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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Achtes Buch.
neue suchen. Aber Gott schickete mir wider meinen Willen etwas Linderung/ in dem mein
Leib Schütze Zariaspes/ meiner Fr. Schwester ehemahligen Parthischen Hofmeisterin der
Sysigambis Sohn/ mich ohngefehr erkennete/ da ich so wenig seiner als er meiner ver-
muhten wahr; dann als ich des Nachtes im offenen Walde unter dem freyen Himmel
mein Gebeht/ und daß es niemand verstehen solte/ auf Medisch taht/ ruhete mein Schütze
mir unwissend hinter einem Baume/ hörete nicht allein seine Muttersprache von mir/ son-
dern erkennete auch meine Stimme/ dessen er nicht wenig erschrocken/ in Demuht zu mir
nahete/ und ob er zwar in dem Früh Lichte meine elende Lumpen sahe/ kehrete er sich doch
nicht daran/ setzete sich vor mir auff die Knie/ und sagete auff Medisch zu mir: Durch-
leuchtigster Fürst/ welcher gütiger Gott hat mich zu so glükseliger Stunde hieher geführet/
Euer Durchl. Gegenwart zuerfahren? Und was vor herbes Glük leget einem so mächti-
gen Fürsten diese heßlichen Betlers Kleider an? Ich hätte mich gerne verstellet/ und gab
auff Teutsch zur Antwort: Ich verstünde seine fremde mir unbekante Sprache nicht/ weil
ich ein Teutscher/ und zwar ein armer Betler währe. Aber mein Zariaspes kehrete sich
nichts daran/ blieb in seiner Demuht/ und baht untertähnigst/ mich dergestalt selbst nicht
zuverleugnen/ weil mich weder Noht noch Gefahr darzu antriebe; daher ich mich ihm end-
lich zuerkennen gab/ und geboht ihm bey Lebensstraffe/ meine Gegenwart keinem einigen
Menschen wissen zumachen; dessen er sich lange wegerte/ und endlich auff harte Dräuung
versprach/ doch mit dem bedinge/ daß ich täglich von ihm etliche Speise nehmen solte. Al-
so blieb ich in diesem Stande etwa zehn Tage/ biß der allergütigste Gott meinen Seelen-
Schaz des Weges hersendete/ da ich in meinen Betlers Kleidern nicht weit von der Heer-
strasse saß/ und von meinem Zariaspes hefftig vermahnet ward/ mich nacher Prag zuer-
heben/ und zum wenigsten als ein unbekanter mich daselbst auffzuhalten; ich mich aber ge-
gen ihn erklärete/ wie ich diese Nacht bey mir beschlossen hätte/ auff dem nähesten Dorffe
mich noch eine ganze Woche auffzuhalten/ und nach deren Verlauff in seiner und sechs
anderer Meden Geselschafft mich nach dem Flecken zumachen/ woselbst ich in der Herber-
ge erfuhr/ daß mein Fräulein mit Wolffgang nach dem Elbstrohm solte gereiset seyn; der
Hoffnung/ ich wolte daselbst ihre Spuhr antreffen/ oder doch etwas bessere Zeitung von
ihr erforschen/ hatte ihm auch schon befohlen/ was vor Kleider/ Waffen/ Kleinot/ Gelder
und Pferde er mir bringen solte; Ja ich speiete mich schon selbst an/ daß mir dieser heilsa-
mer Raht nicht zeitiger eingefallen wahr. Aber die unvermuhtliche Ankunfft meiner Fräu-
lein machte nicht allein diesen meinen Vorsaz zu Wasser/ sondern benam mich aller Angst
und Traurigkeit. Was vor Anfechtungen aber in meiner Einsamkeit und Armut ich von
dem leidigen Teuffel ausgestanden/ und wie er mich/ zur Verzweifelung zubringen/ ange-
lauffen hat/ davon wil ich nicht viel Worte machen/ und nur/ weil ich lebe/ dieses rühmen/
daß Gottes Krafft in mir Schwachen so mächtig gewesen/ daß ich alles ritterlich über-
wunden/ ungeachtet dieser geistliche Kampff mir mannichen Schweiß ausgejaget/ und
mein Fleisch redlich gezähmet hat. Einen vor andern aus hefftigen Saz habe ich dem
Teuffel halten müssen/ des Nachtes zuvor/ ehe Zariaspes mich antraff/ und zweifele ich
durchaus nicht/ der böse Menschen Feind sey mir das mahl in leiblicher Gestalt eines Bet-
lers erschienen/ wovon ich zur andern Zeit ausführtichen Bericht tuhn wil/ weil ich höre

etliche
o o o o o

Achtes Buch.
neue ſuchen. Aber Gott ſchickete mir wider meinen Willen etwas Linderung/ in dem mein
Leib Schuͤtze Zariaſpes/ meiner Fr. Schweſter ehemahligen Parthiſchen Hofmeiſterin der
Syſigambis Sohn/ mich ohngefehr erkennete/ da ich ſo wenig ſeiner als er meiner ver-
muhten wahr; dann als ich des Nachtes im offenen Walde unter dem freyen Himmel
mein Gebeht/ und daß es niemand verſtehen ſolte/ auf Mediſch taht/ ruhete mein Schuͤtze
mir unwiſſend hinter einem Baume/ hoͤrete nicht allein ſeine Mutterſprache von mir/ ſon-
dern erkennete auch meine Stimme/ deſſen er nicht wenig erſchrocken/ in Demuht zu mir
nahete/ und ob er zwar in dem Fruͤh Lichte meine elende Lumpen ſahe/ kehrete er ſich doch
nicht daran/ ſetzete ſich vor mir auff die Knie/ und ſagete auff Mediſch zu mir: Durch-
leuchtigſter Fürſt/ welcher guͤtiger Gott hat mich zu ſo gluͤkſeliger Stunde hieher gefuͤhret/
Euer Durchl. Gegenwart zuerfahren? Und was vor herbes Gluͤk leget einem ſo maͤchti-
gen Fuͤrſten dieſe heßlichen Betlers Kleider an? Ich haͤtte mich gerne verſtellet/ und gab
auff Teutſch zur Antwort: Ich verſtünde ſeine fremde mir unbekante Sprache nicht/ weil
ich ein Teutſcher/ und zwar ein armer Betler waͤhre. Aber mein Zariaſpes kehrete ſich
nichts daran/ blieb in ſeiner Demuht/ und baht untertaͤhnigſt/ mich dergeſtalt ſelbſt nicht
zuverleugnen/ weil mich weder Noht noch Gefahr darzu antriebe; daher ich mich ihm end-
lich zuerkennen gab/ und geboht ihm bey Lebensſtraffe/ meine Gegenwart keinem einigen
Menſchen wiſſen zumachen; deſſen er ſich lange wegerte/ und endlich auff harte Draͤuung
verſprach/ doch mit dem bedinge/ daß ich taͤglich von ihm etliche Speiſe nehmen ſolte. Al-
ſo blieb ich in dieſem Stande etwa zehn Tage/ biß der allerguͤtigſte Gott meinen Seelen-
Schaz des Weges herſendete/ da ich in meinen Betlers Kleidern nicht weit von der Heer-
ſtraſſe ſaß/ und von meinem Zariaſpes hefftig vermahnet ward/ mich nacher Prag zuer-
heben/ und zum wenigſten als ein unbekanter mich daſelbſt auffzuhalten; ich mich aber ge-
gen ihn erklaͤrete/ wie ich dieſe Nacht bey mir beſchloſſen haͤtte/ auff dem naͤheſten Dorffe
mich noch eine ganze Woche auffzuhalten/ und nach deren Verlauff in ſeiner und ſechs
anderer Meden Geſelſchafft mich nach dem Flecken zumachen/ woſelbſt ich in der Herber-
ge erfuhr/ daß mein Fraͤulein mit Wolffgang nach dem Elbſtrohm ſolte gereiſet ſeyn; der
Hoffnung/ ich wolte daſelbſt ihre Spuhr antreffen/ oder doch etwas beſſere Zeitung von
ihr erforſchen/ hatte ihm auch ſchon befohlen/ was vor Kleider/ Waffen/ Kleinot/ Gelder
und Pferde er mir bringen ſolte; Ja ich ſpeiete mich ſchon ſelbſt an/ daß mir dieſer heilſa-
mer Raht nicht zeitiger eingefallen wahr. Aber die unvermuhtliche Ankunfft meiner Fraͤu-
lein machte nicht allein dieſen meinen Vorſaz zu Waſſer/ ſondern benam mich aller Angſt
und Traurigkeit. Was vor Anfechtungen aber in meiner Einſamkeit und Armut ich von
dem leidigen Teuffel ausgeſtanden/ und wie er mich/ zur Verzweifelung zubringen/ ange-
lauffen hat/ davon wil ich nicht viel Worte machen/ und nur/ weil ich lebe/ dieſes ruͤhmen/
daß Gottes Krafft in mir Schwachen ſo maͤchtig geweſen/ daß ich alles ritterlich uͤber-
wunden/ ungeachtet dieſer geiſtliche Kampff mir mannichen Schweiß ausgejaget/ und
mein Fleiſch redlich gezaͤhmet hat. Einen vor andern aus hefftigen Saz habe ich dem
Teuffel halten muͤſſen/ des Nachtes zuvor/ ehe Zariaſpes mich antraff/ und zweifele ich
durchaus nicht/ der boͤſe Menſchen Feind ſey mir das mahl in leiblicher Geſtalt eines Bet-
lers erſchienen/ wovon ich zur andern Zeit ausführtichen Bericht tuhn wil/ weil ich hoͤre

etliche
o o o o o
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[841/0847] Achtes Buch. neue ſuchen. Aber Gott ſchickete mir wider meinen Willen etwas Linderung/ in dem mein Leib Schuͤtze Zariaſpes/ meiner Fr. Schweſter ehemahligen Parthiſchen Hofmeiſterin der Syſigambis Sohn/ mich ohngefehr erkennete/ da ich ſo wenig ſeiner als er meiner ver- muhten wahr; dann als ich des Nachtes im offenen Walde unter dem freyen Himmel mein Gebeht/ und daß es niemand verſtehen ſolte/ auf Mediſch taht/ ruhete mein Schuͤtze mir unwiſſend hinter einem Baume/ hoͤrete nicht allein ſeine Mutterſprache von mir/ ſon- dern erkennete auch meine Stimme/ deſſen er nicht wenig erſchrocken/ in Demuht zu mir nahete/ und ob er zwar in dem Fruͤh Lichte meine elende Lumpen ſahe/ kehrete er ſich doch nicht daran/ ſetzete ſich vor mir auff die Knie/ und ſagete auff Mediſch zu mir: Durch- leuchtigſter Fürſt/ welcher guͤtiger Gott hat mich zu ſo gluͤkſeliger Stunde hieher gefuͤhret/ Euer Durchl. Gegenwart zuerfahren? Und was vor herbes Gluͤk leget einem ſo maͤchti- gen Fuͤrſten dieſe heßlichen Betlers Kleider an? Ich haͤtte mich gerne verſtellet/ und gab auff Teutſch zur Antwort: Ich verſtünde ſeine fremde mir unbekante Sprache nicht/ weil ich ein Teutſcher/ und zwar ein armer Betler waͤhre. Aber mein Zariaſpes kehrete ſich nichts daran/ blieb in ſeiner Demuht/ und baht untertaͤhnigſt/ mich dergeſtalt ſelbſt nicht zuverleugnen/ weil mich weder Noht noch Gefahr darzu antriebe; daher ich mich ihm end- lich zuerkennen gab/ und geboht ihm bey Lebensſtraffe/ meine Gegenwart keinem einigen Menſchen wiſſen zumachen; deſſen er ſich lange wegerte/ und endlich auff harte Draͤuung verſprach/ doch mit dem bedinge/ daß ich taͤglich von ihm etliche Speiſe nehmen ſolte. Al- ſo blieb ich in dieſem Stande etwa zehn Tage/ biß der allerguͤtigſte Gott meinen Seelen- Schaz des Weges herſendete/ da ich in meinen Betlers Kleidern nicht weit von der Heer- ſtraſſe ſaß/ und von meinem Zariaſpes hefftig vermahnet ward/ mich nacher Prag zuer- heben/ und zum wenigſten als ein unbekanter mich daſelbſt auffzuhalten; ich mich aber ge- gen ihn erklaͤrete/ wie ich dieſe Nacht bey mir beſchloſſen haͤtte/ auff dem naͤheſten Dorffe mich noch eine ganze Woche auffzuhalten/ und nach deren Verlauff in ſeiner und ſechs anderer Meden Geſelſchafft mich nach dem Flecken zumachen/ woſelbſt ich in der Herber- ge erfuhr/ daß mein Fraͤulein mit Wolffgang nach dem Elbſtrohm ſolte gereiſet ſeyn; der Hoffnung/ ich wolte daſelbſt ihre Spuhr antreffen/ oder doch etwas beſſere Zeitung von ihr erforſchen/ hatte ihm auch ſchon befohlen/ was vor Kleider/ Waffen/ Kleinot/ Gelder und Pferde er mir bringen ſolte; Ja ich ſpeiete mich ſchon ſelbſt an/ daß mir dieſer heilſa- mer Raht nicht zeitiger eingefallen wahr. Aber die unvermuhtliche Ankunfft meiner Fraͤu- lein machte nicht allein dieſen meinen Vorſaz zu Waſſer/ ſondern benam mich aller Angſt und Traurigkeit. Was vor Anfechtungen aber in meiner Einſamkeit und Armut ich von dem leidigen Teuffel ausgeſtanden/ und wie er mich/ zur Verzweifelung zubringen/ ange- lauffen hat/ davon wil ich nicht viel Worte machen/ und nur/ weil ich lebe/ dieſes ruͤhmen/ daß Gottes Krafft in mir Schwachen ſo maͤchtig geweſen/ daß ich alles ritterlich uͤber- wunden/ ungeachtet dieſer geiſtliche Kampff mir mannichen Schweiß ausgejaget/ und mein Fleiſch redlich gezaͤhmet hat. Einen vor andern aus hefftigen Saz habe ich dem Teuffel halten muͤſſen/ des Nachtes zuvor/ ehe Zariaſpes mich antraff/ und zweifele ich durchaus nicht/ der boͤſe Menſchen Feind ſey mir das mahl in leiblicher Geſtalt eines Bet- lers erſchienen/ wovon ich zur andern Zeit ausführtichen Bericht tuhn wil/ weil ich hoͤre etliche o o o o o

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 841. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/847>, abgerufen am 23.11.2024.