beſitz und Beruf iſt.
Wie viele ſoziale Berufsklaſſen man auch unterſcheiden
mag, in jeder werden immer noch ſehr verſchiedenartige
Berufszweige vertreten ſein, und zwiſchen den letzteren wird
ein fortwährender Austauſch von Arbeitskräften ſtattfinden.
Dieſer Austauſch reicht ſo weit, als die Berufsarten an-
nähernd die gleiche Vermögensausſtattung erfordern und
deshalb in dem gleichen „ſozialen Rang“ ſtehen. Man
könnte auch ſagen: als die Menſchen unter einander heiraten
oder regelmäßig geſellig verkehren oder als annähernd das
gleiche Bildungsniveau vorhanden iſt. Alle dieſe Dinge
ſtehen mit einander in Wechſelbeziehung. Es iſt eine all-
1) Ueber dieſen Begriff, in welchem ich das gegenſeitige Bedingt-
ſein von Beſitz und Beruf zum Ausdruck zu bringen verſuchte, lange
ehe ich die Schmoller’ſche Arbeit kannte, vergl. meine „Bevölkerung
des Kantons Baſel-Stadt“, S. 70.
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/179>, abgerufen am 16.02.2025.
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