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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.

Sonders liebe Freundin/ Jungfer Alheid/ eurer unbarmherzigen Mutter ehmahlige armseli-
ge Magd und Nähterin Armgart/ sonsten vor dem/ und Gott lob nunmehr wieder/ gebohrnes König-
liches Fräulein aus Teutschland/ Frl. Klara/ bedancket sich nochmahls alles geleisteten guten Willen/
sendet ihr alle heimlich und offentlich entwendete Geschmeide unversehret wieder/ nebest 10000. Kro-
nen/ und etliche Kleinot Gnaden-Gelder/ ihr und ihren beyden Schwestern nehest begrüssung/ und
stellet ihnen allen dreyen frey/ zu ihr nach Prag zukommen/ und ihrer Königlichen Hochzeit/ welche
sie mit dem Durchl. Großfürsten Herr Arbianes aus Meden schier zu halten entschlossen ist/ bey-
zuwohnen/ da ihnen alle Gnade und milde Königliche Woltaht wiederfahren sol. Zwar es währe mir
gar ein leichtes/ mich noch weiters an eurer grausamen Mutter/ und ehebrecherischen Vater gebühr-
lich zu rächen/ aber aus lauter Gnade sol ihnen verziehen seyn/ wiewol ich nicht ungerne gesehen hät-
te/ daß euer Vater den Prügel wegen seines huhrischen Herzens/ gleich eurer Mutter kosten mögen/
damit eins dem andern nichts vorwerffen dürffte/ doch weil mir der Zorn nunmehr vergangen/ mag
er so hinlauffen/ und sich bessern. Gehabt euch wol und besucht mich kühnlich nach eurem belieben 3
insonderheit grüsset mir die kleine Adelgund/ als welche durch ihre Gegenwart eures schlimmen Va-
ters unkeusches Vorhaben (welches/ da ers vollendet hätte/ ihm und allen den seinen den Halß würde
verlustig gemacht haben) guten teils abgewendet und verhindert hat. Ich bin und verbleibe eure und
eurer beyden Schwestern gute Freundin Klara/ Königliches Fräulein aus Teutschland/ verspro-
cheue Großfürstin in Meden.

Wir haben bißdaher die wol zuprügelte Frau Mechtild mit ihrer Angst-vollen Tochter
auf ihrem Wagen im Pusche verlassen/ welche nach Wolfganges Abscheid gerne alsbald
wieder nach Hause gefahren währen/ aber die Dräuung hielt sie zurük/ und daß sie keinen
Fuhrmann hatten/ daher sie den Tag und die Nacht daselbst außhielten/ und noch ihr bestes
wahr/ daß sie Essen und Trinken gnug bey sich hatten. Die Nacht wehrete ihnen sehr lan-
ge/ und empfand das Weib überaus grosse Schmerzen wegen der Prügelung/ weil sie kei-
ne Salbe zur Linderung bey sich hatte. Daß ihre Armgart ein Fürstliches Fräulein seyn
solte/ wolte ihr in den Kopff nicht/ wie wol die Tochter solches gerne gläubete/ weil
sie nur mit einer angestrichenen Farbe sich so heßlich gemacht/ und vor dem Abzuge
ihre wunder zarten Hände/ Hals und Angesicht ihr hätte sehen lassen. Aber die Mutter sa-
gete; Ey was Fräulein/ lag sie doch fast alle Nacht bey dem Baurflegel Wolfgang/ den sie
selbst ihren Mann nennete. Nein herzen Mutter/ antwortete sie/ ich erinnere mich/ daß un-
sere Haußmagd etlichemahl mir angezeiget hat/ daß sie allemahl nur eine Schlafstelle in ih-
rem Bette gefunden/ und also der Baur sich ohn Zweifel auf der blossen Erde hat behelfen
müssen. Sie sey wer sie wolle/ sagte die Mutter; hätte ich aber gewust/ daß ich diese schmertz-
hafte Prügelung von ihr sollen gewärtig seyn/ wolte ich ihr den Hals zubrochen haben. Ach
liebe Mutter/ sagte sie/ ihr seid auch alzu hart mit ihr gewesen dann ungeachtet sie kein Au-
genblik bey ihrer Arbeit seumete/ suchetet ihr doch allemahl Uhrsach an sie/ daß michs oft
gejammert hat. Was wiltu junge Metze mich auch noch rechtfärtigen? sagte die Mutter;
währe ich meiner Hände mächtig/ ich wolte dir das weise Maul dergestalt zurichten/ daß
du es auff ein andermahl schon halten soltest. Ich sage nichts ungebührliches/ sagte die
Tochter/ und gebe der Himmel/ daß wir nicht von diesem Fürstlichen Fräulein noch eine
grössere Straffe zugewarten haben. Und ach ach! was muß doch mein Vater ihr vor Un-
gebührligkeit angemuhtet haben/ davon das kleine Kind gestern zusagen wuste? dein Va-
ter ist ein alter verhuhreter Bube/ antwortete sie/ und hätte ihm wol gönnen mögen/ daß er

davor
Siebendes Buch.

Sonders liebe Freundin/ Jungfer Alheid/ eurer unbarmherzigen Mutter ehmahlige armſeli-
ge Magd und Naͤhterin Armgart/ ſonſten vor dem/ und Gott lob nunmehr wieder/ gebohrnes Koͤnig-
liches Fraͤulein aus Teutſchland/ Frl. Klara/ bedancket ſich nochmahls alles geleiſteten guten Willen/
ſendet ihr alle heimlich und offentlich entwendete Geſchmeide unverſehret wieder/ nebeſt 10000. Kro-
nen/ und etliche Kleinot Gnaden-Gelder/ ihr und ihren beyden Schweſtern neheſt begruͤſſung/ und
ſtellet ihnen allen dreyen frey/ zu ihr nach Prag zukommen/ und ihrer Koͤniglichen Hochzeit/ welche
ſie mit dem Durchl. Großfuͤrſten Herꝛ Arbianes aus Meden ſchier zu halten entſchloſſen iſt/ bey-
zuwohnen/ da ihnen alle Gnade und milde Koͤnigliche Woltaht wiederfahren ſol. Zwar es waͤhre mir
gar ein leichtes/ mich noch weiters an eurer grauſamen Mutter/ und ehebrecheriſchen Vater gebuͤhr-
lich zu raͤchen/ aber aus lauter Gnade ſol ihnen verziehen ſeyn/ wiewol ich nicht ungerne geſehen haͤt-
te/ daß euer Vater den Pruͤgel wegen ſeines huhriſchen Herzens/ gleich eurer Mutter koſten moͤgen/
damit eins dem andern nichts vorwerffen duͤrffte/ doch weil mir der Zorn nunmehr vergangen/ mag
er ſo hinlauffen/ und ſich beſſern. Gehabt euch wol und beſucht mich kuͤhnlich nach eurem belieben 3
inſonderheit gruͤſſet mir die kleine Adelgund/ als welche durch ihre Gegenwart eures ſchlimmen Va-
ters unkeuſches Vorhaben (welches/ da ers vollendet haͤtte/ ihm und allen den ſeinen den Halß wuͤrde
verluſtig gemacht haben) guten teils abgewendet und verhindert hat. Ich bin und verbleibe eure und
eurer beyden Schweſtern gute Freundin Klara/ Koͤnigliches Fraͤulein aus Teutſchland/ verſpro-
cheue Großfuͤrſtin in Meden.

Wir haben bißdaher die wol zupruͤgelte Frau Mechtild mit ihrer Angſt-vollen Tochter
auf ihrem Wagen im Puſche verlaſſen/ welche nach Wolfganges Abſcheid gerne alsbald
wieder nach Hauſe gefahren waͤhren/ aber die Draͤuung hielt ſie zuruͤk/ und daß ſie keinen
Fuhrmann hatten/ daher ſie den Tag und die Nacht daſelbſt außhieltẽ/ und noch ihr beſtes
wahr/ daß ſie Eſſen und Trinken gnug bey ſich hatten. Die Nacht wehrete ihnen ſehr lan-
ge/ und empfand das Weib uͤberaus groſſe Schmerzen wegen der Pruͤgelung/ weil ſie kei-
ne Salbe zur Linderung bey ſich hatte. Daß ihre Armgart ein Fuͤrſtliches Fraͤulein ſeyn
ſolte/ wolte ihr in den Kopff nicht/ wie wol die Tochter ſolches gerne glaͤubete/ weil
ſie nur mit einer angeſtrichenen Farbe ſich ſo heßlich gemacht/ und vor dem Abzuge
ihre wunder zarten Haͤnde/ Hals und Angeſicht ihr haͤtte ſehen laſſen. Aber die Mutter ſa-
gete; Ey was Fraͤulein/ lag ſie doch faſt alle Nacht bey dem Baurflegel Wolfgang/ den ſie
ſelbſt ihren Mann nennete. Nein herzen Mutter/ antwortete ſie/ ich erinnere mich/ daß un-
ſere Haußmagd etlichemahl mir angezeiget hat/ daß ſie allemahl nur eine Schlafſtelle in ih-
rem Bette gefunden/ und alſo der Baur ſich ohn Zweifel auf der bloſſen Erde hat behelfen
muͤſſen. Sie ſey wer ſie wolle/ ſagte die Mutter; haͤtte ich aber gewuſt/ daß ich dieſe ſchmertz-
hafte Pruͤgelung von ihr ſollen gewaͤrtig ſeyn/ wolte ich ihr den Hals zubꝛochen haben. Ach
liebe Mutter/ ſagte ſie/ ihr ſeid auch alzu hart mit ihr geweſen dann ungeachtet ſie kein Au-
genblik bey ihrer Arbeit ſeumete/ ſuchetet ihr doch allemahl Uhrſach an ſie/ daß michs oft
gejammert hat. Was wiltu junge Metze mich auch noch rechtfaͤrtigen? ſagte die Mutter;
waͤhre ich meiner Haͤnde maͤchtig/ ich wolte dir das weiſe Maul dergeſtalt zurichten/ daß
du es auff ein andermahl ſchon halten ſolteſt. Ich ſage nichts ungebuͤhrliches/ ſagte die
Tochter/ und gebe der Himmel/ daß wir nicht von dieſem Fuͤrſtlichen Fraͤulein noch eine
groͤſſere Straffe zugewarten haben. Und ach ach! was muß doch mein Vater ihr vor Un-
gebuͤhrligkeit angemuhtet haben/ davon das kleine Kind geſtern zuſagen wuſte? dein Va-
ter iſt ein alter verhuhreter Bube/ antwortete ſie/ und haͤtte ihm wol goͤnnen moͤgen/ daß er

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[706/0712] Siebendes Buch. Sonders liebe Freundin/ Jungfer Alheid/ eurer unbarmherzigen Mutter ehmahlige armſeli- ge Magd und Naͤhterin Armgart/ ſonſten vor dem/ und Gott lob nunmehr wieder/ gebohrnes Koͤnig- liches Fraͤulein aus Teutſchland/ Frl. Klara/ bedancket ſich nochmahls alles geleiſteten guten Willen/ ſendet ihr alle heimlich und offentlich entwendete Geſchmeide unverſehret wieder/ nebeſt 10000. Kro- nen/ und etliche Kleinot Gnaden-Gelder/ ihr und ihren beyden Schweſtern neheſt begruͤſſung/ und ſtellet ihnen allen dreyen frey/ zu ihr nach Prag zukommen/ und ihrer Koͤniglichen Hochzeit/ welche ſie mit dem Durchl. Großfuͤrſten Herꝛ Arbianes aus Meden ſchier zu halten entſchloſſen iſt/ bey- zuwohnen/ da ihnen alle Gnade und milde Koͤnigliche Woltaht wiederfahren ſol. Zwar es waͤhre mir gar ein leichtes/ mich noch weiters an eurer grauſamen Mutter/ und ehebrecheriſchen Vater gebuͤhr- lich zu raͤchen/ aber aus lauter Gnade ſol ihnen verziehen ſeyn/ wiewol ich nicht ungerne geſehen haͤt- te/ daß euer Vater den Pruͤgel wegen ſeines huhriſchen Herzens/ gleich eurer Mutter koſten moͤgen/ damit eins dem andern nichts vorwerffen duͤrffte/ doch weil mir der Zorn nunmehr vergangen/ mag er ſo hinlauffen/ und ſich beſſern. Gehabt euch wol und beſucht mich kuͤhnlich nach eurem belieben 3 inſonderheit gruͤſſet mir die kleine Adelgund/ als welche durch ihre Gegenwart eures ſchlimmen Va- ters unkeuſches Vorhaben (welches/ da ers vollendet haͤtte/ ihm und allen den ſeinen den Halß wuͤrde verluſtig gemacht haben) guten teils abgewendet und verhindert hat. Ich bin und verbleibe eure und eurer beyden Schweſtern gute Freundin Klara/ Koͤnigliches Fraͤulein aus Teutſchland/ verſpro- cheue Großfuͤrſtin in Meden. Wir haben bißdaher die wol zupruͤgelte Frau Mechtild mit ihrer Angſt-vollen Tochter auf ihrem Wagen im Puſche verlaſſen/ welche nach Wolfganges Abſcheid gerne alsbald wieder nach Hauſe gefahren waͤhren/ aber die Draͤuung hielt ſie zuruͤk/ und daß ſie keinen Fuhrmann hatten/ daher ſie den Tag und die Nacht daſelbſt außhieltẽ/ und noch ihr beſtes wahr/ daß ſie Eſſen und Trinken gnug bey ſich hatten. Die Nacht wehrete ihnen ſehr lan- ge/ und empfand das Weib uͤberaus groſſe Schmerzen wegen der Pruͤgelung/ weil ſie kei- ne Salbe zur Linderung bey ſich hatte. Daß ihre Armgart ein Fuͤrſtliches Fraͤulein ſeyn ſolte/ wolte ihr in den Kopff nicht/ wie wol die Tochter ſolches gerne glaͤubete/ weil ſie nur mit einer angeſtrichenen Farbe ſich ſo heßlich gemacht/ und vor dem Abzuge ihre wunder zarten Haͤnde/ Hals und Angeſicht ihr haͤtte ſehen laſſen. Aber die Mutter ſa- gete; Ey was Fraͤulein/ lag ſie doch faſt alle Nacht bey dem Baurflegel Wolfgang/ den ſie ſelbſt ihren Mann nennete. Nein herzen Mutter/ antwortete ſie/ ich erinnere mich/ daß un- ſere Haußmagd etlichemahl mir angezeiget hat/ daß ſie allemahl nur eine Schlafſtelle in ih- rem Bette gefunden/ und alſo der Baur ſich ohn Zweifel auf der bloſſen Erde hat behelfen muͤſſen. Sie ſey wer ſie wolle/ ſagte die Mutter; haͤtte ich aber gewuſt/ daß ich dieſe ſchmertz- hafte Pruͤgelung von ihr ſollen gewaͤrtig ſeyn/ wolte ich ihr den Hals zubꝛochen haben. Ach liebe Mutter/ ſagte ſie/ ihr ſeid auch alzu hart mit ihr geweſen dann ungeachtet ſie kein Au- genblik bey ihrer Arbeit ſeumete/ ſuchetet ihr doch allemahl Uhrſach an ſie/ daß michs oft gejammert hat. Was wiltu junge Metze mich auch noch rechtfaͤrtigen? ſagte die Mutter; waͤhre ich meiner Haͤnde maͤchtig/ ich wolte dir das weiſe Maul dergeſtalt zurichten/ daß du es auff ein andermahl ſchon halten ſolteſt. Ich ſage nichts ungebuͤhrliches/ ſagte die Tochter/ und gebe der Himmel/ daß wir nicht von dieſem Fuͤrſtlichen Fraͤulein noch eine groͤſſere Straffe zugewarten haben. Und ach ach! was muß doch mein Vater ihr vor Un- gebuͤhrligkeit angemuhtet haben/ davon das kleine Kind geſtern zuſagen wuſte? dein Va- ter iſt ein alter verhuhreter Bube/ antwortete ſie/ und haͤtte ihm wol goͤnnen moͤgen/ daß er davor

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 706. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/712>, abgerufen am 22.11.2024.