Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Sechstes Buch. Fr. Mutter/ antwortete sie; sie werden beyde bald bey euch seyn. Gleich damit traten siezur Tühr hinein/ und begegnete ihnen die Königin mit offenen Armen/ umfing sie zugleich/ und küssete einen umb den andern/ unter welcher Zeit Libussa und Brela die jungen Herri- chen hohleten/ da Sophia den ihren seiner Großmutter darboht/ welchen sie alsbald zu sich nam/ und ihn herzete und küssete. Valiska hielt sich mit ihrem Herkuliskus hinter den andern verborgen/ biß sie diesen Herkuladisla wieder von sich gab/ trat hernach unvermut- lich/ zu ihr/ und sagete: Sehet da Fr. Mutter/ ich wil euch auch meinen und meines Her- kules Söhnlein schenken/ meinen allerliebsten Herkuliskus/ damit ich nicht mit geringerem Beutpfennige komme/ als meine Fr. Schwester Königin Sophia. Die Mutter bewäge- te sich hierüber noch zum aller meisten/ daß man ihr einen Stuel setzen muste/ geberdete sich auch mit dem schönen Kindichen über alle masse freundlich/ und sagte zu ihm: Ach du mein trauten Schaz/ bistu schon dar/ du schönste Frucht der ehelichen Liebe/ welche ich so offt ge- wünschet habe? welches das Kindlein mit einem lieblichen Lachen anhörete. Hernach sa- gete sie zu ihnen ingesamt: Ihr allerliebsten Herzen/ wie komt ihr mir doch so gar ungemel- det/ daß kein einiger Mensch euer Ankunfft Wissenschafft hat? O des glüklichen Tages/ den wir jährlich feiren sollen! Valiska hatte Brelen schon hinaus geschikt/ die beiden Für- stinnen zuhohlen/ welche/ da sie zur Tühr hinein traten/ sagte Ladisla: Gn. Fr. Mutter/ ihr habt eure Kinder noch nicht alle gewilkommet; sehet da Fürst Baldrichs und Siegwards Gemahlen/ meines Ehe Schatzes näheste Blutverwanten/ welche mit uns kommen sind/ euch kindlich zugrüssen. Ey so haben meine geliebte Herren Söhne sich auch verheirahtet? sagte sie; trat ihnen entgegen/ und mit einem freundlichen Kusse hieß sie dieselben sehr wil- kommen seyn; wie auch zulezt Fürst Arbianes wol empfangen ward. Der Königin Hof- meisterin sahe diesem allen mit Verwunderung zu/ lief endlich nach dem Frauenzimmer/ und taht ihnen zuwissen/ das verlohrne Fräulein mit ihrem Herr Bruder und Gemahl währen wieder zu Hause angelanget/ und schon bey der Königin auf ihrem Gemache; wo- durch eine neue Freude entstund/ da sie ingesamt hinlieffen/ ihr umb den Leib/ Arm und Bei- ne fielen/ daß sie sich nicht rühren kunte/ und ihnen solche freude doch nicht wehren wolte. Es ist nicht zubeschreiben/ wie viel Freuden Trähnen über ihr vergossen wurden/ inson- derheit wuste die liebe Mutter nicht/ wessen sie sich geberden folte/ dann die Freude wahr zu groß/ welche sich nicht halten ließ/ und doch auff einmahl nicht loßbrechen kunte. Doch erzeigete sie sich über niemand anmuhtiger/ als wann sie ihre Tochter und den kleinen Her- kuliskus im Arme hatte. Ladisla sendete Leches hinunter auff den Plaz/ der Besatzung an- zudeuten/ sie solten sich über ihres Königes und seiner Fr. Schwester glüklicher Wieder- kunfft freuen/ daher sie ein solches Freuden Geschrey (König Ladisla lebe/ Fürstin Valiska lebe) anfingen/ daß es durch die ganze Stad erscholle/ und alle Inwohner herzu lieffen/ um zuvernehmen/ was solches frohlocken bedeuten möchte; darum ward Leches zu ihnen hin- aus geschickt/ der ihnen anmeldete/ ihr König mit seinem Gemahl und Frau Schwester währen auff dem Schlosse glüklich angelanget. Da hätte man nur ein Gejauchze und glük wünschen durcheinander hören sollen; dann die Gassen wurden je länger je mehr mit Menschen angefüllet; Die vornehmsten Frauen und Jungfern der Stad lieffen in ihren häußlichen Kleidern durch das gemeine Volk hin und her/ und wahr alles ihr wünschen und
Sechſtes Buch. Fr. Mutter/ antwortete ſie; ſie werden beyde bald bey euch ſeyn. Gleich damit traten ſiezur Tuͤhr hinein/ und begegnete ihnen die Koͤnigin mit offenen Armen/ umfing ſie zugleich/ und kuͤſſete einen umb den andern/ unter welcher Zeit Libuſſa und Brela die jungen Herri- chen hohleten/ da Sophia den ihren ſeiner Großmutter darboht/ welchen ſie alsbald zu ſich nam/ und ihn herzete und kuͤſſete. Valiſka hielt ſich mit ihrem Herkuliſkus hinter den andern verborgen/ biß ſie dieſen Herkuladiſla wieder von ſich gab/ trat hernach unvermut- lich/ zu ihr/ und ſagete: Sehet da Fr. Mutter/ ich wil euch auch meinen und meines Her- kules Soͤhnlein ſchenken/ meinen allerliebſten Herkuliſkus/ damit ich nicht mit geringerem Beutpfennige komme/ als meine Fr. Schweſter Koͤnigin Sophia. Die Mutter bewaͤge- te ſich hieruͤber noch zum aller meiſten/ daß man ihr einen Stuel ſetzen muſte/ geberdete ſich auch mit dem ſchoͤnen Kindichen über alle maſſe freundlich/ und ſagte zu ihm: Ach du mein trauten Schaz/ biſtu ſchon dar/ du ſchoͤnſte Frucht der ehelichen Liebe/ welche ich ſo offt ge- wuͤnſchet habe? welches das Kindlein mit einem lieblichen Lachen anhoͤrete. Hernach ſa- gete ſie zu ihnen ingeſamt: Ihr allerliebſten Herzen/ wie komt ihr mir doch ſo gar ungemel- det/ daß kein einiger Menſch euer Ankunfft Wiſſenſchafft hat? O des gluͤklichen Tages/ den wir jaͤhrlich feiren ſollen! Valiſka hatte Brelen ſchon hinaus geſchikt/ die beiden Fuͤr- ſtinnen zuhohlen/ welche/ da ſie zur Tuͤhr hinein traten/ ſagte Ladiſla: Gn. Fr. Mutter/ ihr habt eure Kinder noch nicht alle gewilkommet; ſehet da Fuͤrſt Baldrichs und Siegwards Gemahlen/ meines Ehe Schatzes naͤheſte Blutverwanten/ welche mit uns kommen ſind/ euch kindlich zugruͤſſen. Ey ſo haben meine geliebte Herren Soͤhne ſich auch verheirahtet? ſagte ſie; trat ihnen entgegen/ und mit einem freundlichen Kuſſe hieß ſie dieſelben ſehr wil- kommen ſeyn; wie auch zulezt Fuͤrſt Arbianes wol empfangen ward. Der Koͤnigin Hof- meiſterin ſahe dieſem allen mit Verwunderung zu/ lief endlich nach dem Frauenzimmer/ und taht ihnen zuwiſſen/ das verlohrne Fraͤulein mit ihrem Herr Bruder und Gemahl waͤhren wieder zu Hauſe angelanget/ und ſchon bey der Koͤnigin auf ihrem Gemache; wo- durch eine neue Freude entſtund/ da ſie ingeſamt hinlieffen/ ihr umb den Leib/ Arm uñ Bei- ne fielen/ daß ſie ſich nicht ruͤhren kunte/ und ihnen ſolche freude doch nicht wehren wolte. Es iſt nicht zubeſchreiben/ wie viel Freuden Traͤhnen uͤber ihr vergoſſen wurden/ inſon- derheit wuſte die liebe Mutter nicht/ weſſen ſie ſich geberden folte/ dann die Freude wahr zu groß/ welche ſich nicht halten ließ/ und doch auff einmahl nicht loßbrechen kunte. Doch erzeigete ſie ſich uͤber niemand anmuhtiger/ als wann ſie ihre Tochter und den kleinen Her- kuliſkus im Arme hatte. Ladiſla ſendete Leches hinunter auff den Plaz/ der Beſatzung an- zudeuten/ ſie ſolten ſich uͤber ihres Koͤniges und ſeiner Fr. Schweſter gluͤklicher Wieder- kunfft freuen/ daher ſie ein ſolches Freuden Geſchrey (Koͤnig Ladiſla lebe/ Fuͤrſtin Valiſka lebe) anfingen/ daß es durch die ganze Stad erſcholle/ und alle Inwohner herzu lieffen/ um zuvernehmen/ was ſolches frohlocken bedeuten moͤchte; darum ward Leches zu ihnen hin- aus geſchickt/ der ihnen anmeldete/ ihr Koͤnig mit ſeinem Gemahl und Frau Schweſter waͤhren auff dem Schloſſe gluͤklich angelanget. Da haͤtte man nur ein Gejauchze und gluͤk wünſchen durcheinander hoͤren ſollen; dann die Gaſſen wurden je laͤnger je mehr mit Menſchen angefuͤllet; Die vornehmſtẽ Frauen und Jungfern der Stad lieffen in ihren haͤußlichen Kleidern durch das gemeine Volk hin und her/ und wahr alles ihr wuͤnſchen und
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Sechſtes Buch.
Fr. Mutter/ antwortete ſie; ſie werden beyde bald bey euch ſeyn. Gleich damit traten ſie
zur Tuͤhr hinein/ und begegnete ihnen die Koͤnigin mit offenen Armen/ umfing ſie zugleich/
und kuͤſſete einen umb den andern/ unter welcher Zeit Libuſſa und Brela die jungen Herri-
chen hohleten/ da Sophia den ihren ſeiner Großmutter darboht/ welchen ſie alsbald zu
ſich nam/ und ihn herzete und kuͤſſete. Valiſka hielt ſich mit ihrem Herkuliſkus hinter den
andern verborgen/ biß ſie dieſen Herkuladiſla wieder von ſich gab/ trat hernach unvermut-
lich/ zu ihr/ und ſagete: Sehet da Fr. Mutter/ ich wil euch auch meinen und meines Her-
kules Soͤhnlein ſchenken/ meinen allerliebſten Herkuliſkus/ damit ich nicht mit geringerem
Beutpfennige komme/ als meine Fr. Schweſter Koͤnigin Sophia. Die Mutter bewaͤge-
te ſich hieruͤber noch zum aller meiſten/ daß man ihr einen Stuel ſetzen muſte/ geberdete ſich
auch mit dem ſchoͤnen Kindichen über alle maſſe freundlich/ und ſagte zu ihm: Ach du mein
trauten Schaz/ biſtu ſchon dar/ du ſchoͤnſte Frucht der ehelichen Liebe/ welche ich ſo offt ge-
wuͤnſchet habe? welches das Kindlein mit einem lieblichen Lachen anhoͤrete. Hernach ſa-
gete ſie zu ihnen ingeſamt: Ihr allerliebſten Herzen/ wie komt ihr mir doch ſo gar ungemel-
det/ daß kein einiger Menſch euer Ankunfft Wiſſenſchafft hat? O des gluͤklichen Tages/
den wir jaͤhrlich feiren ſollen! Valiſka hatte Brelen ſchon hinaus geſchikt/ die beiden Fuͤr-
ſtinnen zuhohlen/ welche/ da ſie zur Tuͤhr hinein traten/ ſagte Ladiſla: Gn. Fr. Mutter/ ihr
habt eure Kinder noch nicht alle gewilkommet; ſehet da Fuͤrſt Baldrichs und Siegwards
Gemahlen/ meines Ehe Schatzes naͤheſte Blutverwanten/ welche mit uns kommen ſind/
euch kindlich zugruͤſſen. Ey ſo haben meine geliebte Herren Soͤhne ſich auch verheirahtet?
ſagte ſie; trat ihnen entgegen/ und mit einem freundlichen Kuſſe hieß ſie dieſelben ſehr wil-
kommen ſeyn; wie auch zulezt Fuͤrſt Arbianes wol empfangen ward. Der Koͤnigin Hof-
meiſterin ſahe dieſem allen mit Verwunderung zu/ lief endlich nach dem Frauenzimmer/
und taht ihnen zuwiſſen/ das verlohrne Fraͤulein mit ihrem Herr Bruder und Gemahl
waͤhren wieder zu Hauſe angelanget/ und ſchon bey der Koͤnigin auf ihrem Gemache; wo-
durch eine neue Freude entſtund/ da ſie ingeſamt hinlieffen/ ihr umb den Leib/ Arm uñ Bei-
ne fielen/ daß ſie ſich nicht ruͤhren kunte/ und ihnen ſolche freude doch nicht wehren wolte.
Es iſt nicht zubeſchreiben/ wie viel Freuden Traͤhnen uͤber ihr vergoſſen wurden/ inſon-
derheit wuſte die liebe Mutter nicht/ weſſen ſie ſich geberden folte/ dann die Freude wahr
zu groß/ welche ſich nicht halten ließ/ und doch auff einmahl nicht loßbrechen kunte. Doch
erzeigete ſie ſich uͤber niemand anmuhtiger/ als wann ſie ihre Tochter und den kleinen Her-
kuliſkus im Arme hatte. Ladiſla ſendete Leches hinunter auff den Plaz/ der Beſatzung an-
zudeuten/ ſie ſolten ſich uͤber ihres Koͤniges und ſeiner Fr. Schweſter gluͤklicher Wieder-
kunfft freuen/ daher ſie ein ſolches Freuden Geſchrey (Koͤnig Ladiſla lebe/ Fuͤrſtin Valiſka
lebe) anfingen/ daß es durch die ganze Stad erſcholle/ und alle Inwohner herzu lieffen/ um
zuvernehmen/ was ſolches frohlocken bedeuten moͤchte; darum ward Leches zu ihnen hin-
aus geſchickt/ der ihnen anmeldete/ ihr Koͤnig mit ſeinem Gemahl und Frau Schweſter
waͤhren auff dem Schloſſe gluͤklich angelanget. Da haͤtte man nur ein Gejauchze und
gluͤk wünſchen durcheinander hoͤren ſollen; dann die Gaſſen wurden je laͤnger je mehr mit
Menſchen angefuͤllet; Die vornehmſtẽ Frauen und Jungfern der Stad lieffen in ihren
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/478>, abgerufen am 16.07.2024. |