Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierdes Buch.
melden/ was gestalt ich auff meiner Reise nach Prag/ in Mesopotamien von Phraortes Leuten berau-
bet/ alle Sachen und Brieffe verlohren habe. Gott mit uns zu allem Glücke/ woran wir nicht zwei-
feln wollen/ dann Gott ist mituns.

Als er diesen Brieff zusammen gelegt/ und in den hohlen Pfeil verschlossen hatte/
sagte er zu Timokles; schiesset dem Fräulein diesen Pfeil zu/ und tuht ihr meine Ankunft
durch das ehemahlige Zeichen zuwissen. Dieser wahr geschwinde fertig/ ging hin und fand
das Fräulein am Fenster stehen/ da sie ihr Gebeht zu Gott richtete/ und ihn von Herzen an-
rieff/ daß er sich über sie gnädig erbarmen/ und ihren Gemahl zu rechter Zeit hersenden wol-
te damit sie nicht durch Gewaltähtigkeit/ ihrer Ehren beraubet/ und dem Gottlosen Köni-
ge in Ehebruch zuteile würde. Dieses Gebeht hatte sie kaum geendet/ da sahe sie Timokler
das weisse Tuch umb den Kopff schwingen/ und den Bogen im Arme halten/ welcher bald
spannete/ den Pfeil hinauff schoß/ und alsbald wieder davon ging. Ach du allergnädigster
Gott/ sagete sie/ nun ist es helffens zeit! fiel nider auff ihr Angesicht/ und behtete mit häuf-
figen Trähnen das Vater Unser und etliche Beht Psalmen Davids/ richtete sich hernach
in fester Hoffnung zu Gott wieder auff/ und hohlete den Pfeil/ der ungezweifelten Zuver-
sicht/ er würde der lezte seyn. Nach Verlesung des Anschlages/ welcher ihr wol gefiel/ fo-
derte sie ihre Hofmeisterin vor sich/ und nach freundlicher Empfahung sagte sie zu ihr:
Allerliebste Freundin/ ich müste wol undankbar gescholten werden/ wann die mir von euch
erzeigete vielfältige Freundschafft ich nicht erkennen würde/ durch welche ihr nicht allein
mich in meinen Trübseligkeiten getröstet/ sondern auch nach äusserstem Vermögen euch
bey dem Könige bemühet/ ihn von dem zu frühzeitigen Beylager abzuhalten/ welches nun-
mehr in kurzer Zeit glüklich und mit meinem guten Willen vor sich gehen wird/ da ich euch
dann zu meiner obersten Kammer Frauen beftellen/ und eurem Sohn die bewuste freye
Herschafft bey dem Könige loßwirken wil. Nachdem ihr aber wisset/ daß ich auch gegen
mein anwesendes Frauenzimmer gute Neigung trage/ und willens bin/ ihnen samt und
sonders eine behägliche Gnade zuerzeigen/ möchte ich zuvor einer jeden Sinn und Willen
gerne prüfen; worzu ich dann drey unterschiedliche Mittel ausgesinnet habe; Das erste
ist Kauffmanschafft/ das andere der Trunk/ das dritte und lezte einer jeden selbst eigener
Wunsch. Morgen früh aber wil ich mit dem ersten den Anfang folgender gestalt machen;
Ihr sollet mir dieses Kleinot um baare Gelderverkäuffen/ die wil ich unter mein Frauen-
zimmer verteilen; Hernach werdet ihr euch bemühen/ etlichen fremden Krämerinnen mit
selzamen Wahren nachzufragen/ die sollet ihr morgen zeitig früh herauff führen/ daß mei-
ne Leute in eurer Gegenwart mit ihnen kauffichlagen/ da ihr dann einer jeden tuhn und
lassen/ genaues dingen/ und unterschiedliche Lust zu dieser oder jener Waare/ so viel mög-
lich ist/ fleissig anmerken/ und mir davon bericht tuhn müsset/ doch also/ daß ihr durchaus
keiner einredet/ sondern einer jeden freyen Willen zu handeln lasset; und ob euch dieses
mein beginnen gleich anjezt fremde und kindisch vorkommen möchte/ sollet ihr doch zu sei-
ner Zeit von mir gnug berichtet werden/ zu was Ende es von mir also angestellet sey. Gn.
Fräulein/ antwortete die Hofmeisterin/ Euer Gn. hohe Vernunfft weiß solche verborge-
ne Sachen zuerdenken/ die ich und meines gleichen nicht begreiffen mögen/ wiewol ohn
zweifel Eure Gn. aus dieser Handlung viel Eigenschafften der Gedanken und des Wil-

lens
R r r r r

Vierdes Buch.
melden/ was geſtalt ich auff meiner Reiſe nach Prag/ in Meſopotamien von Phraortes Leuten berau-
bet/ alle Sachen und Brieffe verlohren habe. Gott mit uns zu allem Gluͤcke/ woran wir nicht zwei-
feln wollen/ dann Gott iſt mituns.

Als er dieſen Brieff zuſammen gelegt/ und in den hohlen Pfeil verſchloſſen hatte/
ſagte er zu Timokles; ſchieſſet dem Fraͤulein dieſen Pfeil zu/ und tuht ihr meine Ankunft
durch das ehemahlige Zeichen zuwiſſen. Dieſer wahr geſchwinde fertig/ ging hin uñ fand
das Fraͤulein am Fenſter ſtehen/ da ſie ihr Gebeht zu Gott richtete/ und ihn von Herzen an-
rieff/ daß er ſich uͤber ſie gnaͤdig erbarmen/ uñ ihren Gemahl zu rechter Zeit herſenden wol-
te damit ſie nicht durch Gewaltaͤhtigkeit/ ihrer Ehren beraubet/ und dem Gottloſen Koͤni-
ge in Ehebruch zuteile wuͤrde. Dieſes Gebeht hatte ſie kaum geendet/ da ſahe ſie Timokler
das weiſſe Tuch umb den Kopff ſchwingen/ und den Bogen im Arme halten/ welcher bald
ſpannete/ den Pfeil hinauff ſchoß/ und alsbald wieder davon ging. Ach du allergnaͤdigſter
Gott/ ſagete ſie/ nun iſt es helffens zeit! fiel nider auff ihr Angeſicht/ und behtete mit haͤuf-
figen Traͤhnen das Vater Unſer und etliche Beht Pſalmen Davids/ richtete ſich hernach
in feſter Hoffnung zu Gott wieder auff/ und hohlete den Pfeil/ der ungezweifelten Zuver-
ſicht/ er wuͤrde der lezte ſeyn. Nach Verleſung des Anſchlages/ welcher ihr wol gefiel/ fo-
derte ſie ihre Hofmeiſterin vor ſich/ und nach freundlicher Empfahung ſagte ſie zu ihr:
Allerliebſte Freundin/ ich muͤſte wol undankbar geſcholten werden/ wann die mir von euch
erzeigete vielfaͤltige Freundſchafft ich nicht erkennen wuͤrde/ durch welche ihr nicht allein
mich in meinen Truͤbſeligkeiten getroͤſtet/ ſondern auch nach aͤuſſerſtem Vermoͤgen euch
bey dem Koͤnige bemuͤhet/ ihn von dem zu fruͤhzeitigen Beylager abzuhalten/ welches nun-
mehr in kurzer Zeit gluͤklich und mit meinem guten Willen vor ſich gehẽ wird/ da ich euch
dann zu meiner oberſten Kammer Frauen beftellen/ und eurem Sohn die bewuſte freye
Herſchafft bey dem Koͤnige loßwirken wil. Nachdem ihr aber wiſſet/ daß ich auch gegen
mein anweſendes Frauenzimmer gute Neigung trage/ und willens bin/ ihnen ſamt und
ſonders eine behaͤgliche Gnade zuerzeigen/ moͤchte ich zuvor einer jeden Sinn und Willẽ
gerne pruͤfen; worzu ich dann drey unterſchiedliche Mittel ausgeſinnet habe; Das erſte
iſt Kauffmanſchafft/ das andere der Trunk/ das dritte und lezte einer jeden ſelbſt eigener
Wunſch. Morgen früh aber wil ich mit dem erſten den Anfang folgender geſtalt machen;
Ihr ſollet mir dieſes Kleinot um baare Gelderverkaͤuffen/ die wil ich unter mein Frauen-
zimmer verteilen; Hernach werdet ihr euch bemuͤhen/ etlichen fremden Kraͤmerinnen mit
ſelzamen Wahren nachzufragen/ die ſollet ihr morgen zeitig fruͤh herauff fuͤhren/ daß mei-
ne Leute in eurer Gegenwart mit ihnen kauffichlagen/ da ihr dann einer jeden tuhn und
laſſen/ genaues dingen/ und unterſchiedliche Luſt zu dieſer oder jener Waare/ ſo viel moͤg-
lich iſt/ fleiſſig anmerken/ und mir davon bericht tuhn muͤſſet/ doch alſo/ daß ihr durchaus
keiner einredet/ ſondern einer jeden freyen Willen zu handeln laſſet; und ob euch dieſes
mein beginnen gleich anjezt fremde und kindiſch vorkommen moͤchte/ ſollet ihr doch zu ſei-
ner Zeit von mir gnug berichtet werden/ zu was Ende es von mir alſo angeſtellet ſey. Gn.
Fraͤulein/ antwortete die Hofmeiſterin/ Euer Gn. hohe Vernunfft weiß ſolche verborge-
ne Sachen zuerdenken/ die ich und meines gleichen nicht begreiffen moͤgen/ wiewol ohn
zweifel Eure Gn. aus dieſer Handlung viel Eigenſchafften der Gedanken und des Wil-

lens
R r r r r
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0903" n="865"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierdes Buch.</hi></fw><lb/>
melden/ was ge&#x017F;talt ich auff meiner Rei&#x017F;e nach Prag/ in Me&#x017F;opotamien von Phraortes Leuten berau-<lb/>
bet/ alle Sachen und Brieffe verlohren habe. Gott mit uns zu allem Glu&#x0364;cke/ woran wir nicht zwei-<lb/>
feln wollen/ dann Gott i&#x017F;t mituns.</p><lb/>
        <p>Als er die&#x017F;en Brieff zu&#x017F;ammen gelegt/ und in den hohlen Pfeil ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hatte/<lb/>
&#x017F;agte er zu Timokles; &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;et dem Fra&#x0364;ulein die&#x017F;en Pfeil zu/ und tuht ihr meine Ankunft<lb/>
durch das ehemahlige Zeichen zuwi&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;er wahr ge&#x017F;chwinde fertig/ ging hin un&#x0303; fand<lb/>
das Fra&#x0364;ulein am Fen&#x017F;ter &#x017F;tehen/ da &#x017F;ie ihr Gebeht zu Gott richtete/ und ihn von Herzen an-<lb/>
rieff/ daß er &#x017F;ich u&#x0364;ber &#x017F;ie gna&#x0364;dig erbarmen/ un&#x0303; ihren Gemahl zu rechter Zeit her&#x017F;enden wol-<lb/>
te damit &#x017F;ie nicht durch Gewalta&#x0364;htigkeit/ ihrer Ehren beraubet/ und dem Gottlo&#x017F;en Ko&#x0364;ni-<lb/>
ge in Ehebruch zuteile wu&#x0364;rde. Die&#x017F;es Gebeht hatte &#x017F;ie kaum geendet/ da &#x017F;ahe &#x017F;ie Timokler<lb/>
das wei&#x017F;&#x017F;e Tuch umb den Kopff &#x017F;chwingen/ und den Bogen im Arme halten/ welcher bald<lb/>
&#x017F;pannete/ den Pfeil hinauff &#x017F;choß/ und alsbald wieder davon ging. Ach du allergna&#x0364;dig&#x017F;ter<lb/>
Gott/ &#x017F;agete &#x017F;ie/ nun i&#x017F;t es helffens zeit! fiel nider auff ihr Ange&#x017F;icht/ und behtete mit ha&#x0364;uf-<lb/>
figen Tra&#x0364;hnen das Vater Un&#x017F;er und etliche Beht P&#x017F;almen Davids/ richtete &#x017F;ich hernach<lb/>
in fe&#x017F;ter Hoffnung zu Gott wieder auff/ und hohlete den Pfeil/ der ungezweifelten Zuver-<lb/>
&#x017F;icht/ er wu&#x0364;rde der lezte &#x017F;eyn. Nach Verle&#x017F;ung des An&#x017F;chlages/ welcher ihr wol gefiel/ fo-<lb/>
derte &#x017F;ie ihre Hofmei&#x017F;terin vor &#x017F;ich/ und nach freundlicher Empfahung &#x017F;agte &#x017F;ie zu ihr:<lb/>
Allerlieb&#x017F;te Freundin/ ich mu&#x0364;&#x017F;te wol undankbar ge&#x017F;cholten werden/ wann die mir von euch<lb/>
erzeigete vielfa&#x0364;ltige Freund&#x017F;chafft ich nicht erkennen wu&#x0364;rde/ durch welche ihr nicht allein<lb/>
mich in meinen Tru&#x0364;b&#x017F;eligkeiten getro&#x0364;&#x017F;tet/ &#x017F;ondern auch nach a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;tem Vermo&#x0364;gen euch<lb/>
bey dem Ko&#x0364;nige bemu&#x0364;het/ ihn von dem zu fru&#x0364;hzeitigen Beylager abzuhalten/ welches nun-<lb/>
mehr in kurzer Zeit glu&#x0364;klich und mit meinem guten Willen vor &#x017F;ich gehe&#x0303; wird/ da ich euch<lb/>
dann zu meiner ober&#x017F;ten Kammer Frauen beftellen/ und eurem Sohn die bewu&#x017F;te freye<lb/>
Her&#x017F;chafft bey dem Ko&#x0364;nige loßwirken wil. Nachdem ihr aber wi&#x017F;&#x017F;et/ daß ich auch gegen<lb/>
mein anwe&#x017F;endes Frauenzimmer gute Neigung trage/ und willens bin/ ihnen &#x017F;amt und<lb/>
&#x017F;onders eine beha&#x0364;gliche Gnade zuerzeigen/ mo&#x0364;chte ich zuvor einer jeden Sinn und Wille&#x0303;<lb/>
gerne pru&#x0364;fen; worzu ich dann drey unter&#x017F;chiedliche Mittel ausge&#x017F;innet habe; Das er&#x017F;te<lb/>
i&#x017F;t Kauffman&#x017F;chafft/ das andere der Trunk/ das dritte und lezte einer jeden &#x017F;elb&#x017F;t eigener<lb/>
Wun&#x017F;ch. Morgen früh aber wil ich mit dem er&#x017F;ten den Anfang folgender ge&#x017F;talt machen;<lb/>
Ihr &#x017F;ollet mir die&#x017F;es Kleinot um baare Gelderverka&#x0364;uffen/ die wil ich unter mein Frauen-<lb/>
zimmer verteilen; Hernach werdet ihr euch bemu&#x0364;hen/ etlichen fremden Kra&#x0364;merinnen mit<lb/>
&#x017F;elzamen Wahren nachzufragen/ die &#x017F;ollet ihr morgen zeitig fru&#x0364;h herauff fu&#x0364;hren/ daß mei-<lb/>
ne Leute in eurer Gegenwart mit ihnen kauffichlagen/ da ihr dann einer jeden tuhn und<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ genaues dingen/ und unter&#x017F;chiedliche Lu&#x017F;t zu die&#x017F;er oder jener Waare/ &#x017F;o viel mo&#x0364;g-<lb/>
lich i&#x017F;t/ flei&#x017F;&#x017F;ig anmerken/ und mir davon bericht tuhn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ doch al&#x017F;o/ daß ihr durchaus<lb/>
keiner einredet/ &#x017F;ondern einer jeden freyen Willen zu handeln la&#x017F;&#x017F;et; und ob euch die&#x017F;es<lb/>
mein beginnen gleich anjezt fremde und kindi&#x017F;ch vorkommen mo&#x0364;chte/ &#x017F;ollet ihr doch zu &#x017F;ei-<lb/>
ner Zeit von mir gnug berichtet werden/ zu was Ende es von mir al&#x017F;o ange&#x017F;tellet &#x017F;ey. Gn.<lb/>
Fra&#x0364;ulein/ antwortete die Hofmei&#x017F;terin/ Euer Gn. hohe Vernunfft weiß &#x017F;olche verborge-<lb/>
ne Sachen zuerdenken/ die ich und meines gleichen nicht begreiffen mo&#x0364;gen/ wiewol ohn<lb/>
zweifel Eure Gn. aus die&#x017F;er Handlung viel Eigen&#x017F;chafften der Gedanken und des Wil-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r r r r</fw><fw place="bottom" type="catch">lens</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[865/0903] Vierdes Buch. melden/ was geſtalt ich auff meiner Reiſe nach Prag/ in Meſopotamien von Phraortes Leuten berau- bet/ alle Sachen und Brieffe verlohren habe. Gott mit uns zu allem Gluͤcke/ woran wir nicht zwei- feln wollen/ dann Gott iſt mituns. Als er dieſen Brieff zuſammen gelegt/ und in den hohlen Pfeil verſchloſſen hatte/ ſagte er zu Timokles; ſchieſſet dem Fraͤulein dieſen Pfeil zu/ und tuht ihr meine Ankunft durch das ehemahlige Zeichen zuwiſſen. Dieſer wahr geſchwinde fertig/ ging hin uñ fand das Fraͤulein am Fenſter ſtehen/ da ſie ihr Gebeht zu Gott richtete/ und ihn von Herzen an- rieff/ daß er ſich uͤber ſie gnaͤdig erbarmen/ uñ ihren Gemahl zu rechter Zeit herſenden wol- te damit ſie nicht durch Gewaltaͤhtigkeit/ ihrer Ehren beraubet/ und dem Gottloſen Koͤni- ge in Ehebruch zuteile wuͤrde. Dieſes Gebeht hatte ſie kaum geendet/ da ſahe ſie Timokler das weiſſe Tuch umb den Kopff ſchwingen/ und den Bogen im Arme halten/ welcher bald ſpannete/ den Pfeil hinauff ſchoß/ und alsbald wieder davon ging. Ach du allergnaͤdigſter Gott/ ſagete ſie/ nun iſt es helffens zeit! fiel nider auff ihr Angeſicht/ und behtete mit haͤuf- figen Traͤhnen das Vater Unſer und etliche Beht Pſalmen Davids/ richtete ſich hernach in feſter Hoffnung zu Gott wieder auff/ und hohlete den Pfeil/ der ungezweifelten Zuver- ſicht/ er wuͤrde der lezte ſeyn. Nach Verleſung des Anſchlages/ welcher ihr wol gefiel/ fo- derte ſie ihre Hofmeiſterin vor ſich/ und nach freundlicher Empfahung ſagte ſie zu ihr: Allerliebſte Freundin/ ich muͤſte wol undankbar geſcholten werden/ wann die mir von euch erzeigete vielfaͤltige Freundſchafft ich nicht erkennen wuͤrde/ durch welche ihr nicht allein mich in meinen Truͤbſeligkeiten getroͤſtet/ ſondern auch nach aͤuſſerſtem Vermoͤgen euch bey dem Koͤnige bemuͤhet/ ihn von dem zu fruͤhzeitigen Beylager abzuhalten/ welches nun- mehr in kurzer Zeit gluͤklich und mit meinem guten Willen vor ſich gehẽ wird/ da ich euch dann zu meiner oberſten Kammer Frauen beftellen/ und eurem Sohn die bewuſte freye Herſchafft bey dem Koͤnige loßwirken wil. Nachdem ihr aber wiſſet/ daß ich auch gegen mein anweſendes Frauenzimmer gute Neigung trage/ und willens bin/ ihnen ſamt und ſonders eine behaͤgliche Gnade zuerzeigen/ moͤchte ich zuvor einer jeden Sinn und Willẽ gerne pruͤfen; worzu ich dann drey unterſchiedliche Mittel ausgeſinnet habe; Das erſte iſt Kauffmanſchafft/ das andere der Trunk/ das dritte und lezte einer jeden ſelbſt eigener Wunſch. Morgen früh aber wil ich mit dem erſten den Anfang folgender geſtalt machen; Ihr ſollet mir dieſes Kleinot um baare Gelderverkaͤuffen/ die wil ich unter mein Frauen- zimmer verteilen; Hernach werdet ihr euch bemuͤhen/ etlichen fremden Kraͤmerinnen mit ſelzamen Wahren nachzufragen/ die ſollet ihr morgen zeitig fruͤh herauff fuͤhren/ daß mei- ne Leute in eurer Gegenwart mit ihnen kauffichlagen/ da ihr dann einer jeden tuhn und laſſen/ genaues dingen/ und unterſchiedliche Luſt zu dieſer oder jener Waare/ ſo viel moͤg- lich iſt/ fleiſſig anmerken/ und mir davon bericht tuhn muͤſſet/ doch alſo/ daß ihr durchaus keiner einredet/ ſondern einer jeden freyen Willen zu handeln laſſet; und ob euch dieſes mein beginnen gleich anjezt fremde und kindiſch vorkommen moͤchte/ ſollet ihr doch zu ſei- ner Zeit von mir gnug berichtet werden/ zu was Ende es von mir alſo angeſtellet ſey. Gn. Fraͤulein/ antwortete die Hofmeiſterin/ Euer Gn. hohe Vernunfft weiß ſolche verborge- ne Sachen zuerdenken/ die ich und meines gleichen nicht begreiffen moͤgen/ wiewol ohn zweifel Eure Gn. aus dieſer Handlung viel Eigenſchafften der Gedanken und des Wil- lens R r r r r

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/903
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 865. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/903>, abgerufen am 22.12.2024.