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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
Kammer geführet/ und ermahnete sie der Wirt/ biß an die Zeit des Frühstückes sansste zu
ruhen; welchem sie stat gaben/ und in Christehelicher Liebe sich zusammen hielten. Als der
Tag durch die Fenster herein brach/ und sie ihr Gebeht in herzlicher Andacht gesprochen
hatten/ sagete Valiska zu ihrem Herkules: Was hindert uns/ mein Schatz/ daß wir unsere
angebohrne Gestalt uns nicht gönnen? Ich bin meinen heßlichen Händen so gram/ dz ich
sie fast nicht ansehen/ vielweniger euch damit berühren mag. Hierzu wollen wir bald rahten/
antwortete er; dann so wir das Haar nicht endern/ können Angesicht und Hände mit leich-
ter Mühe wieder gefärbet werden; Alfo rieb er ihnen beyden solche Farbe ab/ worüber sich
das Fräulein höchlich erlustigte; dann ihr Herz wahr diesem Fürsten dermassen ergeben/
daß sie es mit äusserlichen Geberden nicht gnug anzeigen kunte; und wann sie meynete/ et-
wa eine freundliche Rede erfunden zuhaben/ blieb ihr die Zunge bestehen/ und verrichtete
mit seuffzen/ was das Herz nicht länger in sich behalten kunte. Ach/ sagete sie dißmahl/ gib
du barmherziger Gott/ daß ich diesen meinen auserwählten Schaz vor meinem Tode ja
nimmermehr verlieren möge/ und verzeihet mir/ mein Seelichen/ daß mein Mund viel zu
stamlend ist/ die inbrünstige Liebe auszusprechen/ welche zu meinem Groß Fürsten und Ge-
mahl ich in keuscher Ergebenheit trage; es gehet mir als den Trunkenen/ die durch krafft
des Weins kühn gnug gemacht/ und doch an den Gliedern gelähmet werden/ sich der Waf-
fen zugebrauchen. Also befihlet meine Seele der Zungen/ meine Neigungen loßzubrechen/
aber die taumlichte Liebe bindet sie wieder/ daß die Gedanken in Seuffzer sich verendern/
und die Worte zwischen den Lippen brechen müssen. Die heydnischen Tichter/ mein Schaz/
mahlen die Liebe blind; verstossene Liebhaber schelten sie vor taub; ich aber klage ihre Stum-
heit an; Lieber gönnet mir/ mein Seelchen/ daß ich sie alle entschuldige. Die Tichter/ nach
ihrer närrischen Unbedachtsamkeit/ haben unbedachtsame Liebe/ welche ich eine Narren-
Liebe nenne/ verstehen wollen/ und sind/ in betrachtung deren/ unbetrogen; Dann wer lie-
bet/ ehe er des geliebeten Erkäntniß hat/ ist freylich am Verstande blind. Die verworffene
Liebhaber reden von der geliebeten Ungewogenheit/ als welche ihnen die Ohren verweigern.
Wie viel besser nun ist meine Meynung gegründet/ als welche der wahren Liebe Volkom-
menheit zuentwerffen bemühet ist/ welche weit über Worte sich erhebet/ und kein Mittel/ sich
völlig ans Licht zustellen/ finden kan/ wiewol sie sich/ sehen zulassen/ alle Krafft und Vermö-
gen anzuwenden nicht unterlässet. Versichert euch aber/ allerliebstes Herz/ daß mir gleich-
sam ein Vorbändichen der Zungen/ durch die Wiederstellung eurer warhafften Gestalt/
gelöset und zerschnitten ist/ nach dem mir anjetzo vergönnet wird/ mich an dem geliebten An-
gesichte meines Herkules zuerlustigen/ welches ich in langer Zeit/ in freyer Sicherheit nit
gesehen/ und vergnüget mich nicht wenig/ daß die heßliche Krämerin der verliebeten Va-
lisken ein Stündichen Raum bey ihrem einig geliebeten gönnet. Unter diesen Reden kun-
te Herkules kein Auge von ihr abwenden/ und ward durch ihre anmuhtigsten Blicke der-
gestalt aus sich selbst gesezt/ dz ihm fast alle Krafft entging/ dann wie er allemahl sich unwir-
dig geschätzet/ ein solches Welt Kleinot zubesitzen/ an dem auch der allergrimmeste Menschen-
Hasser und spizfindigste Klügling nicht den geringsten Fehler oder Flecken/ so wenig an
der Seele als am Leibe zu finden wuste; also kunte er kaum gläuben/ daß die freie Niessung
eines so volkommenen Gutes ihm so leicht gegönnet währe. Er schwieg eine Zeitlang auf

ihre
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Vierdes Buch.
Kammer gefuͤhret/ und ermahnete ſie der Wirt/ biß an die Zeit des Fruͤhſtuͤckes ſanſſte zu
ruhen; welchem ſie ſtat gaben/ und in Chriſtehelicher Liebe ſich zuſammen hielten. Als der
Tag durch die Fenſter herein brach/ und ſie ihr Gebeht in herzlicher Andacht geſprochen
hatten/ ſagete Valiſka zu ihrem Herkules: Was hindert uns/ mein Schatz/ daß wir unſere
angebohrne Geſtalt uns nicht goͤnnen? Ich bin meinen heßlichen Haͤnden ſo gram/ dz ich
ſie faſt nicht anſehen/ vielweniger euch damit berühren mag. Hierzu wollen wir bald rahtẽ/
antwortete er; dann ſo wir das Haar nicht endern/ koͤñen Angeſicht und Haͤnde mit leich-
ter Muͤhe wieder gefaͤrbet werden; Alfo rieb er ihnen beyden ſolche Farbe ab/ woruͤber ſich
das Fraͤulein hoͤchlich erluſtigte; dann ihr Herz wahr dieſem Fuͤrſten dermaſſen ergeben/
daß ſie es mit aͤuſſerlichen Geberden nicht gnug anzeigen kunte; und wann ſie meynete/ et-
wa eine freundliche Rede erfunden zuhaben/ blieb ihr die Zunge beſtehen/ und verrichtete
mit ſeuffzen/ was das Herz nicht laͤnger in ſich behalten kunte. Ach/ ſagete ſie dißmahl/ gib
du barmherziger Gott/ daß ich dieſen meinen auserwaͤhlten Schaz vor meinem Tode ja
nimmermehr verlieren moͤge/ und verzeihet mir/ mein Seelichen/ daß mein Mund viel zu
ſtamlend iſt/ die inbruͤnſtige Liebe auszuſprechen/ welche zu meinem Groß Fuͤrſten und Ge-
mahl ich in keuſcher Ergebenheit trage; es gehet mir als den Trunkenen/ die durch krafft
des Weins kuͤhn gnug gemacht/ und doch an den Gliedern gelaͤhmet werden/ ſich der Waf-
fen zugebrauchen. Alſo befihlet meine Seele der Zungen/ meine Neigungen loßzubrechen/
aber die taumlichte Liebe bindet ſie wieder/ daß die Gedanken in Seuffzer ſich verendern/
und die Worte zwiſchen den Lippen brechen muͤſſen. Die heydniſchẽ Tichter/ mein Schaz/
mahlẽ die Liebe blind; verſtoſſene Liebhaber ſchelten ſie vor taub; ich aber klage ihre Stum-
heit an; Lieber goͤnnet mir/ mein Seelchen/ daß ich ſie alle entſchuldige. Die Tichter/ nach
ihrer naͤrriſchen Unbedachtſamkeit/ haben unbedachtſame Liebe/ welche ich eine Narren-
Liebe nenne/ verſtehen wollen/ und ſind/ in betrachtung deren/ unbetrogen; Dann wer lie-
bet/ ehe er des geliebeten Erkaͤntniß hat/ iſt freylich am Verſtande blind. Die verworffene
Liebhaber reden von der geliebeten Ungewogenheit/ als welche ihnẽ die Ohren verweigeꝛn.
Wie viel beſſer nun iſt meine Meynung gegruͤndet/ als welche der wahren Liebe Volkom-
menheit zuentwerffen bemuͤhet iſt/ welche weit uͤber Worte ſich erhebet/ uñ kein Mittel/ ſich
voͤllig ans Licht zuſtellen/ finden kan/ wiewol ſie ſich/ ſehen zulaſſen/ alle Krafft und Vermoͤ-
gen anzuwenden nicht unterlaͤſſet. Verſichert euch aber/ allerliebſtes Herz/ daß mir gleich-
ſam ein Vorbaͤndichen der Zungen/ durch die Wiederſtellung eurer warhafften Geſtalt/
geloͤſet und zerſchnitten iſt/ nach dem mir anjetzo vergoͤnnet wiꝛd/ mich an dem geliebten An-
geſichte meines Herkules zuerluſtigen/ welches ich in langer Zeit/ in freyer Sicherheit nit
geſehen/ und vergnuͤget mich nicht wenig/ daß die heßliche Kraͤmerin der verliebeten Va-
liſken ein Stuͤndichen Raum bey ihrem einig geliebeten goͤnnet. Unter dieſen Reden kun-
te Herkules kein Auge von ihr abwenden/ und ward durch ihre anmuhtigſten Blicke der-
geſtalt aus ſich ſelbſt geſezt/ dz ihm faſt alle Krafft entging/ dann wie er allemahl ſich unwir-
dig geſchaͤtzet/ ein ſolches Welt Kleinot zubeſitzen/ an dem auch der allergrim̃eſte Menſchen-
Haſſer und ſpizfindigſte Kluͤgling nicht den geringſten Fehler oder Flecken/ ſo wenig an
der Seele als am Leibe zu finden wuſte; alſo kunte er kaum glaͤuben/ daß die freie Nieſſung
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[885/0923] Vierdes Buch. Kammer gefuͤhret/ und ermahnete ſie der Wirt/ biß an die Zeit des Fruͤhſtuͤckes ſanſſte zu ruhen; welchem ſie ſtat gaben/ und in Chriſtehelicher Liebe ſich zuſammen hielten. Als der Tag durch die Fenſter herein brach/ und ſie ihr Gebeht in herzlicher Andacht geſprochen hatten/ ſagete Valiſka zu ihrem Herkules: Was hindert uns/ mein Schatz/ daß wir unſere angebohrne Geſtalt uns nicht goͤnnen? Ich bin meinen heßlichen Haͤnden ſo gram/ dz ich ſie faſt nicht anſehen/ vielweniger euch damit berühren mag. Hierzu wollen wir bald rahtẽ/ antwortete er; dann ſo wir das Haar nicht endern/ koͤñen Angeſicht und Haͤnde mit leich- ter Muͤhe wieder gefaͤrbet werden; Alfo rieb er ihnen beyden ſolche Farbe ab/ woruͤber ſich das Fraͤulein hoͤchlich erluſtigte; dann ihr Herz wahr dieſem Fuͤrſten dermaſſen ergeben/ daß ſie es mit aͤuſſerlichen Geberden nicht gnug anzeigen kunte; und wann ſie meynete/ et- wa eine freundliche Rede erfunden zuhaben/ blieb ihr die Zunge beſtehen/ und verrichtete mit ſeuffzen/ was das Herz nicht laͤnger in ſich behalten kunte. Ach/ ſagete ſie dißmahl/ gib du barmherziger Gott/ daß ich dieſen meinen auserwaͤhlten Schaz vor meinem Tode ja nimmermehr verlieren moͤge/ und verzeihet mir/ mein Seelichen/ daß mein Mund viel zu ſtamlend iſt/ die inbruͤnſtige Liebe auszuſprechen/ welche zu meinem Groß Fuͤrſten und Ge- mahl ich in keuſcher Ergebenheit trage; es gehet mir als den Trunkenen/ die durch krafft des Weins kuͤhn gnug gemacht/ und doch an den Gliedern gelaͤhmet werden/ ſich der Waf- fen zugebrauchen. Alſo befihlet meine Seele der Zungen/ meine Neigungen loßzubrechen/ aber die taumlichte Liebe bindet ſie wieder/ daß die Gedanken in Seuffzer ſich verendern/ und die Worte zwiſchen den Lippen brechen muͤſſen. Die heydniſchẽ Tichter/ mein Schaz/ mahlẽ die Liebe blind; verſtoſſene Liebhaber ſchelten ſie vor taub; ich aber klage ihre Stum- heit an; Lieber goͤnnet mir/ mein Seelchen/ daß ich ſie alle entſchuldige. Die Tichter/ nach ihrer naͤrriſchen Unbedachtſamkeit/ haben unbedachtſame Liebe/ welche ich eine Narren- Liebe nenne/ verſtehen wollen/ und ſind/ in betrachtung deren/ unbetrogen; Dann wer lie- bet/ ehe er des geliebeten Erkaͤntniß hat/ iſt freylich am Verſtande blind. Die verworffene Liebhaber reden von der geliebeten Ungewogenheit/ als welche ihnẽ die Ohren verweigeꝛn. Wie viel beſſer nun iſt meine Meynung gegruͤndet/ als welche der wahren Liebe Volkom- menheit zuentwerffen bemuͤhet iſt/ welche weit uͤber Worte ſich erhebet/ uñ kein Mittel/ ſich voͤllig ans Licht zuſtellen/ finden kan/ wiewol ſie ſich/ ſehen zulaſſen/ alle Krafft und Vermoͤ- gen anzuwenden nicht unterlaͤſſet. Verſichert euch aber/ allerliebſtes Herz/ daß mir gleich- ſam ein Vorbaͤndichen der Zungen/ durch die Wiederſtellung eurer warhafften Geſtalt/ geloͤſet und zerſchnitten iſt/ nach dem mir anjetzo vergoͤnnet wiꝛd/ mich an dem geliebten An- geſichte meines Herkules zuerluſtigen/ welches ich in langer Zeit/ in freyer Sicherheit nit geſehen/ und vergnuͤget mich nicht wenig/ daß die heßliche Kraͤmerin der verliebeten Va- liſken ein Stuͤndichen Raum bey ihrem einig geliebeten goͤnnet. Unter dieſen Reden kun- te Herkules kein Auge von ihr abwenden/ und ward durch ihre anmuhtigſten Blicke der- geſtalt aus ſich ſelbſt geſezt/ dz ihm faſt alle Krafft entging/ dann wie er allemahl ſich unwir- dig geſchaͤtzet/ ein ſolches Welt Kleinot zubeſitzen/ an dem auch der allergrim̃eſte Menſchen- Haſſer und ſpizfindigſte Kluͤgling nicht den geringſten Fehler oder Flecken/ ſo wenig an der Seele als am Leibe zu finden wuſte; alſo kunte er kaum glaͤuben/ daß die freie Nieſſung eines ſo volkommenen Gutes ihm ſo leicht gegoͤnnet waͤhre. Er ſchwieg eine Zeitlang auf ihre T t t t t iij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 885. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/923>, abgerufen am 22.12.2024.