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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Achtes Buch.
ihrer viel sich zur Wette erbohten/ es würde diesen Tag nicht vollendet werden; endlich
traten Herkules und Valiska mit herzu/ und muste er wieder seinen willen den Vorschuß
vor ihr nehmen/ welcher ihm auch geriet/ daß der Meikefer herunter flatterte/ worüber sich
niemand so hoch/ als eben sein Gemahl erfreuete/ daß sie zu ihm sagete: Mein schönstes
Seelichen/ jezt gehet mirs recht nach meinem Wunsche/ daß diese Ehr euch zuteile wird/
wie schlecht auch der Gewin mag gerechnet werden. Es entstund bey allem Volk ein
so grosses Freudengeschrey/ daß die Luft erschallete/ in dem überal von jungen und alten ge-
ruffen ward: Glük zu dem siegreichen Könige Herkules/ der zum höchsten Preise gebohren ist.
Die Trometer und Heerpauker liessen sich unangefodert mit hören/ und wolte ein jeder se-
hen lassen/ daß er diesem Helden gewogen währe; nur er selbst ward darüber unwillig/ ver-
lachete nicht allein solche Eitelkeit in seinem Herzen/ sondern straffete auch seine Valisken/
daß durch ihre erzeigete Freude/ wegen eines so liederlichen dinges sie dieses Frolocken ver-
ursachet hätte/ und wunderte sich nicht wenig/ wie sie doch über diese kindische Tohrheit so
grosse Herzensvergnügung fassen könte. Welches sie beantwortete; Sie erkennete ihre
schwacheit gerne/ wüste auch/ daß dieses alles nur eitel und nichtig währe/ und daher bloß
allein die Betrachtung des ewigen Gutes/ dessen höchstes Ziel Gottes Gnade und Erbar-
mung ist/ in unserm Herzen die wahre Freude erwecken solte; jedoch gestünde sie/ daß sie in
diesem Leben die Volkommenheit noch nicht ergriffen hätte/ und/ als der menschlichen
Schwacheit unterworffen/ auch zu zeiten von dem Irdischen sich reizen liesse; weil aber
dergleichen Ubungen noch wol zugelassen währen/ hoffete sie bey ihrem Gott des unzeitigen
frolockens gnädige Vergebung. Nach vollendetem Freuden- geschrey traten Königin
Sophia/ Lukrezie/ und Vanda/ auch Fürstin Sibylla/ Klara und Schulda herzu/ liessen
die Gewinne nachtragen/ und überlieferten sie an behörige Orte mit sonderlicher Freund-
ligkeit/ da Herkules von Königin Sophien einen köstlichen grünen Kranz vor andern em-
pfing/ welcher seinen Gewin dem Stathalter Herrn Fabius zustellete/ mit bitte/ ihn unter
die armen Christen zu Padua auszuteilen.

Des folgenden Tages zwo Stunden vor der Mahlzeit trat Ekhard zu den Königen
in den Saal/ und meldete an/ es währe ein elender Mensch in schlechten knechtischen Klei-
dern haussen vor dem Schlosse/ welcher sehr inständig anhielte/ eingelassen zuwerden/ gäbe
vor/ er kähme aus Pannonien/ und hätte bey König Herkules und Ladisla etwas zuwerben;
das Angesicht währe an ihm sehr verfallen/ sonsten sähe er dem ehemahligen Römischen
Lehrmeister Tibullus nicht so gar unähnlich. Herkules sagete; der dürffte es wol seyn/ da
er noch am Leben ist/ weil wir von der Zeit seines hinwegreisens nach Rom ganz keine Zei-
tung von ihm gehabt haben/ und würde er sich in Italien sonst bey uns haben gemeldet. Weil
ihm dann Herkules sehr gewogen wahr/ wolte er die Warheit selbst erfahren/ und als gin-
ge er ohn das zur Lust umher/ nahete er sich dem Schloß Tohr/ vor welchem dieser auf Ant-
wort wartete. So bald er ihn sahe/ kennete er ihn gleich/ ließ sichs doch nicht merken/ son-
dern ging vor ihm vor über; jener folgete ihm von ferne/ und weil er seines ehmahligen
Schülers Angesicht sahe/ wahr ihm solches annoch sehr wol bekant/ eilete demnach/ daß
er ihm vorbeugete/ und redete ihn also an: Großmächtigster König/ gnädigster Herr: Eu-
re Königl. Hocheit bittet ein ehmaliger geträuer Diener untertähnigst/ sie wolle denselben

mit

Achtes Buch.
ihrer viel ſich zur Wette erbohten/ es wuͤrde dieſen Tag nicht vollendet werden; endlich
traten Herkules und Valiſka mit herzu/ und muſte er wieder ſeinen willen den Vorſchuß
vor ihr nehmen/ welcher ihm auch geriet/ daß der Meikefer herunter flatterte/ woruͤber ſich
niemand ſo hoch/ als eben ſein Gemahl erfreuete/ daß ſie zu ihm ſagete: Mein ſchoͤnſtes
Seelichen/ jezt gehet mirs recht nach meinem Wunſche/ daß dieſe Ehr euch zuteile wird/
wie ſchlecht auch der Gewin mag gerechnet werden. Es entſtund bey allem Volk ein
ſo groſſes Freudengeſchrey/ daß die Luft erſchallete/ in dem uͤberal von jungen und alten ge-
ruffen ward: Gluͤk zu dem ſiegreichen Koͤnige Herkules/ der zum hoͤchſten Preiſe gebohren iſt.
Die Trometer und Heerpauker lieſſen ſich unangefodert mit hoͤren/ und wolte ein jeder ſe-
hen laſſen/ daß er dieſem Helden gewogen waͤhre; nur er ſelbſt ward daruͤber unwillig/ ver-
lachete nicht allein ſolche Eitelkeit in ſeinem Herzen/ ſondern ſtraffete auch ſeine Valiſken/
daß durch ihre erzeigete Freude/ wegen eines ſo liederlichen dinges ſie dieſes Frolocken ver-
urſachet haͤtte/ und wunderte ſich nicht wenig/ wie ſie doch uͤber dieſe kindiſche Tohrheit ſo
groſſe Herzensvergnuͤgung faſſen koͤnte. Welches ſie beantwortete; Sie erkennete ihre
ſchwacheit gerne/ wuͤſte auch/ daß dieſes alles nur eitel und nichtig waͤhre/ und daher bloß
allein die Betrachtung des ewigen Gutes/ deſſen hoͤchſtes Ziel Gottes Gnade und Erbar-
mung iſt/ in unſerm Herzen die wahre Freude erwecken ſolte; jedoch geſtuͤnde ſie/ daß ſie in
dieſem Leben die Volkommenheit noch nicht ergriffen haͤtte/ und/ als der menſchlichen
Schwacheit unterworffen/ auch zu zeiten von dem Irdiſchen ſich reizen lieſſe; weil aber
dergleichen Ubungen noch wol zugelaſſen waͤhren/ hoffete ſie bey ihrem Gott des unzeitigẽ
frolockens gnaͤdige Vergebung. Nach vollendetem Freuden- geſchrey traten Koͤnigin
Sophia/ Lukrezie/ und Vanda/ auch Fuͤrſtin Sibylla/ Klara und Schulda herzu/ lieſſen
die Gewinne nachtragen/ und uͤberlieferten ſie an behoͤrige Orte mit ſonderlicher Freund-
ligkeit/ da Herkules von Koͤnigin Sophien einen koͤſtlichen grünen Kranz vor andern em-
pfing/ welcher ſeinen Gewin dem Stathalter Herrn Fabius zuſtellete/ mit bitte/ ihn unter
die armen Chriſten zu Padua auszuteilen.

Des folgenden Tages zwo Stunden vor der Mahlzeit trat Ekhard zu den Koͤnigen
in den Saal/ und meldete an/ es waͤhre ein elender Menſch in ſchlechten knechtiſchen Klei-
dern hauſſen vor dem Schloſſe/ welcher ſehr inſtaͤndig anhielte/ eingelaſſen zuwerden/ gaͤbe
vor/ er kaͤhme aus Pannonien/ und haͤtte bey Koͤnig Herkules und Ladiſla etwas zuwerben;
das Angeſicht waͤhre an ihm ſehr verfallen/ ſonſten ſaͤhe er dem ehemahligen Roͤmiſchen
Lehrmeiſter Tibullus nicht ſo gar unaͤhnlich. Herkules ſagete; der duͤrffte es wol ſeyn/ da
er noch am Leben iſt/ weil wir von der Zeit ſeines hinwegreiſens nach Rom ganz keine Zei-
tung von ihm gehabt haben/ uñ wuͤꝛde er ſich in Italien ſonſt bey uns haben gemeldet. Weil
ihm dann Herkules ſehr gewogen wahr/ wolte er die Warheit ſelbſt erfahren/ und als gin-
ge er ohn das zur Luſt umher/ nahete er ſich dem Schloß Tohr/ vor welchem dieſer auf Ant-
wort wartete. So bald er ihn ſahe/ kennete er ihn gleich/ ließ ſichs doch nicht merken/ ſon-
dern ging vor ihm vor uͤber; jener folgete ihm von ferne/ und weil er ſeines ehmahligen
Schuͤlers Angeſicht ſahe/ wahr ihm ſolches annoch ſehr wol bekant/ eilete demnach/ daß
er ihm vorbeugete/ und redete ihn alſo an: Großmaͤchtigſter Koͤnig/ gnaͤdigſter Herr: Eu-
re Koͤnigl. Hocheit bittet ein ehmaliger getraͤuer Diener untertaͤhnigſt/ ſie wolle denſelben

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[944/0950] Achtes Buch. ihrer viel ſich zur Wette erbohten/ es wuͤrde dieſen Tag nicht vollendet werden; endlich traten Herkules und Valiſka mit herzu/ und muſte er wieder ſeinen willen den Vorſchuß vor ihr nehmen/ welcher ihm auch geriet/ daß der Meikefer herunter flatterte/ woruͤber ſich niemand ſo hoch/ als eben ſein Gemahl erfreuete/ daß ſie zu ihm ſagete: Mein ſchoͤnſtes Seelichen/ jezt gehet mirs recht nach meinem Wunſche/ daß dieſe Ehr euch zuteile wird/ wie ſchlecht auch der Gewin mag gerechnet werden. Es entſtund bey allem Volk ein ſo groſſes Freudengeſchrey/ daß die Luft erſchallete/ in dem uͤberal von jungen und alten ge- ruffen ward: Gluͤk zu dem ſiegreichen Koͤnige Herkules/ der zum hoͤchſten Preiſe gebohren iſt. Die Trometer und Heerpauker lieſſen ſich unangefodert mit hoͤren/ und wolte ein jeder ſe- hen laſſen/ daß er dieſem Helden gewogen waͤhre; nur er ſelbſt ward daruͤber unwillig/ ver- lachete nicht allein ſolche Eitelkeit in ſeinem Herzen/ ſondern ſtraffete auch ſeine Valiſken/ daß durch ihre erzeigete Freude/ wegen eines ſo liederlichen dinges ſie dieſes Frolocken ver- urſachet haͤtte/ und wunderte ſich nicht wenig/ wie ſie doch uͤber dieſe kindiſche Tohrheit ſo groſſe Herzensvergnuͤgung faſſen koͤnte. Welches ſie beantwortete; Sie erkennete ihre ſchwacheit gerne/ wuͤſte auch/ daß dieſes alles nur eitel und nichtig waͤhre/ und daher bloß allein die Betrachtung des ewigen Gutes/ deſſen hoͤchſtes Ziel Gottes Gnade und Erbar- mung iſt/ in unſerm Herzen die wahre Freude erwecken ſolte; jedoch geſtuͤnde ſie/ daß ſie in dieſem Leben die Volkommenheit noch nicht ergriffen haͤtte/ und/ als der menſchlichen Schwacheit unterworffen/ auch zu zeiten von dem Irdiſchen ſich reizen lieſſe; weil aber dergleichen Ubungen noch wol zugelaſſen waͤhren/ hoffete ſie bey ihrem Gott des unzeitigẽ frolockens gnaͤdige Vergebung. Nach vollendetem Freuden- geſchrey traten Koͤnigin Sophia/ Lukrezie/ und Vanda/ auch Fuͤrſtin Sibylla/ Klara und Schulda herzu/ lieſſen die Gewinne nachtragen/ und uͤberlieferten ſie an behoͤrige Orte mit ſonderlicher Freund- ligkeit/ da Herkules von Koͤnigin Sophien einen koͤſtlichen grünen Kranz vor andern em- pfing/ welcher ſeinen Gewin dem Stathalter Herrn Fabius zuſtellete/ mit bitte/ ihn unter die armen Chriſten zu Padua auszuteilen. Des folgenden Tages zwo Stunden vor der Mahlzeit trat Ekhard zu den Koͤnigen in den Saal/ und meldete an/ es waͤhre ein elender Menſch in ſchlechten knechtiſchen Klei- dern hauſſen vor dem Schloſſe/ welcher ſehr inſtaͤndig anhielte/ eingelaſſen zuwerden/ gaͤbe vor/ er kaͤhme aus Pannonien/ und haͤtte bey Koͤnig Herkules und Ladiſla etwas zuwerben; das Angeſicht waͤhre an ihm ſehr verfallen/ ſonſten ſaͤhe er dem ehemahligen Roͤmiſchen Lehrmeiſter Tibullus nicht ſo gar unaͤhnlich. Herkules ſagete; der duͤrffte es wol ſeyn/ da er noch am Leben iſt/ weil wir von der Zeit ſeines hinwegreiſens nach Rom ganz keine Zei- tung von ihm gehabt haben/ uñ wuͤꝛde er ſich in Italien ſonſt bey uns haben gemeldet. Weil ihm dann Herkules ſehr gewogen wahr/ wolte er die Warheit ſelbſt erfahren/ und als gin- ge er ohn das zur Luſt umher/ nahete er ſich dem Schloß Tohr/ vor welchem dieſer auf Ant- wort wartete. So bald er ihn ſahe/ kennete er ihn gleich/ ließ ſichs doch nicht merken/ ſon- dern ging vor ihm vor uͤber; jener folgete ihm von ferne/ und weil er ſeines ehmahligen Schuͤlers Angeſicht ſahe/ wahr ihm ſolches annoch ſehr wol bekant/ eilete demnach/ daß er ihm vorbeugete/ und redete ihn alſo an: Großmaͤchtigſter Koͤnig/ gnaͤdigſter Herr: Eu- re Koͤnigl. Hocheit bittet ein ehmaliger getraͤuer Diener untertaͤhnigſt/ ſie wolle denſelben mit

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 944. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/950>, abgerufen am 23.11.2024.