Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch.
dem Frauenzimmer gnug muste rühmen lassen. Sie wahren kaum eine halbe Meile wei-
ter fortgezogen/ da fahen die Beyreuter in der Nähe einen ungeheuren Löuen auff ein er-
schrockenes Weibesbilde ansetzen/ worüber sie ein lautes Geschrey ergehen liessen/ dessen
Herkules sich in etwas entsetzete/ von der Gutsche sprang/ und mit entblössetem Schwert
gleich als im Sprunge dem Löuen entgegen lieff; Als nun das Tihr auff das elende Weib
anfallen wolte/ stellete er sich zwischen ein/ und mit einem Hiebe schlug er ihm beyde Tatzen
ab/ daß er zur Erden stürzete und grausam brüllete; er aber reichete ihm noch einen Stoß
in die Seite/ und richtete ihn damit hin. Das armselige Weib hatte sich ihres Lebens schon
getröstet siel vor ihm nieder/ und bedankete sich demühtig/ daneben wünschend/ der gütige
HErr JEsus möchte ihm solche Woltaht hier zeitlich und dort ewiglich belohnen/ weil
in ihrem Vermögen es nicht stünde. Herkules den allersüssesten nahmen JEsus in dieser
Fremde hörend/ ward voller freuden/ hielt es vor ein sonderliches gnaden Zeichen/ richtete
das Weib auff/ und als er vernam/ daß sie eine Witwe wahr/ schenkete er ihr eine ganze
Hand vol Kronen/ gleich da Mazeus herzu kam/ und zu ihm sagete: Euer Gn. haben uns
des Schreckens bald benommen/ als die ohn zweiffel dergleichen Tihre mehr wird erleget
haben. Er aber antwortete/ ihm währe auff der ganzen Reise kein Löue auffgestossen/ hätte
auch nie keinen im freien Felde lauffen sehen/ meinete doch/ daß ihnen leicht zubegegnen
und beyzukommen währe/ wann man nur gute Auffsicht auff sein Vornehmen hätte;
setzete sich wieder auff die Gutsche/ und weil ihm Anleitung gegeben ward/ fing er eine Re-
de an von des Menschen Vortrefligkeit über andere Tihre. Wir haben/ sagte er/ dem
grundgütigen Gott hoch zu danken/ daß er uns Menschen eine vernünftige Seele einge-
gossen/ und diesem Teile nach/ uns unsterblich gemacht hat; dann durch anführung dieser
verständlichen Kraft können wir nicht allein die wunderbahren mannigfältigen Geschöpfe
erkennen/ sondern auch diesem selbst nachfragen/ der solches alles in ihrem Wesen darstel-
let/ und die Oberverwaltung über Himmel und Erden führet. O wie eine süsse Belüsti-
gung unserer Seelen ist es/ wann man Gottes wahre erkäntnis hat/ und nach dessen Wil-
len zu leben weiß! Gleich wie aber die mächtigsten Tihre den allergrösten Schaden tuhn/
wann sie ihre Krafft in eine Wuht verwandeln; also wirken auch wir Menschen das al-
lergröbeste übel/ wann der Seelen Vermögen aus den Schranken der Gottesfurcht und
Erbarkeit loßbrechen/ und den Lüsten des Fleisches nachhängen; welcher Frevel dann lei-
der in der Welt so gemein und durchgehend ist/ daß die Erbarkeit kaum neben ihm demüh-
tig herzukriechen/ Raum findet. O wie mannichmahl sehen wir die Frecheit der Gottes-
furcht überlästig seyn? Ja was ist täglichers/ als daß Tugend den Lastern die Füsse küssen
muß? Dieses alles rühret aus Fleisches Bosheit her/ welche der Seelen die Augen blen-
det/ daß sie den gebührlichen Zweg nicht absehen kan/ nach welchem sie zuzielen befuget ist;
und wann sie es gleich sihet/ ist doch der Boge zu schwach/ die Sehne zu schlapff/ der Pfeil
zu fladdericht. Hingegen wo die Begierden der Billigkeit die Herrschafft gönnen/ ey da
leuchtet des Menschen unvergleichliche Hocheit hervor/ und lässet sich sehen/ auch mitten
im tunkeln/ in dem der Mensch alle Gültigkeit der Seele hinwendet zu dem/ daß ihm von
Gott und dem Recht eingebunden ist. Kein vernünfftiger widerstehet seiner eigenen Wol-
fahrt/ und ein unvorsichtiger nimt derselben nicht eins wahr/ dann er kämpffet wider seinen

eige-

Drittes Buch.
dem Frauenzimmer gnug muſte ruͤhmen laſſen. Sie wahren kaum eine halbe Meile wei-
ter fortgezogen/ da fahen die Beyreuter in der Naͤhe einen ungeheuren Loͤuen auff ein er-
ſchrockenes Weibesbilde anſetzen/ woruͤber ſie ein lautes Geſchrey ergehen lieſſen/ deſſen
Herkules ſich in etwas entſetzete/ von der Gutſche ſprang/ und mit entbloͤſſetem Schwert
gleich als im Sprunge dem Loͤuen entgegen lieff; Als nun das Tihr auff das elende Weib
anfallen wolte/ ſtellete er ſich zwiſchen ein/ und mit einem Hiebe ſchlug er ihm beyde Tatzen
ab/ daß er zur Erden ſtuͤrzete und grauſam bruͤllete; er aber reichete ihm noch einen Stoß
in die Seite/ uñ richtete ihn damit hin. Das armſelige Weib hatte ſich ihres Lebens ſchon
getroͤſtet ſiel vor ihm nieder/ und bedankete ſich demuͤhtig/ daneben wuͤnſchend/ der guͤtige
HErr JEſus moͤchte ihm ſolche Woltaht hier zeitlich und dort ewiglich belohnen/ weil
in ihrem Vermoͤgen es nicht ſtuͤnde. Herkules den allerſuͤſſeſten nahmen JEſus in dieſer
Fremde hoͤrend/ ward voller freuden/ hielt es vor ein ſonderliches gnaden Zeichen/ richtete
das Weib auff/ und als er vernam/ daß ſie eine Witwe wahr/ ſchenkete er ihr eine ganze
Hand vol Kronen/ gleich da Mazeus herzu kam/ und zu ihm ſagete: Euer Gn. haben uns
des Schreckens bald benommen/ als die ohn zweiffel dergleichen Tihre mehr wird erleget
haben. Er aber antwortete/ ihm waͤhre auff der ganzen Reiſe kein Loͤue auffgeſtoſſen/ haͤtte
auch nie keinen im freien Felde lauffen ſehen/ meinete doch/ daß ihnen leicht zubegegnen
und beyzukommen waͤhre/ wann man nur gute Auffſicht auff ſein Vornehmen haͤtte;
ſetzete ſich wieder auff die Gutſche/ und weil ihm Anleitung gegeben ward/ fing er eine Re-
de an von des Menſchen Vortrefligkeit uͤber andere Tihre. Wir haben/ ſagte er/ dem
grundguͤtigen Gott hoch zu danken/ daß er uns Menſchen eine vernuͤnftige Seele einge-
goſſen/ und dieſem Teile nach/ uns unſterblich gemacht hat; dann durch anfuͤhrung dieſer
verſtaͤndlichen Kraft koͤnnen wir nicht allein die wunderbahren mañigfaͤltigen Geſchoͤpfe
erkennen/ ſondern auch dieſem ſelbſt nachfragen/ der ſolches alles in ihrem Weſen darſtel-
let/ und die Oberverwaltung uͤber Himmel und Erden fuͤhret. O wie eine ſuͤſſe Beluͤſti-
gung unſerer Seelen iſt es/ wann man Gottes wahre erkaͤntnis hat/ und nach deſſen Wil-
len zu leben weiß! Gleich wie aber die maͤchtigſten Tihre den allergroͤſten Schaden tuhn/
wann ſie ihre Krafft in eine Wuht verwandeln; alſo wirken auch wir Menſchen das al-
lergroͤbeſte uͤbel/ wann der Seelen Vermoͤgen aus den Schranken der Gottesfurcht und
Erbarkeit loßbrechen/ und den Luͤſten des Fleiſches nachhaͤngen; welcher Frevel dann lei-
der in der Welt ſo gemein und durchgehend iſt/ daß die Erbarkeit kaum neben ihm demuͤh-
tig herzukriechen/ Raum findet. O wie mannichmahl ſehen wir die Frecheit der Gottes-
furcht uͤberlaͤſtig ſeyn? Ja was iſt taͤglichers/ als daß Tugend den Laſtern die Fuͤſſe kuͤſſen
muß? Dieſes alles ruͤhret aus Fleiſches Bosheit her/ welche der Seelen die Augen blen-
det/ daß ſie den gebuͤhrlichen Zweg nicht abſehen kan/ nach welchem ſie zuzielen befuget iſt;
und wann ſie es gleich ſihet/ iſt doch der Boge zu ſchwach/ die Sehne zu ſchlapff/ der Pfeil
zu fladdericht. Hingegen wo die Begierden der Billigkeit die Herrſchafft goͤnnen/ ey da
leuchtet des Menſchen unvergleichliche Hocheit hervor/ und laͤſſet ſich ſehen/ auch mitten
im tunkeln/ in dem der Menſch alle Guͤltigkeit der Seele hinwendet zu dem/ daß ihm von
Gott und dem Recht eingebunden iſt. Kein vernuͤnfftiger widerſtehet ſeiner eigenen Wol-
fahrt/ und ein unvorſichtiger nimt derſelben nicht eins wahr/ dann er kaͤmpffet wider ſeinẽ

eige-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0680" n="642"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi></fw><lb/>
dem Frauenzimmer gnug mu&#x017F;te ru&#x0364;hmen la&#x017F;&#x017F;en. Sie wahren kaum eine halbe Meile wei-<lb/>
ter fortgezogen/ da fahen die Beyreuter in der Na&#x0364;he einen ungeheuren Lo&#x0364;uen auff ein er-<lb/>
&#x017F;chrockenes Weibesbilde an&#x017F;etzen/ woru&#x0364;ber &#x017F;ie ein lautes Ge&#x017F;chrey ergehen lie&#x017F;&#x017F;en/ de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Herkules &#x017F;ich in etwas ent&#x017F;etzete/ von der Gut&#x017F;che &#x017F;prang/ und mit entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;etem Schwert<lb/>
gleich als im Sprunge dem Lo&#x0364;uen entgegen lieff; Als nun das Tihr auff das elende Weib<lb/>
anfallen wolte/ &#x017F;tellete er &#x017F;ich zwi&#x017F;chen ein/ und mit einem Hiebe &#x017F;chlug er ihm beyde Tatzen<lb/>
ab/ daß er zur Erden &#x017F;tu&#x0364;rzete und grau&#x017F;am bru&#x0364;llete; er aber reichete ihm noch einen Stoß<lb/>
in die Seite/ un&#x0303; richtete ihn damit hin. Das arm&#x017F;elige Weib hatte &#x017F;ich ihres Lebens &#x017F;chon<lb/>
getro&#x0364;&#x017F;tet &#x017F;iel vor ihm nieder/ und bedankete &#x017F;ich demu&#x0364;htig/ daneben wu&#x0364;n&#x017F;chend/ der gu&#x0364;tige<lb/>
HErr JE&#x017F;us mo&#x0364;chte ihm &#x017F;olche Woltaht hier zeitlich und dort ewiglich belohnen/ weil<lb/>
in ihrem Vermo&#x0364;gen es nicht &#x017F;tu&#x0364;nde. Herkules den aller&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten nahmen JE&#x017F;us in die&#x017F;er<lb/>
Fremde ho&#x0364;rend/ ward voller freuden/ hielt es vor ein &#x017F;onderliches gnaden Zeichen/ richtete<lb/>
das Weib auff/ und als er vernam/ daß &#x017F;ie eine Witwe wahr/ &#x017F;chenkete er ihr eine ganze<lb/>
Hand vol Kronen/ gleich da Mazeus herzu kam/ und zu ihm &#x017F;agete: Euer Gn. haben uns<lb/>
des Schreckens bald benommen/ als die ohn zweiffel dergleichen Tihre mehr wird erleget<lb/>
haben. Er aber antwortete/ ihm wa&#x0364;hre auff der ganzen Rei&#x017F;e kein Lo&#x0364;ue auffge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ ha&#x0364;tte<lb/>
auch nie keinen im freien Felde lauffen &#x017F;ehen/ meinete doch/ daß ihnen leicht zubegegnen<lb/>
und beyzukommen wa&#x0364;hre/ wann man nur gute Auff&#x017F;icht auff &#x017F;ein Vornehmen ha&#x0364;tte;<lb/>
&#x017F;etzete &#x017F;ich wieder auff die Gut&#x017F;che/ und weil ihm Anleitung gegeben ward/ fing er eine Re-<lb/>
de an von des Men&#x017F;chen Vortrefligkeit u&#x0364;ber andere Tihre. Wir haben/ &#x017F;agte er/ dem<lb/>
grundgu&#x0364;tigen Gott hoch zu danken/ daß er uns Men&#x017F;chen eine vernu&#x0364;nftige Seele einge-<lb/>
go&#x017F;&#x017F;en/ und die&#x017F;em Teile nach/ uns un&#x017F;terblich gemacht hat; dann durch anfu&#x0364;hrung die&#x017F;er<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;ndlichen Kraft ko&#x0364;nnen wir nicht allein die wunderbahren man&#x0303;igfa&#x0364;ltigen Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe<lb/>
erkennen/ &#x017F;ondern auch die&#x017F;em &#x017F;elb&#x017F;t nachfragen/ der &#x017F;olches alles in ihrem We&#x017F;en dar&#x017F;tel-<lb/>
let/ und die Oberverwaltung u&#x0364;ber Himmel und Erden fu&#x0364;hret. O wie eine &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Belu&#x0364;&#x017F;ti-<lb/>
gung un&#x017F;erer Seelen i&#x017F;t es/ wann man Gottes wahre erka&#x0364;ntnis hat/ und nach de&#x017F;&#x017F;en Wil-<lb/>
len zu leben weiß! Gleich wie aber die ma&#x0364;chtig&#x017F;ten Tihre den allergro&#x0364;&#x017F;ten Schaden tuhn/<lb/>
wann &#x017F;ie ihre Krafft in eine Wuht verwandeln; al&#x017F;o wirken auch wir Men&#x017F;chen das al-<lb/>
lergro&#x0364;be&#x017F;te u&#x0364;bel/ wann der Seelen Vermo&#x0364;gen aus den Schranken der Gottesfurcht und<lb/>
Erbarkeit loßbrechen/ und den Lu&#x0364;&#x017F;ten des Flei&#x017F;ches nachha&#x0364;ngen; welcher Frevel dann lei-<lb/>
der in der Welt &#x017F;o gemein und durchgehend i&#x017F;t/ daß die Erbarkeit kaum neben ihm demu&#x0364;h-<lb/>
tig herzukriechen/ Raum findet. O wie mannichmahl &#x017F;ehen wir die Frecheit der Gottes-<lb/>
furcht u&#x0364;berla&#x0364;&#x017F;tig &#x017F;eyn? Ja was i&#x017F;t ta&#x0364;glichers/ als daß Tugend den La&#x017F;tern die Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
muß? Die&#x017F;es alles ru&#x0364;hret aus Flei&#x017F;ches Bosheit her/ welche der Seelen die Augen blen-<lb/>
det/ daß &#x017F;ie den gebu&#x0364;hrlichen Zweg nicht ab&#x017F;ehen kan/ nach welchem &#x017F;ie zuzielen befuget i&#x017F;t;<lb/>
und wann &#x017F;ie es gleich &#x017F;ihet/ i&#x017F;t doch der Boge zu &#x017F;chwach/ die Sehne zu &#x017F;chlapff/ der Pfeil<lb/>
zu fladdericht. Hingegen wo die Begierden der Billigkeit die Herr&#x017F;chafft go&#x0364;nnen/ ey da<lb/>
leuchtet des Men&#x017F;chen unvergleichliche Hocheit hervor/ und la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich &#x017F;ehen/ auch mitten<lb/>
im tunkeln/ in dem der Men&#x017F;ch alle Gu&#x0364;ltigkeit der Seele hinwendet zu dem/ daß ihm von<lb/>
Gott und dem Recht eingebunden i&#x017F;t. Kein vernu&#x0364;nfftiger wider&#x017F;tehet &#x017F;einer eigenen Wol-<lb/>
fahrt/ und ein unvor&#x017F;ichtiger nimt der&#x017F;elben nicht eins wahr/ dann er ka&#x0364;mpffet wider &#x017F;eine&#x0303;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eige-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[642/0680] Drittes Buch. dem Frauenzimmer gnug muſte ruͤhmen laſſen. Sie wahren kaum eine halbe Meile wei- ter fortgezogen/ da fahen die Beyreuter in der Naͤhe einen ungeheuren Loͤuen auff ein er- ſchrockenes Weibesbilde anſetzen/ woruͤber ſie ein lautes Geſchrey ergehen lieſſen/ deſſen Herkules ſich in etwas entſetzete/ von der Gutſche ſprang/ und mit entbloͤſſetem Schwert gleich als im Sprunge dem Loͤuen entgegen lieff; Als nun das Tihr auff das elende Weib anfallen wolte/ ſtellete er ſich zwiſchen ein/ und mit einem Hiebe ſchlug er ihm beyde Tatzen ab/ daß er zur Erden ſtuͤrzete und grauſam bruͤllete; er aber reichete ihm noch einen Stoß in die Seite/ uñ richtete ihn damit hin. Das armſelige Weib hatte ſich ihres Lebens ſchon getroͤſtet ſiel vor ihm nieder/ und bedankete ſich demuͤhtig/ daneben wuͤnſchend/ der guͤtige HErr JEſus moͤchte ihm ſolche Woltaht hier zeitlich und dort ewiglich belohnen/ weil in ihrem Vermoͤgen es nicht ſtuͤnde. Herkules den allerſuͤſſeſten nahmen JEſus in dieſer Fremde hoͤrend/ ward voller freuden/ hielt es vor ein ſonderliches gnaden Zeichen/ richtete das Weib auff/ und als er vernam/ daß ſie eine Witwe wahr/ ſchenkete er ihr eine ganze Hand vol Kronen/ gleich da Mazeus herzu kam/ und zu ihm ſagete: Euer Gn. haben uns des Schreckens bald benommen/ als die ohn zweiffel dergleichen Tihre mehr wird erleget haben. Er aber antwortete/ ihm waͤhre auff der ganzen Reiſe kein Loͤue auffgeſtoſſen/ haͤtte auch nie keinen im freien Felde lauffen ſehen/ meinete doch/ daß ihnen leicht zubegegnen und beyzukommen waͤhre/ wann man nur gute Auffſicht auff ſein Vornehmen haͤtte; ſetzete ſich wieder auff die Gutſche/ und weil ihm Anleitung gegeben ward/ fing er eine Re- de an von des Menſchen Vortrefligkeit uͤber andere Tihre. Wir haben/ ſagte er/ dem grundguͤtigen Gott hoch zu danken/ daß er uns Menſchen eine vernuͤnftige Seele einge- goſſen/ und dieſem Teile nach/ uns unſterblich gemacht hat; dann durch anfuͤhrung dieſer verſtaͤndlichen Kraft koͤnnen wir nicht allein die wunderbahren mañigfaͤltigen Geſchoͤpfe erkennen/ ſondern auch dieſem ſelbſt nachfragen/ der ſolches alles in ihrem Weſen darſtel- let/ und die Oberverwaltung uͤber Himmel und Erden fuͤhret. O wie eine ſuͤſſe Beluͤſti- gung unſerer Seelen iſt es/ wann man Gottes wahre erkaͤntnis hat/ und nach deſſen Wil- len zu leben weiß! Gleich wie aber die maͤchtigſten Tihre den allergroͤſten Schaden tuhn/ wann ſie ihre Krafft in eine Wuht verwandeln; alſo wirken auch wir Menſchen das al- lergroͤbeſte uͤbel/ wann der Seelen Vermoͤgen aus den Schranken der Gottesfurcht und Erbarkeit loßbrechen/ und den Luͤſten des Fleiſches nachhaͤngen; welcher Frevel dann lei- der in der Welt ſo gemein und durchgehend iſt/ daß die Erbarkeit kaum neben ihm demuͤh- tig herzukriechen/ Raum findet. O wie mannichmahl ſehen wir die Frecheit der Gottes- furcht uͤberlaͤſtig ſeyn? Ja was iſt taͤglichers/ als daß Tugend den Laſtern die Fuͤſſe kuͤſſen muß? Dieſes alles ruͤhret aus Fleiſches Bosheit her/ welche der Seelen die Augen blen- det/ daß ſie den gebuͤhrlichen Zweg nicht abſehen kan/ nach welchem ſie zuzielen befuget iſt; und wann ſie es gleich ſihet/ iſt doch der Boge zu ſchwach/ die Sehne zu ſchlapff/ der Pfeil zu fladdericht. Hingegen wo die Begierden der Billigkeit die Herrſchafft goͤnnen/ ey da leuchtet des Menſchen unvergleichliche Hocheit hervor/ und laͤſſet ſich ſehen/ auch mitten im tunkeln/ in dem der Menſch alle Guͤltigkeit der Seele hinwendet zu dem/ daß ihm von Gott und dem Recht eingebunden iſt. Kein vernuͤnfftiger widerſtehet ſeiner eigenen Wol- fahrt/ und ein unvorſichtiger nimt derſelben nicht eins wahr/ dann er kaͤmpffet wider ſeinẽ eige-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/680
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/680>, abgerufen am 22.12.2024.