Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch.
bey der Hand/ und führte sie mit sich nach Bette. Der junge Fabius war früzeitiger mit sei-
ner liebsten Ursulen schlaffen gangen hatte ihr alsbald sein Christentuhm offenbaret/ und sie
ernstlich erinnert/ ihrer Seligkeit wahrzunehmen/ und nach dem Beyspiel seiner Schwe-
stet/ ihr den Christlichen Glauben gefallen zu lassen/ welches sie zu seiner vollen vergnügung
beantwortete: Es hätte seine Schwester sie darzu oft und viel/ auch noch gestern Abend in
der Räuber Höhle ganz fleissig vermahnet/ so währe sie auch davon nicht abgeneigt gewe-
sen/ nach dem sie ihr diesen Glauben fleissig vorgetragen und erkläret/ nur weil sie an seiner
einwilligung gezweifelt/ hätte sie es auffgeschoben/ und wolte sie von nun an mit Gottes
hülffe eine Christin leben und sterben/ worauff sie beyderseits ihr andächtiges Gebeht zu
Gott verrichteten/ und darüber von herzen erfreuet wahren. Siegward und Baldrich
wahren des folgenden morgens am ersten munter/ und so bald jener sich hatte verbinden
lassen/ legten sie himmelblaue Kleider an/ mit Silber reichlich gesticket; die Bein Kleidung
und darzu gehöriger Schmuk wahr alles von schneweisser Seide mit Silber durch webet
und besetzet/ welches ihnen zierlich anstund. Die Fräulein erwacheten auch mit der Son-
nen auffbruch/ umbfingen sich herzlich/ und tahten ihr Christliches Morgengebeht/ und als
sie etwas waches im innersten Platze vernahmen/ sahen sie aus dem Fenster/ und wurden
der beyden Fürsten gewahr/ die ein langes Bret hatten setzen/ und die eilf Häupter der er-
schlagenen Räuber darauff stellen lassen. Das unvermuhtliche anschauen dieser bey den
färbete die Fräulein feurroht unter dem Angesicht/ daß je eine die andere fragete/ was die-
se starke verenderung bedeutete/ und weil keine trauen wolte/ gingen sie bey de vor den Spie-
gel/ da Lukrezie sagete: Was verbirgestu mir deine züchtige flammen/ mein Schwesterchen?
sihe da/ diesen Kuß gebe ich dir im nahmen und von wegen Fürst Siegwards. Ich bedan-
ke mich/ antwortete sie/ und werde ihn hernach fragen/ ob du dessen von ihm befehl habest;
aber diesen Kuß schicket dir Prokulus von Rom über. Das Fräulein hätte sich dessen schier
geeifert/ und sagte: Pfui des ungenehmen garstigen Kusses! nimmer mehr werde ich den-
selben an meinen Lippen sitzen lassen; fassete alsbald ein Tuch/ und rieb damit ihren schönen
Mund/ gleich als währe er beschmitzet. Aber Fräulein Sibylla sagte: Nun nun Schwe-
ster/ wegere dich nicht zu hart; das alte Sprichwort ist wol ehe wahr worden/ die sich gra-
men/ die sich nahmen. O weh! antwortete sie/ davor wolte ich mir den bittern Tod kiesen.
Und wie kanstu mir so schlechten dank erzeigen/ da ich dir deinen besten Schaz zugewün-
schet habe? Ich weiß noch von keinem Schatze/ sagte sie/ doch so viel ich merke/ muß ich
mein verbrechen wol verbessern/ küssete sie zum andernmahle viel freundlicher und sagete:
Diesen Kuß gibt dir der Durchl. Groß Fürst Baldrich/ und bittet dessen vergeltung. Nun
fährestu ja noch etwas bescheidener/ antwortete Frl. Lukrezie/ und wann ich gleich diesen
auch abwischen wolte/ darff ich doch nicht wegen meines Herr Brudern Groß Fürst Her-
kules/ welchen ich dadurch erzürnen möchte; Also trieben diese keusche Fräulein ihre ehr-
liebende Kurzweil miteinander/ und wurden eins/ sich den beyden Fürsten gleich zu kleiden/
als ob es ohngefehr geschehen währe/ putzeten sich auch ohn zutuhn ihrer Leibdienerinnen
dermassen köstlich aus/ daß der Stathalter selbst und sein Gemahl dessen Ursach merketen.
Sie hatten sich kaum angetahn/ da kam die Groß Fürstin und Fr. Sophia zu ihnen/ und
brachten eine grosse menge treflicher Kleinot mit sich/ welche sie den beyden Fräulein im

nahmen

Sechſtes Buch.
bey der Hand/ uñ fuͤhrte ſie mit ſich nach Bette. Der junge Fabius war fruͤzeitiger mit ſei-
ner liebſten Urſulen ſchlaffen gangẽ hatte ihr alsbald ſein Chriſtentuhm offenbaret/ uñ ſie
ernſtlich erinnert/ ihrer Seligkeit wahrzunehmen/ und nach dem Beyſpiel ſeiner Schwe-
ſtet/ ihr den Chriſtlichen Glaubẽ gefallen zu laſſen/ welches ſie zu ſeiner vollen vergnuͤgung
beantwortete: Es haͤtte ſeine Schweſter ſie darzu oft und viel/ auch noch geſtern Abend in
der Raͤuber Hoͤhle ganz fleiſſig vermahnet/ ſo waͤhre ſie auch davon nicht abgeneigt gewe-
ſen/ nach dem ſie ihr dieſen Glauben fleiſſig vorgetragen und erklaͤret/ nur weil ſie an ſeiner
einwilligung gezweifelt/ haͤtte ſie es auffgeſchoben/ und wolte ſie von nun an mit Gottes
huͤlffe eine Chriſtin leben und ſterben/ worauff ſie beyderſeits ihr andaͤchtiges Gebeht zu
Gott verrichteten/ und daruͤber von herzen erfreuet wahren. Siegward und Baldrich
wahren des folgenden morgens am erſten munter/ und ſo bald jener ſich hatte verbinden
laſſen/ legten ſie himmelblaue Kleider an/ mit Silber reichlich geſticket; die Bein Kleidung
und darzu gehoͤriger Schmuk wahr alles von ſchneweiſſer Seide mit Silber durch webet
und beſetzet/ welches ihnen zierlich anſtund. Die Fraͤulein erwacheten auch mit der Son-
nen auffbruch/ umbfingen ſich herzlich/ und tahten ihr Chriſtliches Morgengebeht/ und als
ſie etwas waches im innerſten Platze vernahmen/ ſahen ſie aus dem Fenſter/ und wurden
der beyden Fürſten gewahr/ die ein langes Bret hatten ſetzen/ und die eilf Haͤupter der er-
ſchlagenen Raͤuber darauff ſtellen laſſen. Das unvermuhtliche anſchauen dieſer bey den
faͤrbete die Fraͤulein feurroht unter dem Angeſicht/ daß je eine die andere fragete/ was die-
ſe ſtarke verenderung bedeutete/ uñ weil keine trauen wolte/ gingen ſie bey de vor den Spie-
gel/ da Lukrezie ſagete: Was verbirgeſtu mir deine zuͤchtige flammen/ mein Schweſterchẽ?
ſihe da/ dieſen Kuß gebe ich dir im nahmen und von wegen Fuͤrſt Siegwards. Ich bedan-
ke mich/ antwortete ſie/ und werde ihn hernach fragen/ ob du deſſen von ihm befehl habeſt;
abeꝛ dieſen Kuß ſchicket dir Prokulus von Rom uͤbeꝛ. Das Fꝛaͤulein haͤtte ſich deſſen ſchieꝛ
geeifert/ und ſagte: Pfui des ungenehmen garſtigen Kuſſes! nimmer mehr werde ich den-
ſelben an meinen Lippen ſitzen laſſen; faſſete alsbald ein Tuch/ und rieb damit ihren ſchoͤnen
Mund/ gleich als waͤhre er beſchmitzet. Aber Fraͤulein Sibylla ſagte: Nun nun Schwe-
ſter/ wegere dich nicht zu hart; das alte Sprichwort iſt wol ehe wahr worden/ die ſich gra-
men/ die ſich nahmen. O weh! antwortete ſie/ davor wolte ich mir den bittern Tod kieſen.
Und wie kanſtu mir ſo ſchlechten dank erzeigen/ da ich dir deinen beſten Schaz zugewuͤn-
ſchet habe? Ich weiß noch von keinem Schatze/ ſagte ſie/ doch ſo viel ich merke/ muß ich
mein verbrechen wol verbeſſern/ kuͤſſete ſie zum andernmahle viel freundlicher und ſagete:
Dieſen Kuß gibt dir der Durchl. Groß Fuͤrſt Baldrich/ uñ bittet deſſen vergeltung. Nun
faͤhreſtu ja noch etwas beſcheidener/ antwortete Frl. Lukrezie/ und wann ich gleich dieſen
auch abwiſchen wolte/ darff ich doch nicht wegen meines Herr Brudern Groß Fürſt Her-
kules/ welchen ich dadurch erzuͤrnen moͤchte; Alſo trieben dieſe keuſche Fraͤulein ihre ehr-
liebende Kurzweil miteinander/ und wurden eins/ ſich den beyden Fuͤrſten gleich zu kleiden/
als ob es ohngefehr geſchehen waͤhre/ putzeten ſich auch ohn zutuhn ihrer Leibdienerinnen
dermaſſen koͤſtlich aus/ daß der Stathalter ſelbſt und ſein Gemahl deſſen Urſach merketen.
Sie hatten ſich kaum angetahn/ da kam die Groß Fuͤrſtin und Fr. Sophia zu ihnen/ und
brachten eine groſſe menge treflicher Kleinot mit ſich/ welche ſie den beyden Fraͤulein im

nahmen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0300" n="294"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch.</hi></fw><lb/>
bey der Hand/ un&#x0303; fu&#x0364;hrte &#x017F;ie mit &#x017F;ich nach Bette. Der junge Fabius war fru&#x0364;zeitiger mit &#x017F;ei-<lb/>
ner lieb&#x017F;ten Ur&#x017F;ulen &#x017F;chlaffen gange&#x0303; hatte ihr alsbald &#x017F;ein Chri&#x017F;tentuhm offenbaret/ un&#x0303; &#x017F;ie<lb/>
ern&#x017F;tlich erinnert/ ihrer Seligkeit wahrzunehmen/ und nach dem Bey&#x017F;piel &#x017F;einer Schwe-<lb/>
&#x017F;tet/ ihr den Chri&#x017F;tlichen Glaube&#x0303; gefallen zu la&#x017F;&#x017F;en/ welches &#x017F;ie zu &#x017F;einer vollen vergnu&#x0364;gung<lb/>
beantwortete: Es ha&#x0364;tte &#x017F;eine Schwe&#x017F;ter &#x017F;ie darzu oft und viel/ auch noch ge&#x017F;tern Abend in<lb/>
der Ra&#x0364;uber Ho&#x0364;hle ganz flei&#x017F;&#x017F;ig vermahnet/ &#x017F;o wa&#x0364;hre &#x017F;ie auch davon nicht abgeneigt gewe-<lb/>
&#x017F;en/ nach dem &#x017F;ie ihr die&#x017F;en Glauben flei&#x017F;&#x017F;ig vorgetragen und erkla&#x0364;ret/ nur weil &#x017F;ie an &#x017F;einer<lb/>
einwilligung gezweifelt/ ha&#x0364;tte &#x017F;ie es auffge&#x017F;choben/ und wolte &#x017F;ie von nun an mit Gottes<lb/>
hu&#x0364;lffe eine Chri&#x017F;tin leben und &#x017F;terben/ worauff &#x017F;ie beyder&#x017F;eits ihr anda&#x0364;chtiges Gebeht zu<lb/>
Gott verrichteten/ und daru&#x0364;ber von herzen erfreuet wahren. Siegward und Baldrich<lb/>
wahren des folgenden morgens am er&#x017F;ten munter/ und &#x017F;o bald jener &#x017F;ich hatte verbinden<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ legten &#x017F;ie himmelblaue Kleider an/ mit Silber reichlich ge&#x017F;ticket; die Bein Kleidung<lb/>
und darzu geho&#x0364;riger Schmuk wahr alles von &#x017F;chnewei&#x017F;&#x017F;er Seide mit Silber durch webet<lb/>
und be&#x017F;etzet/ welches ihnen zierlich an&#x017F;tund. Die Fra&#x0364;ulein erwacheten auch mit der Son-<lb/>
nen auffbruch/ umbfingen &#x017F;ich herzlich/ und tahten ihr Chri&#x017F;tliches Morgengebeht/ und als<lb/>
&#x017F;ie etwas waches im inner&#x017F;ten Platze vernahmen/ &#x017F;ahen &#x017F;ie aus dem Fen&#x017F;ter/ und wurden<lb/>
der beyden Für&#x017F;ten gewahr/ die ein langes Bret hatten &#x017F;etzen/ und die eilf Ha&#x0364;upter der er-<lb/>
&#x017F;chlagenen Ra&#x0364;uber darauff &#x017F;tellen la&#x017F;&#x017F;en. Das unvermuhtliche an&#x017F;chauen die&#x017F;er bey den<lb/>
fa&#x0364;rbete die Fra&#x0364;ulein feurroht unter dem Ange&#x017F;icht/ daß je eine die andere fragete/ was die-<lb/>
&#x017F;e &#x017F;tarke verenderung bedeutete/ un&#x0303; weil keine trauen wolte/ gingen &#x017F;ie bey de vor den Spie-<lb/>
gel/ da Lukrezie &#x017F;agete: Was verbirge&#x017F;tu mir deine zu&#x0364;chtige flammen/ mein Schwe&#x017F;terche&#x0303;?<lb/>
&#x017F;ihe da/ die&#x017F;en Kuß gebe ich dir im nahmen und von wegen Fu&#x0364;r&#x017F;t Siegwards. Ich bedan-<lb/>
ke mich/ antwortete &#x017F;ie/ und werde ihn hernach fragen/ ob du de&#x017F;&#x017F;en von ihm befehl habe&#x017F;t;<lb/>
abe&#xA75B; die&#x017F;en Kuß &#x017F;chicket dir Prokulus von Rom u&#x0364;be&#xA75B;. Das F&#xA75B;a&#x0364;ulein ha&#x0364;tte &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chie&#xA75B;<lb/>
geeifert/ und &#x017F;agte: Pfui des ungenehmen gar&#x017F;tigen Ku&#x017F;&#x017F;es! nimmer mehr werde ich den-<lb/>
&#x017F;elben an meinen Lippen &#x017F;itzen la&#x017F;&#x017F;en; fa&#x017F;&#x017F;ete alsbald ein Tuch/ und rieb damit ihren &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Mund/ gleich als wa&#x0364;hre er be&#x017F;chmitzet. Aber Fra&#x0364;ulein Sibylla &#x017F;agte: Nun nun Schwe-<lb/>
&#x017F;ter/ wegere dich nicht zu hart; das alte Sprichwort i&#x017F;t wol ehe wahr worden/ die &#x017F;ich gra-<lb/>
men/ die &#x017F;ich nahmen. O weh! antwortete &#x017F;ie/ davor wolte ich mir den bittern Tod kie&#x017F;en.<lb/>
Und wie kan&#x017F;tu mir &#x017F;o &#x017F;chlechten dank erzeigen/ da ich dir deinen be&#x017F;ten Schaz zugewu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;chet habe? Ich weiß noch von keinem Schatze/ &#x017F;agte &#x017F;ie/ doch &#x017F;o viel ich merke/ muß ich<lb/>
mein verbrechen wol verbe&#x017F;&#x017F;ern/ ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete &#x017F;ie zum andernmahle viel freundlicher und &#x017F;agete:<lb/>
Die&#x017F;en Kuß gibt dir der Durchl. Groß Fu&#x0364;r&#x017F;t Baldrich/ un&#x0303; bittet de&#x017F;&#x017F;en vergeltung. Nun<lb/>
fa&#x0364;hre&#x017F;tu ja noch etwas be&#x017F;cheidener/ antwortete Frl. Lukrezie/ und wann ich gleich die&#x017F;en<lb/>
auch abwi&#x017F;chen wolte/ darff ich doch nicht wegen meines Herr Brudern Groß Für&#x017F;t Her-<lb/>
kules/ welchen ich dadurch erzu&#x0364;rnen mo&#x0364;chte; Al&#x017F;o trieben die&#x017F;e keu&#x017F;che Fra&#x0364;ulein ihre ehr-<lb/>
liebende Kurzweil miteinander/ und wurden eins/ &#x017F;ich den beyden Fu&#x0364;r&#x017F;ten gleich zu kleiden/<lb/>
als ob es ohngefehr ge&#x017F;chehen wa&#x0364;hre/ putzeten &#x017F;ich auch ohn zutuhn ihrer Leibdienerinnen<lb/>
derma&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;&#x017F;tlich aus/ daß der Stathalter &#x017F;elb&#x017F;t und &#x017F;ein Gemahl de&#x017F;&#x017F;en Ur&#x017F;ach merketen.<lb/>
Sie hatten &#x017F;ich kaum angetahn/ da kam die Groß Fu&#x0364;r&#x017F;tin und Fr. Sophia zu ihnen/ und<lb/>
brachten eine gro&#x017F;&#x017F;e menge treflicher Kleinot mit &#x017F;ich/ welche &#x017F;ie den beyden Fra&#x0364;ulein im<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nahmen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0300] Sechſtes Buch. bey der Hand/ uñ fuͤhrte ſie mit ſich nach Bette. Der junge Fabius war fruͤzeitiger mit ſei- ner liebſten Urſulen ſchlaffen gangẽ hatte ihr alsbald ſein Chriſtentuhm offenbaret/ uñ ſie ernſtlich erinnert/ ihrer Seligkeit wahrzunehmen/ und nach dem Beyſpiel ſeiner Schwe- ſtet/ ihr den Chriſtlichen Glaubẽ gefallen zu laſſen/ welches ſie zu ſeiner vollen vergnuͤgung beantwortete: Es haͤtte ſeine Schweſter ſie darzu oft und viel/ auch noch geſtern Abend in der Raͤuber Hoͤhle ganz fleiſſig vermahnet/ ſo waͤhre ſie auch davon nicht abgeneigt gewe- ſen/ nach dem ſie ihr dieſen Glauben fleiſſig vorgetragen und erklaͤret/ nur weil ſie an ſeiner einwilligung gezweifelt/ haͤtte ſie es auffgeſchoben/ und wolte ſie von nun an mit Gottes huͤlffe eine Chriſtin leben und ſterben/ worauff ſie beyderſeits ihr andaͤchtiges Gebeht zu Gott verrichteten/ und daruͤber von herzen erfreuet wahren. Siegward und Baldrich wahren des folgenden morgens am erſten munter/ und ſo bald jener ſich hatte verbinden laſſen/ legten ſie himmelblaue Kleider an/ mit Silber reichlich geſticket; die Bein Kleidung und darzu gehoͤriger Schmuk wahr alles von ſchneweiſſer Seide mit Silber durch webet und beſetzet/ welches ihnen zierlich anſtund. Die Fraͤulein erwacheten auch mit der Son- nen auffbruch/ umbfingen ſich herzlich/ und tahten ihr Chriſtliches Morgengebeht/ und als ſie etwas waches im innerſten Platze vernahmen/ ſahen ſie aus dem Fenſter/ und wurden der beyden Fürſten gewahr/ die ein langes Bret hatten ſetzen/ und die eilf Haͤupter der er- ſchlagenen Raͤuber darauff ſtellen laſſen. Das unvermuhtliche anſchauen dieſer bey den faͤrbete die Fraͤulein feurroht unter dem Angeſicht/ daß je eine die andere fragete/ was die- ſe ſtarke verenderung bedeutete/ uñ weil keine trauen wolte/ gingen ſie bey de vor den Spie- gel/ da Lukrezie ſagete: Was verbirgeſtu mir deine zuͤchtige flammen/ mein Schweſterchẽ? ſihe da/ dieſen Kuß gebe ich dir im nahmen und von wegen Fuͤrſt Siegwards. Ich bedan- ke mich/ antwortete ſie/ und werde ihn hernach fragen/ ob du deſſen von ihm befehl habeſt; abeꝛ dieſen Kuß ſchicket dir Prokulus von Rom uͤbeꝛ. Das Fꝛaͤulein haͤtte ſich deſſen ſchieꝛ geeifert/ und ſagte: Pfui des ungenehmen garſtigen Kuſſes! nimmer mehr werde ich den- ſelben an meinen Lippen ſitzen laſſen; faſſete alsbald ein Tuch/ und rieb damit ihren ſchoͤnen Mund/ gleich als waͤhre er beſchmitzet. Aber Fraͤulein Sibylla ſagte: Nun nun Schwe- ſter/ wegere dich nicht zu hart; das alte Sprichwort iſt wol ehe wahr worden/ die ſich gra- men/ die ſich nahmen. O weh! antwortete ſie/ davor wolte ich mir den bittern Tod kieſen. Und wie kanſtu mir ſo ſchlechten dank erzeigen/ da ich dir deinen beſten Schaz zugewuͤn- ſchet habe? Ich weiß noch von keinem Schatze/ ſagte ſie/ doch ſo viel ich merke/ muß ich mein verbrechen wol verbeſſern/ kuͤſſete ſie zum andernmahle viel freundlicher und ſagete: Dieſen Kuß gibt dir der Durchl. Groß Fuͤrſt Baldrich/ uñ bittet deſſen vergeltung. Nun faͤhreſtu ja noch etwas beſcheidener/ antwortete Frl. Lukrezie/ und wann ich gleich dieſen auch abwiſchen wolte/ darff ich doch nicht wegen meines Herr Brudern Groß Fürſt Her- kules/ welchen ich dadurch erzuͤrnen moͤchte; Alſo trieben dieſe keuſche Fraͤulein ihre ehr- liebende Kurzweil miteinander/ und wurden eins/ ſich den beyden Fuͤrſten gleich zu kleiden/ als ob es ohngefehr geſchehen waͤhre/ putzeten ſich auch ohn zutuhn ihrer Leibdienerinnen dermaſſen koͤſtlich aus/ daß der Stathalter ſelbſt und ſein Gemahl deſſen Urſach merketen. Sie hatten ſich kaum angetahn/ da kam die Groß Fuͤrſtin und Fr. Sophia zu ihnen/ und brachten eine groſſe menge treflicher Kleinot mit ſich/ welche ſie den beyden Fraͤulein im nahmen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/300
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/300>, abgerufen am 25.11.2024.