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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
selber/ wie alt sie gleich wahr/ begunte ihn ungebührlich anzusprechen. Vier Tage verscho-
nete ihn sein Herr mit schlägen/ aber am fünfften suchte er Ursach an ihn/ umb zuerfor-
schen/ wie er sich in die Peitsche schicken würde/ striegelte ihn auch so elendig ab/ daß er fast
am ganzen Leibe blutstrimig wahr; welches er vor dißmahl mit möglicher Geduld auff-
nam; als ihm aber solches zu unterschiedlichen Zeiten begegnete/ nam er ihm vor/ diesen
Jammer durch den Tod zu endigen und zuvor seinen wüterischen Herrn zuermorden; je-
doch erhohlete er sich durch Standhaftigkeit/ und ward nach Verlauff dreier Wochen zu
rahte/ den selben zu bitten/ er möchte ihn etwa in eine Stad führen/ ob sich irgend ein Kauf-
man fünde/ der ihn seinethalben vergnügete. Dieses setzete er folgendes tages ins Werk/
aber mit seinem grossen Unglük; dann Orsillos schlug ihn mit einem Ochsenstecken so jäm-
merlich/ daß er drüber in Ohmacht niederfiel; hernach redete er ihn mit diesen an: Du
leichfertiger fauler Schelm/ woltestu mir vorschreiben/ wie ichs mit dir anschlagen sol?
Eja/ bistu meiner Knechtschaft bereit über drüssig? harre nur/ wir müssen uns was besser
beriechen/ ehe wir uns scheiden; ich habe etliche Tage her an dir wol gespüret/ daß du nicht
mehr so hurtig zur Arbeit bist wie vorhin; aber ich werde dir den Brodkorb umb so viel
höher knüpfen/ daß dir der Kitzel vergehe; wobey dieser Ochsenstecken das seine auch tuhn
sol: Du ungeschikter Esel kanst mir keinen Groschen erwerben/ wovor sol ich dir dann das
fressen geben? Der gute Kleon verdäuete auch noch dieses Fruhstük mit Geduld/ und nach
dem er sich erhohlet hatte/ gab er zur Antwort: Mein lieber Herr/ eben dieses/ dz ich nichts
verdienen kan/ gehet mir auch zu Herzen/ daß ich gedachte/ euch möchte etwa mit dem Gel-
de mehr/ als mit mir gedienet seyn; weil ich aber sehe/ daß euch solches nicht zuwillen ist/
wil nach diesem mit so ungenehmer Anmuhtung ich euch nicht mehr beschwerlich seyn.
Daß wil ich dir auch nicht rahten/ antwortete er/ wo du Hund sonst dieser Schläge sorthin
müssig gehen wilt; ich bedarf deines nicht werten Rahts gar nicht/ und werde schon selber
wissen/ wie ichs mit dir anfahen sol. Mit diesem Troste ging der elende Kleon wieder an
seine Arbeit/ und stunden ihm die Augen vol Trähnen. Ach ihr Götter/ sagte er/ wodurch
habe ich dise schwere Busse verdienet? O Herkules! O Ladisla! O mein lieber Vater! O
meine Ursul! werdet ihr euch auch wol einbilden können/ in was vor Schmach ich mein
unseliges Leben führe? Hiemit er greifer eine Holzaxt/ des Vorsatzes seinen Herrn damit
zuerschlagen; aber sein guter Geist mahnete ihn noch dißmahl ab; jedoch schwur er bey
sich selbst einen äid/ dafernsein Elend inwendig drey Wochen nicht solte gelin dert werden/
wolte er versuchen außzureissen/ ob er gleich darüber sterben solte. Es verlieffen aber nur
zwo Wochen/ daß ein Frey Herr desselben Landes daselbst durchreisete/ welcher zwar in ei-
ne andere Herberge einkehrete/ aber doch etliche Diener bey Orsillos einlegete; mit deren
einem machete Kleon Kundschaft/ und fragete ihn/ ob nicht sein Herr eines Knechtes be-
nöhtiget währe/ der ihm junge Pferde abrichtete/ dz Gewehr putzete/ oder seine junge Herr-
lein in Lateinischer und Griechischer Sprache unterrichten und zu allerhand Ritterspie-
len anführen könte/ als dann wolte er nicht allein ihm träulich dienen/ sondern das Geld/
welches er heimlich verborgen hätte/ selbst außzahlen/ damit er seinem jetzigen Herrn könte
abgekauffet werden. Dieser zeigete ihm an/ ob sein Herr solches gleich gerne tuhn wolte/
dürfte er ohn seines Gemahls vorwissen es nicht wol wagen/ als welche ihn nicht anders

als

Drittes Buch.
ſelber/ wie alt ſie gleich wahr/ begunte ihn ungebuͤhrlich anzuſprechen. Vier Tage verſcho-
nete ihn ſein Herr mit ſchlaͤgen/ aber am fuͤnfften ſuchte er Urſach an ihn/ umb zuerfor-
ſchen/ wie er ſich in die Peitſche ſchicken wuͤrde/ ſtriegelte ihn auch ſo elendig ab/ daß er faſt
am ganzen Leibe blutſtrimig wahr; welches er vor dißmahl mit moͤglicher Geduld auff-
nam; als ihm aber ſolches zu unterſchiedlichen Zeiten begegnete/ nam er ihm vor/ dieſen
Jammer durch den Tod zu endigen und zuvor ſeinen wuͤteriſchen Herrn zuermorden; je-
doch erhohlete er ſich durch Standhaftigkeit/ und ward nach Verlauff dreier Wochen zu
rahte/ den ſelben zu bitten/ er moͤchte ihn etwa in eine Stad fuͤhren/ ob ſich irgend ein Kauf-
man fuͤnde/ der ihn ſeinethalben vergnuͤgete. Dieſes ſetzete er folgendes tages ins Werk/
aber mit ſeinem groſſen Ungluͤk; dañ Orſillos ſchlug ihn mit einem Ochſenſtecken ſo jaͤm-
merlich/ daß er druͤber in Ohmacht niederfiel; hernach redete er ihn mit dieſen an: Du
leichfertiger fauler Schelm/ wolteſtu mir vorſchreiben/ wie ichs mit dir anſchlagen ſol?
Eja/ biſtu meiner Knechtſchaft bereit uͤber druͤſſig? harre nur/ wir muͤſſen uns was beſſer
beriechen/ ehe wir uns ſcheiden; ich habe etliche Tage her an dir wol geſpuͤret/ daß du nicht
mehr ſo hurtig zur Arbeit biſt wie vorhin; aber ich werde dir den Brodkorb umb ſo viel
hoͤher knuͤpfen/ daß dir der Kitzel vergehe; wobey dieſer Ochſenſtecken das ſeine auch tuhn
ſol: Du ungeſchikter Eſel kanſt mir keinen Groſchen erwerben/ wovor ſol ich dir dañ das
freſſen geben? Der gute Kleon verdaͤuete auch noch dieſes Fruhſtuͤk mit Geduld/ uñ nach
dem er ſich erhohlet hatte/ gab er zur Antwort: Mein lieber Herr/ eben dieſes/ dz ich nichts
verdienen kan/ gehet mir auch zu Herzen/ daß ich gedachte/ euch moͤchte etwa mit dem Gel-
de mehr/ als mit mir gedienet ſeyn; weil ich aber ſehe/ daß euch ſolches nicht zuwillen iſt/
wil nach dieſem mit ſo ungenehmer Anmuhtung ich euch nicht mehr beſchwerlich ſeyn.
Daß wil ich dir auch nicht rahten/ antwortete er/ wo du Hund ſonſt dieſer Schlaͤge ſorthin
muͤſſig gehen wilt; ich bedarf deines nicht werten Rahts gar nicht/ und werde ſchon ſelber
wiſſen/ wie ichs mit dir anfahen ſol. Mit dieſem Troſte ging der elende Kleon wieder an
ſeine Arbeit/ und ſtunden ihm die Augen vol Traͤhnen. Ach ihr Goͤtter/ ſagte er/ wodurch
habe ich diſe ſchwere Buſſe verdienet? O Herkules! O Ladiſla! O mein lieber Vater! O
meine Urſul! werdet ihr euch auch wol einbilden koͤnnen/ in was vor Schmach ich mein
unſeliges Leben fuͤhre? Hiemit er greifer eine Holzaxt/ des Vorſatzes ſeinen Herrn damit
zuerſchlagen; aber ſein guter Geiſt mahnete ihn noch dißmahl ab; jedoch ſchwur er bey
ſich ſelbſt einen aͤid/ dafernſein Elend inwendig drey Wochen nicht ſolte gelin dert werden/
wolte er verſuchen außzureiſſen/ ob er gleich daruͤber ſterben ſolte. Es verlieffen aber nur
zwo Wochen/ daß ein Frey Herr deſſelben Landes daſelbſt durchreiſete/ welcher zwar in ei-
ne andere Herberge einkehrete/ aber doch etliche Diener bey Orſillos einlegete; mit deren
einem machete Kleon Kundſchaft/ und fragete ihn/ ob nicht ſein Herr eines Knechtes be-
noͤhtiget waͤhre/ der ihm junge Pferde abrichtete/ dz Gewehr putzete/ oder ſeine junge Herr-
lein in Lateiniſcher und Griechiſcher Sprache unterrichten und zu allerhand Ritterſpie-
len anfuͤhren koͤnte/ als dann wolte er nicht allein ihm traͤulich dienen/ ſondern das Geld/
welches er heimlich verborgen haͤtte/ ſelbſt außzahlen/ damit er ſeinem jetzigen Herrn koͤnte
abgekauffet werden. Dieſer zeigete ihm an/ ob ſein Herr ſolches gleich gerne tuhn wolte/
duͤrfte er ohn ſeines Gemahls vorwiſſen es nicht wol wagen/ als welche ihn nicht anders

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/654>, abgerufen am 22.12.2024.