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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.

Nachgehends weckete sie ihre Leibdienerin/ daß sie ins gemeine Frauenzimmer Ge-
mach/ ihrem gebrauche nach/ ginge/ und sie raum hätte ihr Gebeht und Andacht zu ver-
richten; blieb darauff eine Stunde in ihrem herzlichen Gebeht/ und legte keine Kleider/ ohn
den Schlaff Rok an/ damit sie mit dem Kramer Kleide desto schleuniger fertig werden
könte; und als sie ihr Herz völlig geschikt hatte/ das äusserste zu wagen/ auch/ da es mißlin-
gen solte/ den Tod mit frölichem Herzen auszustehen/ rieff sie der Hoffmeisterin/ und fra-
gete/ ob Valikules sich einstellen würde. O ja gnädigstes Fräulein antwortete sie/ nach dem
ich schon gestern Abend ihm nebest den beyden Krämerinnen einen freien Zutrit bey dem
Könige erhalten/ wartet er in deren Geselschaft haussen schon eine Stundelang auff/ ob
euer Gn. gelieben möchte/ ihn vorzufodern. Das Fräulein empfand nicht eine geringe
Furcht im Herzen/ fragete/ ob das Frauenzimmer die Kauffhandelung gerne angenom-
men hätten/ und als sie vernam/ daß ihnen selbst darnach verlangete/ hieß sie Valikules ne-
best den Krämerinnen herzu führen. Dieser hatte Zeit seines Lebens nie einen so furchtsa-
men Gang verrichtet; zwar seine Augen sahen das Schloß/ sein Herz aber Gott im Him-
mel an/ daß er ihm möchte gnädig und behülflich seyn/ auffdaß er sein aller liebstes Gemahl
nicht in den Tod stürzete/ an stat er vorhabens währe sie zuerlösen. Er hätte aber keine ver-
schlagenere Buben als diese beyden zu seinem Vorhaben wählen können/ welche noch ein
kleines einfältiges Mägdlein auß der Herberge mit sich genommen hatten. Als sie inge-
samt auff den Vörder Saal kahmen/ zeigete die Hoffmeisterin dem Fräulein ihre Gegen-
wart an; welche zur Antwort gab/ sie wolte Valikules vor hören/ und hernach die Waa-
ren besichtigen. Derselbe trat nun auff Befehl zitternd ins Gemach/ taht ihr einen Fuß-
fal/ und sagte: Durchl. Fräulein/ euer Durchl. unglükseliger Knecht Valikules/ hat leider
wegen seiner ungeträuen Gefärten/ den aufferlegten Befehl nicht verrichten mögen/ wie
er wol gewünschet/ und sich äusserst bemühet hat/ hoffet demnach/ bey derselben in ansehung
seiner Unschuld/ Gnade zuerhalten/ und wil doch auff wiedrigen Fall lieber in Unschuld
sterben/ als unter dem Nahmen eines ungeträuen Verrähters davon streichen. Schöner
Herr/ antwortete sie/ du weist dein Wort wol zu machen/ daß du keines Vorsprachs be-
darfst/ aber danke dieser meiner geliebten Hoffmeisterin/ daß ich weitere Nachfrage unter-
lasse/ und bloß umb ihret willen dein verschone; so stehe nun auff/ nach dem ich heut mit
wichtigen Geschäften beladen bin/ und nicht Zeit habe/ dich lange zu hören. Valikules
bedankete sich der erteileten Gnade/ bezeugete seine Unschuld/ und erboht sich zu fernerem
Gehorsam; wendete sich hernach zu der Hoffmeisterin/ küssete ihr die Hände/ und bedan-
kete sich sehr wegen getahner kräftiger Vorbitte/ welches er nimmermehr aus seinem Ge-
dächtnis kommen lassen wolte. Er stellete sich/ als wolte er davon gehen/ aber das Fräu-
lein hieß ihn etwas warten/ und befahl der Hoffmeister in/ daß die Krämerinnen herein ge-
sühret würden. Diesem ward alsbald folge geleistet/ da nach wünschung eines guten Mor-
gens die eine anfing ihre Waaren hoch zu loben/ und sagete: Schöne Jungfer wollet ihr
mir den Kram abkauffen? ey lieber käuffet/ ich wil mich wol handeln lassen; mein Zehr-
geld habe ich auff der weiten Reise alles vertahn/ daher muß ich etwas wieder lösen/ dz ich
aus der Herberge kommen kan; der leidige Krieg sperret den Handel gar/ daß wir armen
Krämer gar darüber an den Bettelstab gerahten/ und noch wol gar aus der Welt lauffen

müssen.
Vierdes Buch.

Nachgehends weckete ſie ihre Leibdienerin/ daß ſie ins gemeine Frauenzimmer Ge-
mach/ ihrem gebrauche nach/ ginge/ und ſie raum haͤtte ihr Gebeht und Andacht zu ver-
richten; blieb darauff eine Stunde in ihrem herzlichen Gebeht/ und legte keine Kleider/ ohn
den Schlaff Rok an/ damit ſie mit dem Kramer Kleide deſto ſchleuniger fertig werden
koͤnte; und als ſie ihr Herz voͤllig geſchikt hatte/ das aͤuſſerſte zu wagen/ auch/ da es mißlin-
gen ſolte/ den Tod mit froͤlichem Herzen auszuſtehen/ rieff ſie der Hoffmeiſterin/ und fra-
gete/ ob Valikules ſich einſtellen wuͤrde. O ja gnaͤdigſtes Fraͤulein antwortete ſie/ nach dem
ich ſchon geſtern Abend ihm nebeſt den beyden Kraͤmerinnen einen freien Zutrit bey dem
Koͤnige erhalten/ wartet er in deren Geſelſchaft hauſſen ſchon eine Stundelang auff/ ob
euer Gn. gelieben moͤchte/ ihn vorzufodern. Das Fraͤulein empfand nicht eine geringe
Furcht im Herzen/ fragete/ ob das Frauenzimmer die Kauffhandelung gerne angenom-
men haͤtten/ und als ſie vernam/ daß ihnen ſelbſt darnach verlangete/ hieß ſie Valikules ne-
beſt den Kraͤmerinnen herzu fuͤhren. Dieſer hatte Zeit ſeines Lebens nie einen ſo furchtſa-
men Gang verrichtet; zwar ſeine Augen ſahen das Schloß/ ſein Herz aber Gott im Him-
mel an/ daß er ihm moͤchte gnaͤdig und behülflich ſeyn/ auffdaß er ſein aller liebſtes Gemahl
nicht in den Tod ſtürzete/ an ſtat er vorhabens waͤhre ſie zuerloͤſen. Er haͤtte aber keine ver-
ſchlagenere Buben als dieſe beyden zu ſeinem Vorhaben waͤhlen koͤnnen/ welche noch ein
kleines einfaͤltiges Maͤgdlein auß der Herberge mit ſich genommen hatten. Als ſie inge-
ſamt auff den Voͤrder Saal kahmen/ zeigete die Hoffmeiſterin dem Fraͤulein ihre Gegen-
wart an; welche zur Antwort gab/ ſie wolte Valikules vor hoͤren/ und hernach die Waa-
ren beſichtigen. Derſelbe trat nun auff Befehl zitternd ins Gemach/ taht ihr einen Fuß-
fal/ und ſagte: Durchl. Fraͤulein/ euer Durchl. unglükſeliger Knecht Valikules/ hat leideꝛ
wegen ſeiner ungetraͤuen Gefaͤrten/ den aufferlegten Befehl nicht verrichten moͤgen/ wie
er wol gewuͤnſchet/ uñ ſich aͤuſſeꝛſt bemuͤhet hat/ hoffet demnach/ bey deꝛſelben in anſehung
ſeiner Unſchuld/ Gnade zuerhalten/ und wil doch auff wiedrigen Fall lieber in Unſchuld
ſterben/ als unter dem Nahmen eines ungetraͤuen Verraͤhters davon ſtreichen. Schoͤner
Herr/ antwortete ſie/ du weiſt dein Wort wol zu machen/ daß du keines Vorſprachs be-
darfſt/ aber danke dieſer meiner geliebten Hoffmeiſterin/ daß ich weitere Nachfrage unter-
laſſe/ und bloß umb ihret willen dein verſchone; ſo ſtehe nun auff/ nach dem ich heut mit
wichtigen Geſchaͤften beladen bin/ und nicht Zeit habe/ dich lange zu hoͤren. Valikules
bedankete ſich der erteileten Gnade/ bezeugete ſeine Unſchuld/ und erboht ſich zu fernerem
Gehorſam; wendete ſich hernach zu der Hoffmeiſterin/ kuͤſſete ihr die Haͤnde/ und bedan-
kete ſich ſehr wegen getahner kraͤftiger Vorbitte/ welches er nimmermehr aus ſeinem Ge-
daͤchtnis kommen laſſen wolte. Er ſtellete ſich/ als wolte er davon gehen/ aber das Fraͤu-
lein hieß ihn etwas warten/ und befahl der Hoffmeiſter in/ daß die Kraͤmerinnen herein ge-
ſuͤhret wuͤrden. Dieſem ward alsbald folge geleiſtet/ da nach wuͤnſchung eines gutẽ Mor-
gens die eine anfing ihre Waaren hoch zu loben/ und ſagete: Schoͤne Jungfer wollet ihr
mir den Kram abkauffen? ey lieber kaͤuffet/ ich wil mich wol handeln laſſen; mein Zehr-
geld habe ich auff der weiten Reiſe alles vertahn/ daher muß ich etwas wieder loͤſen/ dz ich
aus der Herberge kommen kan; der leidige Krieg ſperret den Handel gar/ daß wir armen
Kraͤmer gar daruͤber an den Bettelſtab gerahten/ und noch wol gar aus der Welt lauffen

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[871/0909] Vierdes Buch. Nachgehends weckete ſie ihre Leibdienerin/ daß ſie ins gemeine Frauenzimmer Ge- mach/ ihrem gebrauche nach/ ginge/ und ſie raum haͤtte ihr Gebeht und Andacht zu ver- richten; blieb darauff eine Stunde in ihrem herzlichen Gebeht/ und legte keine Kleider/ ohn den Schlaff Rok an/ damit ſie mit dem Kramer Kleide deſto ſchleuniger fertig werden koͤnte; und als ſie ihr Herz voͤllig geſchikt hatte/ das aͤuſſerſte zu wagen/ auch/ da es mißlin- gen ſolte/ den Tod mit froͤlichem Herzen auszuſtehen/ rieff ſie der Hoffmeiſterin/ und fra- gete/ ob Valikules ſich einſtellen wuͤrde. O ja gnaͤdigſtes Fraͤulein antwortete ſie/ nach dem ich ſchon geſtern Abend ihm nebeſt den beyden Kraͤmerinnen einen freien Zutrit bey dem Koͤnige erhalten/ wartet er in deren Geſelſchaft hauſſen ſchon eine Stundelang auff/ ob euer Gn. gelieben moͤchte/ ihn vorzufodern. Das Fraͤulein empfand nicht eine geringe Furcht im Herzen/ fragete/ ob das Frauenzimmer die Kauffhandelung gerne angenom- men haͤtten/ und als ſie vernam/ daß ihnen ſelbſt darnach verlangete/ hieß ſie Valikules ne- beſt den Kraͤmerinnen herzu fuͤhren. Dieſer hatte Zeit ſeines Lebens nie einen ſo furchtſa- men Gang verrichtet; zwar ſeine Augen ſahen das Schloß/ ſein Herz aber Gott im Him- mel an/ daß er ihm moͤchte gnaͤdig und behülflich ſeyn/ auffdaß er ſein aller liebſtes Gemahl nicht in den Tod ſtürzete/ an ſtat er vorhabens waͤhre ſie zuerloͤſen. Er haͤtte aber keine ver- ſchlagenere Buben als dieſe beyden zu ſeinem Vorhaben waͤhlen koͤnnen/ welche noch ein kleines einfaͤltiges Maͤgdlein auß der Herberge mit ſich genommen hatten. Als ſie inge- ſamt auff den Voͤrder Saal kahmen/ zeigete die Hoffmeiſterin dem Fraͤulein ihre Gegen- wart an; welche zur Antwort gab/ ſie wolte Valikules vor hoͤren/ und hernach die Waa- ren beſichtigen. Derſelbe trat nun auff Befehl zitternd ins Gemach/ taht ihr einen Fuß- fal/ und ſagte: Durchl. Fraͤulein/ euer Durchl. unglükſeliger Knecht Valikules/ hat leideꝛ wegen ſeiner ungetraͤuen Gefaͤrten/ den aufferlegten Befehl nicht verrichten moͤgen/ wie er wol gewuͤnſchet/ uñ ſich aͤuſſeꝛſt bemuͤhet hat/ hoffet demnach/ bey deꝛſelben in anſehung ſeiner Unſchuld/ Gnade zuerhalten/ und wil doch auff wiedrigen Fall lieber in Unſchuld ſterben/ als unter dem Nahmen eines ungetraͤuen Verraͤhters davon ſtreichen. Schoͤner Herr/ antwortete ſie/ du weiſt dein Wort wol zu machen/ daß du keines Vorſprachs be- darfſt/ aber danke dieſer meiner geliebten Hoffmeiſterin/ daß ich weitere Nachfrage unter- laſſe/ und bloß umb ihret willen dein verſchone; ſo ſtehe nun auff/ nach dem ich heut mit wichtigen Geſchaͤften beladen bin/ und nicht Zeit habe/ dich lange zu hoͤren. Valikules bedankete ſich der erteileten Gnade/ bezeugete ſeine Unſchuld/ und erboht ſich zu fernerem Gehorſam; wendete ſich hernach zu der Hoffmeiſterin/ kuͤſſete ihr die Haͤnde/ und bedan- kete ſich ſehr wegen getahner kraͤftiger Vorbitte/ welches er nimmermehr aus ſeinem Ge- daͤchtnis kommen laſſen wolte. Er ſtellete ſich/ als wolte er davon gehen/ aber das Fraͤu- lein hieß ihn etwas warten/ und befahl der Hoffmeiſter in/ daß die Kraͤmerinnen herein ge- ſuͤhret wuͤrden. Dieſem ward alsbald folge geleiſtet/ da nach wuͤnſchung eines gutẽ Mor- gens die eine anfing ihre Waaren hoch zu loben/ und ſagete: Schoͤne Jungfer wollet ihr mir den Kram abkauffen? ey lieber kaͤuffet/ ich wil mich wol handeln laſſen; mein Zehr- geld habe ich auff der weiten Reiſe alles vertahn/ daher muß ich etwas wieder loͤſen/ dz ich aus der Herberge kommen kan; der leidige Krieg ſperret den Handel gar/ daß wir armen Kraͤmer gar daruͤber an den Bettelſtab gerahten/ und noch wol gar aus der Welt lauffen muͤſſen.

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 871. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/909>, abgerufen am 22.12.2024.