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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
meister einen Abtrit nehmen/ dieser aber auff das Gemach kommen/ welcher eine kurze/ a-
ber zierliche und schamhafte Rede hielt/ durch welche er seine Unhöfligkeit entschuldigte/
und nochmahls vor das ansehnliche Geschenk in Griechischer Sprache dankete. Der jun-
ge Fabius redete ihn an und sagte: Lieber Knabe/ sage mir die Warheit/ wie viel dir mei-
net[we]gen zur Verehrung zugestellet sey. Gn. Herr/ antwortete er/ zwanzig Kronen/ und
mehr als ich gehoffet hatte. Der Zahlmeister muste alsbald wieder hervor treten/ welchen
er mit ernster Stimme fragete; Hastu diesem Knaben die 100 außgezählet? dieser verstum-
mete hierauff/ und verriet sich durch seine anröhtung/ fing schon an umb Gnade zu bitten/
weil er sich erinnerte/ daß er nicht alles geleistet hätte. Er ward aber alsbald ins Gefäng-
nis gelegt/ und auff fleissige nachfrage befand sichs/ daß er allen Dienern und Arbeitsleuten
abgeknappet/ und doch alles vol zur Rechnung gebracht hatte/ so daß er eines halbjährigen
Diebstals/ auff der Reise begangen/ über 9000 Kronen überwiesen ward/ und er andern
zum Beyspiel den Galgen bekleiden muste. Es ging diese Unträue der Groß Fürstin sehr
zu herzen/ deßwegen fing sie also an: Wie ein grosses Unglük ist es den von Gott ihn hohen
Stand gesetzeten/ daß sie nicht alles selbst verwalten können/ sondern ihren Bedieneten viel
wichtige Sachen anvertrauen müssen; sind dann unsere Leute unträu und dem Geiz erge-
ben/ alsdann kan es nicht anders ergehen als dieses Beyspiel zeiget/ welches uns vor Augen
stehet; was vor grossen und schimpflichen nachteil aber uns solches gebieret/ bedarff keines
weitläuftigen beweißtuhms; es entstehet uns daher böse Nachrede/ Mißgunst/ und der Leu-
te ungewogenheit; niemand wil Fürsten und Herrn arbeiten/ dann/ sprechen sie/ es wird
uns unsere Mühe und Waare nicht bezahlet; niemand wil uns zu ehren ein oder ander
Lobgedichte auffsetzen; dann es wird nicht vergolten. Sehet ein solches Ubel verursachen
unsere ungeträue Rentmeister/ welche man viel härter als andere Diebe abstraffen muß/
weil sie die aller grössesten Diebe der Welt sind/ in dem sie nicht allein denen daß ihre steh-
len/ welchen sie nicht redlich lohnen/ sondern ihren Herrn stehlen sie den guten Namen/ und
der Leute gewogenheit/ welchen Verlust ich viel schädlicher achte/ als wann man uns umb
viel Tonnen Goldes betreuget. Herkules gab ihr zur Antwort: Wie aber mein Schaz/
wie kan man diesem weit eingerissenen Ubel steuren? es hat der jetzige Dieb/ wie gesagt
wird/ sich schon verlauten lassen/ daß wann man ernstliche untersuchung tuhn wolte/ wür-
de seine Geselschaft bald vermehret werden; man solte nur eine Fürstliche Außgabe durch
viel Hände gehen lassen/ würde man sehen/ daß an allen Händen etwas würde kleben blei-
ben/ und währe nichts neues/ daß aus des Herrn Hand eine Krone dem armen Betler zu-
gedacht/ in des Dieners Hand in einen Groschen verwandelt würde/ ja wol gar verschwün-
de/ und der Betler mit Schimpff- und Scheltworten abgespeiset/ GOtt darzu dankete/ dz
er ohn Schläge davon kähme. Es ist zubeklagen/ sagte Valiska/ daß der Geiz die Menschen
dergestalt unträu machet/ welche ihren Herren durch leiblichen äid sich zu aller Träue ver-
bunden haben; Ich halte aber davor/ man könte dem Unwesen durch zweyerley Mittel ab-
helffen; Erstlich/ daß man den Bedienten ehrlichen Sold gäbe/ davon sie sich und die ih-
ren zur gnüge erhalten könten; Hernach/ daß man bey ihrer Bestallung ihnen zugleich den
Strik vorlegete/ unter der Bedräuung und unbegnadeten Volstreckung/ daß wo man sie
auff einer einzigen Dieberey/ sie währe gleich nur einer Kronen wert/ ertappen würde/ ih-

nen

Sechſtes Buch.
meiſter einen Abtrit nehmen/ dieſer aber auff das Gemach kommen/ welcher eine kurze/ a-
ber zierliche und ſchamhafte Rede hielt/ durch welche er ſeine Unhoͤfligkeit entſchuldigte/
und nochmahls vor das anſehnliche Geſchenk in Griechiſcher Sprache dankete. Der jun-
ge Fabius redete ihn an und ſagte: Lieber Knabe/ ſage mir die Warheit/ wie viel dir mei-
net[we]gen zur Verehrung zugeſtellet ſey. Gn. Herr/ antwortete er/ zwanzig Kronen/ und
mehr als ich gehoffet hatte. Der Zahlmeiſter muſte alsbald wieder hervor treten/ welchen
er mit ernſter Stim̃e fragete; Haſtu dieſem Knaben die 100 außgezaͤhlet? dieſer verſtum-
mete hierauff/ und verriet ſich durch ſeine anroͤhtung/ fing ſchon an umb Gnade zu bitten/
weil er ſich erinnerte/ daß er nicht alles geleiſtet haͤtte. Er ward aber alsbald ins Gefaͤng-
nis gelegt/ und auff fleiſſige nachfrage befand ſichs/ daß er allen Dienern und Arbeitsleuten
abgeknappet/ und doch alles vol zur Rechnung gebracht hatte/ ſo daß er eines halbjaͤhrigen
Diebſtals/ auff der Reiſe begangen/ uͤber 9000 Kronen uͤberwieſen ward/ und er andern
zum Beyſpiel den Galgen bekleiden muſte. Es ging dieſe Untraͤue der Groß Fuͤrſtin ſehr
zu herzen/ deßwegen fing ſie alſo an: Wie ein groſſes Ungluͤk iſt es den von Gott ihn hohen
Stand geſetzeten/ daß ſie nicht alles ſelbſt verwalten koͤnnen/ ſondern ihren Bedieneten viel
wichtige Sachen anvertrauen müſſen; ſind dann unſere Leute untraͤu und dem Geiz erge-
ben/ alsdann kan es nicht anders ergehen als dieſes Beyſpiel zeiget/ welches uns vor Augen
ſtehet; was vor groſſen und ſchimpflichen nachteil aber uns ſolches gebieret/ bedarff keines
weitlaͤuftigen beweißtuhms; es entſtehet uns daher boͤſe Nachrede/ Mißgunſt/ und der Leu-
te ungewogenheit; niemand wil Fuͤrſten und Herrn arbeiten/ dann/ ſprechen ſie/ es wird
uns unſere Muͤhe und Waare nicht bezahlet; niemand wil uns zu ehren ein oder ander
Lobgedichte auffſetzen; dann es wird nicht vergolten. Sehet ein ſolches Ubel verurſachen
unſere ungetraͤue Rentmeiſter/ welche man viel haͤrter als andere Diebe abſtraffen muß/
weil ſie die aller groͤſſeſten Diebe der Welt ſind/ in dem ſie nicht allein denen daß ihre ſteh-
len/ welchen ſie nicht redlich lohnen/ ſondern ihren Herrn ſtehlen ſie den guten Namen/ uñ
der Leute gewogenheit/ welchen Verluſt ich viel ſchaͤdlicher achte/ als wann man uns umb
viel Tonnen Goldes betreuget. Herkules gab ihr zur Antwort: Wie aber mein Schaz/
wie kan man dieſem weit eingeriſſenen Ubel ſteuren? es hat der jetzige Dieb/ wie geſagt
wird/ ſich ſchon verlauten laſſen/ daß wann man ernſtliche unterſuchung tuhn wolte/ wuͤr-
de ſeine Geſelſchaft bald vermehret werden; man ſolte nur eine Fuͤrſtliche Außgabe durch
viel Haͤnde gehen laſſen/ wuͤrde man ſehen/ daß an allen Haͤnden etwas wuͤrde kleben blei-
ben/ und waͤhre nichts neues/ daß aus des Herrn Hand eine Krone dem armen Betler zu-
gedacht/ in des Dieners Hand in einẽ Groſchen verwandelt wuͤrde/ ja wol gar verſchwün-
de/ und der Betler mit Schimpff- und Scheltworten abgeſpeiſet/ GOtt darzu dankete/ dz
er ohn Schlaͤge davon kaͤhme. Es iſt zubeklagen/ ſagte Valiſka/ daß der Geiz die Menſchẽ
dergeſtalt untraͤu machet/ welche ihren Herren durch leiblichen aͤid ſich zu aller Traͤue ver-
bunden haben; Ich halte aber davor/ man koͤnte dem Unweſen durch zweyerley Mittel ab-
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ren zur gnuͤge erhalten koͤnten; Hernach/ daß man bey ihrer Beſtallung ihnen zugleich den
Strik vorlegete/ unter der Bedraͤuung und unbegnadeten Volſtreckung/ daß wo man ſie
auff einer einzigen Dieberey/ ſie waͤhre gleich nur einer Kronen wert/ ertappen wuͤrde/ ih-

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[312/0318] Sechſtes Buch. meiſter einen Abtrit nehmen/ dieſer aber auff das Gemach kommen/ welcher eine kurze/ a- ber zierliche und ſchamhafte Rede hielt/ durch welche er ſeine Unhoͤfligkeit entſchuldigte/ und nochmahls vor das anſehnliche Geſchenk in Griechiſcher Sprache dankete. Der jun- ge Fabius redete ihn an und ſagte: Lieber Knabe/ ſage mir die Warheit/ wie viel dir mei- netwegen zur Verehrung zugeſtellet ſey. Gn. Herr/ antwortete er/ zwanzig Kronen/ und mehr als ich gehoffet hatte. Der Zahlmeiſter muſte alsbald wieder hervor treten/ welchen er mit ernſter Stim̃e fragete; Haſtu dieſem Knaben die 100 außgezaͤhlet? dieſer verſtum- mete hierauff/ und verriet ſich durch ſeine anroͤhtung/ fing ſchon an umb Gnade zu bitten/ weil er ſich erinnerte/ daß er nicht alles geleiſtet haͤtte. Er ward aber alsbald ins Gefaͤng- nis gelegt/ und auff fleiſſige nachfrage befand ſichs/ daß er allen Dienern und Arbeitsleuten abgeknappet/ und doch alles vol zur Rechnung gebracht hatte/ ſo daß er eines halbjaͤhrigen Diebſtals/ auff der Reiſe begangen/ uͤber 9000 Kronen uͤberwieſen ward/ und er andern zum Beyſpiel den Galgen bekleiden muſte. Es ging dieſe Untraͤue der Groß Fuͤrſtin ſehr zu herzen/ deßwegen fing ſie alſo an: Wie ein groſſes Ungluͤk iſt es den von Gott ihn hohen Stand geſetzeten/ daß ſie nicht alles ſelbſt verwalten koͤnnen/ ſondern ihren Bedieneten viel wichtige Sachen anvertrauen müſſen; ſind dann unſere Leute untraͤu und dem Geiz erge- ben/ alsdann kan es nicht anders ergehen als dieſes Beyſpiel zeiget/ welches uns vor Augen ſtehet; was vor groſſen und ſchimpflichen nachteil aber uns ſolches gebieret/ bedarff keines weitlaͤuftigen beweißtuhms; es entſtehet uns daher boͤſe Nachrede/ Mißgunſt/ und der Leu- te ungewogenheit; niemand wil Fuͤrſten und Herrn arbeiten/ dann/ ſprechen ſie/ es wird uns unſere Muͤhe und Waare nicht bezahlet; niemand wil uns zu ehren ein oder ander Lobgedichte auffſetzen; dann es wird nicht vergolten. Sehet ein ſolches Ubel verurſachen unſere ungetraͤue Rentmeiſter/ welche man viel haͤrter als andere Diebe abſtraffen muß/ weil ſie die aller groͤſſeſten Diebe der Welt ſind/ in dem ſie nicht allein denen daß ihre ſteh- len/ welchen ſie nicht redlich lohnen/ ſondern ihren Herrn ſtehlen ſie den guten Namen/ uñ der Leute gewogenheit/ welchen Verluſt ich viel ſchaͤdlicher achte/ als wann man uns umb viel Tonnen Goldes betreuget. Herkules gab ihr zur Antwort: Wie aber mein Schaz/ wie kan man dieſem weit eingeriſſenen Ubel ſteuren? es hat der jetzige Dieb/ wie geſagt wird/ ſich ſchon verlauten laſſen/ daß wann man ernſtliche unterſuchung tuhn wolte/ wuͤr- de ſeine Geſelſchaft bald vermehret werden; man ſolte nur eine Fuͤrſtliche Außgabe durch viel Haͤnde gehen laſſen/ wuͤrde man ſehen/ daß an allen Haͤnden etwas wuͤrde kleben blei- ben/ und waͤhre nichts neues/ daß aus des Herrn Hand eine Krone dem armen Betler zu- gedacht/ in des Dieners Hand in einẽ Groſchen verwandelt wuͤrde/ ja wol gar verſchwün- de/ und der Betler mit Schimpff- und Scheltworten abgeſpeiſet/ GOtt darzu dankete/ dz er ohn Schlaͤge davon kaͤhme. Es iſt zubeklagen/ ſagte Valiſka/ daß der Geiz die Menſchẽ dergeſtalt untraͤu machet/ welche ihren Herren durch leiblichen aͤid ſich zu aller Traͤue ver- bunden haben; Ich halte aber davor/ man koͤnte dem Unweſen durch zweyerley Mittel ab- helffen; Erſtlich/ daß man den Bedienten ehrlichen Sold gaͤbe/ davon ſie ſich und die ih- ren zur gnuͤge erhalten koͤnten; Hernach/ daß man bey ihrer Beſtallung ihnen zugleich den Strik vorlegete/ unter der Bedraͤuung und unbegnadeten Volſtreckung/ daß wo man ſie auff einer einzigen Dieberey/ ſie waͤhre gleich nur einer Kronen wert/ ertappen wuͤrde/ ih- nen

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/318>, abgerufen am 22.11.2024.