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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
O ihr mein wirdigster Schaz; und stürzet mich in die tieffe der Bekümmernis/ da ich
meine den sturmlosen Trost-Hafen schon ergriffen zu haben? Meynet etwa der prüfende
Herkules/ Valiska kenne sich selber nicht? oder gedenket er/ Königs Artabanus Liebe ha-
be sie verwägen gemacht? oder/ welches ehe geschehen mögen/ der Name Herkuliska? Das
unergründliche Tugend-Meer meines/ ja Gott Lob/ meines teuren Herkules ist mir nicht
so gar unbekant/ auff welchem schon in früher Jugend tausend Last Schiffe des unsterbli-
chen Ehrenpreises mit vollem Segel daher prangeten; und wie hoch ist dessen die Kindi-
sche Valiska vergnüget/ daß sie die seine heisset und ist! Meine halbtrockene Bach ist selig
gnug/ daß sie hieselbst den freien Einflus hat/ da sie Wassers gnug findet/ wie viel ihr sonst
aus dürre ihres mangels gebricht. Ey wie mag dann mein wirdigster seine Volkommen-
heit beschneiden/ und durch solches ihm selbst angelegtes Unrecht dieselbe zugleich mit scham-
roht machen/ die sich einzig darumb vor glükfelig schätzet/ daß ihr Gebrechen durch dessen
Anschein ersetzet wird/ welchen die Versehung uns als einen Spiegel vorstellet/ umb zu
erkennen/ die Wunder des Schöpffers in nicht ersinlicher Ungleicheit uns Menschen mit-
geteilet/ doch also/ daß in diesem dasselbe hervorstrahlet/ was man in andern kaum funkeln
sihet. Höret deßwegen auff/ mein Seelen-Schaz/ die eure/ mit unverantwortlicher Ver-
achtung eurer/ und unbesindlichem Lobe ihrer/ fort mehr zubeleidigen/ und versichert euch/
daß wann Valiska nicht wüste/ vor welchen sie Herkules müste ehren/ sie denselben sich so
leicht nicht würde ergeben haben. O Liebe Liebe! antwortete er; ich dürste schier schwören/
du währest nicht allein blind/ taub/ und stum/ sondern auch erkän tnisloß! Ruhmwirdigste
Herzens Krone/ in was vor ein Muster dürffet ihr mich entwerffen? ja wol ein volkom-
mener; ja wol ein spieglender/ der aus Schwacheit und blöder Vernunft fast nicht gläu-
ben darf/ was er gegenwärtig umarmet; jedoch/ Tugend schimmernde Seele/ wann in
euren Augen ich etwas bin und gelte/ ist alles was ich suche/ ist alles was ich wünsche/ so weit
Sterbligkeit und Weltruhm gehet; kein Mensch aber wird mich so verwägen machen/
die Einbildung zu fassen/ ich wolte mit der allein übertreffenden Valiska bey außteilung
des erworbenen Preises zu gleicher hebung gehen; dann was sind meine Tahten gegen
die ihre? ich habe etwa mit einem Räuber/ vielleicht auch mit einem Ritter gekämpfet/ und
in beschützung meiner/ mehr Vorsichtigkeit gebrauchet als jener; was gibt oder gilt aber
daß? ein Fräulein/ deren blosses Anschauen auch wieder ihren willen/ allen Männern Brunst
erwecket/ hat ihre Ehre unter den wildesten Räubern Heldsiegig durchgebracht/ mit
ihrem unbestürmlichen Muht den grausamesten Wüterich gezähmet/ den allerfrevelhaf-
testen bestürmer der Keuscheit abgetrieben/ und ihn unter die siegreichen Füsse ihrer un-
überwindlichen Oberschaft (so mag ichs mit gutem Recht nennen) als einen Leibeigenen
Sklaven getreten. Da haben wir den Spiegel/ dessen Klarheit die späten Nachkommen
anbehten/ und alle Tugendliebende mit zweifel streuender Verwunderung ansehen wer-
den. Was beraubet ihr euch dann/ O wahre Volkommenheit/ eures Lobes? was zihet ihr
eurem hochverdienten Ruhme denselben vor/ der jenem ruhenden Wüterich zun Füssen
gelegen ist? welchen aber euer einiger Wink in seiner heftigsten Raserey nidergeworffen/
und geduldiger als ein Lamb gemacht hat. Ja mein Freund/ ja meine Lust/ sagte sie hier-
auff; ich merke wol daß die geraubete Valiska doch mit Gewalt über den Räuber-zwinger/

und

Vierdes Buch.
O ihr mein wirdigſter Schaz; und ſtuͤrzet mich in die tieffe der Bekuͤmmernis/ da ich
meine den ſturmloſen Troſt-Hafen ſchon ergriffen zu haben? Meynet etwa der pruͤfende
Herkules/ Valiſka kenne ſich ſelber nicht? oder gedenket er/ Koͤnigs Artabanus Liebe ha-
be ſie verwaͤgen gemacht? oder/ welches ehe geſchehen moͤgẽ/ der Name Herkuliſka? Das
unergruͤndliche Tugend-Meer meines/ ja Gott Lob/ meines teuren Herkules iſt mir nicht
ſo gar unbekant/ auff welchem ſchon in fruͤher Jugend tauſend Laſt Schiffe des unſterbli-
chen Ehrenpreiſes mit vollem Segel daher prangeten; und wie hoch iſt deſſen die Kindi-
ſche Valiſka vergnuͤget/ daß ſie die ſeine heiſſet und iſt! Meine halbtrockene Bach iſt ſelig
gnug/ daß ſie hieſelbſt den freien Einflus hat/ da ſie Waſſers gnug findet/ wie viel ihr ſonſt
aus dürre ihres mangels gebricht. Ey wie mag dann mein wirdigſter ſeine Volkommen-
heit beſchneidẽ/ uñ durch ſolches ihm ſelbſt angelegtes Unrecht dieſelbe zugleich mit ſcham-
roht machen/ die ſich einzig darumb vor gluͤkfelig ſchaͤtzet/ daß ihr Gebrechen durch deſſen
Anſchein erſetzet wird/ welchen die Verſehung uns als einen Spiegel vorſtellet/ umb zu
erkennen/ die Wunder des Schoͤpffers in nicht erſinlicher Ungleicheit uns Menſchen mit-
geteilet/ doch alſo/ daß in dieſem daſſelbe hervorſtrahlet/ was man in andern kaum funkeln
ſihet. Hoͤret deßwegen auff/ mein Seelen-Schaz/ die eure/ mit unverantwortlicher Ver-
achtung eurer/ und unbeſindlichem Lobe ihrer/ fort mehr zubeleidigen/ und verſichert euch/
daß wann Valiſka nicht wuͤſte/ vor welchen ſie Herkules muͤſte ehren/ ſie denſelben ſich ſo
leicht nicht wuͤrde ergeben haben. O Liebe Liebe! antwortete er; ich duͤrſte ſchier ſchwoͤren/
du waͤhreſt nicht allein blind/ taub/ und ſtum/ ſondern auch erkaͤn tnisloß! Ruhmwirdigſte
Herzens Krone/ in was vor ein Muſter duͤrffet ihr mich entwerffen? ja wol ein volkom-
mener; ja wol ein ſpieglender/ der aus Schwacheit und bloͤder Vernunft faſt nicht glaͤu-
ben darf/ was er gegenwaͤrtig umarmet; jedoch/ Tugend ſchimmernde Seele/ wann in
euren Augen ich etwas bin uñ gelte/ iſt alles was ich ſuche/ iſt alles was ich wuͤnſche/ ſo weit
Sterbligkeit und Weltruhm gehet; kein Menſch aber wird mich ſo verwaͤgen machen/
die Einbildung zu faſſen/ ich wolte mit der allein uͤbertreffenden Valiſka bey außteilung
des erworbenen Preiſes zu gleicher hebung gehen; dann was ſind meine Tahten gegen
die ihre? ich habe etwa mit einem Raͤuber/ vielleicht auch mit einem Ritter gekaͤmpfet/ uñ
in beſchuͤtzung meiner/ mehr Vorſichtigkeit gebrauchet als jener; was gibt oder gilt aber
daß? ein Fraͤulein/ deren bloſſes Anſchauen auch wieder ihren willẽ/ allen Maͤñern Brunſt
erwecket/ hat ihre Ehre unter den wildeſten Raͤubern Heldſiegig durchgebracht/ mit
ihrem unbeſtuͤrmlichen Muht den grauſameſten Wuͤterich gezaͤhmet/ den allerfrevelhaf-
teſten beſtuͤrmer der Keuſcheit abgetrieben/ und ihn unter die ſiegreichen Fuͤſſe ihrer un-
uͤberwindlichen Oberſchaft (ſo mag ichs mit gutem Recht nennen) als einen Leibeigenen
Sklaven getreten. Da haben wir den Spiegel/ deſſen Klarheit die ſpaͤten Nachkommen
anbehten/ und alle Tugendliebende mit zweifel ſtreuender Verwunderung anſehen wer-
den. Was beraubet ihr euch dann/ O wahre Volkommenheit/ eures Lobes? was zihet ihr
eurem hochverdienten Ruhme denſelben vor/ der jenem ruhenden Wuͤterich zun Fuͤſſen
gelegen iſt? welchen aber euer einiger Wink in ſeiner heftigſten Raſerey nidergeworffen/
und geduldiger als ein Lamb gemacht hat. Ja mein Freund/ ja meine Luſt/ ſagte ſie hier-
auff; ich merke wol daß die geraubete Valiſka doch mit Gewalt uͤber den Raͤuber-zwingeꝛ/

und
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[887/0925] Vierdes Buch. O ihr mein wirdigſter Schaz; und ſtuͤrzet mich in die tieffe der Bekuͤmmernis/ da ich meine den ſturmloſen Troſt-Hafen ſchon ergriffen zu haben? Meynet etwa der pruͤfende Herkules/ Valiſka kenne ſich ſelber nicht? oder gedenket er/ Koͤnigs Artabanus Liebe ha- be ſie verwaͤgen gemacht? oder/ welches ehe geſchehen moͤgẽ/ der Name Herkuliſka? Das unergruͤndliche Tugend-Meer meines/ ja Gott Lob/ meines teuren Herkules iſt mir nicht ſo gar unbekant/ auff welchem ſchon in fruͤher Jugend tauſend Laſt Schiffe des unſterbli- chen Ehrenpreiſes mit vollem Segel daher prangeten; und wie hoch iſt deſſen die Kindi- ſche Valiſka vergnuͤget/ daß ſie die ſeine heiſſet und iſt! Meine halbtrockene Bach iſt ſelig gnug/ daß ſie hieſelbſt den freien Einflus hat/ da ſie Waſſers gnug findet/ wie viel ihr ſonſt aus dürre ihres mangels gebricht. Ey wie mag dann mein wirdigſter ſeine Volkommen- heit beſchneidẽ/ uñ durch ſolches ihm ſelbſt angelegtes Unrecht dieſelbe zugleich mit ſcham- roht machen/ die ſich einzig darumb vor gluͤkfelig ſchaͤtzet/ daß ihr Gebrechen durch deſſen Anſchein erſetzet wird/ welchen die Verſehung uns als einen Spiegel vorſtellet/ umb zu erkennen/ die Wunder des Schoͤpffers in nicht erſinlicher Ungleicheit uns Menſchen mit- geteilet/ doch alſo/ daß in dieſem daſſelbe hervorſtrahlet/ was man in andern kaum funkeln ſihet. Hoͤret deßwegen auff/ mein Seelen-Schaz/ die eure/ mit unverantwortlicher Ver- achtung eurer/ und unbeſindlichem Lobe ihrer/ fort mehr zubeleidigen/ und verſichert euch/ daß wann Valiſka nicht wuͤſte/ vor welchen ſie Herkules muͤſte ehren/ ſie denſelben ſich ſo leicht nicht wuͤrde ergeben haben. O Liebe Liebe! antwortete er; ich duͤrſte ſchier ſchwoͤren/ du waͤhreſt nicht allein blind/ taub/ und ſtum/ ſondern auch erkaͤn tnisloß! Ruhmwirdigſte Herzens Krone/ in was vor ein Muſter duͤrffet ihr mich entwerffen? ja wol ein volkom- mener; ja wol ein ſpieglender/ der aus Schwacheit und bloͤder Vernunft faſt nicht glaͤu- ben darf/ was er gegenwaͤrtig umarmet; jedoch/ Tugend ſchimmernde Seele/ wann in euren Augen ich etwas bin uñ gelte/ iſt alles was ich ſuche/ iſt alles was ich wuͤnſche/ ſo weit Sterbligkeit und Weltruhm gehet; kein Menſch aber wird mich ſo verwaͤgen machen/ die Einbildung zu faſſen/ ich wolte mit der allein uͤbertreffenden Valiſka bey außteilung des erworbenen Preiſes zu gleicher hebung gehen; dann was ſind meine Tahten gegen die ihre? ich habe etwa mit einem Raͤuber/ vielleicht auch mit einem Ritter gekaͤmpfet/ uñ in beſchuͤtzung meiner/ mehr Vorſichtigkeit gebrauchet als jener; was gibt oder gilt aber daß? ein Fraͤulein/ deren bloſſes Anſchauen auch wieder ihren willẽ/ allen Maͤñern Brunſt erwecket/ hat ihre Ehre unter den wildeſten Raͤubern Heldſiegig durchgebracht/ mit ihrem unbeſtuͤrmlichen Muht den grauſameſten Wuͤterich gezaͤhmet/ den allerfrevelhaf- teſten beſtuͤrmer der Keuſcheit abgetrieben/ und ihn unter die ſiegreichen Fuͤſſe ihrer un- uͤberwindlichen Oberſchaft (ſo mag ichs mit gutem Recht nennen) als einen Leibeigenen Sklaven getreten. Da haben wir den Spiegel/ deſſen Klarheit die ſpaͤten Nachkommen anbehten/ und alle Tugendliebende mit zweifel ſtreuender Verwunderung anſehen wer- den. Was beraubet ihr euch dann/ O wahre Volkommenheit/ eures Lobes? was zihet ihr eurem hochverdienten Ruhme denſelben vor/ der jenem ruhenden Wuͤterich zun Fuͤſſen gelegen iſt? welchen aber euer einiger Wink in ſeiner heftigſten Raſerey nidergeworffen/ und geduldiger als ein Lamb gemacht hat. Ja mein Freund/ ja meine Luſt/ ſagte ſie hier- auff; ich merke wol daß die geraubete Valiſka doch mit Gewalt uͤber den Raͤuber-zwingeꝛ/ und

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 887. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/925>, abgerufen am 22.12.2024.