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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
sich in eine brünstige Liebe verwandelte/ und er sie endlich umb die Ehe anredete/ weil er
hoffete/ sagte er/ seiner gewesenen Braut Willen dadurch zuerfüllen. Sie hingegen stellete
sich dessen sehr fremde/ und weil sie merkete daß er gefangen wahr/ wolte sie zwar keine ab-
schlägige Antwort erteilen/ aber doch ihres Dinges gewiß seyn/ ließ sich auch ganz scham-
haftig vernehmen/ sie dürffte wegen solcher angehörten Rede kein Auge vor ihm auffschla-
gen/ und ob sie gleich das Herz ergreiffen wolte/ ihm zu antworten/ währe sie doch ihrer
selbst nicht mächtig/ massen ihr Herr Vetter sie an Kindes stat angenommen/ und verspro-
chen/ sie außzusteuren/ wann sie nach seinem Willen heyrahten würde; solte sie nun ohn
dessen Vorwissen sich einlassen/ welcher vielleicht schon etwas anders mit ihr Vorhaben
möchte/ würde sie ihn erzürnen/ und (inbetrachtung/ wie er mit seiner leiblichen Tochter
geberdet) von ihm gar verstossen seyn. Je mehr aber sich diese wegerte/ je mehr er sich ver-
liebet befand/ erboht sich endlich bey seinen ritterlichen Ehren/ sie ohn allen Brautschatz zu
heyrahten; Ließ zween Ritter/ im Flecken wohnend/ zu sich bitten/ und in derer Gegenwart
versprach er sich mit ihr. Worauf sie sich willig ergab/ und diese Nacht sein Ehgemahl ward.
Des folgenden Morgens machte sie sich wieder auff nach ihrem Vetter/ unter dem schein/
ihren Schmuk und Kleider nachzuhohlen/ und sich gegen ihn des ergangenen nichts mer-
ken zulassen/ da sie ihm doch alles offenbahrete/ und auffs schnelleste mit ihm nach Ekbatana
fuhr/ welches nur anderhalb Meilen davon abgelegen wahr. Sie machte sich alsbald zu
ihrer Wasen/ die in grosser Liebesquahl gegen Surinas lebete/ und zu Artobarzanes gar
keinen Willen trug; derselben brachte sie vor; Herr Surinas hätte sie vom Schlosse in
stiller geheim fodern lassen/ und nachdem er sich über Atossen Träulosigkeit mit lachendem
Munde beschweret/ sie mit Gewalt hinweg geführet/ ehelich Beilager mit ihr gehalten/ und
ihr dieses Haaren Armband (welches sie ihm heimlich vom Arme gestohlen hatte) mit
diesen Worten zugestellet: Ich habe der Atossen Haar getragen/ aber forthin nicht länger/
wollet ihr demnach dieses als meiner vergessenen wieder zustellen/ und daß ich ihr zuent-
bieten lasse/ wir wollen beyderseits der gemachten Kundschafft vergessen/ als ob sie niemahls
gewesen währe. Atossa empfing hierüber solchen Eifer/ daß sie das Armband ins Feur
warff/ und den guten Surinas dergestalt schmähete/ als ob er der geringste Stalbube ge-
wesen währe; legte auch alle getragene Hulde ab/ und wendete sie ihrem Artobarzanes zu/
insonderheit/ als Anutis hinzu setzete/ wie hoch er ihre Schönheit über jener erhoben hätte.
Also blieb diese durch solchen Betrug und Verleumdung in ruhiger und ungestöreter Ehe
mit ihrem Surinas/ deren sie doch wegen des Todes Neid kurze Zeit zugeniessen hatte;
wiewol die Liebe gegen Atossen in Surinas Herzen sich nicht allerdinge wolte dämpfen
lassen/ und der Eifer gegen Artobarzanes ganz unversöhnlich wahr/ welchen er vor diß-
mahl mit seinem Blute dämpfete/ auch/ da er ihm den lezten Stoß anbrachte/ zu ihm sagete:
Diesen schenke ich dir wegen meiner Atossen/ deren Gunst du unwirdiger mir gestohlen/
und anderthalb Jahr als ein Räuber und Ehebrecher genossen hast; wütete auch nach sei-
ner Niderlage immerfort/ biß ihm Prinsla mit 6000 frischen Völkern entgegen ging/ und
den Abgematteten Luft machte/ auch zeitig auff Surinas traff/ welchen er nach hartem
Kampffe überwand und gefangen nam; samlete hernach die Völker/ und durch sein un-
nachlässiges Gefechte brachte er den Feind auff die Flucht/ nachdem derselben 9600 ver-

wun-

Fuͤnftes Buch.
ſich in eine bruͤnſtige Liebe verwandelte/ und er ſie endlich umb die Ehe anredete/ weil er
hoffete/ ſagte er/ ſeiner geweſenen Braut Willen dadurch zuerfuͤllen. Sie hingegen ſtellete
ſich deſſen ſehr fremde/ und weil ſie merkete daß er gefangen wahr/ wolte ſie zwar keine ab-
ſchlaͤgige Antwort erteilen/ aber doch ihres Dinges gewiß ſeyn/ ließ ſich auch ganz ſcham-
haftig vernehmen/ ſie duͤrffte wegen ſolcher angehoͤrten Rede kein Auge vor ihm auffſchla-
gen/ und ob ſie gleich das Herz ergreiffen wolte/ ihm zu antworten/ waͤhre ſie doch ihrer
ſelbſt nicht maͤchtig/ maſſen ihr Herꝛ Vetter ſie an Kindes ſtat angenommen/ und verſpro-
chen/ ſie außzuſteuren/ wann ſie nach ſeinem Willen heyrahten wuͤrde; ſolte ſie nun ohn
deſſen Vorwiſſen ſich einlaſſen/ welcher vielleicht ſchon etwas anders mit ihr Vorhaben
moͤchte/ wuͤrde ſie ihn erzuͤrnen/ und (inbetrachtung/ wie er mit ſeiner leiblichen Tochter
geberdet) von ihm gar verſtoſſen ſeyn. Je mehr aber ſich dieſe wegerte/ je mehr er ſich ver-
liebet befand/ erboht ſich endlich bey ſeinen ritterlichen Ehren/ ſie ohn allen Brautſchatz zu
heyrahten; Ließ zween Ritter/ im Flecken wohnend/ zu ſich bitten/ und in derer Gegenwart
verſprach er ſich mit ihr. Worauf ſie ſich willig ergab/ uñ dieſe Nacht ſein Ehgemahl ward.
Des folgenden Morgens machte ſie ſich wieder auff nach ihrem Vetter/ unter dem ſchein/
ihren Schmuk und Kleider nachzuhohlen/ und ſich gegen ihn des ergangenen nichts mer-
ken zulaſſen/ da ſie ihm doch alles offenbahrete/ und auffs ſchnelleſte mit ihm nach Ekbatana
fuhr/ welches nur anderhalb Meilen davon abgelegen wahr. Sie machte ſich alsbald zu
ihrer Waſen/ die in groſſer Liebesquahl gegen Surinas lebete/ und zu Artobarzanes gar
keinen Willen trug; derſelben brachte ſie vor; Herr Surinas haͤtte ſie vom Schloſſe in
ſtiller geheim fodern laſſen/ und nachdem er ſich uͤber Atoſſen Traͤuloſigkeit mit lachendem
Munde beſchweret/ ſie mit Gewalt hinweg gefuͤhret/ ehelich Beilager mit ihr gehalten/ uñ
ihr dieſes Haaren Armband (welches ſie ihm heimlich vom Arme geſtohlen hatte) mit
dieſen Worten zugeſtellet: Ich habe der Atoſſen Haar getragen/ aber forthin nicht laͤnger/
wollet ihr demnach dieſes als meiner vergeſſenen wieder zuſtellen/ und daß ich ihr zuent-
bieten laſſe/ wir wollen beyderſeits der gemachtẽ Kundſchafft veꝛgeſſen/ als ob ſie niemahls
geweſen waͤhre. Atoſſa empfing hieruͤber ſolchen Eifer/ daß ſie das Armband ins Feur
warff/ und den guten Surinas dergeſtalt ſchmaͤhete/ als ob er der geringſte Stalbube ge-
weſen waͤhre; legte auch alle getragene Hulde ab/ und wendete ſie ihrem Artobarzanes zu/
inſonderheit/ als Anutis hinzu ſetzete/ wie hoch er ihre Schoͤnheit uͤber jener erhoben haͤtte.
Alſo blieb dieſe durch ſolchen Betrug und Verleumdung in ruhiger und ungeſtoͤreter Ehe
mit ihrem Surinas/ deren ſie doch wegen des Todes Neid kurze Zeit zugenieſſen hatte;
wiewol die Liebe gegen Atoſſen in Surinas Herzen ſich nicht allerdinge wolte daͤmpfen
laſſen/ und der Eifer gegen Artobarzanes ganz unverſoͤhnlich wahr/ welchen er vor diß-
mahl mit ſeinem Blute daͤmpfete/ auch/ da er ihm den lezten Stoß anbꝛachte/ zu ihm ſagete:
Dieſen ſchenke ich dir wegen meiner Atoſſen/ deren Gunſt du unwirdiger mir geſtohlen/
und anderthalb Jahr als ein Raͤuber und Ehebrecher genoſſen haſt; wuͤtete auch nach ſei-
ner Niderlage immerfort/ biß ihm Prinſla mit 6000 friſchen Voͤlkern entgegen ging/ uñ
den Abgematteten Luft machte/ auch zeitig auff Surinas traff/ welchen er nach hartem
Kampffe uͤberwand und gefangen nam; ſamlete hernach die Voͤlker/ und durch ſein un-
nachlaͤſſiges Gefechte brachte er den Feind auff die Flucht/ nachdem derſelben 9600 ver-

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[110/0116] Fuͤnftes Buch. ſich in eine bruͤnſtige Liebe verwandelte/ und er ſie endlich umb die Ehe anredete/ weil er hoffete/ ſagte er/ ſeiner geweſenen Braut Willen dadurch zuerfuͤllen. Sie hingegen ſtellete ſich deſſen ſehr fremde/ und weil ſie merkete daß er gefangen wahr/ wolte ſie zwar keine ab- ſchlaͤgige Antwort erteilen/ aber doch ihres Dinges gewiß ſeyn/ ließ ſich auch ganz ſcham- haftig vernehmen/ ſie duͤrffte wegen ſolcher angehoͤrten Rede kein Auge vor ihm auffſchla- gen/ und ob ſie gleich das Herz ergreiffen wolte/ ihm zu antworten/ waͤhre ſie doch ihrer ſelbſt nicht maͤchtig/ maſſen ihr Herꝛ Vetter ſie an Kindes ſtat angenommen/ und verſpro- chen/ ſie außzuſteuren/ wann ſie nach ſeinem Willen heyrahten wuͤrde; ſolte ſie nun ohn deſſen Vorwiſſen ſich einlaſſen/ welcher vielleicht ſchon etwas anders mit ihr Vorhaben moͤchte/ wuͤrde ſie ihn erzuͤrnen/ und (inbetrachtung/ wie er mit ſeiner leiblichen Tochter geberdet) von ihm gar verſtoſſen ſeyn. Je mehr aber ſich dieſe wegerte/ je mehr er ſich ver- liebet befand/ erboht ſich endlich bey ſeinen ritterlichen Ehren/ ſie ohn allen Brautſchatz zu heyrahten; Ließ zween Ritter/ im Flecken wohnend/ zu ſich bitten/ und in derer Gegenwart verſprach er ſich mit ihr. Worauf ſie ſich willig ergab/ uñ dieſe Nacht ſein Ehgemahl ward. Des folgenden Morgens machte ſie ſich wieder auff nach ihrem Vetter/ unter dem ſchein/ ihren Schmuk und Kleider nachzuhohlen/ und ſich gegen ihn des ergangenen nichts mer- ken zulaſſen/ da ſie ihm doch alles offenbahrete/ und auffs ſchnelleſte mit ihm nach Ekbatana fuhr/ welches nur anderhalb Meilen davon abgelegen wahr. Sie machte ſich alsbald zu ihrer Waſen/ die in groſſer Liebesquahl gegen Surinas lebete/ und zu Artobarzanes gar keinen Willen trug; derſelben brachte ſie vor; Herr Surinas haͤtte ſie vom Schloſſe in ſtiller geheim fodern laſſen/ und nachdem er ſich uͤber Atoſſen Traͤuloſigkeit mit lachendem Munde beſchweret/ ſie mit Gewalt hinweg gefuͤhret/ ehelich Beilager mit ihr gehalten/ uñ ihr dieſes Haaren Armband (welches ſie ihm heimlich vom Arme geſtohlen hatte) mit dieſen Worten zugeſtellet: Ich habe der Atoſſen Haar getragen/ aber forthin nicht laͤnger/ wollet ihr demnach dieſes als meiner vergeſſenen wieder zuſtellen/ und daß ich ihr zuent- bieten laſſe/ wir wollen beyderſeits der gemachtẽ Kundſchafft veꝛgeſſen/ als ob ſie niemahls geweſen waͤhre. Atoſſa empfing hieruͤber ſolchen Eifer/ daß ſie das Armband ins Feur warff/ und den guten Surinas dergeſtalt ſchmaͤhete/ als ob er der geringſte Stalbube ge- weſen waͤhre; legte auch alle getragene Hulde ab/ und wendete ſie ihrem Artobarzanes zu/ inſonderheit/ als Anutis hinzu ſetzete/ wie hoch er ihre Schoͤnheit uͤber jener erhoben haͤtte. Alſo blieb dieſe durch ſolchen Betrug und Verleumdung in ruhiger und ungeſtoͤreter Ehe mit ihrem Surinas/ deren ſie doch wegen des Todes Neid kurze Zeit zugenieſſen hatte; wiewol die Liebe gegen Atoſſen in Surinas Herzen ſich nicht allerdinge wolte daͤmpfen laſſen/ und der Eifer gegen Artobarzanes ganz unverſoͤhnlich wahr/ welchen er vor diß- mahl mit ſeinem Blute daͤmpfete/ auch/ da er ihm den lezten Stoß anbꝛachte/ zu ihm ſagete: Dieſen ſchenke ich dir wegen meiner Atoſſen/ deren Gunſt du unwirdiger mir geſtohlen/ und anderthalb Jahr als ein Raͤuber und Ehebrecher genoſſen haſt; wuͤtete auch nach ſei- ner Niderlage immerfort/ biß ihm Prinſla mit 6000 friſchen Voͤlkern entgegen ging/ uñ den Abgematteten Luft machte/ auch zeitig auff Surinas traff/ welchen er nach hartem Kampffe uͤberwand und gefangen nam; ſamlete hernach die Voͤlker/ und durch ſein un- nachlaͤſſiges Gefechte brachte er den Feind auff die Flucht/ nachdem derſelben 9600 ver- wun-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/116>, abgerufen am 25.11.2024.