Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierdes Buch.
se lag/ von ihrem Bette auff/ nam den Rok in aller stille mit sich in die Stube/ und weil sie
ihr Liecht daselbst hatte brennen lassen/ fand sie beyde Schreiben/ da sie nach Verlesung des
vor erwähneten heftig erschrak/ und sich entschloß/ das andere auch zuerbrechen/ und dessen
Inhalt zusehen/ welches also lautete:

O Sonne dieser irdischen Welt! O du reinester Glanz aller Vollkommenheiten! Was vor Un-
glük verschleusset ein so unsägliches Gut in dem Gefängniß der neidischen Mißgunst? Welcher Fre-
vel entzeuhet der ganzen Welt die so hoch begehreten Strahlen der Erquickung? Unvergleichliches
Fräulein/ Schmuk dieses Erdbodems; Verzeihet/ bitte ich/ eurem demühtigst-ergebenstem Knechte/
der Euer Durchl. sich mit Leib und Seel zueigen liefert/ nebest vollkommenster Gewalt über sein Le-
ben und Tod/ und seine alleruntertähnigste Dienste darleget/ eure Vortrefligkeit aus den verschlossenen
Mauren loßzumachen/ damit er nicht zugleich mit ihr sterben und untergehen möge. Verflucht sey
das Alter/ welches der Jugend nachhänget/ und darzu weder geschikt noch düchtig ist. Aber O du un-
wirdiger Gotarzes/ laß ab solches zuhoffen/ was über dein Vermögen schwebet/ und erkenne deine Ge-
ringfügigkeit/ welche nicht zulässet/ daß du deine ädle Gedanken derselben öffentlich darlegest/ welche
den Himmel selbst und aller Sternen Klarheit trotzet. Doch du hast die Kühnheit ergriffen/ deine
Beichte zutuhn/ des wegen bekenne dieser allervollkommensten Schönheit/ daß du ohn Bedingung ihr
Ergebener seyst/ und dich selig schätzen wirst/ wann deren allerhellesten Aeugelein dein Schreiben an-
zusehen wirdigen/ und auch nur den äussersten Strahl ihrer Gunst und Gnade auff dich abschiessen
wollen; Kanstu aber ein solches wegen deiner Unwirdigkeit nicht erlangen/ ey so stirb doch in diesen ho-
hen Gedanken/ weil du lieber tod seyn/ als ohn dieser voll-schönen Gunst leben wilt/ gegen welche/
alle übrige/ auch deines leiblichen Herrn Vaters Gnade/ viel geringer/ als der Kieselstein gegen den
Demant zuschätzen ist. So erwarte nun der Antwort in beständiger Hoffnung/ versichere deine Be-
herscherin/ daß du bereit seyst/ und Mittel habest/ den alten unbendigen Liebhaber zustürzen/ und dich
an seine Stelle zusetzen; Schließlich/ daß du im Tode und Leben verbleibest der Allervollkommensten
Königlichen Fräulein Herkulisken ganz ergebener Knecht und Leibeigener Gotarzes.

Nach Verlesung dessen ward sie in ihrem Gemüht ganz verwirret/ machte den Brief
fein wieder zu/ legte alles anseinen Ort/ und blieb voller Gedanken/ wie sie dieses Unglük
von sich ablehnen könte. Des folgenden Morgens nam sie gelegenheit von ihrer Leibdiene-
rin etwas heraus zulocken/ und fragete sie/ wie viel Söhne König Artabanus noch am Le-
ben hätte/ und warumb sie am Königlichen Hofe sich nicht auffhielten. Worauff diese zur
Antwort gab: Sie kennete seine Söhne nicht alle/ nur eines hätte sie zimliche Kundschaft/
welcher ohn Zweifel allen andern an Höfligkeit und ädlem Gemüht weit vorginge/ daher
ihn der König sehr liebete/ und bey sich am Hofe gerne duldete/ würde/ wie man davor hiel-
te/ das Reich nach des Vaters Tod erben/ und in der Herschafft nachfolgen. Es ist mir
sehr lieb/ antwortete Herkuliska/ daß mein König einen so wolgerahtenen Sohn hat/ dem
ich auff Begebenheit billich alle zugelassene Freundschafft erzeige/ damit nach meines Kö-
niges Ableben ich bey ihm in guten Gnaden seyn/ und nicht gar verstossen werden möge.
Statipna wolte hierauff loßbrechen/ und ihr den Brief einhändigen/ aber die Hofmeisterin
verstörete ihr diesen Handel/ in dem sie ins Gemach trat/ und ihr anzeigete/ daß sie zu dem
Könige gefodert würde. Meine Leibdienerin zu dem Könige? fragete Herkuliska/ dessen bin
ich ja ungewohnet/ und muß solches ohn zweifel etwas wichtiges auff sich haben; ließ sie
doch willig hingehen/ ungeachtet sie den Anschlag richtig erriet/ daß Gotarzes solches un-
ter des Königes Nahmen spielen würde/ welcher dann ihrer in eines Bürgers Hause war-
tete/ schenkete ihr ein gutes Kleinot/ und fragete sie/ ob sie sich seiner Wolfahrt nicht hätte

lassen
L l l l l ij

Vierdes Buch.
ſe lag/ von ihrem Bette auff/ nam den Rok in aller ſtille mit ſich in die Stube/ und weil ſie
ihr Liecht daſelbſt hatte brennen laſſen/ fand ſie beyde Schreiben/ da ſie nach Verleſung des
vor erwaͤhneten heftig erſchrak/ und ſich entſchloß/ das andere auch zuerbrechen/ und deſſen
Inhalt zuſehen/ welches alſo lautete:

O Sonne dieſer irdiſchen Welt! O du reineſter Glanz aller Vollkommenheiten! Was vor Un-
gluͤk verſchleuſſet ein ſo unſaͤgliches Gut in dem Gefaͤngniß der neidiſchen Mißgunſt? Welcher Fre-
vel entzeuhet der ganzen Welt die ſo hoch begehreten Strahlen der Erquickung? Unvergleichliches
Fraͤulein/ Schmuk dieſes Erdbodems; Verzeihet/ bitte ich/ eurem demuͤhtigſt-ergebenſtem Knechte/
der Euer Durchl. ſich mit Leib und Seel zueigen liefert/ nebeſt vollkommenſter Gewalt uͤber ſein Le-
ben und Tod/ und ſeine alleruntertaͤhnigſte Dienſte darleget/ eure Vortrefligkeit aus den verſchloſſenẽ
Mauren loßzumachen/ damit er nicht zugleich mit ihr ſterben und untergehen moͤge. Verflucht ſey
das Alter/ welches der Jugend nachhaͤnget/ und darzu weder geſchikt noch duͤchtig iſt. Aber O du un-
wirdiger Gotarzes/ laß ab ſolches zuhoffen/ was uͤber dein Vermoͤgen ſchwebet/ und erkenne deine Ge-
ringfuͤgigkeit/ welche nicht zulaͤſſet/ daß du deine aͤdle Gedanken derſelben oͤffentlich darlegeſt/ welche
den Himmel ſelbſt und aller Sternen Klarheit trotzet. Doch du haſt die Kuͤhnheit ergriffen/ deine
Beichte zutuhn/ des wegen bekenne dieſer allervollkommenſten Schoͤnheit/ daß du ohn Bedingung ihr
Ergebener ſeyſt/ und dich ſelig ſchaͤtzen wirſt/ wann deren allerhelleſten Aeugelein dein Schreiben an-
zuſehen wirdigen/ und auch nur den aͤuſſerſten Strahl ihrer Gunſt und Gnade auff dich abſchieſſen
wollen; Kanſtu aber ein ſolches wegen deiner Unwirdigkeit nicht erlangen/ ey ſo ſtirb doch in dieſen ho-
hen Gedanken/ weil du lieber tod ſeyn/ als ohn dieſer voll-ſchoͤnen Gunſt leben wilt/ gegen welche/
alle uͤbrige/ auch deines leiblichen Herrn Vaters Gnade/ viel geringer/ als der Kieſelſtein gegen den
Demant zuſchaͤtzen iſt. So erwarte nun der Antwort in beſtaͤndiger Hoffnung/ verſichere deine Be-
herſcherin/ daß du bereit ſeyſt/ und Mittel habeſt/ den alten unbendigen Liebhaber zuſtuͤrzen/ und dich
an ſeine Stelle zuſetzen; Schließlich/ daß du im Tode und Leben verbleibeſt der Allervollkommenſten
Koͤniglichen Fraͤulein Herkuliſken ganz ergebener Knecht und Leibeigener Gotarzes.

Nach Verleſung deſſen ward ſie in ihrem Gemuͤht ganz verwirret/ machte den Brief
fein wieder zu/ legte alles anſeinen Ort/ und blieb voller Gedanken/ wie ſie dieſes Ungluͤk
von ſich ablehnen koͤnte. Des folgenden Morgens nam ſie gelegenheit von ihrer Leibdiene-
rin etwas heraus zulocken/ und fragete ſie/ wie viel Soͤhne Koͤnig Artabanus noch am Le-
ben haͤtte/ und warumb ſie am Koͤniglichen Hofe ſich nicht auffhielten. Worauff dieſe zur
Antwort gab: Sie kennete ſeine Soͤhne nicht alle/ nur eines haͤtte ſie zimliche Kundſchaft/
welcher ohn Zweifel allen andern an Hoͤfligkeit und aͤdlem Gemüht weit vorginge/ daher
ihn der Koͤnig ſehr liebete/ und bey ſich am Hofe gerne duldete/ wuͤrde/ wie man davor hiel-
te/ das Reich nach des Vaters Tod erben/ und in der Herſchafft nachfolgen. Es iſt mir
ſehr lieb/ antwortete Herkuliſka/ daß mein Koͤnig einen ſo wolgerahtenen Sohn hat/ dem
ich auff Begebenheit billich alle zugelaſſene Freundſchafft erzeige/ damit nach meines Koͤ-
niges Ableben ich bey ihm in guten Gnaden ſeyn/ und nicht gar verſtoſſen werden moͤge.
Statipna wolte hierauff loßbrechen/ und ihr den Brief einhaͤndigen/ aber die Hofmeiſterin
verſtoͤrete ihr dieſen Handel/ in dem ſie ins Gemach trat/ und ihr anzeigete/ daß ſie zu dem
Koͤnige gefodert wuͤrde. Meine Leibdienerin zu dem Koͤnige? fragete Herkuliſka/ deſſen bin
ich ja ungewohnet/ und muß ſolches ohn zweifel etwas wichtiges auff ſich haben; ließ ſie
doch willig hingehen/ ungeachtet ſie den Anſchlag richtig erriet/ daß Gotarzes ſolches un-
ter des Koͤniges Nahmen ſpielen wuͤrde/ welcher dann ihrer in eines Buͤrgers Hauſe waꝛ-
tete/ ſchenkete ihr ein gutes Kleinot/ und fragete ſie/ ob ſie ſich ſeiner Wolfahrt nicht haͤtte

laſſen
L l l l l ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0857" n="819"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierdes Buch.</hi></fw><lb/>
&#x017F;e lag/ von ihrem Bette auff/ nam den Rok in aller &#x017F;tille mit &#x017F;ich in die Stube/ und weil &#x017F;ie<lb/>
ihr Liecht da&#x017F;elb&#x017F;t hatte brennen la&#x017F;&#x017F;en/ fand &#x017F;ie beyde Schreiben/ da &#x017F;ie nach Verle&#x017F;ung des<lb/>
vor erwa&#x0364;hneten heftig er&#x017F;chrak/ und &#x017F;ich ent&#x017F;chloß/ das andere auch zuerbrechen/ und de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Inhalt zu&#x017F;ehen/ welches al&#x017F;o lautete:</p><lb/>
        <p>O Sonne die&#x017F;er irdi&#x017F;chen Welt! O du reine&#x017F;ter Glanz aller Vollkommenheiten! Was vor Un-<lb/>
glu&#x0364;k ver&#x017F;chleu&#x017F;&#x017F;et ein &#x017F;o un&#x017F;a&#x0364;gliches Gut in dem Gefa&#x0364;ngniß der neidi&#x017F;chen Mißgun&#x017F;t? Welcher Fre-<lb/>
vel entzeuhet der ganzen Welt die &#x017F;o hoch begehreten Strahlen der Erquickung? Unvergleichliches<lb/>
Fra&#x0364;ulein/ Schmuk die&#x017F;es Erdbodems; Verzeihet/ bitte ich/ eurem demu&#x0364;htig&#x017F;t-ergeben&#x017F;tem Knechte/<lb/>
der Euer Durchl. &#x017F;ich mit Leib und Seel zueigen liefert/ nebe&#x017F;t vollkommen&#x017F;ter Gewalt u&#x0364;ber &#x017F;ein Le-<lb/>
ben und Tod/ und &#x017F;eine allerunterta&#x0364;hnig&#x017F;te Dien&#x017F;te darleget/ eure Vortrefligkeit aus den ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene&#x0303;<lb/>
Mauren loßzumachen/ damit er nicht zugleich mit ihr &#x017F;terben und untergehen mo&#x0364;ge. Verflucht &#x017F;ey<lb/>
das Alter/ welches der Jugend nachha&#x0364;nget/ und darzu weder ge&#x017F;chikt noch du&#x0364;chtig i&#x017F;t. Aber O du un-<lb/>
wirdiger Gotarzes/ laß ab &#x017F;olches zuhoffen/ was u&#x0364;ber dein Vermo&#x0364;gen &#x017F;chwebet/ und erkenne deine Ge-<lb/>
ringfu&#x0364;gigkeit/ welche nicht zula&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ daß du deine a&#x0364;dle Gedanken der&#x017F;elben o&#x0364;ffentlich darlege&#x017F;t/ welche<lb/>
den Himmel &#x017F;elb&#x017F;t und aller Sternen Klarheit trotzet. Doch du ha&#x017F;t die Ku&#x0364;hnheit ergriffen/ deine<lb/>
Beichte zutuhn/ des wegen bekenne die&#x017F;er allervollkommen&#x017F;ten Scho&#x0364;nheit/ daß du ohn Bedingung ihr<lb/>
Ergebener &#x017F;ey&#x017F;t/ und dich &#x017F;elig &#x017F;cha&#x0364;tzen wir&#x017F;t/ wann deren allerhelle&#x017F;ten Aeugelein dein Schreiben an-<lb/>
zu&#x017F;ehen wirdigen/ und auch nur den a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Strahl ihrer Gun&#x017F;t und Gnade auff dich ab&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wollen; Kan&#x017F;tu aber ein &#x017F;olches wegen deiner Unwirdigkeit nicht erlangen/ ey &#x017F;o &#x017F;tirb doch in die&#x017F;en ho-<lb/>
hen Gedanken/ weil du lieber tod &#x017F;eyn/ als ohn die&#x017F;er voll-&#x017F;cho&#x0364;nen Gun&#x017F;t leben wilt/ gegen welche/<lb/>
alle u&#x0364;brige/ auch deines leiblichen Herrn Vaters Gnade/ viel geringer/ als der Kie&#x017F;el&#x017F;tein gegen den<lb/>
Demant zu&#x017F;cha&#x0364;tzen i&#x017F;t. So erwarte nun der Antwort in be&#x017F;ta&#x0364;ndiger Hoffnung/ ver&#x017F;ichere deine Be-<lb/>
her&#x017F;cherin/ daß du bereit &#x017F;ey&#x017F;t/ und Mittel habe&#x017F;t/ den alten unbendigen Liebhaber zu&#x017F;tu&#x0364;rzen/ und dich<lb/>
an &#x017F;eine Stelle zu&#x017F;etzen; Schließlich/ daß du im Tode und Leben verbleibe&#x017F;t der Allervollkommen&#x017F;ten<lb/>
Ko&#x0364;niglichen Fra&#x0364;ulein Herkuli&#x017F;ken ganz ergebener Knecht und Leibeigener Gotarzes.</p><lb/>
        <p>Nach Verle&#x017F;ung de&#x017F;&#x017F;en ward &#x017F;ie in ihrem Gemu&#x0364;ht ganz verwirret/ machte den Brief<lb/>
fein wieder zu/ legte alles an&#x017F;einen Ort/ und blieb voller Gedanken/ wie &#x017F;ie die&#x017F;es Unglu&#x0364;k<lb/>
von &#x017F;ich ablehnen ko&#x0364;nte. Des folgenden Morgens nam &#x017F;ie gelegenheit von ihrer Leibdiene-<lb/>
rin etwas heraus zulocken/ und fragete &#x017F;ie/ wie viel So&#x0364;hne Ko&#x0364;nig Artabanus noch am Le-<lb/>
ben ha&#x0364;tte/ und warumb &#x017F;ie am Ko&#x0364;niglichen Hofe &#x017F;ich nicht auffhielten. Worauff die&#x017F;e zur<lb/>
Antwort gab: Sie kennete &#x017F;eine So&#x0364;hne nicht alle/ nur eines ha&#x0364;tte &#x017F;ie zimliche Kund&#x017F;chaft/<lb/>
welcher ohn Zweifel allen andern an Ho&#x0364;fligkeit und a&#x0364;dlem Gemüht weit vorginge/ daher<lb/>
ihn der Ko&#x0364;nig &#x017F;ehr liebete/ und bey &#x017F;ich am Hofe gerne duldete/ wu&#x0364;rde/ wie man davor hiel-<lb/>
te/ das Reich nach des Vaters Tod erben/ und in der Her&#x017F;chafft nachfolgen. Es i&#x017F;t mir<lb/>
&#x017F;ehr lieb/ antwortete Herkuli&#x017F;ka/ daß mein Ko&#x0364;nig einen &#x017F;o wolgerahtenen Sohn hat/ dem<lb/>
ich auff Begebenheit billich alle zugela&#x017F;&#x017F;ene Freund&#x017F;chafft erzeige/ damit nach meines Ko&#x0364;-<lb/>
niges Ableben ich bey ihm in guten Gnaden &#x017F;eyn/ und nicht gar ver&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en werden mo&#x0364;ge.<lb/>
Statipna wolte hierauff loßbrechen/ und ihr den Brief einha&#x0364;ndigen/ aber die Hofmei&#x017F;terin<lb/>
ver&#x017F;to&#x0364;rete ihr die&#x017F;en Handel/ in dem &#x017F;ie ins Gemach trat/ und ihr anzeigete/ daß &#x017F;ie zu dem<lb/>
Ko&#x0364;nige gefodert wu&#x0364;rde. Meine Leibdienerin zu dem Ko&#x0364;nige? fragete Herkuli&#x017F;ka/ de&#x017F;&#x017F;en bin<lb/>
ich ja ungewohnet/ und muß &#x017F;olches ohn zweifel etwas wichtiges auff &#x017F;ich haben; ließ &#x017F;ie<lb/>
doch willig hingehen/ ungeachtet &#x017F;ie den An&#x017F;chlag richtig erriet/ daß Gotarzes &#x017F;olches un-<lb/>
ter des Ko&#x0364;niges Nahmen &#x017F;pielen wu&#x0364;rde/ welcher dann ihrer in eines Bu&#x0364;rgers Hau&#x017F;e wa&#xA75B;-<lb/>
tete/ &#x017F;chenkete ihr ein gutes Kleinot/ und fragete &#x017F;ie/ ob &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;einer Wolfahrt nicht ha&#x0364;tte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l l l l ij</fw><fw place="bottom" type="catch">la&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[819/0857] Vierdes Buch. ſe lag/ von ihrem Bette auff/ nam den Rok in aller ſtille mit ſich in die Stube/ und weil ſie ihr Liecht daſelbſt hatte brennen laſſen/ fand ſie beyde Schreiben/ da ſie nach Verleſung des vor erwaͤhneten heftig erſchrak/ und ſich entſchloß/ das andere auch zuerbrechen/ und deſſen Inhalt zuſehen/ welches alſo lautete: O Sonne dieſer irdiſchen Welt! O du reineſter Glanz aller Vollkommenheiten! Was vor Un- gluͤk verſchleuſſet ein ſo unſaͤgliches Gut in dem Gefaͤngniß der neidiſchen Mißgunſt? Welcher Fre- vel entzeuhet der ganzen Welt die ſo hoch begehreten Strahlen der Erquickung? Unvergleichliches Fraͤulein/ Schmuk dieſes Erdbodems; Verzeihet/ bitte ich/ eurem demuͤhtigſt-ergebenſtem Knechte/ der Euer Durchl. ſich mit Leib und Seel zueigen liefert/ nebeſt vollkommenſter Gewalt uͤber ſein Le- ben und Tod/ und ſeine alleruntertaͤhnigſte Dienſte darleget/ eure Vortrefligkeit aus den verſchloſſenẽ Mauren loßzumachen/ damit er nicht zugleich mit ihr ſterben und untergehen moͤge. Verflucht ſey das Alter/ welches der Jugend nachhaͤnget/ und darzu weder geſchikt noch duͤchtig iſt. Aber O du un- wirdiger Gotarzes/ laß ab ſolches zuhoffen/ was uͤber dein Vermoͤgen ſchwebet/ und erkenne deine Ge- ringfuͤgigkeit/ welche nicht zulaͤſſet/ daß du deine aͤdle Gedanken derſelben oͤffentlich darlegeſt/ welche den Himmel ſelbſt und aller Sternen Klarheit trotzet. Doch du haſt die Kuͤhnheit ergriffen/ deine Beichte zutuhn/ des wegen bekenne dieſer allervollkommenſten Schoͤnheit/ daß du ohn Bedingung ihr Ergebener ſeyſt/ und dich ſelig ſchaͤtzen wirſt/ wann deren allerhelleſten Aeugelein dein Schreiben an- zuſehen wirdigen/ und auch nur den aͤuſſerſten Strahl ihrer Gunſt und Gnade auff dich abſchieſſen wollen; Kanſtu aber ein ſolches wegen deiner Unwirdigkeit nicht erlangen/ ey ſo ſtirb doch in dieſen ho- hen Gedanken/ weil du lieber tod ſeyn/ als ohn dieſer voll-ſchoͤnen Gunſt leben wilt/ gegen welche/ alle uͤbrige/ auch deines leiblichen Herrn Vaters Gnade/ viel geringer/ als der Kieſelſtein gegen den Demant zuſchaͤtzen iſt. So erwarte nun der Antwort in beſtaͤndiger Hoffnung/ verſichere deine Be- herſcherin/ daß du bereit ſeyſt/ und Mittel habeſt/ den alten unbendigen Liebhaber zuſtuͤrzen/ und dich an ſeine Stelle zuſetzen; Schließlich/ daß du im Tode und Leben verbleibeſt der Allervollkommenſten Koͤniglichen Fraͤulein Herkuliſken ganz ergebener Knecht und Leibeigener Gotarzes. Nach Verleſung deſſen ward ſie in ihrem Gemuͤht ganz verwirret/ machte den Brief fein wieder zu/ legte alles anſeinen Ort/ und blieb voller Gedanken/ wie ſie dieſes Ungluͤk von ſich ablehnen koͤnte. Des folgenden Morgens nam ſie gelegenheit von ihrer Leibdiene- rin etwas heraus zulocken/ und fragete ſie/ wie viel Soͤhne Koͤnig Artabanus noch am Le- ben haͤtte/ und warumb ſie am Koͤniglichen Hofe ſich nicht auffhielten. Worauff dieſe zur Antwort gab: Sie kennete ſeine Soͤhne nicht alle/ nur eines haͤtte ſie zimliche Kundſchaft/ welcher ohn Zweifel allen andern an Hoͤfligkeit und aͤdlem Gemüht weit vorginge/ daher ihn der Koͤnig ſehr liebete/ und bey ſich am Hofe gerne duldete/ wuͤrde/ wie man davor hiel- te/ das Reich nach des Vaters Tod erben/ und in der Herſchafft nachfolgen. Es iſt mir ſehr lieb/ antwortete Herkuliſka/ daß mein Koͤnig einen ſo wolgerahtenen Sohn hat/ dem ich auff Begebenheit billich alle zugelaſſene Freundſchafft erzeige/ damit nach meines Koͤ- niges Ableben ich bey ihm in guten Gnaden ſeyn/ und nicht gar verſtoſſen werden moͤge. Statipna wolte hierauff loßbrechen/ und ihr den Brief einhaͤndigen/ aber die Hofmeiſterin verſtoͤrete ihr dieſen Handel/ in dem ſie ins Gemach trat/ und ihr anzeigete/ daß ſie zu dem Koͤnige gefodert wuͤrde. Meine Leibdienerin zu dem Koͤnige? fragete Herkuliſka/ deſſen bin ich ja ungewohnet/ und muß ſolches ohn zweifel etwas wichtiges auff ſich haben; ließ ſie doch willig hingehen/ ungeachtet ſie den Anſchlag richtig erriet/ daß Gotarzes ſolches un- ter des Koͤniges Nahmen ſpielen wuͤrde/ welcher dann ihrer in eines Buͤrgers Hauſe waꝛ- tete/ ſchenkete ihr ein gutes Kleinot/ und fragete ſie/ ob ſie ſich ſeiner Wolfahrt nicht haͤtte laſſen L l l l l ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/857
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 819. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/857>, abgerufen am 22.12.2024.