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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
stand benommen hast/ muß ich dir deinen willen zu gute halten. Fr. Sophia nöhtigte die
Geselschafft mit nach dem Saale zu gehen/ woselbst ihre Eltern sich schon eingestellet hät-
ten/ und ihrer warteten; Als sie nun auff dem Obergange fortgingen/ begegneten ihnen
Baldrich und Siegward/ welche frenndlich empfangen wurden/ und sagte Fr. Valiska
zu ihnen: Geliebte Herrn Oheimbe und Brüder/ wann sie vor einer guten Stunde kom-
men währen/ hätten sie gelegenheit funden/ mit diesen beyden lieben Engelchen allein zuspra-
chen/ welches nun verabseumet ist; dann weil ich zu gegen bin/ wil mein Vorwiz allemahl
mit im Spiele seyn. Aber Fürst Siegward/ wie stehets umb enre Wunden? Dieser ant-
wortete; Seines glückes verseumnis währe ihm sehr leid; die im Räuberstreite empfan-
gene Wunde hätte sich in etwas entzündet/ würde aber des Arztes außsage nach/ bald ge-
heilet seyn. Fr. Sophia störete ihr Gespräch/ einwendend/ es würde Zeit gehens seyn/ weil
die boßhaften Räuber den Lohn ihres verbrechens noch vor der Mahlzeit einnehmen sol-
ten; hernach würden die vornehmsten des Rahts auff ihrer Eltern Hofe zur Gästerey er-
scheinen; damit wir aber/ sagte sie/ nicht ohn ordnung gehen/ wolle der Durchl. Fürst Bal-
drich meine Frl. Schwester Lukrezien hinzuführen unbeschweret seyn; gab sie ihm damit
an die Hand/ welches er mit hohem Dank annam/ und nach gebohtenem Handkusse das
Fräulein baht/ einen so unwirdigen Geleiter nicht zuverstossen; sie hingegen bedankete sich
der hohen Ehre/ wüste wol/ daß sie unwirdig währe von Groß Fürstlichen Herren beglei-
tet zu werden/ und sie daher sein erbieten bloß vor eine sonderliche Gunst und Gewogen-
heit rechnen müste/ deren ersetzung annoch in ihrem vermögen nicht währe. Ach mein
Fräulein antwortete er; Warumb tuht eure Liebe ihrer eigenen Wirdigkeit solchen un-
verantwortlichen Schimpf an/ welchen einer anderen Zungen ich nimmer mehr zu gute
halten würde; ich vor meine wenigkeit möchte wünschen der Ehren und Glükseligkeit wert
zu seyn/ daß vor ihrer vortrefligkeit Ritter und Diener ich mich halten/ und von ihrer Liebe
davor angenommen würde/ alsdann würde unter der bescheinung ihrer guten Gunst und ge-
wogenheit ich in Streit-und kämpfen desto mehr bestand seyn/ und mich rühmen können/
daß mein bleicher Monde von der treflichsten Sonnen einigen Strahlen zu empfahen
gewürdiget worden/ wie unwirdig ich mich gleich solches hohen glückes halten und er-
kennen muß. Das Fräulein wahr willens ihm solches mit guter Vergnügung zuerset-
zen/ weil aber Siegward mit Frl. Sibyllen zu ihnen naheten/ sagte sie: Mein Durchleuch-
tigster Fürst wolle nach seiner Gewogenheit mir verzeihen/ daß seinem gar zu hohen er-
bieten Antwort zu geben/ ich durch anderer ankunft abgehalten werde; doch gab sie ihm
ihren guten Willen durch einen sanfften Handdruk zu verstehen. Siegward kunte
seine Liebesschmertzen weniger als Baldrich verbergen/ und baht Frau Sophien/ wie sie
ihm das Fräulein an die Hand lieferte/ sie möchte bey diesem allerliebsten Engelchen durch
ihre volgültige Vorbitte ihm das Glük erhalten/ daß sie seiner Seele durch genehme Er-
klärung die hochgewünschte Ruhe erteilen wolte; welches sie mit lachen der Rede brant-
wortete: Ihre Frl. Schwester währe noch bißher mit allen hochverdienten F[re]unden
dankbarlich ümgangen/ und hätte seine Liebe gar nicht zu zweifeln/ sie würde dem Aller-
höchstverdieneten auch den höchsten Dank in allem tugendhafften Wolsta[nd]e mitteilen.
Das Fräulein selbst antwortete ihm: Sie befünde sich dieser des Fürst[en] Auflage wegen

hart

Sechſtes Buch.
ſtand benommen haſt/ muß ich dir deinen willen zu gute halten. Fr. Sophia noͤhtigte die
Geſelſchafft mit nach dem Saale zu gehen/ woſelbſt ihre Eltern ſich ſchon eingeſtellet haͤt-
ten/ und ihrer warteten; Als ſie nun auff dem Obergange fortgingen/ begegneten ihnen
Baldrich und Siegward/ welche frenndlich empfangen wurden/ und ſagte Fr. Valiſka
zu ihnen: Geliebte Herrn Oheimbe und Bruͤder/ wann ſie vor einer guten Stunde kom-
men waͤhren/ haͤtten ſie gelegenheit fundẽ/ mit dieſen beydẽ lieben Engelchen allein zuſpra-
chen/ welches nun verabſeumet iſt; dann weil ich zu gegen bin/ wil mein Vorwiz allemahl
mit im Spiele ſeyn. Aber Fuͤrſt Siegward/ wie ſtehets umb enre Wunden? Dieſer ant-
wortete; Seines gluͤckes verſeumnis waͤhre ihm ſehr leid; die im Raͤuberſtreite empfan-
gene Wunde haͤtte ſich in etwas entzuͤndet/ wuͤrde aber des Arztes außſage nach/ bald ge-
heilet ſeyn. Fr. Sophia ſtoͤrete ihr Geſpraͤch/ einwendend/ es würde Zeit gehens ſeyn/ weil
die boßhaften Raͤuber den Lohn ihres verbrechens noch vor der Mahlzeit einnehmen ſol-
ten; hernach wuͤrden die vornehmſten des Rahts auff ihrer Eltern Hofe zur Gaͤſterey er-
ſcheinen; damit wir aber/ ſagte ſie/ nicht ohn ordnung gehen/ wolle der Durchl. Fuͤrſt Bal-
drich meine Frl. Schweſter Lukrezien hinzufuͤhren unbeſchweret ſeyn; gab ſie ihm damit
an die Hand/ welches er mit hohem Dank annam/ und nach gebohtenem Handkuſſe das
Fraͤulein baht/ einen ſo unwirdigen Geleiter nicht zuverſtoſſen; ſie hingegẽ bedankete ſich
der hohen Ehre/ wuͤſte wol/ daß ſie unwirdig waͤhre von Groß Fuͤrſtlichen Herren beglei-
tet zu werden/ und ſie daher ſein erbieten bloß vor eine ſonderliche Gunſt und Gewogen-
heit rechnen muͤſte/ deren erſetzung annoch in ihrem vermoͤgen nicht waͤhre. Ach mein
Fraͤulein antwortete er; Warumb tuht eure Liebe ihrer eigenen Wirdigkeit ſolchen un-
verantwortlichen Schimpf an/ welchen einer anderen Zungen ich nimmer mehr zu gute
halten wuͤrde; ich vor meine wenigkeit moͤchte wuͤnſchen der Ehren uñ Gluͤkſeligkeit wert
zu ſeyn/ daß vor ihrer vortrefligkeit Ritter uñ Diener ich mich halten/ und von ihrer Liebe
davor angenom̃en wuͤrde/ alsdañ wuͤrde unter der beſcheinung ihrer guten Gunſt und ge-
wogenheit ich in Streit-uñ kaͤmpfen deſto mehr beſtand ſeyn/ und mich ruͤhmen koͤnnen/
daß mein bleicher Monde von der treflichſten Sonnen einigen Strahlen zu empfahen
gewuͤrdiget worden/ wie unwirdig ich mich gleich ſolches hohen gluͤckes halten und er-
kennen muß. Das Fraͤulein wahr willens ihm ſolches mit guter Vergnuͤgung zuerſet-
zen/ weil aber Siegward mit Frl. Sibyllen zu ihnen naheten/ ſagte ſie: Mein Durchleuch-
tigſter Fuͤrſt wolle nach ſeiner Gewogenheit mir verzeihen/ daß ſeinem gar zu hohen er-
bieten Antwort zu geben/ ich durch anderer ankunft abgehalten werde; doch gab ſie ihm
ihren guten Willen durch einen ſanfften Handdruk zu verſtehen. Siegward kunte
ſeine Liebesſchmertzen weniger als Baldrich verbergen/ und baht Frau Sophien/ wie ſie
ihm das Fraͤulein an die Hand lieferte/ ſie moͤchte bey dieſem allerliebſten Engelchen durch
ihre volguͤltige Vorbitte ihm das Gluͤk erhalten/ daß ſie ſeiner Seele durch genehme Eꝛ-
klaͤrung die hochgewuͤnſchte Ruhe erteilen wolte; welches ſie mit lachen der Rede brant-
wortete: Ihre Frl. Schweſter waͤhre noch bißher mit allen hochverdienten F[re]unden
dankbarlich uͤmgangen/ und haͤtte ſeine Liebe gar nicht zu zweifeln/ ſie wuͤrde dem Aller-
hoͤchſtverdienetẽ auch den hoͤchſten Dank in allem tugendhafften Wolſta[nd]e mitteilen.
Das Fraͤulein ſelbſt antwortete ihm: Sie befuͤnde ſich dieſer des Fuͤrſt[en] Auflage wegen

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[296/0302] Sechſtes Buch. ſtand benommen haſt/ muß ich dir deinen willen zu gute halten. Fr. Sophia noͤhtigte die Geſelſchafft mit nach dem Saale zu gehen/ woſelbſt ihre Eltern ſich ſchon eingeſtellet haͤt- ten/ und ihrer warteten; Als ſie nun auff dem Obergange fortgingen/ begegneten ihnen Baldrich und Siegward/ welche frenndlich empfangen wurden/ und ſagte Fr. Valiſka zu ihnen: Geliebte Herrn Oheimbe und Bruͤder/ wann ſie vor einer guten Stunde kom- men waͤhren/ haͤtten ſie gelegenheit fundẽ/ mit dieſen beydẽ lieben Engelchen allein zuſpra- chen/ welches nun verabſeumet iſt; dann weil ich zu gegen bin/ wil mein Vorwiz allemahl mit im Spiele ſeyn. Aber Fuͤrſt Siegward/ wie ſtehets umb enre Wunden? Dieſer ant- wortete; Seines gluͤckes verſeumnis waͤhre ihm ſehr leid; die im Raͤuberſtreite empfan- gene Wunde haͤtte ſich in etwas entzuͤndet/ wuͤrde aber des Arztes außſage nach/ bald ge- heilet ſeyn. Fr. Sophia ſtoͤrete ihr Geſpraͤch/ einwendend/ es würde Zeit gehens ſeyn/ weil die boßhaften Raͤuber den Lohn ihres verbrechens noch vor der Mahlzeit einnehmen ſol- ten; hernach wuͤrden die vornehmſten des Rahts auff ihrer Eltern Hofe zur Gaͤſterey er- ſcheinen; damit wir aber/ ſagte ſie/ nicht ohn ordnung gehen/ wolle der Durchl. Fuͤrſt Bal- drich meine Frl. Schweſter Lukrezien hinzufuͤhren unbeſchweret ſeyn; gab ſie ihm damit an die Hand/ welches er mit hohem Dank annam/ und nach gebohtenem Handkuſſe das Fraͤulein baht/ einen ſo unwirdigen Geleiter nicht zuverſtoſſen; ſie hingegẽ bedankete ſich der hohen Ehre/ wuͤſte wol/ daß ſie unwirdig waͤhre von Groß Fuͤrſtlichen Herren beglei- tet zu werden/ und ſie daher ſein erbieten bloß vor eine ſonderliche Gunſt und Gewogen- heit rechnen muͤſte/ deren erſetzung annoch in ihrem vermoͤgen nicht waͤhre. Ach mein Fraͤulein antwortete er; Warumb tuht eure Liebe ihrer eigenen Wirdigkeit ſolchen un- verantwortlichen Schimpf an/ welchen einer anderen Zungen ich nimmer mehr zu gute halten wuͤrde; ich vor meine wenigkeit moͤchte wuͤnſchen der Ehren uñ Gluͤkſeligkeit wert zu ſeyn/ daß vor ihrer vortrefligkeit Ritter uñ Diener ich mich halten/ und von ihrer Liebe davor angenom̃en wuͤrde/ alsdañ wuͤrde unter der beſcheinung ihrer guten Gunſt und ge- wogenheit ich in Streit-uñ kaͤmpfen deſto mehr beſtand ſeyn/ und mich ruͤhmen koͤnnen/ daß mein bleicher Monde von der treflichſten Sonnen einigen Strahlen zu empfahen gewuͤrdiget worden/ wie unwirdig ich mich gleich ſolches hohen gluͤckes halten und er- kennen muß. Das Fraͤulein wahr willens ihm ſolches mit guter Vergnuͤgung zuerſet- zen/ weil aber Siegward mit Frl. Sibyllen zu ihnen naheten/ ſagte ſie: Mein Durchleuch- tigſter Fuͤrſt wolle nach ſeiner Gewogenheit mir verzeihen/ daß ſeinem gar zu hohen er- bieten Antwort zu geben/ ich durch anderer ankunft abgehalten werde; doch gab ſie ihm ihren guten Willen durch einen ſanfften Handdruk zu verſtehen. Siegward kunte ſeine Liebesſchmertzen weniger als Baldrich verbergen/ und baht Frau Sophien/ wie ſie ihm das Fraͤulein an die Hand lieferte/ ſie moͤchte bey dieſem allerliebſten Engelchen durch ihre volguͤltige Vorbitte ihm das Gluͤk erhalten/ daß ſie ſeiner Seele durch genehme Eꝛ- klaͤrung die hochgewuͤnſchte Ruhe erteilen wolte; welches ſie mit lachen der Rede brant- wortete: Ihre Frl. Schweſter waͤhre noch bißher mit allen hochverdienten Freunden dankbarlich uͤmgangen/ und haͤtte ſeine Liebe gar nicht zu zweifeln/ ſie wuͤrde dem Aller- hoͤchſtverdienetẽ auch den hoͤchſten Dank in allem tugendhafften Wolſtande mitteilen. Das Fraͤulein ſelbſt antwortete ihm: Sie befuͤnde ſich dieſer des Fuͤrſten Auflage wegen hart

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/302>, abgerufen am 22.11.2024.