Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Vierdes Buch. heissungen bündig machen müssen; Wil demnach Eurer Hocheit höchstgewünschtes Angesicht nichtsehen/ es geschehe dann in Gegenwart der teuresten Fräulein Valiska/ wo sonst Gott uns noch eine kur- ze Zeit das Leben fristen wird/ und verbleibe ich/ weil ich lebe/ meiner gnädigsten Frau Mutter gehor- samst-untergebenster Sohn Herkules/ jetzo Valikules genennet. Die Freuden-Trähnen fielen unter dem lesen der Königin aus den Augen/ küssete den hets
Vierdes Buch. heiſſungen buͤndig machen muͤſſen; Wil demnach Eurer Hocheit hoͤchſtgewuͤnſchtes Angeſicht nichtſehen/ es geſchehe dann in Gegenwart der teureſten Fraͤulein Valiſka/ wo ſonſt Gott uns noch eine kur- ze Zeit das Leben friſten wird/ und verbleibe ich/ weil ich lebe/ meiner gnaͤdigſten Frau Mutter gehor- ſamſt-untergebenſter Sohn Herkules/ jetzo Valikules genennet. Die Freuden-Traͤhnen fielen unter dem leſen der Koͤnigin aus den Augen/ kuͤſſete den hets
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Vierdes Buch.
heiſſungen buͤndig machen muͤſſen; Wil demnach Eurer Hocheit hoͤchſtgewuͤnſchtes Angeſicht nicht
ſehen/ es geſchehe dann in Gegenwart der teureſten Fraͤulein Valiſka/ wo ſonſt Gott uns noch eine kur-
ze Zeit das Leben friſten wird/ und verbleibe ich/ weil ich lebe/ meiner gnaͤdigſten Frau Mutter gehor-
ſamſt-untergebenſter Sohn Herkules/ jetzo Valikules genennet.
Die Freuden-Traͤhnen fielen unter dem leſen der Koͤnigin aus den Augen/ kuͤſſete den
Brief/ und ſagte: O mein allerliebſter Sohn Herkules/ iſt mein hoͤchſter Wunſch ohn mein
Wiſſenſchon erfüllet/ ſo wil ich nunmehr gerne ſterben/ und doch erſt Liebe zu leben bekom-
men/ damit ich deine Frucht ſehen moͤge. Endlich laſe ſie auch Ladiſla Brief/ welcher nichts
als Vergnuͤgung uͤber ſeines Herkules kuͤnftige Heyraht zuſchreiben wuſte. In dem ſie nu
mit Verleſung deſſelben bemuͤhet war/ hoͤreten ſie auf dem Schloſſe/ daß auf allẽ Gaſſen deꝛ
Stad Alarm geblaſen uñ geruffen/ auch jeder zum Gewehr auffgemahnet ward/ deſſen ſie
nit wenig erſchrakẽ/ uñ bald Zeitung bekamen/ es haͤttẽ ſich etliche 1000 geharniſchte Reu-
ter im Felde blicken laſſen/ dz man nit wiſſen koͤnte/ obs Feind oder Freund waͤre. Die Koͤ-
nigin war in ſolchen faͤllen ſehr geherzt/ ließ alsbald 10 Reuter ausreitẽ/ uñ Kundſchaft ein-
holẽ/ welche alle gefangen genom̄en/ uñ nit wieder geſehen wurdẽ/ daher man urſach nam/
ſie vor Feinde zu halten/ uñ begaben ſich alle Mañſchafft der Stad ins Gewehr/ beſetzeten
Wall uñ Mauren aufs beſte/ uñ trugẽ Pfeile/ Steine uñ allerhand Ruͤſtung auf die Mau-
ren/ damit man den Feind abzuweiſen bedacht wahr. Hingegen zogen die unbekantẽ Reu-
ter den geradeſten Weg auff die Stad zu/ nicht anders/ als ſtuͤnden ihnẽ Tohr und Tuͤhrẽ
offen/ ungeachtet man ihnen zurieff ſtille zu halten/ biß man endlich loßdrückete und die
Pfeile ihnen in zimlicher Menge entgegen ſchickete/ daß ihrer etliche beſchaͤdiget/ und hin-
ter ſich zuweichen gezwungen wurden; worauff einer aus dem Hauffen hervor ritte/ und
mit einem lachen fragete: Ob ſie Freunde und Bundgenoſſen mit ſeindlichem Geſchoß
abzutreiben befuget waͤhren; Groß Fuͤrſt Henrich aus Teutſchland waͤhre mit ſeinem Ge-
mahl und Fraͤulein Tochter gegenwaͤrtig/ und begehrete bey ſeiner Fr. Schweſter der Koͤ-
nigin angemeldet zu werden. Aber der Obriſte der Beſatzung gab ihm zur Antwort/ der
Groß Fuͤrſt aus Teutſchland waͤhre keine Blume die man von ferne riechen koͤnte/ ſo haͤt-
te man die außgeſchikten Reuter aufgehalten/ und dadurch Argwohn genug zu andern ge-
danken gegeben; dafern man aber den Großmaͤchtigſten Groß Fuͤrſten ſehen wuͤrde/ ſolte
deſſen Hocheit alles offen ſtehen. Dem Groß Fuͤrſten gefiel ſolche Antwort wol/ ritte naͤ-
her hinzu/ und ließ ſein Angeſicht ſehen/ welches alsbald von unterſchiedlichen erkennet
ward; worauff im Augenblik ein Freudengeſchrey auff der Maur/ und bald hernach in
der ganzen Stad ſich erhub; Der Groß Fuͤrſt aus Teutſchland lebe! Die Koͤnigin wuſte/ daß
er ihr gedraͤuet hatte/ bald unvorſehens ihr einen blinden Lermen zu machen/ umb zu ver-
nehmen/ wie vor Unfall zu ſchuͤtzen ſie ſich gefaſſet und bereit hielte/ zweifelte demnach an
ſeiner gegenwart nicht/ und ſendete ihm den alten Pribiſla entgegen/ welchen der Fürſt
von ferne erkennete/ und ihm nach ſeiner angebohrnen Freundligkeit entgegen ritte/ ſpre-
chend: Lieber Alter/ eure Geſundheit iſt mir angenehm/ doch haͤtte ich gemeinet/ man muͤ-
ſte euch nicht mehr unter den Lebendigen/ geſchweige unter jungen Hofeleuten ſuchen.
Pribiſla neigete ſich tieff auff dem Pferde/ und wahr willens abzuſteigen/ welches ihm a-
ber der Groß Fuͤrſt nicht goͤnnen wolte/ ſondern ſagete: Sitzet mein lieber Alter; wie ge-
hets
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