Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Fünftes Buch. zug geschehen. Dessen muß ich sichere Gewißheit haben/ sagte Ladisla; ließ Timokles nachGobares Gemache lauffen/ um zuvernehmen/ was vor Zeichen sich daselbst würden finden lassen. Aber da war eine gleichmässige Einsamkeit/ ohn dz er etliche rohte Seidene Stricke liegen sahe/ die er auffhub/ und mit sich nahm. Also wolte Ladisla hieselbst nicht länger ver- weilen/ ritte straks nach Herkules und traf ihn in jämmerlicher Klage an. Artaxerxes trö- stete ihn auffs beste: es währe ja noch ungewiß; und ob gleich die Entführung geschehen/ wolte er sein Häupt nicht sanffte legen/ biß es grausam gestraffet währe. Ach ach/ sagte Herkules/ hiedurch bekomt mein Fräulein ihre Ehre nicht wieder/ wann ihr solte Schande zugestossen seyn. Ja wer weiß/ ob sie nicht bereit Todes verblichen; dann lebendig hat sie sich in seinen boßhafften Willen nicht ergeben/ dessen ich wol versichert bin. Ladisla kam gleich darzu/ und sagte: Herzlieber Bruder/ stärke dein Gemüht/ und laß dich Unfal nicht erdrücken; klagen hilfft nicht/ und scumen nutzet nicht; laß uns den Almächtigen Gott zu hülffe nehmen/ und unverzöglich folgen/ so können wir ihn noch vor Abends ereilen/ weil er mit Fußvolk und Reutern zugleich fortgehet. Auf dem Schlosse ist nichts ungebührliches vorgangen/ sondern man hat nur zum Abzuge geeilet/ und das Fräulein neben dem Frau- enzimmer aus den Betten geraubet/ und in den Sänfften davon geführet. Herkules be- dachte sich nicht lange/ sprang auf sein Pferd/ und in Geselschafft Artaxerxes und Ladisla setzete er dem Huefschlage nach/ da alle anwesende Persische und Medische Reuterey fol- geten/ und was in Persepolis kunte beritten gemacht werden. Fabius hatte den gefangenen Gobares vor sich bringen lassen/ sahe ihn mit grimmigen haben
Fuͤnftes Buch. zug geſchehen. Deſſen muß ich ſichere Gewißheit haben/ ſagte Ladiſla; ließ Timokles nachGobares Gemache lauffen/ um zuvernehmẽ/ was vor Zeichen ſich daſelbſt wuͤrden findẽ laſſen. Aber da war eine gleichmaͤſſige Einſamkeit/ ohn dz er etliche rohte Seidene Stricke liegen ſahe/ die er auffhub/ und mit ſich nahm. Alſo wolte Ladiſla hieſelbſt nicht laͤnger ver- weilen/ ritte ſtraks nach Herkules und traf ihn in jaͤmmerlicher Klage an. Artaxerxes troͤ- ſtete ihn auffs beſte: es waͤhre ja noch ungewiß; und ob gleich die Entfuͤhrung geſchehen/ wolte er ſein Haͤupt nicht ſanffte legen/ biß es grauſam geſtraffet waͤhre. Ach ach/ ſagte Herkules/ hiedurch bekomt mein Fraͤulein ihre Ehre nicht wieder/ wann ihr ſolte Schande zugeſtoſſen ſeyn. Ja wer weiß/ ob ſie nicht bereit Todes verblichen; dann lebendig hat ſie ſich in ſeinen boßhafften Willen nicht ergeben/ deſſen ich wol verſichert bin. Ladiſla kam gleich darzu/ und ſagte: Herzlieber Bruder/ ſtaͤrke dein Gemuͤht/ und laß dich Unfal nicht erdruͤcken; klagen hilfft nicht/ und ſcumen nutzet nicht; laß uns den Almaͤchtigen Gott zu huͤlffe nehmen/ und unverzoͤglich folgen/ ſo koͤnnen wir ihn noch voꝛ Abends ereilen/ weil er mit Fußvolk und Reutern zugleich fortgehet. Auf dem Schloſſe iſt nichts ungebuͤhrliches vorgangen/ ſondern man hat nur zum Abzuge geeilet/ und das Fraͤulein neben dem Frau- enzimmer aus den Betten geraubet/ und in den Saͤnfften davon gefuͤhret. Herkules be- dachte ſich nicht lange/ ſprang auf ſein Pferd/ und in Geſelſchafft Artaxerxes und Ladiſla ſetzete er dem Huefſchlage nach/ da alle anweſende Perſiſche und Mediſche Reuterey fol- geten/ und was in Perſepolis kunte beritten gemacht werden. Fabius hatte den gefangenen Gobares vor ſich bringen laſſen/ ſahe ihn mit grim̃igen haben
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Fuͤnftes Buch.
zug geſchehen. Deſſen muß ich ſichere Gewißheit haben/ ſagte Ladiſla; ließ Timokles nach
Gobares Gemache lauffen/ um zuvernehmẽ/ was vor Zeichen ſich daſelbſt wuͤrden findẽ
laſſen. Aber da war eine gleichmaͤſſige Einſamkeit/ ohn dz er etliche rohte Seidene Stricke
liegen ſahe/ die er auffhub/ und mit ſich nahm. Alſo wolte Ladiſla hieſelbſt nicht laͤnger ver-
weilen/ ritte ſtraks nach Herkules und traf ihn in jaͤmmerlicher Klage an. Artaxerxes troͤ-
ſtete ihn auffs beſte: es waͤhre ja noch ungewiß; und ob gleich die Entfuͤhrung geſchehen/
wolte er ſein Haͤupt nicht ſanffte legen/ biß es grauſam geſtraffet waͤhre. Ach ach/ ſagte
Herkules/ hiedurch bekomt mein Fraͤulein ihre Ehre nicht wieder/ wann ihr ſolte Schande
zugeſtoſſen ſeyn. Ja wer weiß/ ob ſie nicht bereit Todes verblichen; dann lebendig hat ſie
ſich in ſeinen boßhafften Willen nicht ergeben/ deſſen ich wol verſichert bin. Ladiſla kam
gleich darzu/ und ſagte: Herzlieber Bruder/ ſtaͤrke dein Gemuͤht/ und laß dich Unfal nicht
erdruͤcken; klagen hilfft nicht/ und ſcumen nutzet nicht; laß uns den Almaͤchtigen Gott zu
huͤlffe nehmen/ und unverzoͤglich folgen/ ſo koͤnnen wir ihn noch voꝛ Abends ereilen/ weil er
mit Fußvolk und Reutern zugleich fortgehet. Auf dem Schloſſe iſt nichts ungebuͤhrliches
vorgangen/ ſondern man hat nur zum Abzuge geeilet/ und das Fraͤulein neben dem Frau-
enzimmer aus den Betten geraubet/ und in den Saͤnfften davon gefuͤhret. Herkules be-
dachte ſich nicht lange/ ſprang auf ſein Pferd/ und in Geſelſchafft Artaxerxes und Ladiſla
ſetzete er dem Huefſchlage nach/ da alle anweſende Perſiſche und Mediſche Reuterey fol-
geten/ und was in Perſepolis kunte beritten gemacht werden.
Fabius hatte den gefangenen Gobares vor ſich bringen laſſen/ ſahe ihn mit grim̃igen
Augen an/ und ſagte zu ihm: Du ſchaͤndlicher Verraͤhter und meinaͤidiger Raͤuber der
Koͤniglichen Fraͤulein; kenneſtu auch Kleon noch/ welchen du umb falſches verdachts
willen haſt wollen ſchelmiſcher weiſe ermorden laſſen? Dieſer ſahe ihn an/ und erſchrak
daß er als ein Laub zitterte/ auch kein Wort reden kunte. Wie biſtu nun ſo verzagt? fuhr
Fabius fort; iſt diß der tapfere Gobares/ der nicht gnug hat/ ſeiner Untertahnen Weiber
zu ſchaͤnden/ er mus auch Koͤnigen und Fuͤrſten ihre Fraͤulein durch gewaltſame Diebe-
rey entfuͤhren? doch werden die Goͤtter mit dir lange gnug durch die Finger geſehen ha-
ben/ wann du nur mit einem Halſe alle deine Bubenſtük bezahlen koͤnteſt. Er wolte in ſei-
nem Zorn fortfahren/ aber Leches rieff uͤberlaut: Bald zu Pferde/ bald zu Pferde! dort
vor uns erhebet ſich ein dicker Staub/ welcher uns eines neuen Heeres ankunfft verſtaͤn-
diget. Die Gefangenen/ inſonderheit Gobares und die man auff der Gutſche bekommen/
wurden fleiſſig verwahret; Fabius aber ſtellete die Voͤlker in ſchoͤne Ordnung/ des Vor-
ſatzes/ einen redlichen Stand zu halten/ was ſich auch begeben wuͤrde. Das Fraͤulein fo-
derte alsbald Pferd und Gewehr/ und ſagte mit ſonderlicher Anmuht: Ich wil meine al-
lerliebſte Teutſchen ſelbſt fuͤhren/ ob ich vielleicht noch dereins ihre Groß Fürſtin wuͤrde;
woruͤber dieſe Voͤlker ſich ſo inniglich freueten/ daß ſie einmuͤhtig rieffen; Unſere Groß-
Fuͤrſtin lebe/ unſere Groß Fuͤrſtin lebe! wolte auch ein jeder der naͤheſte zu ihrem Schutze
ſeyn/ und halff nichts/ daß Libuſſa und Euphroſyne nebeſt dem andern Frauenzimmer ſie
mit Traͤhen bahten/ ſich des gefaͤhrlichen Wagſtuͤckes zubegeben. Leches und die Boͤhmen
ingeſamt ſetzeten ſich zu ihrer Rechten; Fabius und die Roͤmer zur Linken/ und tahten
einen Wich in etwas hinter ſich/ damit ſie auff allen Fal Plaz und Raum zum Gefechte
haben
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/13>, abgerufen am 16.07.2024. |