Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Drittes Buch. allem Willen lenken und zwingen kunte. Der Groß Fürst dieses ersehend/ sagete zu denAnwesenden; dieser Jüngling schändet mir alle meine Leute/ denen ich so grossen Sold ge- be; meine Schützen müssen sich vor ihm verkriechen; dem Fechter hat er gar die Faust hin- weg gehauen; die Bereiter macht er jezt zu Lehrjungen; und wer weiß/ wie es noch heut meinen Jägern und mir selber ergehen wird? Unterdessen belustigte sich Herkuliskus auff dem wunder starken-geraden Pferde/ biß ihn dauchte genug seyn/ da sprang er herunter/ liebkosete ihm mit flachen Handschlägen/ an der Stirn/ Brust/ Hals und Lenden/ welches das Pferd nicht allein willig annam/ sondern über daß sich mit lustigem wrinschen/ Schweif- schlagen und Fußkratzen so freidig und zugleich gehorsam erzeigete/ als währe es sein lebe- lang mit ihm umbgangen. Er zohe es nachgehends in den Mahrstal/ entzäumete es/ und gab ihm ein gutes Futter/ kehrete wieder nach dem Saal/ und ließ sich gegen den Groß Für- ften verlauten/ er hielte das Pferd nach seinem schlechten verstande höher/ als daß es ums Geld könte geschätzet werden/ weil es eine so ädle Art/ gewünschete Geschikligkeit/ und tref- liche Leibesstärke hätte; merkete auch so viel/ daß es sich sklavischer Weise von den Knech- ten nicht wolte zwingen lassen; und dafernich nicht irre/ fuhr er fort/ so hat es fast abscheuh bey andern Pferden zu stallen. Phraortes legte ihm die Hand auffs Häupt und sagete: Geliebter Sohn/ ich erinnere mich bey euch des grossen Alexanders und seines ädlen Bu- zephals/ welches nur diesen einzigen auffsitzen ließ/ und keines andern Zügel oder beschrei- tung sich untergeben wolte; zweiffele nicht/ es habe mit diesem meinem Pferde gleichmäs- sige Beschaffenheit/ gestaltsam ichs mit ihm auff allerhand Weise versuchet habe/ aber bißher allemahl vergebens; und daher nicht anders Urteilen kan/ als daß eure Vor Eltern/ wo nicht ihr selbst von götlichem Stamme müssen entsprossen seyn/ auch umb so viel mehr mich versichere/ der Himmel werde sich euer in allen begebenheiten geträulich annehmen. Herkuliskus küssete ihm die Hand/ und gab zur Antwort: Er währe seines Groß Fürsten untertähnigst-gehorsamster Knecht/ wüste sich auch schuldig ihrer Durchl. Scherzreden geduldigst anzunehmen/ wie hohe rohtgefärbete Wangen ihm dieselben gleich macheten/ daß seine unwirdigkeit dem grösten Welt Herrn Alexander verglichen/ ja biß an der Göt- ter Geblüt erhaben würde/ welche doch in seinem Vaterlande sich mit schwachen Men- schen nicht so gemein macheten/ daß sie Kinder mit ihnen zeugeten. Es sey wie ihm wolle/ antwortete der Groß Fürst/ so erkennet doch mein unvernünftiges Pferd etwas sonderli- ches an euch warumb solte dann ein verständiger Mensch dasselbe nicht begreiffen? Aber geliebet euch/ den Blänken auff der Jagt zu reiten/ werdet ihr ihm den Sattel selbst müs- sen aufflegen/ da er meinen Leuten den Gehorsam ferner wegert/ weil es Zeit seyn wird/ sich auffzumachen. Daran sol es nicht mangeln/ sagte Herkuliskus; empfing von Arbia- nes den Sattel/ welcher mit Rubinen und Perlen auff ein Güldenstük trefflich gesticket wahr/ und ließ die Bereiter den Versuch tuhn/ ob sie forthin das Pferd besser zwingen würden; aber alles vergeblich/ dann es schlug und bisse von sich/ viel erschreklicher als vor- hin; so bald aber Herkuliskus ihm mit dem Stecken dräuete/ und selber Hand anlegete/ stund es wie ein Lamb/ und ließ sich von ihm kratzen/ kämmen/ Zäumen und Satteln. Im hinaus reiten zohe der Groß Fürst allein voraus/ und folgete ihm Arbianes und Herkulis- kus/ hinter denen Pharnabazus und Mazeus. Es ward aber Herkuliskus mit solchem Wunder
Drittes Buch. allem Willen lenken und zwingen kunte. Der Groß Fuͤrſt dieſes erſehend/ ſagete zu denAnweſenden; dieſer Juͤngling ſchaͤndet mir alle meine Leute/ denen ich ſo groſſen Sold ge- be; meine Schuͤtzen muͤſſen ſich vor ihm verkriechen; dem Fechter hat er gar die Fauſt hin- weg gehauen; die Bereiter macht er jezt zu Lehrjungen; und wer weiß/ wie es noch heut meinen Jaͤgern und mir ſelber ergehen wird? Unterdeſſen beluſtigte ſich Herkuliſkus auff dem wunder ſtarken-geraden Pferde/ biß ihn dauchte genug ſeyn/ da ſprang er herunter/ liebkoſete ihm mit flachen Handſchlaͤgen/ an der Stirn/ Bruſt/ Hals und Lenden/ welches das Pferd nicht allein willig añam/ ſondern uͤber daß ſich mit luſtigem wrinſchẽ/ Schweif- ſchlagen und Fußkratzen ſo freidig und zugleich gehorſam erzeigete/ als waͤhre es ſein lebe- lang mit ihm umbgangen. Er zohe es nachgehends in den Mahrſtal/ entzaͤumete es/ uñ gab ihm ein gutes Futter/ kehrete wieder nach dem Saal/ und ließ ſich gegen den Groß Fuͤr- ften verlauten/ er hielte das Pferd nach ſeinem ſchlechten verſtande hoͤher/ als daß es ums Geld koͤnte geſchaͤtzet werden/ weil es eine ſo aͤdle Art/ gewuͤnſchete Geſchikligkeit/ uñ tref- liche Leibesſtaͤrke haͤtte; merkete auch ſo viel/ daß es ſich ſklaviſcher Weiſe von den Knech- ten nicht wolte zwingen laſſen; und dafernich nicht irre/ fuhr er fort/ ſo hat es faſt abſcheuh bey andern Pferden zu ſtallen. Phraortes legte ihm die Hand auffs Haͤupt und ſagete: Geliebter Sohn/ ich erinnere mich bey euch des groſſen Alexanders und ſeines aͤdlen Bu- zephals/ welches nur dieſen einzigen auffſitzen ließ/ und keines andern Zuͤgel oder beſchrei- tung ſich untergeben wolte; zweiffele nicht/ es habe mit dieſem meinem Pferde gleichmaͤſ- ſige Beſchaffenheit/ geſtaltſam ichs mit ihm auff allerhand Weiſe verſuchet habe/ aber bißher allemahl vergebens; und daher nicht anders Urteilen kan/ als daß eure Vor Elteꝛn/ wo nicht ihr ſelbſt von goͤtlichem Stamme muͤſſen entſproſſen ſeyn/ auch umb ſo viel mehꝛ mich verſichere/ der Himmel werde ſich euer in allen begebenheiten getraͤulich annehmen. Herkuliſkus kuͤſſete ihm die Hand/ und gab zur Antwort: Er waͤhre ſeines Groß Fuͤrſten untertaͤhnigſt-gehorſamſter Knecht/ wuͤſte ſich auch ſchuldig ihrer Durchl. Scherzreden geduldigſt anzunehmen/ wie hohe rohtgefaͤrbete Wangen ihm dieſelben gleich macheten/ daß ſeine unwirdigkeit dem groͤſten Welt Herrn Alexander verglichen/ ja biß an der Goͤt- ter Gebluͤt erhaben wuͤrde/ welche doch in ſeinem Vaterlande ſich mit ſchwachen Men- ſchen nicht ſo gemein macheten/ daß ſie Kinder mit ihnen zeugeten. Es ſey wie ihm wolle/ antwortete der Groß Fuͤrſt/ ſo erkennet doch mein unvernuͤnftiges Pferd etwas ſonderli- ches an euch warumb ſolte dann ein verſtaͤndiger Menſch daſſelbe nicht begreiffen? Aber geliebet euch/ den Blaͤnken auff der Jagt zu reiten/ werdet ihr ihm den Sattel ſelbſt muͤſ- ſen aufflegen/ da er meinen Leuten den Gehorſam ferner wegert/ weil es Zeit ſeyn wird/ ſich auffzumachen. Daran ſol es nicht mangeln/ ſagte Herkuliſkus; empfing von Arbia- nes den Sattel/ welcher mit Rubinen und Perlen auff ein Guͤldenſtuͤk trefflich geſticket wahr/ und ließ die Bereiter den Verſuch tuhn/ ob ſie forthin das Pferd beſſer zwingen wuͤrden; aber alles vergeblich/ dann es ſchlug und biſſe von ſich/ viel erſchreklicher als vor- hin; ſo bald aber Herkuliſkus ihm mit dem Stecken draͤuete/ und ſelber Hand anlegete/ ſtund es wie ein Lamb/ und ließ ſich von ihm kratzen/ kaͤmmen/ Zaͤumen und Satteln. Im hinaus reiten zohe der Groß Fuͤrſt allein voraus/ und folgete ihm Arbianes und Herkuliſ- kus/ hinter denen Pharnabazus und Mazeus. Es ward aber Herkuliſkus mit ſolchem Wunder
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Drittes Buch.
allem Willen lenken und zwingen kunte. Der Groß Fuͤrſt dieſes erſehend/ ſagete zu den
Anweſenden; dieſer Juͤngling ſchaͤndet mir alle meine Leute/ denen ich ſo groſſen Sold ge-
be; meine Schuͤtzen muͤſſen ſich vor ihm verkriechen; dem Fechter hat er gar die Fauſt hin-
weg gehauen; die Bereiter macht er jezt zu Lehrjungen; und wer weiß/ wie es noch heut
meinen Jaͤgern und mir ſelber ergehen wird? Unterdeſſen beluſtigte ſich Herkuliſkus auff
dem wunder ſtarken-geraden Pferde/ biß ihn dauchte genug ſeyn/ da ſprang er herunter/
liebkoſete ihm mit flachen Handſchlaͤgen/ an der Stirn/ Bruſt/ Hals und Lenden/ welches
das Pferd nicht allein willig añam/ ſondern uͤber daß ſich mit luſtigem wrinſchẽ/ Schweif-
ſchlagen und Fußkratzen ſo freidig und zugleich gehorſam erzeigete/ als waͤhre es ſein lebe-
lang mit ihm umbgangen. Er zohe es nachgehends in den Mahrſtal/ entzaͤumete es/ uñ gab
ihm ein gutes Futter/ kehrete wieder nach dem Saal/ und ließ ſich gegen den Groß Fuͤr-
ften verlauten/ er hielte das Pferd nach ſeinem ſchlechten verſtande hoͤher/ als daß es ums
Geld koͤnte geſchaͤtzet werden/ weil es eine ſo aͤdle Art/ gewuͤnſchete Geſchikligkeit/ uñ tref-
liche Leibesſtaͤrke haͤtte; merkete auch ſo viel/ daß es ſich ſklaviſcher Weiſe von den Knech-
ten nicht wolte zwingen laſſen; und dafernich nicht irre/ fuhr er fort/ ſo hat es faſt abſcheuh
bey andern Pferden zu ſtallen. Phraortes legte ihm die Hand auffs Haͤupt und ſagete:
Geliebter Sohn/ ich erinnere mich bey euch des groſſen Alexanders und ſeines aͤdlen Bu-
zephals/ welches nur dieſen einzigen auffſitzen ließ/ und keines andern Zuͤgel oder beſchrei-
tung ſich untergeben wolte; zweiffele nicht/ es habe mit dieſem meinem Pferde gleichmaͤſ-
ſige Beſchaffenheit/ geſtaltſam ichs mit ihm auff allerhand Weiſe verſuchet habe/ aber
bißher allemahl vergebens; und daher nicht anders Urteilen kan/ als daß eure Vor Elteꝛn/
wo nicht ihr ſelbſt von goͤtlichem Stamme muͤſſen entſproſſen ſeyn/ auch umb ſo viel mehꝛ
mich verſichere/ der Himmel werde ſich euer in allen begebenheiten getraͤulich annehmen.
Herkuliſkus kuͤſſete ihm die Hand/ und gab zur Antwort: Er waͤhre ſeines Groß Fuͤrſten
untertaͤhnigſt-gehorſamſter Knecht/ wuͤſte ſich auch ſchuldig ihrer Durchl. Scherzreden
geduldigſt anzunehmen/ wie hohe rohtgefaͤrbete Wangen ihm dieſelben gleich macheten/
daß ſeine unwirdigkeit dem groͤſten Welt Herrn Alexander verglichen/ ja biß an der Goͤt-
ter Gebluͤt erhaben wuͤrde/ welche doch in ſeinem Vaterlande ſich mit ſchwachen Men-
ſchen nicht ſo gemein macheten/ daß ſie Kinder mit ihnen zeugeten. Es ſey wie ihm wolle/
antwortete der Groß Fuͤrſt/ ſo erkennet doch mein unvernuͤnftiges Pferd etwas ſonderli-
ches an euch warumb ſolte dann ein verſtaͤndiger Menſch daſſelbe nicht begreiffen? Aber
geliebet euch/ den Blaͤnken auff der Jagt zu reiten/ werdet ihr ihm den Sattel ſelbſt muͤſ-
ſen aufflegen/ da er meinen Leuten den Gehorſam ferner wegert/ weil es Zeit ſeyn wird/
ſich auffzumachen. Daran ſol es nicht mangeln/ ſagte Herkuliſkus; empfing von Arbia-
nes den Sattel/ welcher mit Rubinen und Perlen auff ein Guͤldenſtuͤk trefflich geſticket
wahr/ und ließ die Bereiter den Verſuch tuhn/ ob ſie forthin das Pferd beſſer zwingen
wuͤrden; aber alles vergeblich/ dann es ſchlug und biſſe von ſich/ viel erſchreklicher als vor-
hin; ſo bald aber Herkuliſkus ihm mit dem Stecken draͤuete/ und ſelber Hand anlegete/
ſtund es wie ein Lamb/ und ließ ſich von ihm kratzen/ kaͤmmen/ Zaͤumen und Satteln. Im
hinaus reiten zohe der Groß Fuͤrſt allein voraus/ und folgete ihm Arbianes und Herkuliſ-
kus/ hinter denen Pharnabazus und Mazeus. Es ward aber Herkuliſkus mit ſolchem
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/640>, abgerufen am 29.06.2024. |