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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
ges währen)/ so währe er dannoch derselbe/ welcher ein Fürstliches Fräulein zuerlösen
mächtig gnug gewesen/ ja der umb ihrer Freiheit willen sein ganzes vanterliches Erbe an-
gewendet/ seines Vaterlandes sich verlustig gemacht/ und Lebens Gefahr über sich ge-
nommen/ ungeachtet er sie vorhin weder gesehen/ noch ein Wort von ihr gehöret/ ohn was
er von dem Tagelöhner Wolffgang hätte/ welchen Freund/ ausser ihn/ sie in der Welt nicht
finden würde; und hätte doch vor alle seine Dienste und Woltaht nichts mehr/ als verächt-
liche Beschimpffungen/ die ihm Herz und Seele durchschnitten; hoffete gleichwol/ sie
würde dergleichen Undankbarkeit nicht ferner wieder ihn gebrauchen/ sonst müste er sich
beyzeiten vorsehen/ und des Weges mit ihr ziehen/ den er kommen währe. Das Fräulein
verschmerzete diesen Hohn/ und antwortete ihm sehr gütig: Sie wüste sich durchaus nicht
zuerinnern/ daß sie ihn mit einem Worte oder Augenwink beleidiget hätte/ möchte sie dem-
nach solches Argwohns entschütten. Sie hätte nicht gemeynet/ daß er die Verwegerung
eines Trunks so ungleich empfinden wollen/ solte ihm sonst wol unversaget blieben seyn;
nam auch das Gläselein von ihm an/ und taht über Vermögen bescheid. Da fing nun der
schlauhe Bube an/ sich auffs neue beliebet zu machen; aber das Fräulein suchete sich von
ihm abzuscheiden/ ließ der Wirtin ruffen/ und fragete/ ob ihr nicht in einem absonderlichen
verschlossenen Gemache/ wie schlecht es auch währe/ eine Sträu könte gemacht werden/
in welchem sie mit jenem ihrem Diener/ auff Wolffgang zeigend/ allein seyn/ und etliche
wenig Stunden ruhen könte. Gar wol/ sagte die Wirtin/ ich habe eine fest-verschlossene
Kammer/ die wil ich euch einräumen. Nun hatte der Bösewicht schen vorher gemuht-
masset/ sie würde des gemeinen Lagers sich nicht gebrauchen/ auch an die Wirtin begeh-
ret/ daß sie ihr an solchem Orte ihre Ruhe Bette zurichten solte/ da er zu ihr kommen kön-
te/ dann sie währe seine versprochene Braut/ und hätte Recht darzu/ wiewol sie nach Art
der Jungfern sich dessen wegerte; gab ihr auch eine Verehrung/ und erkauffte sie dadurch/
daß sie ihm den Schlüssel zu der Kammer zustellete/ schmierete hernach die Hespen/ daß sie
leise auffgingen/ und machete Wolffganges Lager so weit von der Fräulein Sträu/ als das
Gemach lang wahr. Das fromme Fräulein hätte sich solcher Verrähterey nicht versehen/
nam mit Wolffgang einen freundlichen Abscheid von ihren Reutern/ und vermahnete
sie/ des folgenden Tages zeitig auffzuseyn. Als sie nach Bette ging/ fragete sie die Wirtin/
unter wessen Gebiet dieses Dorff gehörete/ und bekam zur Antwort: Der Großfürst zu
Magdeburg währe ihre Obrigkeit/ welchen seine Stände neulich zum Könige gemacht
hätten/ und hiesse König Henrich. Ey Dank sey dir/ du höchster Gott/ sagte das Fräulein;
meynete/ sie währe nun allem Unglük entlauffen/ schloß die Kammer Tühr zu/ und hielt mit
Wolffgang eine herzliche Danksagung: Du frommer Gott/ sagte sie/ du Vater aller deren/ die
auff dich trauen; wie so gar gnädig erzeigestu dich uns armen Sündern/ und reissest uns im Augen-
blik aus der Noht und Anfechtung/ wann wir meynen am allertieffesten darinnen zustecken. Ich ge-
dachte schon/ mein liebes Vaterland würde ich nimmermehr wieder sehen/ und sol nun schon diese
Nacht darinnen schlaffen/ ehe ich weiß/ daß ich daselbst angelanget bin. HErr/ du hast mich zwar ge-
züchtiget/ aber mit gelinder Hand/ du hast mich gestäupet/ aber mit deiner Kinder Ruhte/ daß ich nur
wenig Streiche mit der Fuhrmans Peitsche/ und etliche Schläge von der Hand meiner unbarmherzi-
gen Frauen empfangen habe. O wie wol wird mirs seyn/ daß ich auch von deiner Züchtigung etwas
bekommen habe. Mein gnädiger Heyland/ gib vor dißmahl meinem Unglük die Endschafft/ und laß

mich
r r r r ij

Siebendes Buch.
ges waͤhren)/ ſo waͤhre er dannoch derſelbe/ welcher ein Fuͤrſtliches Fraͤulein zuerloͤſen
maͤchtig gnug geweſen/ ja der umb ihrer Freiheit willen ſein ganzes vāterliches Erbe an-
gewendet/ ſeines Vaterlandes ſich verluſtig gemacht/ und Lebens Gefahr uͤber ſich ge-
nommen/ ungeachtet er ſie vorhin weder geſehen/ noch ein Wort von ihr gehoͤret/ ohn was
er von dem Tageloͤhner Wolffgang haͤtte/ welchen Freund/ auſſer ihn/ ſie in der Welt nicht
finden wuͤrde; und haͤtte doch vor alle ſeine Dienſte uñ Woltaht nichts mehr/ als veraͤcht-
liche Beſchimpffungen/ die ihm Herz und Seele durchſchnitten; hoffete gleichwol/ ſie
wuͤrde dergleichen Undankbarkeit nicht ferner wieder ihn gebrauchen/ ſonſt muͤſte er ſich
beyzeiten vorſehen/ und des Weges mit ihr ziehen/ den er kommen waͤhre. Das Fraͤulein
verſchmerzete dieſen Hohn/ und antwortete ihm ſehr guͤtig: Sie wuͤſte ſich durchaus nicht
zuerinnern/ daß ſie ihn mit einem Worte oder Augenwink beleidiget haͤtte/ moͤchte ſie dem-
nach ſolches Argwohns entſchuͤtten. Sie haͤtte nicht gemeynet/ daß er die Verwegerung
eines Trunks ſo ungleich empfinden wollen/ ſolte ihm ſonſt wol unverſaget blieben ſeyn;
nam auch das Glaͤſelein von ihm an/ und taht uͤber Vermoͤgen beſcheid. Da fing nun der
ſchlauhe Bube an/ ſich auffs neue beliebet zu machen; aber das Fraͤulein ſuchete ſich von
ihm abzuſcheiden/ ließ der Wirtin ruffen/ und fragete/ ob ihr nicht in einem abſonderlichẽ
verſchloſſenen Gemache/ wie ſchlecht es auch waͤhre/ eine Straͤu koͤnte gemacht werden/
in welchem ſie mit jenem ihrem Diener/ auff Wolffgang zeigend/ allein ſeyn/ und etliche
wenig Stunden ruhen koͤnte. Gar wol/ ſagte die Wirtin/ ich habe eine feſt-verſchloſſene
Kammer/ die wil ich euch einraͤumen. Nun hatte der Boͤſewicht ſchen vorher gemuht-
maſſet/ ſie wuͤrde des gemeinen Lagers ſich nicht gebrauchen/ auch an die Wirtin begeh-
ret/ daß ſie ihr an ſolchem Orte ihre Ruhe Bette zurichten ſolte/ da er zu ihr kommen koͤn-
te/ dann ſie waͤhre ſeine verſprochene Braut/ und haͤtte Recht darzu/ wiewol ſie nach Art
der Jungfern ſich deſſen wegerte; gab ihr auch eine Verehrung/ und erkauffte ſie dadurch/
daß ſie ihm den Schluͤſſel zu der Kammer zuſtellete/ ſchmierete hernach die Heſpen/ daß ſie
leiſe auffgingen/ und machete Wolffganges Lager ſo weit von der Fraͤulein Straͤu/ als das
Gemach lang wahr. Das fromme Fraͤulein haͤtte ſich ſolcher Verraͤhterey nicht verſehen/
nam mit Wolffgang einen freundlichen Abſcheid von ihren Reutern/ und vermahnete
ſie/ des folgenden Tages zeitig auffzuſeyn. Als ſie nach Bette ging/ fragete ſie die Wirtin/
unter weſſen Gebiet dieſes Dorff gehoͤrete/ und bekam zur Antwort: Der Großfuͤrſt zu
Magdeburg waͤhre ihre Obrigkeit/ welchen ſeine Staͤnde neulich zum Koͤnige gemacht
haͤtten/ und hieſſe Koͤnig Henrich. Ey Dank ſey dir/ du hoͤchſter Gott/ ſagte das Fraͤulein;
meynete/ ſie waͤhre nun allem Ungluͤk entlauffen/ ſchloß die Kammer Tuͤhr zu/ und hielt mit
Wolffgang eine herzliche Dankſagung: Du frommer Gott/ ſagte ſie/ du Vater aller deren/ die
auff dich trauen; wie ſo gar gnaͤdig erzeigeſtu dich uns armen Suͤndern/ und reiſſeſt uns im Augen-
blik aus der Noht und Anfechtung/ wann wir meynen am allertieffeſten darinnen zuſtecken. Ich ge-
dachte ſchon/ mein liebes Vaterland wuͤrde ich nimmermehr wieder ſehen/ und ſol nun ſchon dieſe
Nacht darinnen ſchlaffen/ ehe ich weiß/ daß ich daſelbſt angelanget bin. HErr/ du haſt mich zwar ge-
zuͤchtiget/ aber mit gelinder Hand/ du haſt mich geſtaͤupet/ aber mit deiner Kinder Ruhte/ daß ich nur
wenig Streiche mit der Fuhrmans Peitſche/ und etliche Schlaͤge von der Hand meiner unbarmherzi-
gen Frauen empfangen habe. O wie wol wird mirs ſeyn/ daß ich auch von deiner Zuͤchtigung etwas
bekommen habe. Mein gnaͤdiger Heyland/ gib vor dißmahl meinem Ungluͤk die Endſchafft/ und laß

mich
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 683. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/689>, abgerufen am 22.11.2024.