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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
men Mädchen zum Schelme werde. Da hätte man nun diese Dirne hören sollen/ wie sie
mit schelten und schmähen auff ihn ansetzete; Je du Galgenschwengel/ du Henkermässiger
Bube/ sagte sie/ bist nicht wert/ daß ein ehrlich Mädchen sich dein erbarme/ oder einigen
willen zu dir trage; pfui mich an/ daß ich durch deine äusserliche gestalt mich habe bewägen
lassen/ dich loß zu bitten/ ich werde doch nun und nimmermehr keinen Mann bekommen kön-
nen/ dann jederman wird mirs vorhalten/ ein zum Radebrechen verurteileter armer Sün-
der/ habe lieber also hingerichtet seyn wollen/ als mich zur Frauen nehmen; fing auch ein
solches gehäule an/ daß die Zuseher dessen gnug lacheten/ und also ging sie nach dem inner-
sten Platze/ woselbst die Königliche Geselschaft auff einem Lustgange bey einander sassen.
Valiska wahr dieser Magd zimlich gewogen/ massen sie wol 16 Jahr in der Küchen gedie-
net/ und ihr Winterzimmer hatte pflegen einzuheitzen/ daß sie nunmehr von 36 Jahren wahr;
als sie nun dieselbe also heulen sahe/ fragete sie/ was ihr begegnet währe. O Gn. Königin/
der Schelm und Dieb wil mich nicht haben/ antwortete sie/ sondern viel lieber sterben. Va-
liska lachete dessen/ und sagete: Gib dich zu frieden du solt noch wol einen bessern Mann be-
kommen/ so viel Brautschaz habe ich dir zugedacht; worauff sie sich dann endlich stillen ließ.
Die Funrstliche Geselschaft kunte sich über Reichards erklärung nicht gnug verwundern/
insonderheit/ als Leches kam/ und ihnen seine Worte vortrug. Gewißlich/ sagete König
Henrich/ dieser Bube dürfte noch so gut werden/ als schlim er bißher gewesen ist/ daher las-
se man ihn lauffen/ und daß nach zweijähriger frist er sich/ mit aufflegung eines schriftlichen
Zeugnis seines verhaltens/ bey mir anmelde/ alsdann sol er von mir einer Gnade gewärtig
seyn. Herkules rieff Leches zu sich/ und legete ihn in den Mund/ was er anfangs mit Wolf-
gang/ hernach zu Reichard reden solte; welcher sich wieder auff den Richterstuel setzend
also anfing: Reichard/ deine anfangs erwiesene Dienste/ samt der jetzigen Reue/ die du über
deine begangene Bosheit trägest/ haben die versamleten Großmächtigsten Könige zu die-
ser hohen Gnade bewogen/ daß die Straffe/ welche deiner eigenen Bekäntnis nach/ du wol
verdienet/ sol gemiltert werden/ wie ich hernach anzeigen wil. Damit aber dein frommer
Vater/ wegen der Königlichen Fräulein nicht umb das seine komme/ wil ich wissen/ wie
grosse Kosten du zu deren Erlösung angewendet habest. Dieser gedachte noch nicht/ daß er
mit dem Leben davon kommen würde/ und antwortete: Mein Herr/ wie ergetzet es meine
Seele/ daß noch vor meinem betrübten Ende ich vernehmen sol/ daß man meinem lieben
Vater das ausgelegete wieder zustellen wil; dasselbe nun beläuft sich alles in allem auf 2000
Kronen/ und etwas weniger; könte aber ich elender Mensch so bitselig seyn/ daß solche Gel-
der/ weil es ohndas mein väterliches Erbe ist/ dem frommen Mädchen/ so mich loßbitten
wollen/ gegeben/ und ich dagegen mit dem Schwerte begnadet würde/ zweifele ich nicht/ die
Götter würden alles beydes mit reicher vergeltung erstatten; doch solte mein Herr Richter
davor halten/ daß durch dieses ansuchen ich das Königliche Fräulein zum Wiederwillen
reizen würde/ wolle er dessen nur nicht gedenken. Es fält mir aber gleich ein/ daß die Gut-
sche mit den Pferden in die jeztgemeldete Rechnung nicht gehören. Leches trug grosses mit-
leiden mit diesem Menschen/ ging abermahl mit Wolfgang zu der Königlichen Geselschaft/
und zeigete dieser dem Fräulein an/ ihm währe bewust/ daß Reichard in seiner Landstad ei-
nes ehrlichen Mannes Tochter durch heimlichen Nohtzwang entehret/ und sie durch vor-

stellung

Siebendes Buch.
men Maͤdchen zum Schelme werde. Da haͤtte man nun dieſe Dirne hoͤren ſollen/ wie ſie
mit ſchelten und ſchmaͤhen auff ihn anſetzete; Je du Galgenſchwengel/ du Henkermaͤſſiger
Bube/ ſagte ſie/ biſt nicht wert/ daß ein ehrlich Maͤdchen ſich dein erbarme/ oder einigen
willen zu dir trage; pfui mich an/ daß ich durch deine aͤuſſerliche geſtalt mich habe bewaͤgen
laſſen/ dich loß zu bitten/ ich werde doch nun und nimmermehr keinen Mann bekom̃en koͤn-
nen/ dann jederman wird mirs vorhalten/ ein zum Radebrechen verurteileter armer Suͤn-
der/ habe lieber alſo hingerichtet ſeyn wollen/ als mich zur Frauen nehmen; fing auch ein
ſolches gehaͤule an/ daß die Zuſeher deſſen gnug lacheten/ und alſo ging ſie nach dem inner-
ſten Platze/ woſelbſt die Koͤnigliche Geſelſchaft auff einem Luſtgange bey einander ſaſſen.
Valiſka wahr dieſer Magd zimlich gewogen/ maſſen ſie wol 16 Jahr in der Kuͤchen gedie-
net/ und ihr Winterzim̄er hatte pflegen einzuheitzen/ daß ſie nunmehr von 36 Jahren wahr;
als ſie nun dieſelbe alſo heulen ſahe/ fragete ſie/ was ihr begegnet waͤhre. O Gn. Koͤnigin/
der Schelm uñ Dieb wil mich nicht haben/ antwortete ſie/ ſondern viel lieber ſterben. Va-
liſka lachete deſſen/ und ſagete: Gib dich zu frieden du ſolt noch wol einen beſſern Mann be-
kommen/ ſo viel Brautſchaz habe ich dir zugedacht; worauff ſie ſich dañ endlich ſtillen ließ.
Die Fũrſtliche Geſelſchaft kunte ſich uͤber Reichards erklaͤrung nicht gnug verwundern/
inſonderheit/ als Leches kam/ und ihnen ſeine Worte vortrug. Gewißlich/ ſagete Koͤnig
Henrich/ dieſer Bube duͤrfte noch ſo gut werden/ als ſchlim er bißher geweſen iſt/ daher laſ-
ſe man ihn lauffen/ und daß nach zweijaͤhriger fꝛiſt er ſich/ mit aufflegung eines ſchriftlichen
Zeugnis ſeines verhaltens/ bey mir anmelde/ alsdann ſol er von mir einer Gnade gewaͤrtig
ſeyn. Herkules rieff Leches zu ſich/ und legete ihn in den Mund/ was er anfangs mit Wolf-
gang/ hernach zu Reichard reden ſolte; welcher ſich wieder auff den Richterſtuel ſetzend
alſo anfing: Reichard/ deine anfangs erwieſene Dienſte/ ſamt der jetzigen Reue/ die du uͤber
deine begangene Bosheit traͤgeſt/ haben die verſamleten Großmaͤchtigſten Koͤnige zu die-
ſer hohen Gnade bewogen/ daß die Straffe/ welche deiner eigenen Bekaͤntnis nach/ du wol
verdienet/ ſol gemiltert werden/ wie ich hernach anzeigen wil. Damit aber dein frommer
Vater/ wegen der Koͤniglichen Fraͤulein nicht umb das ſeine komme/ wil ich wiſſen/ wie
groſſe Koſten du zu deren Erloͤſung angewendet habeſt. Dieſer gedachte noch nicht/ daß er
mit dem Leben davon kommen würde/ und antwortete: Mein Herr/ wie ergetzet es meine
Seele/ daß noch vor meinem betrübten Ende ich vernehmen ſol/ daß man meinem lieben
Vater das ausgelegete wieder zuſtellẽ wil; daſſelbe nun belaͤuft ſich alles in allem auf 2000
Kronen/ und etwas weniger; koͤnte aber ich elender Menſch ſo bitſelig ſeyn/ daß ſolche Gel-
der/ weil es ohndas mein vaͤterliches Erbe iſt/ dem frommen Maͤdchen/ ſo mich loßbitten
wollen/ gegeben/ und ich dagegen mit dem Schwerte begnadet wuͤrde/ zweifele ich nicht/ die
Goͤtter wuͤrden alles beydes mit reicher vergeltung erſtatten; doch ſolte mein Herr Richteꝛ
davor halten/ daß durch dieſes anſuchen ich das Koͤnigliche Fraͤulein zum Wiederwillen
reizen wuͤrde/ wolle er deſſen nur nicht gedenken. Es faͤlt mir aber gleich ein/ daß die Gut-
ſche mit den Pferden in die jeztgemeldete Rechnung nicht gehoͤren. Leches tꝛug groſſes mit-
leiden mit dieſem Menſchen/ ging abermahl mit Wolfgang zu der Koͤniglichen Geſelſchaft/
und zeigete dieſer dem Fraͤulein an/ ihm waͤhre bewuſt/ daß Reichard in ſeiner Landſtad ei-
nes ehrlichen Mannes Tochter durch heimlichen Nohtzwang entehret/ und ſie durch vor-

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[703/0709] Siebendes Buch. men Maͤdchen zum Schelme werde. Da haͤtte man nun dieſe Dirne hoͤren ſollen/ wie ſie mit ſchelten und ſchmaͤhen auff ihn anſetzete; Je du Galgenſchwengel/ du Henkermaͤſſiger Bube/ ſagte ſie/ biſt nicht wert/ daß ein ehrlich Maͤdchen ſich dein erbarme/ oder einigen willen zu dir trage; pfui mich an/ daß ich durch deine aͤuſſerliche geſtalt mich habe bewaͤgen laſſen/ dich loß zu bitten/ ich werde doch nun und nimmermehr keinen Mann bekom̃en koͤn- nen/ dann jederman wird mirs vorhalten/ ein zum Radebrechen verurteileter armer Suͤn- der/ habe lieber alſo hingerichtet ſeyn wollen/ als mich zur Frauen nehmen; fing auch ein ſolches gehaͤule an/ daß die Zuſeher deſſen gnug lacheten/ und alſo ging ſie nach dem inner- ſten Platze/ woſelbſt die Koͤnigliche Geſelſchaft auff einem Luſtgange bey einander ſaſſen. Valiſka wahr dieſer Magd zimlich gewogen/ maſſen ſie wol 16 Jahr in der Kuͤchen gedie- net/ und ihr Winterzim̄er hatte pflegen einzuheitzen/ daß ſie nunmehr von 36 Jahren wahr; als ſie nun dieſelbe alſo heulen ſahe/ fragete ſie/ was ihr begegnet waͤhre. O Gn. Koͤnigin/ der Schelm uñ Dieb wil mich nicht haben/ antwortete ſie/ ſondern viel lieber ſterben. Va- liſka lachete deſſen/ und ſagete: Gib dich zu frieden du ſolt noch wol einen beſſern Mann be- kommen/ ſo viel Brautſchaz habe ich dir zugedacht; worauff ſie ſich dañ endlich ſtillen ließ. Die Fũrſtliche Geſelſchaft kunte ſich uͤber Reichards erklaͤrung nicht gnug verwundern/ inſonderheit/ als Leches kam/ und ihnen ſeine Worte vortrug. Gewißlich/ ſagete Koͤnig Henrich/ dieſer Bube duͤrfte noch ſo gut werden/ als ſchlim er bißher geweſen iſt/ daher laſ- ſe man ihn lauffen/ und daß nach zweijaͤhriger fꝛiſt er ſich/ mit aufflegung eines ſchriftlichen Zeugnis ſeines verhaltens/ bey mir anmelde/ alsdann ſol er von mir einer Gnade gewaͤrtig ſeyn. Herkules rieff Leches zu ſich/ und legete ihn in den Mund/ was er anfangs mit Wolf- gang/ hernach zu Reichard reden ſolte; welcher ſich wieder auff den Richterſtuel ſetzend alſo anfing: Reichard/ deine anfangs erwieſene Dienſte/ ſamt der jetzigen Reue/ die du uͤber deine begangene Bosheit traͤgeſt/ haben die verſamleten Großmaͤchtigſten Koͤnige zu die- ſer hohen Gnade bewogen/ daß die Straffe/ welche deiner eigenen Bekaͤntnis nach/ du wol verdienet/ ſol gemiltert werden/ wie ich hernach anzeigen wil. Damit aber dein frommer Vater/ wegen der Koͤniglichen Fraͤulein nicht umb das ſeine komme/ wil ich wiſſen/ wie groſſe Koſten du zu deren Erloͤſung angewendet habeſt. Dieſer gedachte noch nicht/ daß er mit dem Leben davon kommen würde/ und antwortete: Mein Herr/ wie ergetzet es meine Seele/ daß noch vor meinem betrübten Ende ich vernehmen ſol/ daß man meinem lieben Vater das ausgelegete wieder zuſtellẽ wil; daſſelbe nun belaͤuft ſich alles in allem auf 2000 Kronen/ und etwas weniger; koͤnte aber ich elender Menſch ſo bitſelig ſeyn/ daß ſolche Gel- der/ weil es ohndas mein vaͤterliches Erbe iſt/ dem frommen Maͤdchen/ ſo mich loßbitten wollen/ gegeben/ und ich dagegen mit dem Schwerte begnadet wuͤrde/ zweifele ich nicht/ die Goͤtter wuͤrden alles beydes mit reicher vergeltung erſtatten; doch ſolte mein Herr Richteꝛ davor halten/ daß durch dieſes anſuchen ich das Koͤnigliche Fraͤulein zum Wiederwillen reizen wuͤrde/ wolle er deſſen nur nicht gedenken. Es faͤlt mir aber gleich ein/ daß die Gut- ſche mit den Pferden in die jeztgemeldete Rechnung nicht gehoͤren. Leches tꝛug groſſes mit- leiden mit dieſem Menſchen/ ging abermahl mit Wolfgang zu der Koͤniglichen Geſelſchaft/ und zeigete dieſer dem Fraͤulein an/ ihm waͤhre bewuſt/ daß Reichard in ſeiner Landſtad ei- nes ehrlichen Mannes Tochter durch heimlichen Nohtzwang entehret/ und ſie durch vor- ſtellung

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 703. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/709>, abgerufen am 22.11.2024.