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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
tigster Fürst/ Gnädigster Herr; hier sihet eure Durchl. dieses unbarmherzige Tihr/ den
abgesagten Feind aller ritterlichen Tugenden/ welcher alle ädlen bloß darumb vernichtet/
daß sie nicht so viel auff geizigen Vortel/ als auff Ehre sehen/ daher er dann schliessen darf/
der Adel müsse zu grunde außgetilget werden/ wo sonst ein redlicher Kauffmann sein Ge-
werbe mit Nuz treiben sol. Der Fürst gab Orsillos Freyheit/ seine Verantwortung zutuhn;
welcher darauff anfing sich zubeklagen/ was gestalt dieser sein ehemahliger Leibeigener ihn
einen freien Susianer in seinen eigenen vier Pfälen überfallen/ geprügelt/ mit Ruhten
zerhauen/ gefesselt/ und als ein unvernünfftiges Vieh neben sich hergeschleppet; zweiffelte
nicht/ seine Fürstl. Durchl. würde solchen unerhöreten Frevel ungerochen nit lassen hin-
gehen/ nachdem er sich von Jugend auff als ein geträuer Untertahn erzeiget/ und seinen
Schoß/ Dienste/ und andere Unpflichte allemahl gebührlich abgetragen hätte. Fürst Go-
bares erinnerte ihn/ er müste vor solcher Klage zuvor auff die Beschuldigung antworten/
als dann solte er zur Gnüge gehöret werden: Weil er sich aber schuldig wuste/ und von sei-
nen eigenen Leuten leicht hätte können überzeuget werden/ baht er umb Gnade/ zur Ent-
schuldigung anführend/ er möchte etwa aus Eifer ein Wort zu milde geredet haben/ wo-
vor er seinem Gn. Fürsten mit einem Stük Geldes Abtrag machen wolte/ und sich hernähst
aller solcher Ungebühr gerne enthalten. Oho hastu keine bessere entschuldigung/ sagte der
Fürst/ bistu aller Gnade unfähig: Sprach ihm darauff diese Urtel; Kleon/ nachdem du
diesem Buben so schwere Dienstbarkeit hast leisten müssen/ ungeachtet du ihm so grosse
Schenkungen getahn/ sol er dir davor zum Leibeigenen geliefert seyn/ deines gefallens mit
ihm zu schalten. Kleon nam den Außspruch mit untertähnigem Danke an/ ließ seinem Leib-
eigenen eine starke Kette anlegen/ und setzete ihm eben so viel Tagewerk/ in seines Herrn
Mahrstal und anderen unflätigen Orten zuverrichten/ als er ihm hatte leisten müssen; weil
er aber schon zimlich bey Jahren wahr/ und seiner Glieder nicht so mächtig als Kleon/
kunte er die gesetzete Arbeit nicht außführen/ daher ihm allemahl vor Abends der Ochsen-
stecken mitgeteilet ward/ daß er ihm endlich vornam/ mit Kleon zuhandeln/ ob er sich vor
ein gewisses Geld loßkäuffen könte; aber er ward wegen des zumuhtens mit gleich solchen
Worten und Schlägen empfangen/ als Kleon ehmahl/ da er um verkauffung seiner/ anhielt/
daß er nur stets des Todes begehrete. Diese Tage lebete Fr. Statira mit Fürst Gobares
nach ihrer alten Gewohnheit/ wie wol mehr aus Zwang als gutem Willen/ dann sie hing
so gar an ihrem Kleon/ daß sie keines anderen neben ihn achtete; weil sie es aber nicht en-
dern kunte/ hielt sie ihr Wesen sehr geheim/ daß Kleon dessen nicht innen werden möchte;
welcher aber so einfältig nicht wahr/ daß er diesen Braten nicht zeitig gerochen hätte. Was
solte er aber machen? er währe gerne davon gewesen; solte er nun außreissen/ und man wür-
de ihn in der Flucht wieder ertappen/ müste er ohn Gnade eines abscheuhlichen todes ster-
ben; so wahr er in einem fremden unbekanten Lande/ wuste weder Wege noch Stege/ hat-
te auch keinen andern Menschen/ der ihm davon Unterricht geben mögen/ und welches
das ärgeste wahr/ gab Statira so genaue acht auff ihn/ daß ihm unmöglich wahr/ sich füg-
lich und bewapnet von ihr loßzuwirken/ dann sie hatte ihr Gesinde/ welches auff alles sein
Tuhn und lassen fleissig merken muste; ward also gezwungen/ sich in sein Unglük zuschicken/
biß ihm etwa Gelegenheit vorfallen würde/ ohn sondere Gefahr davon zu streichen/ und so

lange

Drittes Buch.
tigſter Fuͤrſt/ Gnaͤdigſter Herr; hier ſihet eure Durchl. dieſes unbarmherzige Tihr/ den
abgeſagten Feind aller ritterlichen Tugenden/ welcher alle aͤdlen bloß darumb vernichtet/
daß ſie nicht ſo viel auff geizigen Vortel/ als auff Ehre ſehen/ daher er dann ſchlieſſen darf/
der Adel muͤſſe zu grunde außgetilget werden/ wo ſonſt ein redlicher Kauffmann ſein Ge-
werbe mit Nuz treibẽ ſol. Der Fuͤrſt gab Orſillos Freyheit/ ſeine Verantwortung zutuhn;
welcher darauff anfing ſich zubeklagen/ was geſtalt dieſer ſein ehemahliger Leibeigener ihn
einen freien Suſianer in ſeinen eigenen vier Pfaͤlen uͤberfallen/ gepruͤgelt/ mit Ruhten
zerhauen/ gefeſſelt/ und als ein unvernuͤnfftiges Vieh neben ſich hergeſchleppet; zweiffelte
nicht/ ſeine Fuͤrſtl. Durchl. wuͤrde ſolchen unerhoͤreten Frevel ungerochen nit laſſen hin-
gehen/ nachdem er ſich von Jugend auff als ein getraͤuer Untertahn erzeiget/ und ſeinen
Schoß/ Dienſte/ und andere Unpflichte allemahl gebuͤhrlich abgetragen haͤtte. Fuͤrſt Go-
bares erinnerte ihn/ er muͤſte vor ſolcher Klage zuvor auff die Beſchuldigung antworten/
als dann ſolte er zur Gnuͤge gehoͤret werden: Weil er ſich aber ſchuldig wuſte/ und von ſei-
nen eigenen Leuten leicht haͤtte koͤnnen uͤberzeuget werden/ baht er umb Gnade/ zur Ent-
ſchuldigung anfuͤhrend/ er moͤchte etwa aus Eifer ein Wort zu milde geredet haben/ wo-
vor er ſeinem Gn. Fuͤrſten mit einem Stuͤk Geldes Abtrag machen wolte/ uñ ſich hernaͤhſt
aller ſolcher Ungebuͤhr gerne enthalten. Oho haſtu keine beſſere entſchuldigung/ ſagte der
Fuͤrſt/ biſtu aller Gnade unfaͤhig: Sprach ihm darauff dieſe Urtel; Kleon/ nachdem du
dieſem Buben ſo ſchwere Dienſtbarkeit haſt leiſten muͤſſen/ ungeachtet du ihm ſo groſſe
Schenkungen getahn/ ſol er dir davor zum Leibeigenen geliefert ſeyn/ deines gefallens mit
ihm zu ſchalten. Kleon nam den Außſpruch mit untertaͤhnigem Danke an/ ließ ſeinem Leib-
eigenen eine ſtarke Kette anlegen/ und ſetzete ihm eben ſo viel Tagewerk/ in ſeines Herrn
Mahrſtal und anderen unflaͤtigen Orten zuverrichten/ als er ihm hatte leiſten muͤſſen; weil
er aber ſchon zimlich bey Jahren wahr/ und ſeiner Glieder nicht ſo maͤchtig als Kleon/
kunte er die geſetzete Arbeit nicht außfuͤhren/ daher ihm allemahl vor Abends der Ochſen-
ſtecken mitgeteilet ward/ daß er ihm endlich vornam/ mit Kleon zuhandeln/ ob er ſich vor
ein gewiſſes Geld loßkaͤuffen koͤnte; aber er ward wegen des zumuhtens mit gleich ſolchen
Worten uñ Schlaͤgen empfangen/ als Kleon ehmahl/ da eꝛ um verkauffung ſeiner/ anhielt/
daß er nur ſtets des Todes begehrete. Dieſe Tage lebete Fr. Statira mit Fuͤrſt Gobares
nach ihrer alten Gewohnheit/ wie wol mehr aus Zwang als gutem Willen/ dann ſie hing
ſo gar an ihrem Kleon/ daß ſie keines anderen neben ihn achtete; weil ſie es aber nicht en-
dern kunte/ hielt ſie ihr Weſen ſehr geheim/ daß Kleon deſſen nicht innen werden moͤchte;
welcher aber ſo einfaͤltig nicht wahr/ daß er dieſen Braten nicht zeitig gerochen haͤtte. Was
ſolte er aber machen? er waͤhre gerne davon geweſen; ſolte er nun außreiſſen/ uñ man wuͤr-
de ihn in der Flucht wieder ertappen/ muͤſte er ohn Gnade eines abſcheuhlichen todes ſter-
ben; ſo wahr er in einem fremden unbekanten Lande/ wuſte weder Wege noch Stege/ hat-
te auch keinen andern Menſchen/ der ihm davon Unterricht geben moͤgen/ und welches
das aͤrgeſte wahr/ gab Statira ſo genaue acht auff ihn/ daß ihm unmoͤglich wahr/ ſich fuͤg-
lich und bewapnet von ihr loßzuwirken/ dann ſie hatte ihr Geſinde/ welches auff alles ſein
Tuhn und laſſen fleiſſig merken muſte; ward alſo gezwungen/ ſich in ſein Ungluͤk zuſchicken/
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[664/0702] Drittes Buch. tigſter Fuͤrſt/ Gnaͤdigſter Herr; hier ſihet eure Durchl. dieſes unbarmherzige Tihr/ den abgeſagten Feind aller ritterlichen Tugenden/ welcher alle aͤdlen bloß darumb vernichtet/ daß ſie nicht ſo viel auff geizigen Vortel/ als auff Ehre ſehen/ daher er dann ſchlieſſen darf/ der Adel muͤſſe zu grunde außgetilget werden/ wo ſonſt ein redlicher Kauffmann ſein Ge- werbe mit Nuz treibẽ ſol. Der Fuͤrſt gab Orſillos Freyheit/ ſeine Verantwortung zutuhn; welcher darauff anfing ſich zubeklagen/ was geſtalt dieſer ſein ehemahliger Leibeigener ihn einen freien Suſianer in ſeinen eigenen vier Pfaͤlen uͤberfallen/ gepruͤgelt/ mit Ruhten zerhauen/ gefeſſelt/ und als ein unvernuͤnfftiges Vieh neben ſich hergeſchleppet; zweiffelte nicht/ ſeine Fuͤrſtl. Durchl. wuͤrde ſolchen unerhoͤreten Frevel ungerochen nit laſſen hin- gehen/ nachdem er ſich von Jugend auff als ein getraͤuer Untertahn erzeiget/ und ſeinen Schoß/ Dienſte/ und andere Unpflichte allemahl gebuͤhrlich abgetragen haͤtte. Fuͤrſt Go- bares erinnerte ihn/ er muͤſte vor ſolcher Klage zuvor auff die Beſchuldigung antworten/ als dann ſolte er zur Gnuͤge gehoͤret werden: Weil er ſich aber ſchuldig wuſte/ und von ſei- nen eigenen Leuten leicht haͤtte koͤnnen uͤberzeuget werden/ baht er umb Gnade/ zur Ent- ſchuldigung anfuͤhrend/ er moͤchte etwa aus Eifer ein Wort zu milde geredet haben/ wo- vor er ſeinem Gn. Fuͤrſten mit einem Stuͤk Geldes Abtrag machen wolte/ uñ ſich hernaͤhſt aller ſolcher Ungebuͤhr gerne enthalten. Oho haſtu keine beſſere entſchuldigung/ ſagte der Fuͤrſt/ biſtu aller Gnade unfaͤhig: Sprach ihm darauff dieſe Urtel; Kleon/ nachdem du dieſem Buben ſo ſchwere Dienſtbarkeit haſt leiſten muͤſſen/ ungeachtet du ihm ſo groſſe Schenkungen getahn/ ſol er dir davor zum Leibeigenen geliefert ſeyn/ deines gefallens mit ihm zu ſchalten. Kleon nam den Außſpruch mit untertaͤhnigem Danke an/ ließ ſeinem Leib- eigenen eine ſtarke Kette anlegen/ und ſetzete ihm eben ſo viel Tagewerk/ in ſeines Herrn Mahrſtal und anderen unflaͤtigen Orten zuverrichten/ als er ihm hatte leiſten muͤſſen; weil er aber ſchon zimlich bey Jahren wahr/ und ſeiner Glieder nicht ſo maͤchtig als Kleon/ kunte er die geſetzete Arbeit nicht außfuͤhren/ daher ihm allemahl vor Abends der Ochſen- ſtecken mitgeteilet ward/ daß er ihm endlich vornam/ mit Kleon zuhandeln/ ob er ſich vor ein gewiſſes Geld loßkaͤuffen koͤnte; aber er ward wegen des zumuhtens mit gleich ſolchen Worten uñ Schlaͤgen empfangen/ als Kleon ehmahl/ da eꝛ um verkauffung ſeiner/ anhielt/ daß er nur ſtets des Todes begehrete. Dieſe Tage lebete Fr. Statira mit Fuͤrſt Gobares nach ihrer alten Gewohnheit/ wie wol mehr aus Zwang als gutem Willen/ dann ſie hing ſo gar an ihrem Kleon/ daß ſie keines anderen neben ihn achtete; weil ſie es aber nicht en- dern kunte/ hielt ſie ihr Weſen ſehr geheim/ daß Kleon deſſen nicht innen werden moͤchte; welcher aber ſo einfaͤltig nicht wahr/ daß er dieſen Braten nicht zeitig gerochen haͤtte. Was ſolte er aber machen? er waͤhre gerne davon geweſen; ſolte er nun außreiſſen/ uñ man wuͤr- de ihn in der Flucht wieder ertappen/ muͤſte er ohn Gnade eines abſcheuhlichen todes ſter- ben; ſo wahr er in einem fremden unbekanten Lande/ wuſte weder Wege noch Stege/ hat- te auch keinen andern Menſchen/ der ihm davon Unterricht geben moͤgen/ und welches das aͤrgeſte wahr/ gab Statira ſo genaue acht auff ihn/ daß ihm unmoͤglich wahr/ ſich fuͤg- lich und bewapnet von ihr loßzuwirken/ dann ſie hatte ihr Geſinde/ welches auff alles ſein Tuhn und laſſen fleiſſig merken muſte; ward alſo gezwungen/ ſich in ſein Ungluͤk zuſchicken/ biß ihm etwa Gelegenheit vorfallen wuͤrde/ ohn ſondere Gefahr davon zu ſtreichen/ und ſo lange

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/702>, abgerufen am 22.12.2024.