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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
und Tullius hatten sich bißdaher stets zu Padua bey Fr. Sophien auffgehalten/ deren je-
dem 12000 Kronen geschenket/ und damit ihren Eltern zugeschikt wurden. Der geträue
Timokles und Mardus wurden von ihnen anfangs in den Adelstand auffgenommen/ her-
nach jeder mit 60000 Kronen/ Gutschen/ Reitpfer den und Leibdienern verehret/ und daß
jeder/ so lange er lebete/ jährlich 2000 Kronen besoldung haben solte; weil sie dann beyder-
seits sich erbohten/ in ihrer Herren Dienste zuverbleiben/ wurden sie vor Zeugmeister von
ihnen bestellet. Timokles hatte schon zu Jerusalem mit Frl. Lukrezien Leibdienerin/ einer
Römerin/ sich verliebet/ offenbahrete solches seiner Gn. Fürstin Valiska/ und bekam als-
bald Zusage der Heyraht. So gab Mardus sich bey Frl. Sibyllen Leibdienerin an/ wel-
che Herkules samt dem Fräulein aus Silvans Händen erlöset hatte/ und erhielt gleicher-
gestalt sein ansuchen.

Unter diesem Verlauff/ ward dem jungen Fabius angemeldet/ es währe ein feiner
junger Geselle im Vorhofe/ welcher untertähnig anhielte/ ob ihre Gn. ihn ein Wort hören
möchten. Er ließ denselben alsbald vor sich fodern/ umb sein Vorbringen zuvernehmen/
welcher ihm eine in Lateinischen zierlichen Versen auffgesetzete Glükwünschung wegen sei-
ner glüklicher Wiederkunft einreichete/ die er selber gemacht hatte/ und baht untertähnig/
weil er Lust zu den freien Künsten trüge/ und geringe Mittel hätte/ sein Vorhaben außzu-
führen/ möchten ihre Gn. ihn mit einer Beysteur gnädig ansehen/ deß wolte er den wah-
ren Gott herzlich bitten/ daß es ihrer Gn. tausendfältig hier zeitlich und dort ewig möchte
vergolten werden. Fabius vernam aus seinen reden/ dz er ein Christ wahr/ lieff das Brief-
lein gerade durch/ und gefiel ihm der Inhalt sehr wol/ deßwegen er sich gegen ihn freund-
lich bedankete/ und daß er Morgen vor der Mittagsmahlzeit sich wieder einstellen solte/ da
er ihm seinen guten willen schon wolte vergelten. Der Schuelknabe/ seines alters von 14
Jahren/ nahmens Vibius Mela/ ward der Zusage sehr froh/ und stellete sich zu rechter Zeit
ein. Es hatte aber Fabius seinem Buchhalter befohlen/ so bald er wieder kähme/ ihm 100
Kronen zur verehrung zu geben/ welcher aber nach gebrauch seines schon mehr getriebenen
Handwerkes ihm nur 20 Kronen zustellete/ und die übrigen 80 in seinen Sekel steckete/
der Hoffnung/ weil ihm dergleichen Diebesgriffe schon manniche angangen währen/ solte
ihm dieser auch gelingen. Fabius ließ das Verßgeticht Herkules und Ladisla sehen/ denen
es wolgefiel/ und sich erbohten/ wann sie den Knaben außfragen könten/ solte ihrethalben
ihm auch eine Verehrung zugestellet werden/ weil ohndas sie mit darinnen benennet wah-
ren. Nun wolte dieser Knabe sein dankbahres Gemüht sehen lassen/ und brachte abermahl
sein Brleflein ein/ in welchem er rühmete/ daß er vor jeden Verß (deren zwanzig wahren)
eine Goldkrone bekommen/ und das unwirdige Geticht mit gutem recht aureum Carmen,
oder ein güldenes Geticht nennen könte; welches da es Fabius von seinem Leibknaben ein-
gehändiget ward/ erkennete derselbe daraus seines Buchhalters oder Zahlmeisters Diebe-
rey/ ließ sich doch dessen nicht merken/ wie saur es ihm gleich ward zuver beissen/ sondern fo-
derte ihn vor sich/ und mit sanftmuht sagte er zu ihm; ist der gestrige Knabe heut wieder da
gewefen/ und hastu ihn nach meinem Befehl beschenket? Ja/ Gn. Herr/ antwortete er/ es
ist alles nach ihrer Gn. anordnung ergangen/ und zu richtiger Rechnung gebracht. Der
Knabe/ welches dieser nicht wuste/ wartete annoch im Vorhofe auff/ und muste der Zahl-

meister

Sechſtes Buch.
und Tullius hatten ſich bißdaher ſtets zu Padua bey Fr. Sophien auffgehalten/ deren je-
dem 12000 Kronen geſchenket/ und damit ihren Eltern zugeſchikt wurden. Der getraͤue
Timokles und Mardus wurden von ihnen anfangs in den Adelſtand auffgenommen/ her-
nach jeder mit 60000 Kronen/ Gutſchen/ Reitpfer den und Leibdienern verehret/ und daß
jeder/ ſo lange er lebete/ jaͤhrlich 2000 Kronen beſoldung haben ſolte; weil ſie dann beyder-
ſeits ſich erbohten/ in ihrer Herren Dienſte zuverbleiben/ wurden ſie vor Zeugmeiſter von
ihnen beſtellet. Timokles hatte ſchon zu Jeruſalem mit Frl. Lukrezien Leibdienerin/ einer
Roͤmerin/ ſich verliebet/ offenbahrete ſolches ſeiner Gn. Fuͤrſtin Valiſka/ und bekam als-
bald Zuſage der Heyraht. So gab Mardus ſich bey Frl. Sibyllen Leibdienerin an/ wel-
che Herkules ſamt dem Fraͤulein aus Silvans Haͤnden erloͤſet hatte/ und erhielt gleicher-
geſtalt ſein anſuchen.

Unter dieſem Verlauff/ ward dem jungen Fabius angemeldet/ es waͤhre ein feiner
junger Geſelle im Vorhofe/ welcher untertaͤhnig anhielte/ ob ihre Gn. ihn ein Wort hoͤren
moͤchten. Er ließ denſelben alsbald vor ſich fodern/ umb ſein Vorbringen zuvernehmen/
welcher ihm eine in Lateiniſchen zierlichen Verſen auffgeſetzete Glükwuͤnſchung wegen ſei-
ner gluͤklicher Wiederkunft einreichete/ die er ſelber gemacht hatte/ und baht untertaͤhnig/
weil er Luſt zu den freien Kuͤnſten truͤge/ und geringe Mittel haͤtte/ ſein Vorhaben außzu-
fuͤhren/ moͤchten ihre Gn. ihn mit einer Beyſteur gnaͤdig anſehen/ deß wolte er den wah-
ren Gott herzlich bitten/ daß es ihrer Gn. tauſendfaͤltig hier zeitlich und dort ewig moͤchte
vergolten werden. Fabius vernam aus ſeinen reden/ dz er ein Chriſt wahr/ lieff das Brief-
lein gerade durch/ und gefiel ihm der Inhalt ſehr wol/ deßwegen er ſich gegen ihn freund-
lich bedankete/ und daß er Morgen vor der Mittagsmahlzeit ſich wieder einſtellen ſolte/ da
er ihm ſeinen guten willen ſchon wolte vergelten. Der Schuelknabe/ ſeines alters von 14
Jahren/ nahmens Vibius Mela/ ward der Zuſage ſehr froh/ und ſtellete ſich zu rechter Zeit
ein. Es hatte aber Fabius ſeinem Buchhalter befohlen/ ſo bald er wieder kaͤhme/ ihm 100
Kronen zur verehrung zu geben/ welcher aber nach gebrauch ſeines ſchon mehr getriebenen
Handwerkes ihm nur 20 Kronen zuſtellete/ und die uͤbrigen 80 in ſeinen Sekel ſteckete/
der Hoffnung/ weil ihm dergleichen Diebesgriffe ſchon manniche angangen waͤhren/ ſolte
ihm dieſer auch gelingen. Fabius ließ das Verßgeticht Herkules und Ladiſla ſehen/ denen
es wolgefiel/ und ſich erbohten/ wann ſie den Knaben außfragen koͤnten/ ſolte ihrethalben
ihm auch eine Verehrung zugeſtellet werden/ weil ohndas ſie mit darinnen benennet wah-
ren. Nun wolte dieſer Knabe ſein dankbahres Gemuͤht ſehen laſſen/ und brachte abermahl
ſein Brleflein ein/ in welchem er ruͤhmete/ daß er vor jeden Verß (deren zwanzig wahren)
eine Goldkrone bekommen/ und das unwirdige Geticht mit gutem recht aureum Carmen,
oder ein güldenes Geticht nennen koͤnte; welches da es Fabius von ſeinem Leibknaben ein-
gehaͤndiget ward/ erkennete derſelbe daraus ſeines Buchhalters oder Zahlmeiſters Diebe-
rey/ ließ ſich doch deſſen nicht merken/ wie ſaur es ihm gleich ward zuver beiſſen/ ſondern fo-
derte ihn vor ſich/ und mit ſanftmuht ſagte er zu ihm; iſt der geſtrige Knabe heut wieder da
gewefen/ und haſtu ihn nach meinem Befehl beſchenket? Ja/ Gn. Herr/ antwortete er/ es
iſt alles nach ihrer Gn. anordnung ergangen/ und zu richtiger Rechnung gebracht. Der
Knabe/ welches dieſer nicht wuſte/ wartete annoch im Vorhofe auff/ und muſte der Zahl-

meiſter
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[311/0317] Sechſtes Buch. und Tullius hatten ſich bißdaher ſtets zu Padua bey Fr. Sophien auffgehalten/ deren je- dem 12000 Kronen geſchenket/ und damit ihren Eltern zugeſchikt wurden. Der getraͤue Timokles und Mardus wurden von ihnen anfangs in den Adelſtand auffgenommen/ her- nach jeder mit 60000 Kronen/ Gutſchen/ Reitpfer den und Leibdienern verehret/ und daß jeder/ ſo lange er lebete/ jaͤhrlich 2000 Kronen beſoldung haben ſolte; weil ſie dann beyder- ſeits ſich erbohten/ in ihrer Herren Dienſte zuverbleiben/ wurden ſie vor Zeugmeiſter von ihnen beſtellet. Timokles hatte ſchon zu Jeruſalem mit Frl. Lukrezien Leibdienerin/ einer Roͤmerin/ ſich verliebet/ offenbahrete ſolches ſeiner Gn. Fuͤrſtin Valiſka/ und bekam als- bald Zuſage der Heyraht. So gab Mardus ſich bey Frl. Sibyllen Leibdienerin an/ wel- che Herkules ſamt dem Fraͤulein aus Silvans Haͤnden erloͤſet hatte/ und erhielt gleicher- geſtalt ſein anſuchen. Unter dieſem Verlauff/ ward dem jungen Fabius angemeldet/ es waͤhre ein feiner junger Geſelle im Vorhofe/ welcher untertaͤhnig anhielte/ ob ihre Gn. ihn ein Wort hoͤren moͤchten. Er ließ denſelben alsbald vor ſich fodern/ umb ſein Vorbringen zuvernehmen/ welcher ihm eine in Lateiniſchen zierlichen Verſen auffgeſetzete Glükwuͤnſchung wegen ſei- ner gluͤklicher Wiederkunft einreichete/ die er ſelber gemacht hatte/ und baht untertaͤhnig/ weil er Luſt zu den freien Kuͤnſten truͤge/ und geringe Mittel haͤtte/ ſein Vorhaben außzu- fuͤhren/ moͤchten ihre Gn. ihn mit einer Beyſteur gnaͤdig anſehen/ deß wolte er den wah- ren Gott herzlich bitten/ daß es ihrer Gn. tauſendfaͤltig hier zeitlich und dort ewig moͤchte vergolten werden. Fabius vernam aus ſeinen reden/ dz er ein Chriſt wahr/ lieff das Brief- lein gerade durch/ und gefiel ihm der Inhalt ſehr wol/ deßwegen er ſich gegen ihn freund- lich bedankete/ und daß er Morgen vor der Mittagsmahlzeit ſich wieder einſtellen ſolte/ da er ihm ſeinen guten willen ſchon wolte vergelten. Der Schuelknabe/ ſeines alters von 14 Jahren/ nahmens Vibius Mela/ ward der Zuſage ſehr froh/ und ſtellete ſich zu rechter Zeit ein. Es hatte aber Fabius ſeinem Buchhalter befohlen/ ſo bald er wieder kaͤhme/ ihm 100 Kronen zur verehrung zu geben/ welcher aber nach gebrauch ſeines ſchon mehr getriebenen Handwerkes ihm nur 20 Kronen zuſtellete/ und die uͤbrigen 80 in ſeinen Sekel ſteckete/ der Hoffnung/ weil ihm dergleichen Diebesgriffe ſchon manniche angangen waͤhren/ ſolte ihm dieſer auch gelingen. Fabius ließ das Verßgeticht Herkules und Ladiſla ſehen/ denen es wolgefiel/ und ſich erbohten/ wann ſie den Knaben außfragen koͤnten/ ſolte ihrethalben ihm auch eine Verehrung zugeſtellet werden/ weil ohndas ſie mit darinnen benennet wah- ren. Nun wolte dieſer Knabe ſein dankbahres Gemuͤht ſehen laſſen/ und brachte abermahl ſein Brleflein ein/ in welchem er ruͤhmete/ daß er vor jeden Verß (deren zwanzig wahren) eine Goldkrone bekommen/ und das unwirdige Geticht mit gutem recht aureum Carmen, oder ein güldenes Geticht nennen koͤnte; welches da es Fabius von ſeinem Leibknaben ein- gehaͤndiget ward/ erkennete derſelbe daraus ſeines Buchhalters oder Zahlmeiſters Diebe- rey/ ließ ſich doch deſſen nicht merken/ wie ſaur es ihm gleich ward zuver beiſſen/ ſondern fo- derte ihn vor ſich/ und mit ſanftmuht ſagte er zu ihm; iſt der geſtrige Knabe heut wieder da gewefen/ und haſtu ihn nach meinem Befehl beſchenket? Ja/ Gn. Herr/ antwortete er/ es iſt alles nach ihrer Gn. anordnung ergangen/ und zu richtiger Rechnung gebracht. Der Knabe/ welches dieſer nicht wuſte/ wartete annoch im Vorhofe auff/ und muſte der Zahl- meiſter

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/317>, abgerufen am 22.11.2024.