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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
seid/ und das Fräulein nicht anders hat reden oder sich anstellen dürffen. Nun müste ich
mich bemühen/ der Fräulein Sitten und Geberden zubeartigen; ja wann einiger Gebrech
der Volkommenheit daran erschiene; wer hat jemahls etwas volständigers an einem Fräu-
lein gesehen/ als wann diese unvergleichliche gehet/ stehet/ sitzet/ tantzet/ und nach Standes
unterscheid so manniche Art im empfahen/ anreden/ handbieten abzuwechseln weis/ dz mans
nur mit entzücketer verwunderung ansehen muß. Aber Herr Sysimithres wil Groß Kö-
nigl. Hocheit bereden/ ihr Frauenzimmer zu Charas habe sie solches gelehret. Ey gehet
hin mein Herr/ und fraget/ die meisten sind annoch verhanden/ welche unter ihnen Meiste-
rin gewesen; und wann ihr in diesem Stük die Warheit an euer Seiten habet/ wil ich al-
les gelogen haben/ sonsten richte ich euch und euer übriges nach diesem. Ich muß mich aber
fast zum Schiefer lachen über der Vergleichung zwischen dem allerschönsten Fräulein und
eurem Gemahl/ deren Ehre ich durchaus nicht schände/ weil nie keiner gehöret/ daß dersel-
ben einiger solte nachgestellet haben; Aber mein Herr/ die reizungen/ verzeihet mir/ sind auch
nicht darnach/ from ist sie/ auch einfältig und blöde gnug/ aber schönheit halben habt ihr sie
nicht geheyrahtet/ und gedenke ich noch wol/ daß ihre Fr. Mutter zu sagen pflag; Wie ha-
ben doch zween gnug schöne Ehegatten eine so ungeschaffene Tochter zeugen können? und
wie werde ich dereins meiner Odatis loß werden? ich muß ihr verstelletes Angesicht mit
Kleinoten bedecken/ und ihren schwarzgelben Leib mit dickem Silberschaum und Perlen
vermahlen; gehet sie dann gleich etwas krum/ wil ich sie mit güldenen Stützen gerade stel-
len/ und ihre Ungestalt mit klingenden Pfennigen noch wol beliebet machen. Ich rücke euch
dieses nicht auff/ Herr Sysimithres/ nur allein beweise ich/ das eure Urtel/ die Schönheit
betreffend/ ja so vernünfftig sey/ als dieser Stab. Dann lieber saget mir; hat auch wol ei-
niger Mensch ein Fräulein von so überaus wolgestalten Gliedmassen gesehen/ als diese ist;
betrachtet/ bitte ich/ ihr Häupt und Angesicht; das güldene Haar/ die glatte erhabene Stirn/
die gleichgezogenen Augenbrahnen/ die lachenden Aügelein/ wahrlich zwo reitzende Son-
nen an diesem Liebes-Himmel. Was sol ich von den weder geschwollenen noch eingesenke-
ten Wängelein sagen? deren rohtes dem weissen einen unbeschreiblichen Glanz erteilet/
und dannoch sich anders nit ansehen lässet/ als ob diese Farben einen stetswehrenden Streit
untereinander führen/ welche unter ihnen dem Fräulein die anmuhtigste behägligkeit er-
teile. Die Nase ist nach allem Wunsch gerade/ und durchaus nicht brackig; die Lippen
trotzen den Rubinen/ die Zähne dem Helffenbein/ der Odem den allerwolrichensten Kräu-
tern. Aber O des Honigsüssen Züngeleins/ daß kräftig gnug ist/ die todten zum Leben zu er-
wecken. Und wer hat jemahls ein anmuhtiger Kin gesehen? verzeihet mir/ ihr pflaumen-
weiche Alabaster Händichen/ daß ich weder euch noch eure Fingerlein/ die zehn schmeidi-
ge Liebes-pfeilichen/ so das Herz durchboren/ zubeschreiben weis/ sondern nur erstumme/
wann ich die lebendigen Demant Nägel an ihnen betrachte. Gewißlich/ ihr Händichen/
da ich/ euch zuküssen und zuberühren gewirdiget wahr/ dauchte mich/ es währe ein göttlich
Fleisch. Das völlig gesezte/ und länglicht gestreckete Hälselein wird weder Praxiteles durch
alle seine Kunst aus einem Marmel nachbilden/ noch Apelles mit so hoher Farbe anstrei-
chen können. O der gleichmässigen wolgefügten Schuldern! weiter gehenicht Bagopha-
nes/ mit deiner kühnheit/ ob du gleich die Apfel-rund-erhobenen Brüstlein mit einer zarten

Linne

Fuͤnftes Buch.
ſeid/ und das Fraͤulein nicht anders hat reden oder ſich anſtellen duͤrffen. Nun muͤſte ich
mich bemühen/ der Fraͤulein Sitten und Geberden zubeartigen; ja wann einiger Gebrech
der Volkom̃enheit daran erſchiene; wer hat jemahls etwas volſtaͤndigers an einem Fraͤu-
lein geſehen/ als wann dieſe unvergleichliche gehet/ ſtehet/ ſitzet/ tantzet/ und nach Standes
unterſcheid ſo mañiche Art im empfahen/ anreden/ handbieten abzuwechſeln weis/ dz mans
nur mit entzücketer verwunderung anſehen muß. Aber Herr Syſimithres wil Groß Koͤ-
nigl. Hocheit bereden/ ihr Frauenzimmer zu Charas habe ſie ſolches gelehret. Ey gehet
hin mein Herr/ und fraget/ die meiſten ſind annoch verhanden/ welche unter ihnen Meiſte-
rin geweſen; und wann ihr in dieſem Stuͤk die Warheit an euer Seiten habet/ wil ich al-
les gelogen haben/ ſonſten richte ich euch uñ euer übriges nach dieſem. Ich muß mich aber
faſt zum Schiefer lachen uͤber der Vergleichung zwiſchen dem allerſchoͤnſten Fraͤulein uñ
eurem Gemahl/ deren Ehre ich durchaus nicht ſchaͤnde/ weil nie keiner gehoͤret/ daß derſel-
ben einiger ſolte nachgeſtellet haben; Aber mein Herꝛ/ die reizungen/ verzeihet mir/ ſind auch
nicht darnach/ from iſt ſie/ auch einfaͤltig und bloͤde gnug/ aber ſchoͤnheit halben habt ihr ſie
nicht geheyrahtet/ und gedenke ich noch wol/ daß ihre Fr. Mutter zu ſagen pflag; Wie ha-
ben doch zween gnug ſchoͤne Ehegatten eine ſo ungeſchaffene Tochter zeugen koͤnnen? und
wie werde ich dereins meiner Odatis loß werden? ich muß ihr verſtelletes Angeſicht mit
Kleinoten bedecken/ und ihren ſchwarzgelben Leib mit dickem Silberſchaum und Perlen
vermahlen; gehet ſie dann gleich etwas krum/ wil ich ſie mit guͤldenen Stuͤtzen gerade ſtel-
len/ und ihre Ungeſtalt mit klingenden Pfeñigen noch wol beliebet machen. Ich ruͤcke euch
dieſes nicht auff/ Herr Syſimithres/ nur allein beweiſe ich/ das eure Urtel/ die Schoͤnheit
betreffend/ ja ſo vernuͤnfftig ſey/ als dieſer Stab. Dann lieber ſaget mir; hat auch wol ei-
niger Menſch ein Fraͤulein von ſo uͤberaus wolgeſtalten Gliedmaſſen geſehen/ als dieſe iſt;
betrachtet/ bitte ich/ ihr Haͤupt uñ Angeſicht; das guͤldene Haar/ die glatte erhabene Stirn/
die gleichgezogenen Augenbrahnen/ die lachenden Auͤgelein/ wahrlich zwo reitzende Son-
nen an dieſem Liebes-Himmel. Was ſol ich von den weder geſchwollenen noch eingeſenke-
ten Waͤngelein ſagen? deren rohtes dem weiſſen einen unbeſchreiblichen Glanz erteilet/
und dannoch ſich anders nit anſehen laͤſſet/ als ob dieſe Farben einẽ ſtetswehrenden Streit
untereinander fuͤhren/ welche unter ihnen dem Fraͤulein die anmuhtigſte behaͤgligkeit er-
teile. Die Naſe iſt nach allem Wunſch gerade/ und durchaus nicht brackig; die Lippen
trotzen den Rubinen/ die Zaͤhne dem Helffenbein/ der Odem den allerwolrichenſten Kraͤu-
tern. Aber O des Honigſuͤſſen Zuͤngeleins/ daß kraͤftig gnug iſt/ die todten zum Leben zu er-
wecken. Und wer hat jemahls ein anmuhtiger Kin geſehen? verzeihet mir/ ihr pflaumen-
weiche Alabaſter Haͤndichen/ daß ich weder euch noch eure Fingerlein/ die zehn ſchmeidi-
ge Liebes-pfeilichen/ ſo das Herz durchboren/ zubeſchreiben weis/ ſondern nur erſtumme/
wann ich die lebendigen Demant Naͤgel an ihnen betrachte. Gewißlich/ ihr Haͤndichen/
da ich/ euch zuküſſen und zuberuͤhren gewirdiget wahr/ dauchte mich/ es waͤhre ein goͤttlich
Fleiſch. Das voͤllig geſezte/ uñ laͤnglicht geſtreckete Haͤlſelein wird weder Praxiteles durch
alle ſeine Kunſt aus einem Marmel nachbilden/ noch Apelles mit ſo hoher Farbe anſtrei-
chen koͤnnen. O der gleichmaͤſſigen wolgefügten Schuldern! weiter gehenicht Bagopha-
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[48/0054] Fuͤnftes Buch. ſeid/ und das Fraͤulein nicht anders hat reden oder ſich anſtellen duͤrffen. Nun muͤſte ich mich bemühen/ der Fraͤulein Sitten und Geberden zubeartigen; ja wann einiger Gebrech der Volkom̃enheit daran erſchiene; wer hat jemahls etwas volſtaͤndigers an einem Fraͤu- lein geſehen/ als wann dieſe unvergleichliche gehet/ ſtehet/ ſitzet/ tantzet/ und nach Standes unterſcheid ſo mañiche Art im empfahen/ anreden/ handbieten abzuwechſeln weis/ dz mans nur mit entzücketer verwunderung anſehen muß. Aber Herr Syſimithres wil Groß Koͤ- nigl. Hocheit bereden/ ihr Frauenzimmer zu Charas habe ſie ſolches gelehret. Ey gehet hin mein Herr/ und fraget/ die meiſten ſind annoch verhanden/ welche unter ihnen Meiſte- rin geweſen; und wann ihr in dieſem Stuͤk die Warheit an euer Seiten habet/ wil ich al- les gelogen haben/ ſonſten richte ich euch uñ euer übriges nach dieſem. Ich muß mich aber faſt zum Schiefer lachen uͤber der Vergleichung zwiſchen dem allerſchoͤnſten Fraͤulein uñ eurem Gemahl/ deren Ehre ich durchaus nicht ſchaͤnde/ weil nie keiner gehoͤret/ daß derſel- ben einiger ſolte nachgeſtellet haben; Aber mein Herꝛ/ die reizungen/ verzeihet mir/ ſind auch nicht darnach/ from iſt ſie/ auch einfaͤltig und bloͤde gnug/ aber ſchoͤnheit halben habt ihr ſie nicht geheyrahtet/ und gedenke ich noch wol/ daß ihre Fr. Mutter zu ſagen pflag; Wie ha- ben doch zween gnug ſchoͤne Ehegatten eine ſo ungeſchaffene Tochter zeugen koͤnnen? und wie werde ich dereins meiner Odatis loß werden? ich muß ihr verſtelletes Angeſicht mit Kleinoten bedecken/ und ihren ſchwarzgelben Leib mit dickem Silberſchaum und Perlen vermahlen; gehet ſie dann gleich etwas krum/ wil ich ſie mit guͤldenen Stuͤtzen gerade ſtel- len/ und ihre Ungeſtalt mit klingenden Pfeñigen noch wol beliebet machen. Ich ruͤcke euch dieſes nicht auff/ Herr Syſimithres/ nur allein beweiſe ich/ das eure Urtel/ die Schoͤnheit betreffend/ ja ſo vernuͤnfftig ſey/ als dieſer Stab. Dann lieber ſaget mir; hat auch wol ei- niger Menſch ein Fraͤulein von ſo uͤberaus wolgeſtalten Gliedmaſſen geſehen/ als dieſe iſt; betrachtet/ bitte ich/ ihr Haͤupt uñ Angeſicht; das guͤldene Haar/ die glatte erhabene Stirn/ die gleichgezogenen Augenbrahnen/ die lachenden Auͤgelein/ wahrlich zwo reitzende Son- nen an dieſem Liebes-Himmel. Was ſol ich von den weder geſchwollenen noch eingeſenke- ten Waͤngelein ſagen? deren rohtes dem weiſſen einen unbeſchreiblichen Glanz erteilet/ und dannoch ſich anders nit anſehen laͤſſet/ als ob dieſe Farben einẽ ſtetswehrenden Streit untereinander fuͤhren/ welche unter ihnen dem Fraͤulein die anmuhtigſte behaͤgligkeit er- teile. Die Naſe iſt nach allem Wunſch gerade/ und durchaus nicht brackig; die Lippen trotzen den Rubinen/ die Zaͤhne dem Helffenbein/ der Odem den allerwolrichenſten Kraͤu- tern. Aber O des Honigſuͤſſen Zuͤngeleins/ daß kraͤftig gnug iſt/ die todten zum Leben zu er- wecken. Und wer hat jemahls ein anmuhtiger Kin geſehen? verzeihet mir/ ihr pflaumen- weiche Alabaſter Haͤndichen/ daß ich weder euch noch eure Fingerlein/ die zehn ſchmeidi- ge Liebes-pfeilichen/ ſo das Herz durchboren/ zubeſchreiben weis/ ſondern nur erſtumme/ wann ich die lebendigen Demant Naͤgel an ihnen betrachte. Gewißlich/ ihr Haͤndichen/ da ich/ euch zuküſſen und zuberuͤhren gewirdiget wahr/ dauchte mich/ es waͤhre ein goͤttlich Fleiſch. Das voͤllig geſezte/ uñ laͤnglicht geſtreckete Haͤlſelein wird weder Praxiteles durch alle ſeine Kunſt aus einem Marmel nachbilden/ noch Apelles mit ſo hoher Farbe anſtrei- chen koͤnnen. O der gleichmaͤſſigen wolgefügten Schuldern! weiter gehenicht Bagopha- nes/ mit deiner kuͤhnheit/ ob du gleich die Apfel-rund-erhobenen Bruͤſtlein mit einer zarten Linne

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/54>, abgerufen am 22.11.2024.