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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
barmherzigen Hände/ Arme/ und das Gerippe/ daß sie endlich drüber in Ohmacht fiel/ und
das Fräulein noch vor sie bitten muste. Der frommen Adelheit (oder Alheit) aber gescha-
he gar kein leid/ wiewol ihrer Mutter Elend ihr die häuffigen Trähnen aus den Augen
trieb/ und Wolfgang zu ihr sagete: Danket ihr Gott/ daß ihr dieser meiner vermeineten
Frauen kein leid habt angetahn/ eurer würde sonst nicht besser als diesem grausamen un-
barmherzigen Weibe gewartet werden/ bey welcher ihr diesen Tag und folgende ganze Nacht
verbleiben sollet/ und wo ihr euch erkühnen werdet vor Morgen früh von diesem Orte weg
zuzihen/ müsset ihr umb Ehr und Leben kommen/ hernach aber möget ihr zihen wohin ihr
wollet/ könnet euch auch berühmen/ daß nie kein Mensch eures gleichen/ ein vornehmer Wei-
besbild zur Magd gehabt als ihr. Das Fräulein kehrete sich nichts an das Weib/ aber zu
der Tochter sagte sie: Meine Freundin/ ich danke euch sehr vor allen erzeigeten guten Wil-
len/ und versichere euch/ daß ich nicht unterlassen werde/ mich gegen euch in der Taht dank-
bar zuerzeigen; eines ist mir fast leid/ daß euer alter unzüchtiger Vater nicht mit heraus
gefahren ist/ welchen ich wegen seiner ehebrecherischen anmuhtungen hätte wollen eurer
Mutter gleich zurichten lassen/ damit eins dem andern nichts vorzuwerffen hätte. War-
net ihn aber/ daß er von solcher schändlichen Büberey abstehe/ oder da ichs erfahren solte/
werde ich ihn schon finden; dann meine Hand ist so lang daß ich über hundert Meilen da-
mit reichen kan/ welche zu küssen eure Mutter das gottlose freche Weib unwirdig ist/ und
doch dieselbe zu ihrer Mägde-Arbeit so grausam angetrieben hat. Ihr solt auch wissen/ dz
ob ich gleich anjetzo flüchtig davon eile/ wolte ich doch (wann ich mich nur bey dem Römi-
schen Stathalter zu Köllen meldete) bald nach euer Stad umbkehren/ und eure böse El-
tern durch Henkers Hand abschlachten lassen. Als sie dieses geredet hatte/ machte sie die
angestrichene Farbe von ihrem Angesicht und Händen hinweg/ und ließ die Jungfer ihre
zarte Schönheit sehen/ welche sich deren hoch verwundernd/ zu ihr sagete: Ach gnädige
Frau; vergebet doch meinen Eltern/ was sie aus unwissenheit wieder euch gesündiget ha-
ben. Ja/ sagte sie/ es sol ihnen auff eure Bitte vergeben seyn/ da sie sich bessern werden; euch
aber hoffe ich noch gutes zu tuhn. Wolfgang stellete sich nunmehr sehr demühtig gegen sie/
und weil sie sich was lange aufhielt/ sagte er: Durchleuchtigstes Fräulein/ ihre Durchl.
wolle ihr gnädigst gefallen lassen abscheid zu nehmen/ demnach es hohe Zeit seyn wird. Ja
mein Freund/ antwortete sie/ wir wollen uns nicht länger aufhalten. Ihr redlichen Leute
aber/ sagte sie zu den Reutern/ seid mir geträu und beyständig auff meiner kurzen Reise/ und
versichert euch/ so wahr ich gedenke ehrlich zu leben und selig zu sterben/ daß ich euch dieses
rittes dergestalt ergetzen wil/ daß ihr vor Armut sollet befreiet seyn/ und in grosser Fürsten
ansehnliche Dienste/ da ihrs begehret/ auffgenommen werden. Diese viere sprungen von
ihren Pferden/ tahten ihr einen Fußfal/ und verpflichteten sich ihr äidlich/ vor ihre Wol-
fahrt Leib und Leben auffzusetzen. Wolfgang nam das Fräulein vor sich auff das ledige
Pferd/ und ritten miteinander nach ihrer Geselschaft/ welche sich nicht weit davon in ei-
nem Dorffe auffhielt/ woselbst das Fräulein von Reichard höflich empfangen und alsbald
mit buhlerischen Augen angesehen ward/ dessen sie doch nicht wahr nam/ sondern zu ihm
sagete: Mein Freund/ daß ihr auff meines geträuen Dieners Wolfgang anmuhten euch
zu meiner rettung habt wollen gebrauchen/ ist eine löbliche Taht/ welche euch und allen eu-

ren

Siebendes Buch.
barmherzigen Haͤnde/ Arme/ und das Gerippe/ daß ſie endlich druͤber in Ohmacht fiel/ und
das Fraͤulein noch vor ſie bitten muſte. Der frommen Adelheit (oder Alheit) aber geſcha-
he gar kein leid/ wiewol ihrer Mutter Elend ihr die haͤuffigen Traͤhnen aus den Augen
trieb/ und Wolfgang zu ihr ſagete: Danket ihr Gott/ daß ihr dieſer meiner vermeineten
Frauen kein leid habt angetahn/ eurer wuͤrde ſonſt nicht beſſer als dieſem grauſamen un-
barmherzigẽ Weibe gewartet werden/ bey welcher ihr dieſen Tag uñ folgende ganze Nacht
verbleiben ſollet/ und wo ihr euch erkuͤhnen werdet vor Morgen fruͤh von dieſem Orte weg
zuzihen/ muͤſſet ihr umb Ehr und Leben kommen/ hernach aber moͤget ihr zihen wohin ihr
wollet/ koͤnnet euch auch beruͤhmẽ/ daß nie kein Menſch euꝛes gleichen/ ein vornehmer Wei-
besbild zur Magd gehabt als ihr. Das Fraͤulein kehrete ſich nichts an das Weib/ aber zu
der Tochter ſagte ſie: Meine Freundin/ ich danke euch ſehr vor allen erzeigeten guten Wil-
len/ und verſichere euch/ daß ich nicht unterlaſſen werde/ mich gegen euch in der Taht dank-
bar zuerzeigen; eines iſt mir faſt leid/ daß euer alter unzuͤchtiger Vater nicht mit heraus
gefahren iſt/ welchen ich wegen ſeiner ehebrecheriſchen anmuhtungen haͤtte wollen eurer
Mutter gleich zurichten laſſen/ damit eins dem andern nichts vorzuwerffen haͤtte. War-
net ihn aber/ daß er von ſolcher ſchaͤndlichen Buͤberey abſtehe/ oder da ichs erfahren ſolte/
werde ich ihn ſchon finden; dann meine Hand iſt ſo lang daß ich uͤber hundert Meilen da-
mit reichen kan/ welche zu kuͤſſen eure Mutter das gottloſe freche Weib unwirdig iſt/ und
doch dieſelbe zu ihrer Maͤgde-Arbeit ſo grauſam angetrieben hat. Ihr ſolt auch wiſſen/ dz
ob ich gleich anjetzo fluͤchtig davon eile/ wolte ich doch (wann ich mich nur bey dem Roͤmi-
ſchen Stathalter zu Koͤllen meldete) bald nach euer Stad umbkehren/ und eure boͤſe El-
tern durch Henkers Hand abſchlachten laſſen. Als ſie dieſes geredet hatte/ machte ſie die
angeſtrichene Farbe von ihrem Angeſicht und Haͤnden hinweg/ und ließ die Jungfer ihre
zarte Schoͤnheit ſehen/ welche ſich deren hoch verwundernd/ zu ihr ſagete: Ach gnaͤdige
Frau; vergebet doch meinen Eltern/ was ſie aus unwiſſenheit wieder euch geſuͤndiget ha-
ben. Ja/ ſagte ſie/ es ſol ihnen auff eure Bitte vergeben ſeyn/ da ſie ſich beſſern werden; euch
aber hoffe ich noch gutes zu tuhn. Wolfgang ſtellete ſich nunmehr ſehꝛ demuͤhtig gegen ſie/
und weil ſie ſich was lange aufhielt/ ſagte er: Durchleuchtigſtes Fraͤulein/ ihre Durchl.
wolle ihr gnaͤdigſt gefallen laſſen abſcheid zu nehmen/ demnach es hohe Zeit ſeyn wird. Ja
mein Freund/ antwortete ſie/ wir wollen uns nicht laͤnger aufhalten. Ihr redlichen Leute
aber/ ſagte ſie zu den Reutern/ ſeid mir getraͤu und beyſtaͤndig auff meiner kurzen Reiſe/ uñ
verſichert euch/ ſo wahr ich gedenke ehrlich zu leben und ſelig zu ſterben/ daß ich euch dieſes
rittes dergeſtalt ergetzen wil/ daß ihr vor Armut ſollet befreiet ſeyn/ und in groſſer Fuͤrſten
anſehnliche Dienſte/ da ihrs begehret/ auffgenommen werden. Dieſe viere ſprungen von
ihren Pferden/ tahten ihr einen Fußfal/ und verpflichteten ſich ihr aͤidlich/ vor ihre Wol-
fahrt Leib und Leben auffzuſetzen. Wolfgang nam das Fraͤulein vor ſich auff das ledige
Pferd/ und ritten miteinander nach ihrer Geſelſchaft/ welche ſich nicht weit davon in ei-
nem Dorffe auffhielt/ woſelbſt das Fraͤulein von Reichard hoͤflich empfangen und alsbald
mit buhleriſchen Augen angeſehen ward/ deſſen ſie doch nicht wahr nam/ ſondern zu ihm
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/684>, abgerufen am 22.11.2024.