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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
fallen/ daß es zwischen den Rädern hinunter purzelte/ hätte auch ohn allen zweifel seinen
Geist auffgeben müssen/ wann nit zu allem glücke ein grosser Stein im Wege gelegen/ vor
welchen das Herrlein zu liegen kam/ dz des Rades Stoß auff demselben gebrochen ward/
und ohn alle Verletzung überhin ging/ welches dann wol ein Zeichen seiner künfftigen ge-
fahr seyn mochte. Nachgehends gaben sie etwas fleissiger acht auff ihn/ kunten aber doch
den unvermeidlichen fällen nicht vorbauen/ dann wie nach dreyen Jahren der Groß Fürst
neben seinem Gemahl und diesem ihren ältesten Herrlein (dann der Himmel hatte ihnen
schon den andern bescheret) auff der Groß Fürstin Fr. Mutter Begräbniß in Schweden
reiseten/ wurden sie an der Ost See des Nachtes in einem Dorffe von einer Schaar Dä-
nischer See Räuber über fallen/ da der Groß Fürst mit seinem Gemahl sich in einer alten
Scheuren verbarg/ das Herrlein aber mit samt der Warts Frauen/ bey welcher es schlief/
hinweg geführet ward; jedoch/ weil des Groß Fürsten Völker bald ins Gewehr kahmen/
und den Räubern nach setzeten/ ward das Herrlein wieder erlöset/ und seinen Eltern zuge-
stellet. Nach gehaltener Leich begangniß machte der Groß Fürst sich wieder in sein Land/ und
wendete grossen fleiß auff seines Söhnleins Erzihung/ welcher/ da er schier von sechs Jah-
ren wahr (eben dazumahl bin ich gebohren) von seinem H. Vater eine ritterliche Rüstung
foderte/ in welcher er zuzeiten ausreiten/ und als eines Landes Fürsten Sohn sich zeigen
könte; und als ihn sein Herr Vater mit schimpflichen Worten abwies/ er währe zu klein/
Harnisch zuführen/ und stünde ihm eine Tüte vol Zucker ungleich besser an/ verredete er/ kein
Zucker mehr zuessen/ triebs auch bey dem H. Vater so lange/ dz er ihm ein kleines Schwert
und leichten Bogen geben ließ/ womit er den ganzen Tag über sein Kinder-Spiel hat-
te und inwendig drey Monden sich dergestalt ubete/ daß manniger Vogel von ihm erschos-
sen ward. Seines H. Vaters Jäger kahmen (da er sieben Jahr alt wahr) eins mahls von
der Jagt/ brachten etliche grosse Wölffe auffs Schloß/ und erzähleten/ mit was grosser
Mühe sie dieselben gefellet hätten/ dessen Herkules nur lachete/ und sie fragete; was ihm
wol fehlen solte/ ein solches Tihr zuerlegen/ wann er sein Schwert und Bogen bey sich hät-
te; Und als seine Fr. Mutter gegenwärtig ihm ein redete/ er solte bey Leib und Leben schwei-
gen/ und die Götter bitten/ daß ihm ja ein solches grimmiges Tihr nicht auffstiesse/ sonst
müste er von demselben alsbald verschlungen werden/ antwortete er: Gnädigste Fr. Mut-
ter/ solten die Götter wol zugeben/ daß ein so unwertes Tihr sich mit eines jungen Fürsten
Fleisch speisete? hat man auch gehöret/ daß ein Fürst jemahls von einem Wolffe verschlukt
oder hinweg getragen sey? forschete darauff bey den Jägern gar eigentlich nach/ an was
Ende die Wölffe gefangen währen; und da sie ihm aus Scherz den nähesten Dornpusch
beim Schlosse mit Worten bezeichneten/ hieß er des folgenden Morgens seinen Auffwar-
ter/ (der fünff Jahr älter als er wahr) mit gehen/ und ihm seinen kleinen Spieß nachtra-
gen/ lieff geschwinde nach dem beschriebenen Pusche/ und wie er gar leise hinzu trat/ sahe
er einen scheußlichen grossen Wolff/ mit auffgesperretem Maule schlaffen liegen/ nam sei-
nen kleinen Degen/ und sties ihm den selben in den Rachen biß ans Gefäß/ sprang darauff
wieder zurük/ und hohlete den Spies/ damit ging er wieder auff den Wolff/ welcher schon
mit allen vieren von sich schlug/ und mit dem tode rang; dessen er aber nichts achtete/ son-
dern ihm das Schwert/ welches er nicht verlassen wolte/ wieder aus dem Maule zog/ und

ihm

Drittes Buch.
fallen/ daß es zwiſchen den Raͤdern hinunter purzelte/ haͤtte auch ohn allen zweifel ſeinen
Geiſt auffgeben muͤſſen/ wann nit zu allem gluͤcke ein groſſer Stein im Wege gelegen/ vor
welchen das Herrlein zu liegen kam/ dz des Rades Stoß auff demſelben gebrochen ward/
und ohn alle Verletzung uͤberhin ging/ welches dann wol ein Zeichen ſeiner kuͤnfftigen ge-
fahr ſeyn mochte. Nachgehends gaben ſie etwas fleiſſiger acht auff ihn/ kunten aber doch
den unvermeidlichen faͤllen nicht vorbauen/ dann wie nach dreyen Jahren der Groß Fuͤrſt
neben ſeinem Gemahl und dieſem ihren aͤlteſten Herrlein (dann der Himmel hatte ihnen
ſchon den andern beſcheret) auff der Groß Fuͤrſtin Fr. Mutter Begraͤbniß in Schweden
reiſeten/ wurden ſie an der Oſt See des Nachtes in einem Dorffe von einer Schaar Daͤ-
niſcher See Raͤuber über fallen/ da der Groß Fuͤrſt mit ſeinem Gemahl ſich in einer alten
Scheuren verbarg/ das Herrlein aber mit ſamt der Warts Frauen/ bey welcher es ſchlief/
hinweg gefuͤhret ward; jedoch/ weil des Groß Fuͤrſten Voͤlker bald ins Gewehr kahmen/
und den Raͤubern nach ſetzeten/ ward das Herrlein wieder erloͤſet/ und ſeinen Eltern zuge-
ſtellet. Nach gehaltener Leich begångniß machte der Groß Fuͤrſt ſich wieder in ſein Land/ uñ
wendete groſſen fleiß auff ſeines Soͤhnleins Erzihung/ welcher/ da er ſchier von ſechs Jah-
ren wahr (eben dazumahl bin ich gebohren) von ſeinem H. Vater eine ritterliche Ruͤſtung
foderte/ in welcher er zuzeiten ausreiten/ und als eines Landes Fuͤrſten Sohn ſich zeigen
koͤnte; und als ihn ſein Herr Vater mit ſchimpflichen Worten abwies/ er waͤhre zu klein/
Harniſch zufuͤhren/ uñ ſtuͤnde ihm eine Tuͤte vol Zucker ungleich beſſer an/ verredete er/ kein
Zucker mehr zueſſen/ triebs auch bey dem H. Vater ſo lange/ dz er ihm ein kleines Schwert
und leichten Bogen geben ließ/ womit er den ganzen Tag uͤber ſein Kinder-Spiel hat-
te und inwendig drey Monden ſich dergeſtalt ůbete/ daß manniger Vogel von ihm erſchoſ-
ſen ward. Seines H. Vaters Jaͤger kahmen (da er ſieben Jahr alt wahr) eins mahls von
der Jagt/ brachten etliche groſſe Woͤlffe auffs Schloß/ und erzaͤhleten/ mit was groſſer
Muͤhe ſie dieſelben gefellet haͤtten/ deſſen Herkules nur lachete/ und ſie fragete; was ihm
wol fehlen ſolte/ ein ſolches Tihr zuerlegen/ wann er ſein Schwert und Bogen bey ſich haͤt-
te; Und als ſeine Fr. Mutter gegenwaͤrtig ihm ein redete/ er ſolte bey Leib und Leben ſchwei-
gen/ und die Goͤtter bitten/ daß ihm ja ein ſolches grimmiges Tihr nicht auffſtieſſe/ ſonſt
muͤſte er von demſelben alsbald verſchlungen werden/ antwortete er: Gnaͤdigſte Fr. Mut-
ter/ ſolten die Goͤtter wol zugeben/ daß ein ſo unwertes Tihr ſich mit eines jungen Fuͤrſten
Fleiſch ſpeiſete? hat man auch gehoͤret/ daß ein Fuͤrſt jemahls von einem Wolffe verſchlukt
oder hinweg getragen ſey? forſchete darauff bey den Jaͤgern gar eigentlich nach/ an was
Ende die Woͤlffe gefangen waͤhren; und da ſie ihm aus Scherz den naͤheſten Dornpuſch
beim Schloſſe mit Worten bezeichneten/ hieß er des folgenden Morgens ſeinen Auffwar-
ter/ (der fuͤnff Jahr aͤlter als er wahr) mit gehen/ und ihm ſeinen kleinen Spieß nachtra-
gen/ lieff geſchwinde nach dem beſchriebenen Puſche/ und wie er gar leiſe hinzu trat/ ſahe
er einen ſcheußlichen groſſen Wolff/ mit auffgeſperretem Maule ſchlaffen liegen/ nam ſei-
nen kleinen Degen/ und ſties ihm den ſelben in den Rachen biß ans Gefaͤß/ ſprang darauff
wieder zuruͤk/ und hohlete den Spies/ damit ging er wieder auff den Wolff/ welcher ſchon
mit allen vieren von ſich ſchlug/ und mit dem tode rang; deſſen er aber nichts achtete/ ſon-
dern ihm das Schwert/ welches er nicht verlaſſen wolte/ wieder aus dem Maule zog/ und

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[574/0612] Drittes Buch. fallen/ daß es zwiſchen den Raͤdern hinunter purzelte/ haͤtte auch ohn allen zweifel ſeinen Geiſt auffgeben muͤſſen/ wann nit zu allem gluͤcke ein groſſer Stein im Wege gelegen/ vor welchen das Herrlein zu liegen kam/ dz des Rades Stoß auff demſelben gebrochen ward/ und ohn alle Verletzung uͤberhin ging/ welches dann wol ein Zeichen ſeiner kuͤnfftigen ge- fahr ſeyn mochte. Nachgehends gaben ſie etwas fleiſſiger acht auff ihn/ kunten aber doch den unvermeidlichen faͤllen nicht vorbauen/ dann wie nach dreyen Jahren der Groß Fuͤrſt neben ſeinem Gemahl und dieſem ihren aͤlteſten Herrlein (dann der Himmel hatte ihnen ſchon den andern beſcheret) auff der Groß Fuͤrſtin Fr. Mutter Begraͤbniß in Schweden reiſeten/ wurden ſie an der Oſt See des Nachtes in einem Dorffe von einer Schaar Daͤ- niſcher See Raͤuber über fallen/ da der Groß Fuͤrſt mit ſeinem Gemahl ſich in einer alten Scheuren verbarg/ das Herrlein aber mit ſamt der Warts Frauen/ bey welcher es ſchlief/ hinweg gefuͤhret ward; jedoch/ weil des Groß Fuͤrſten Voͤlker bald ins Gewehr kahmen/ und den Raͤubern nach ſetzeten/ ward das Herrlein wieder erloͤſet/ und ſeinen Eltern zuge- ſtellet. Nach gehaltener Leich begångniß machte der Groß Fuͤrſt ſich wieder in ſein Land/ uñ wendete groſſen fleiß auff ſeines Soͤhnleins Erzihung/ welcher/ da er ſchier von ſechs Jah- ren wahr (eben dazumahl bin ich gebohren) von ſeinem H. Vater eine ritterliche Ruͤſtung foderte/ in welcher er zuzeiten ausreiten/ und als eines Landes Fuͤrſten Sohn ſich zeigen koͤnte; und als ihn ſein Herr Vater mit ſchimpflichen Worten abwies/ er waͤhre zu klein/ Harniſch zufuͤhren/ uñ ſtuͤnde ihm eine Tuͤte vol Zucker ungleich beſſer an/ verredete er/ kein Zucker mehr zueſſen/ triebs auch bey dem H. Vater ſo lange/ dz er ihm ein kleines Schwert und leichten Bogen geben ließ/ womit er den ganzen Tag uͤber ſein Kinder-Spiel hat- te und inwendig drey Monden ſich dergeſtalt ůbete/ daß manniger Vogel von ihm erſchoſ- ſen ward. Seines H. Vaters Jaͤger kahmen (da er ſieben Jahr alt wahr) eins mahls von der Jagt/ brachten etliche groſſe Woͤlffe auffs Schloß/ und erzaͤhleten/ mit was groſſer Muͤhe ſie dieſelben gefellet haͤtten/ deſſen Herkules nur lachete/ und ſie fragete; was ihm wol fehlen ſolte/ ein ſolches Tihr zuerlegen/ wann er ſein Schwert und Bogen bey ſich haͤt- te; Und als ſeine Fr. Mutter gegenwaͤrtig ihm ein redete/ er ſolte bey Leib und Leben ſchwei- gen/ und die Goͤtter bitten/ daß ihm ja ein ſolches grimmiges Tihr nicht auffſtieſſe/ ſonſt muͤſte er von demſelben alsbald verſchlungen werden/ antwortete er: Gnaͤdigſte Fr. Mut- ter/ ſolten die Goͤtter wol zugeben/ daß ein ſo unwertes Tihr ſich mit eines jungen Fuͤrſten Fleiſch ſpeiſete? hat man auch gehoͤret/ daß ein Fuͤrſt jemahls von einem Wolffe verſchlukt oder hinweg getragen ſey? forſchete darauff bey den Jaͤgern gar eigentlich nach/ an was Ende die Woͤlffe gefangen waͤhren; und da ſie ihm aus Scherz den naͤheſten Dornpuſch beim Schloſſe mit Worten bezeichneten/ hieß er des folgenden Morgens ſeinen Auffwar- ter/ (der fuͤnff Jahr aͤlter als er wahr) mit gehen/ und ihm ſeinen kleinen Spieß nachtra- gen/ lieff geſchwinde nach dem beſchriebenen Puſche/ und wie er gar leiſe hinzu trat/ ſahe er einen ſcheußlichen groſſen Wolff/ mit auffgeſperretem Maule ſchlaffen liegen/ nam ſei- nen kleinen Degen/ und ſties ihm den ſelben in den Rachen biß ans Gefaͤß/ ſprang darauff wieder zuruͤk/ und hohlete den Spies/ damit ging er wieder auff den Wolff/ welcher ſchon mit allen vieren von ſich ſchlug/ und mit dem tode rang; deſſen er aber nichts achtete/ ſon- dern ihm das Schwert/ welches er nicht verlaſſen wolte/ wieder aus dem Maule zog/ und ihm

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/612>, abgerufen am 22.12.2024.