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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
welcher ein grosser weisser Federbusch mit einem angeheffteten Kleinot war/ bekamen Klo-
dius und Markus von Fr. Ursulen und Frl. Helenen/ dessen sie sich höchlich bedanketen.
Als nun Sibylla der sämtlichen Geselschafft zuwissen taht/ wie Herr Skaurus und Pu-
pienus ihre nahe Anverwanten währen/ wurden dieselben alsbald von Leches und Neda
in das Fürstliche Gezelt eingehohlet/ dahin sie nach abgelegten Waffen mit ihnen gingen/
und anfangs von der Groß Fürstin sehr höflich empfangen wurden/ deren Volkommen-
heit sie vor übermenschlich schätzeten/ tahten ihr demnach über aus grosse Ehr/ und nach
geleistetem Handkusse sagte Skaurus: Durchleuchtigste Groß Fürstin; das Lob ihrer ho-
hen Volkommenheit/ nachdem es die weiten Morgenländer erfüllet/ und ganz Asten durch-
strichen/ kan in diesen Orten sich so wenig als die Sonne selbst verbergen; mein Geselle
und ich schätzen uns sehr glükselig/ wegen der Ehre/ die wir haben/ ihre Hände zuküssen/
dienstlich bittend/ Ihre Durchl. wolle durch ihr gebieten uns wirdigen/ in die Zahl ihrer
Diener auffzunehmen. Ihr meine hochwerte Herren/ antwortete sie; das Lob meiner We-
nigkeit muß sehr dunkel seyn/ nachdem der Nebel der Unvolkommenheit meine Kräfte al-
lerdinge überzogen hat/ da hingegen Eurer Liebe tapffere Tahten sich überal hören lassen/
deren meine Fr. Schwester/ Fürstin Sibylla mir schon etliche gnug denkwirdige erzählet
hat; werde demnach auff gebührliche Dankbarkeit bedacht seyn müssen/ daß Ihre Liebden
mir ihre Kundschafft gönnen. Der Stathalter kam mit den gesamten Fürsten darzu/ da
es überal viel Höfligkeiten abgabe/ gestaltsam den unsern nicht un bewust wahr/ in wz gros-
sem Ansehen diese beyde am Käyserl. Hofe wahren/ daher auch Skaurus bey der Mahlzeit
zwischen die Groß Fürstin und Fr. Sophien; Pupienus zwischen Frr. Lukrezien und Si-
byllen den Siz wider ihren Willen nehmen musten/ da allerhand lustige Gespräche vor-
gingen/ und diese Römer insonderheit gute Kundschafft mit ihrem Obsieger macheten/
der seiner überwindung ursach bloß nur dem Glük zulegete/ und durch seine Höfligkeit sich
ihnen sehr beliebt machete. Sonst redete Pupienus die Mahlzeit über gar wenig/ saß als
in tieffen Gedanken/ und betrachtete nach emsiger beschauung der Groß Fürstin/ ihre vor-
trefliche Schönheit; dann fing er zwar etwas an/ mit Fürstin Lukrezien zusprachen/ hatte
aber so gar keinen Schmak/ daß sie leicht merkete/ seine Gedanken währen nicht bey dem
Gespräch; und weil sie seiner Blicke nach der Groß Fürstin acht hatte/ geriet sie in argwöh-
nische Gedanken/ einer unzimlichen Begierde/ welches/ weil Herkules es ohngefehr sahe/
selbst besorgete; wahr aber ein blosser Irtuhm; dann er befand sich gegen ein treffliches
Römisches Fräulein hefftig verliebet/ und bildete ihm ein/ die Groß Fürstin währe dersel-
ben fast ähnlich/ deshalben er sich ihres an schauens nicht enthalten kunte. Sibylla wuste
etwas von seiner Liebe/ hatte auch dieser Fräulein sehr geheime Kundschafft/ daher frage-
te sie ihn/ wie es ihrer Wase und Schwester Frl. Virginien erginge; worüber er dermas-
sen bestürzete/ daß ihm das Feur unter die Augen schoß/ und eine geraume Zeit es unbeant-
wortet ließ/ endlich zu ihr sagete: Er wüste nicht anders/ als daß sie annoch in des Käysers
Mutter ihrem Frauenzimmer sich fast wider ihrer Eltern Willen auffhielte/ weil dieselbe
so hohe Gunst ihr zugelegt/ daß sie ohn ihre Geselschafft nicht gerne seyn wolte; ginge ihr
sonst annoch wol/ verharrete aber steiff in ihrer Unbarmherzigkeit gegen ihn/ so daß er nit
zweifelte/ sie würde in kurzem seines Untergangs ursach seyn. Fürstin Sibylla tröstete ihn

bester

Sechſtes Buch.
welcher ein groſſer weiſſer Federbuſch mit einem angeheffteten Kleinot war/ bekamen Klo-
dius und Markus von Fr. Urſulen und Frl. Helenen/ deſſen ſie ſich hoͤchlich bedanketen.
Als nun Sibylla der ſaͤmtlichen Geſelſchafft zuwiſſen taht/ wie Herr Skaurus und Pu-
pienus ihre nahe Anverwanten waͤhren/ wurden dieſelben alsbald von Leches und Neda
in das Fuͤrſtliche Gezelt eingehohlet/ dahin ſie nach abgelegten Waffen mit ihnen gingen/
und anfangs von der Groß Fuͤrſtin ſehr hoͤflich empfangen wurden/ deren Volkommen-
heit ſie vor übermenſchlich ſchaͤtzeten/ tahten ihr demnach uͤber aus groſſe Ehr/ und nach
geleiſtetem Handkuſſe ſagte Skaurus: Durchleuchtigſte Groß Fuͤrſtin; das Lob ihrer ho-
hen Volkommenheit/ nachdem es die weiten Morgenlaͤnder erfuͤllet/ und ganz Aſten duꝛch-
ſtrichen/ kan in dieſen Orten ſich ſo wenig als die Sonne ſelbſt verbergen; mein Geſelle
und ich ſchaͤtzen uns ſehr gluͤkſelig/ wegen der Ehre/ die wir haben/ ihre Haͤnde zukuͤſſen/
dienſtlich bittend/ Ihre Durchl. wolle durch ihr gebieten uns wirdigen/ in die Zahl ihrer
Diener auffzunehmen. Ihr meine hochwerte Herren/ antwortete ſie; das Lob meiner We-
nigkeit muß ſehr dunkel ſeyn/ nachdem der Nebel der Unvolkommenheit meine Kraͤfte al-
lerdinge uͤberzogen hat/ da hingegen Eurer Liebe tapffere Tahten ſich uͤberal hoͤren laſſen/
deren meine Fr. Schweſter/ Fuͤrſtin Sibylla mir ſchon etliche gnug denkwirdige erzaͤhlet
hat; werde demnach auff gebuͤhrliche Dankbarkeit bedacht ſeyn muͤſſen/ daß Ihre Liebden
mir ihre Kundſchafft goͤnnen. Der Stathalter kam mit den geſamten Fuͤrſten darzu/ da
es uͤberal viel Hoͤfligkeiten abgabe/ geſtaltſam den unſern nicht un bewuſt wahr/ in wz groſ-
ſem Anſehen dieſe beyde am Kaͤyſerl. Hofe wahren/ daher auch Skaurus bey der Mahlzeit
zwiſchen die Groß Fuͤrſtin und Fr. Sophien; Pupienus zwiſchen Frr. Lukrezien und Si-
byllen den Siz wider ihren Willen nehmen muſten/ da allerhand luſtige Geſpraͤche vor-
gingen/ und dieſe Roͤmer inſonderheit gute Kundſchafft mit ihrem Obſieger macheten/
der ſeiner überwindung urſach bloß nur dem Gluͤk zulegete/ und durch ſeine Hoͤfligkeit ſich
ihnen ſehr beliebt machete. Sonſt redete Pupienus die Mahlzeit uͤber gar wenig/ ſaß als
in tieffen Gedanken/ und betrachtete nach emſiger beſchauung der Groß Fuͤrſtin/ ihre vor-
trefliche Schoͤnheit; dann fing er zwar etwas an/ mit Fuͤrſtin Lukrezien zuſprachen/ hatte
aber ſo gar keinen Schmak/ daß ſie leicht merkete/ ſeine Gedanken waͤhren nicht bey dem
Geſpraͤch; und weil ſie ſeiner Blicke nach deꝛ Groß Fürſtin acht hatte/ geriet ſie in argwoͤh-
niſche Gedanken/ einer unzimlichen Begierde/ welches/ weil Herkules es ohngefehr ſahe/
ſelbſt beſorgete; wahr aber ein bloſſer Irtuhm; dann er befand ſich gegen ein treffliches
Roͤmiſches Fraͤulein hefftig verliebet/ und bildete ihm ein/ die Groß Fuͤrſtin waͤhre derſel-
ben faſt aͤhnlich/ deshalben er ſich ihres an ſchauens nicht enthalten kunte. Sibylla wuſte
etwas von ſeiner Liebe/ hatte auch dieſer Fraͤulein ſehr geheime Kundſchafft/ daher frage-
te ſie ihn/ wie es ihrer Waſe und Schweſter Frl. Virginien erginge; woruͤber er dermaſ-
ſen beſtuͤrzete/ daß ihm das Feur unter die Augen ſchoß/ und eine geraume Zeit es unbeant-
wortet ließ/ endlich zu ihr ſagete: Er wuͤſte nicht anders/ als daß ſie annoch in des Kaͤyſers
Mutter ihrem Frauenzimmer ſich faſt wider ihrer Eltern Willen auffhielte/ weil dieſelbe
ſo hohe Gunſt ihr zugelegt/ daß ſie ohn ihre Geſelſchafft nicht gerne ſeyn wolte; ginge ihr
ſonſt annoch wol/ verharrete aber ſteiff in ihrer Unbarmherzigkeit gegen ihn/ ſo daß er nit
zweifelte/ ſie wuͤrde in kurzem ſeines Untergangs urſach ſeyn. Fuͤrſtin Sibylla troͤſtete ihn

beſter
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[364/0370] Sechſtes Buch. welcher ein groſſer weiſſer Federbuſch mit einem angeheffteten Kleinot war/ bekamen Klo- dius und Markus von Fr. Urſulen und Frl. Helenen/ deſſen ſie ſich hoͤchlich bedanketen. Als nun Sibylla der ſaͤmtlichen Geſelſchafft zuwiſſen taht/ wie Herr Skaurus und Pu- pienus ihre nahe Anverwanten waͤhren/ wurden dieſelben alsbald von Leches und Neda in das Fuͤrſtliche Gezelt eingehohlet/ dahin ſie nach abgelegten Waffen mit ihnen gingen/ und anfangs von der Groß Fuͤrſtin ſehr hoͤflich empfangen wurden/ deren Volkommen- heit ſie vor übermenſchlich ſchaͤtzeten/ tahten ihr demnach uͤber aus groſſe Ehr/ und nach geleiſtetem Handkuſſe ſagte Skaurus: Durchleuchtigſte Groß Fuͤrſtin; das Lob ihrer ho- hen Volkommenheit/ nachdem es die weiten Morgenlaͤnder erfuͤllet/ und ganz Aſten duꝛch- ſtrichen/ kan in dieſen Orten ſich ſo wenig als die Sonne ſelbſt verbergen; mein Geſelle und ich ſchaͤtzen uns ſehr gluͤkſelig/ wegen der Ehre/ die wir haben/ ihre Haͤnde zukuͤſſen/ dienſtlich bittend/ Ihre Durchl. wolle durch ihr gebieten uns wirdigen/ in die Zahl ihrer Diener auffzunehmen. Ihr meine hochwerte Herren/ antwortete ſie; das Lob meiner We- nigkeit muß ſehr dunkel ſeyn/ nachdem der Nebel der Unvolkommenheit meine Kraͤfte al- lerdinge uͤberzogen hat/ da hingegen Eurer Liebe tapffere Tahten ſich uͤberal hoͤren laſſen/ deren meine Fr. Schweſter/ Fuͤrſtin Sibylla mir ſchon etliche gnug denkwirdige erzaͤhlet hat; werde demnach auff gebuͤhrliche Dankbarkeit bedacht ſeyn muͤſſen/ daß Ihre Liebden mir ihre Kundſchafft goͤnnen. Der Stathalter kam mit den geſamten Fuͤrſten darzu/ da es uͤberal viel Hoͤfligkeiten abgabe/ geſtaltſam den unſern nicht un bewuſt wahr/ in wz groſ- ſem Anſehen dieſe beyde am Kaͤyſerl. Hofe wahren/ daher auch Skaurus bey der Mahlzeit zwiſchen die Groß Fuͤrſtin und Fr. Sophien; Pupienus zwiſchen Frr. Lukrezien und Si- byllen den Siz wider ihren Willen nehmen muſten/ da allerhand luſtige Geſpraͤche vor- gingen/ und dieſe Roͤmer inſonderheit gute Kundſchafft mit ihrem Obſieger macheten/ der ſeiner überwindung urſach bloß nur dem Gluͤk zulegete/ und durch ſeine Hoͤfligkeit ſich ihnen ſehr beliebt machete. Sonſt redete Pupienus die Mahlzeit uͤber gar wenig/ ſaß als in tieffen Gedanken/ und betrachtete nach emſiger beſchauung der Groß Fuͤrſtin/ ihre vor- trefliche Schoͤnheit; dann fing er zwar etwas an/ mit Fuͤrſtin Lukrezien zuſprachen/ hatte aber ſo gar keinen Schmak/ daß ſie leicht merkete/ ſeine Gedanken waͤhren nicht bey dem Geſpraͤch; und weil ſie ſeiner Blicke nach deꝛ Groß Fürſtin acht hatte/ geriet ſie in argwoͤh- niſche Gedanken/ einer unzimlichen Begierde/ welches/ weil Herkules es ohngefehr ſahe/ ſelbſt beſorgete; wahr aber ein bloſſer Irtuhm; dann er befand ſich gegen ein treffliches Roͤmiſches Fraͤulein hefftig verliebet/ und bildete ihm ein/ die Groß Fuͤrſtin waͤhre derſel- ben faſt aͤhnlich/ deshalben er ſich ihres an ſchauens nicht enthalten kunte. Sibylla wuſte etwas von ſeiner Liebe/ hatte auch dieſer Fraͤulein ſehr geheime Kundſchafft/ daher frage- te ſie ihn/ wie es ihrer Waſe und Schweſter Frl. Virginien erginge; woruͤber er dermaſ- ſen beſtuͤrzete/ daß ihm das Feur unter die Augen ſchoß/ und eine geraume Zeit es unbeant- wortet ließ/ endlich zu ihr ſagete: Er wuͤſte nicht anders/ als daß ſie annoch in des Kaͤyſers Mutter ihrem Frauenzimmer ſich faſt wider ihrer Eltern Willen auffhielte/ weil dieſelbe ſo hohe Gunſt ihr zugelegt/ daß ſie ohn ihre Geſelſchafft nicht gerne ſeyn wolte; ginge ihr ſonſt annoch wol/ verharrete aber ſteiff in ihrer Unbarmherzigkeit gegen ihn/ ſo daß er nit zweifelte/ ſie wuͤrde in kurzem ſeines Untergangs urſach ſeyn. Fuͤrſtin Sibylla troͤſtete ihn beſter

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/370>, abgerufen am 25.11.2024.