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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
er wahr schon ein 52jähriger) wolte sich zornig stellen/ und weiß nicht/ was vor Straffen
dräuen; aber seine älteste Tochter kam unvermuhtlich wieder/ daß er kaum gelegenheit
hatte/ heimlich zu ihr zusagen/ sie solte schweigen/ oder ihres Lebens nicht sicher seyn. Wor-
auff sie zur Antwort gab: Ja Herr/ ich wil auch vor dißmahl noch schweigen/ wann ich
nur hernähst unbemühet bleibe-Also ging er hinweg/ als hätte er kein Wasser betrübet/ dann
er fürchtete sich vor seinem Weibe nicht viel weniger als vor dem Henker selbst. Sie kla-
gete diese Nacht ihrem Wolffgange solches alles/ und gab ihm zugleich zuverstehen/ auff
welche Zeit sie ihre Lustreise verhoffentlich ungezweifelt fortsetzen würde; welches ihm sehr
lieb wahr; im übrigen aber ihr den Raht gab/ da sie des folgenden Tages aber eins unzim-
liche Ansprache von dem Alten haben würde/ möchte sie sich etwas gelinder vernehmen
lassen/ damit er nicht aus toller Liebe eine Erklärung fassete/ die auff Gewalttaht bestünde;
könte auch nicht schaden ihn auff etliche wenig Tage (wanns nicht anders seyn könte) hin-
zuweisen/ und ihm also in Sicherheit das Maul auffsperren. Aber wie sie dazu sich selbst
nicht bereden kunte/ also schikte es Gott/ daß er aus Schahm und Furcht sich des folgenden
Tages von ihr nicht sehen ließ. Wolffgangen dauchte numehr hohe Zeit seyn/ seinem Ge-
sellen Reichard die rechte Warheit zuoffenbahren/ welcher ihm zuvor einen leiblichen äid
schwören muste/ was er ihm anjezt vertrauen würde/ in geheim zuhalten; dagegen ver-
sprach er ihm hinwiederumb im Nahmen der Fräulein äidlich/ ihm entweder ein freies
Ritter Gut erblich zuverschaffen/ oder zwo Tonnen Goldes in Baarschafft/ da ihm solches
angenehmer seyn würde; gefiele es ihm auch/ solte er in den Ritterstand/ und zum Groß-
fürstlichen Beamten gesetzet werden. Und als sie sich darauff beyderseits auffs härteste
verbunden/ sagte ihm Wolffgang/ das vornehme Fürstliche Fräulein würde morgen umb
9 oder 10 uhr aus dieser Stad nach dem und dem Vorwerk fahren; da müste man nun
einen Anschlag auff sie machen/ daß man sie dergestalt hinweg führete/ daß es so bald nicht
ruchtbar würde; alsdann währe durchaus keine Gefahr bey der Sache/ nur daß die/ so sie
angreiffen und wegnehmen solten/ in vermummeter Gestalt es verrichteten/ damit sie her-
nähst nicht erkennet/ oder doch nicht so gar bald ausgekundschaffet werden könten. Reichard
wahr zu allem willig und bereit/ nahm von seinen Eltern und Verwanten Abscheid/ und
richtete sich nach der Zeit/ daß er auff den nähstfolgenden Tag sehr früh mit seiner Reute-
rey hinaus ritte/ vorgebens/ er wolte über den Rein/ und im Kriege sich eine zeitlang versu-
chen; hatte auch die Gutsche fertig/ und fehlete ihm nichts/ nur daß das Fräulein sich blic-
ken liesse/ die man hinweg nehmen solte. Als Wolffgang diesen lezten Abend nach seiner
Gewohnheit zu dem Fräulein ging/ seinem Vorgeben nach/ bey seiner Armgart zuschlaf-
fen/ wolte der alte Bernhard ihm solches nicht gönnen/ fing einen falschen Zank an/ und
sagte/ er solte sich alsbald von seinem Hofe hinweg packen; Er kähme in Erfahrung/ daß er
hin und wieder austrüge/ was in seiner Haushaltung vorginge/ dessen er hinfüro wolte
geübriget seyn. Dieser wuste sich dessen unschuldig/ baht deswegen umb Verzeihung/ und
erboht sich/ sein Leben zulassen/ wann ihm das allergeringste könte überbracht werden; Er
merkete aber daher/ daß der Alte irgend auff diese Nacht einen gefährlichen Anschlag möch-
te gemacht haben. Die Frau/ Nahmens Mechtild/ kam gleich darzu/ und fragete ihren
Mann/ was er sich mit Wolffgang zukeiffen hätte? Da dieser seine jezt getahne/ Entschul-

digung

Siebendes Buch.
er wahr ſchon ein 52jaͤhriger) wolte ſich zornig ſtellen/ und weiß nicht/ was vor Straffen
draͤuen; aber ſeine aͤlteſte Tochter kam unvermuhtlich wieder/ daß er kaum gelegenheit
hatte/ heimlich zu ihr zuſagen/ ſie ſolte ſchweigen/ oder ihres Lebens nicht ſicher ſeyn. Wor-
auff ſie zur Antwort gab: Ja Herr/ ich wil auch vor dißmahl noch ſchweigen/ wann ich
nur hernaͤhſt unbemuͤhet bleibe-Alſo ging er hinweg/ als haͤtte er kein Waſſer betruͤbet/ dañ
er fuͤrchtete ſich vor ſeinem Weibe nicht viel weniger als vor dem Henker ſelbſt. Sie kla-
gete dieſe Nacht ihrem Wolffgange ſolches alles/ und gab ihm zugleich zuverſtehen/ auff
welche Zeit ſie ihre Luſtreiſe verhoffentlich ungezweifelt fortſetzen wuͤrde; welches ihm ſehꝛ
lieb wahr; im uͤbrigen aber ihr den Raht gab/ da ſie des folgenden Tages aber eins unzim-
liche Anſprache von dem Alten haben wuͤrde/ moͤchte ſie ſich etwas gelinder vernehmen
laſſen/ damit er nicht aus toller Liebe eine Erklaͤrung faſſete/ die auff Gewalttaht beſtuͤnde;
koͤnte auch nicht ſchaden ihn auff etliche wenig Tage (wanns nicht anders ſeyn koͤnte) hin-
zuweiſen/ und ihm alſo in Sicherheit das Maul auffſperren. Aber wie ſie dazu ſich ſelbſt
nicht bereden kunte/ alſo ſchikte es Gott/ daß er aus Schahm und Furcht ſich des folgendẽ
Tages von ihr nicht ſehen ließ. Wolffgangen dauchte numehr hohe Zeit ſeyn/ ſeinem Ge-
ſellen Reichard die rechte Warheit zuoffenbahren/ welcher ihm zuvor einen leiblichen aͤid
ſchwoͤren muſte/ was er ihm anjezt vertrauen wuͤrde/ in geheim zuhalten; dagegen ver-
ſprach er ihm hinwiederumb im Nahmen der Fraͤulein aͤidlich/ ihm entweder ein freies
Ritter Gut erblich zuverſchaffen/ oder zwo Tonnen Goldes in Baarſchafft/ da ihm ſolches
angenehmer ſeyn wuͤrde; gefiele es ihm auch/ ſolte er in den Ritterſtand/ und zum Groß-
fuͤrſtlichen Beamten geſetzet werden. Und als ſie ſich darauff beyderſeits auffs haͤrteſte
verbunden/ ſagte ihm Wolffgang/ das vornehme Fuͤrſtliche Fraͤulein wuͤrde morgen umb
9 oder 10 uhr aus dieſer Stad nach dem und dem Vorwerk fahren; da muͤſte man nun
einen Anſchlag auff ſie machen/ daß man ſie dergeſtalt hinweg fuͤhrete/ daß es ſo bald nicht
ruchtbar würde; alsdann waͤhre durchaus keine Gefahr bey der Sache/ nur daß die/ ſo ſie
angreiffen und wegnehmen ſolten/ in vermummeter Geſtalt es verrichteten/ damit ſie her-
naͤhſt nicht erkeñet/ oder doch nicht ſo gar bald ausgekundſchaffet werdẽ koͤnten. Reichard
wahr zu allem willig und bereit/ nahm von ſeinen Eltern und Verwanten Abſcheid/ und
richtete ſich nach der Zeit/ daß er auff den naͤhſtfolgenden Tag ſehr früh mit ſeiner Reute-
rey hinaus ritte/ vorgebens/ er wolte uͤber den Rein/ und im Kriege ſich eine zeitlang verſu-
chen; hatte auch die Gutſche fertig/ und fehlete ihm nichts/ nur daß das Fraͤulein ſich blic-
ken lieſſe/ die man hinweg nehmen ſolte. Als Wolffgang dieſen lezten Abend nach ſeiner
Gewohnheit zu dem Fraͤulein ging/ ſeinem Vorgeben nach/ bey ſeiner Armgart zuſchlaf-
fen/ wolte der alte Bernhard ihm ſolches nicht goͤnnen/ fing einen falſchen Zank an/ und
ſagte/ er ſolte ſich alsbald von ſeinem Hofe hinweg packen; Er kaͤhme in Erfahrung/ daß er
hin und wieder austruͤge/ was in ſeiner Haushaltung vorginge/ deſſen er hinfuͤro wolte
geübriget ſeyn. Dieſer wuſte ſich deſſen unſchuldig/ baht deswegen umb Verzeihung/ und
erboht ſich/ ſein Leben zulaſſen/ wann ihm das allergeringſte koͤnte uͤberbracht werden; Er
merkete aber daher/ daß der Alte irgend auff dieſe Nacht einẽ gefaͤhrlichen Anſchlag moͤch-
te gemacht haben. Die Frau/ Nahmens Mechtild/ kam gleich darzu/ und fragete ihren
Mann/ was er ſich mit Wolffgang zukeiffen haͤtte? Da dieſer ſeine jezt getahne/ Entſchul-

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[674/0680] Siebendes Buch. er wahr ſchon ein 52jaͤhriger) wolte ſich zornig ſtellen/ und weiß nicht/ was vor Straffen draͤuen; aber ſeine aͤlteſte Tochter kam unvermuhtlich wieder/ daß er kaum gelegenheit hatte/ heimlich zu ihr zuſagen/ ſie ſolte ſchweigen/ oder ihres Lebens nicht ſicher ſeyn. Wor- auff ſie zur Antwort gab: Ja Herr/ ich wil auch vor dißmahl noch ſchweigen/ wann ich nur hernaͤhſt unbemuͤhet bleibe-Alſo ging er hinweg/ als haͤtte er kein Waſſer betruͤbet/ dañ er fuͤrchtete ſich vor ſeinem Weibe nicht viel weniger als vor dem Henker ſelbſt. Sie kla- gete dieſe Nacht ihrem Wolffgange ſolches alles/ und gab ihm zugleich zuverſtehen/ auff welche Zeit ſie ihre Luſtreiſe verhoffentlich ungezweifelt fortſetzen wuͤrde; welches ihm ſehꝛ lieb wahr; im uͤbrigen aber ihr den Raht gab/ da ſie des folgenden Tages aber eins unzim- liche Anſprache von dem Alten haben wuͤrde/ moͤchte ſie ſich etwas gelinder vernehmen laſſen/ damit er nicht aus toller Liebe eine Erklaͤrung faſſete/ die auff Gewalttaht beſtuͤnde; koͤnte auch nicht ſchaden ihn auff etliche wenig Tage (wanns nicht anders ſeyn koͤnte) hin- zuweiſen/ und ihm alſo in Sicherheit das Maul auffſperren. Aber wie ſie dazu ſich ſelbſt nicht bereden kunte/ alſo ſchikte es Gott/ daß er aus Schahm und Furcht ſich des folgendẽ Tages von ihr nicht ſehen ließ. Wolffgangen dauchte numehr hohe Zeit ſeyn/ ſeinem Ge- ſellen Reichard die rechte Warheit zuoffenbahren/ welcher ihm zuvor einen leiblichen aͤid ſchwoͤren muſte/ was er ihm anjezt vertrauen wuͤrde/ in geheim zuhalten; dagegen ver- ſprach er ihm hinwiederumb im Nahmen der Fraͤulein aͤidlich/ ihm entweder ein freies Ritter Gut erblich zuverſchaffen/ oder zwo Tonnen Goldes in Baarſchafft/ da ihm ſolches angenehmer ſeyn wuͤrde; gefiele es ihm auch/ ſolte er in den Ritterſtand/ und zum Groß- fuͤrſtlichen Beamten geſetzet werden. Und als ſie ſich darauff beyderſeits auffs haͤrteſte verbunden/ ſagte ihm Wolffgang/ das vornehme Fuͤrſtliche Fraͤulein wuͤrde morgen umb 9 oder 10 uhr aus dieſer Stad nach dem und dem Vorwerk fahren; da muͤſte man nun einen Anſchlag auff ſie machen/ daß man ſie dergeſtalt hinweg fuͤhrete/ daß es ſo bald nicht ruchtbar würde; alsdann waͤhre durchaus keine Gefahr bey der Sache/ nur daß die/ ſo ſie angreiffen und wegnehmen ſolten/ in vermummeter Geſtalt es verrichteten/ damit ſie her- naͤhſt nicht erkeñet/ oder doch nicht ſo gar bald ausgekundſchaffet werdẽ koͤnten. Reichard wahr zu allem willig und bereit/ nahm von ſeinen Eltern und Verwanten Abſcheid/ und richtete ſich nach der Zeit/ daß er auff den naͤhſtfolgenden Tag ſehr früh mit ſeiner Reute- rey hinaus ritte/ vorgebens/ er wolte uͤber den Rein/ und im Kriege ſich eine zeitlang verſu- chen; hatte auch die Gutſche fertig/ und fehlete ihm nichts/ nur daß das Fraͤulein ſich blic- ken lieſſe/ die man hinweg nehmen ſolte. Als Wolffgang dieſen lezten Abend nach ſeiner Gewohnheit zu dem Fraͤulein ging/ ſeinem Vorgeben nach/ bey ſeiner Armgart zuſchlaf- fen/ wolte der alte Bernhard ihm ſolches nicht goͤnnen/ fing einen falſchen Zank an/ und ſagte/ er ſolte ſich alsbald von ſeinem Hofe hinweg packen; Er kaͤhme in Erfahrung/ daß er hin und wieder austruͤge/ was in ſeiner Haushaltung vorginge/ deſſen er hinfuͤro wolte geübriget ſeyn. Dieſer wuſte ſich deſſen unſchuldig/ baht deswegen umb Verzeihung/ und erboht ſich/ ſein Leben zulaſſen/ wann ihm das allergeringſte koͤnte uͤberbracht werden; Er merkete aber daher/ daß der Alte irgend auff dieſe Nacht einẽ gefaͤhrlichen Anſchlag moͤch- te gemacht haben. Die Frau/ Nahmens Mechtild/ kam gleich darzu/ und fragete ihren Mann/ was er ſich mit Wolffgang zukeiffen haͤtte? Da dieſer ſeine jezt getahne/ Entſchul- digung

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 674. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/680>, abgerufen am 22.11.2024.