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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Drittes Buch.
samt dem Säbel auff die Erde fiel/ und aus Ohnmacht bald selbst nach stürzete. Nun be-
schimpffe forthin mehr unbekante/ sagte Herkuliskus/ die höheres Standes sind als du; und
hastu die Kunst nit besser gelernet/ bistu wol ein unschuldiger Meister/ wirst auch mit dieser
dich forthin nit mehr kratzen dürffen. Die Zuseher kunten dieses Jünglings Geschikligkeit
nit gnug rühmen/ und weil der Großfürst den verwundeten verbinden ließ/ redete die Großfür-
stin mit ihm; er müste ohn zweiffel gnädige Götter haben/ die ihn nit könten beschimpfen las-
sen/ und währe ihr in sonderheit lieb/ dz der unzüchtige Bube seine Straffe empfangen/ und
er dagegen unverletzt blieben währe. Herkuliskus küssete ihr aus untertähnigkeit den Roc-
kessaum/ und befahl sich ihrer hohen Gnade/ und da sie ihm die Hand boht/ küssete er die-
selbe inniglich/ daß sie sich nicht enthalten kunte zu sagen: Ach daß die Götter mir einen
solchen lieben Sohn oder Tochter geben wolten/ wie hoch würde ich ihnen davor verbun-
den seyn. Es hatte aber der junge Fürst Arbianes eine solche Vergnügung an seinem Sie-
ge/ daß er vor freuden in die höhe sprang/ und mit beyden Armen ihn umbfing/ zu ihm sa-
gend: Mein geliebter Herkuliskus/ wie angenehm ist mir eure Gesundheit/ welche die Göt-
ter ja nimmermehr wollen stören lassen; und hönet mich nicht wenig/ daß ich bißher einen
so unerfahrnen Lehrmeister gehabt/ welcher in der wahren Kunst fast weniger als nichts
verstehet; erkenne sonst wol wie höfflich ihr mit mir in der Ubung verfahren. Herkuliskus
baht umb verzeihung und antwortete: Mein Durchl. Fürst sichtet meines ermässens vor-
sichtiger/ als der ruhmrähtige Meister/ der nur gewohnt ist/ mit seinen Schülern zu spie-
len/ weis zwar seine Streiche in etwas zu führen/ aber er hat sie so wenig alle gelernet als
ich. Inzwischen sahe er einen ädelknaben seine Pfeil und Bogen halten/ nahm selbe von
ihm ab/ und rühmete/ daß Herr Mazeus sein grosser Freund ihm solche geschenket hätte.
Wir wissen wol/ sagte die Groß Fürstin/ daß ihr in der Schießkunst wol erfahren seid/ hät-
ten auch dessen vielleicht schon eine gute Bewehrung gesehen/ da euch der Unhold nicht
davon auffgehalten; ich setze aber dieses Gedenk Ringelein vor dißmahl auff den Gewin/
da etliche seyn möchten/ die darumb schiessen wollen. Herkuliskus nam den Ring/ der zwar
nicht so gar hoch im Preise wahr/ aber doch seine Neigung anzuzeigen/ nam er unbeuhr-
laubet denselben aus der Groß Fürstin Hand/ küssete ihn/ und sagte: Dieses alle liebste
Ehrengedächtnis zuerhalten/ wil ich meinen Fleiß nicht sparen/ es währe dann/ das mein
Gn. Fürst Arbianes bedacht seyn möchte/ mit zuschiessen/ dann dessen Durchl. greiffe ich
nicht vor. Der junge Fürst sahe/ daß dieses aus Ehrerbietigkeit geschahe/ fassete ihn bey
der Hand/ und baht/ dafern er sein Freund sein wolte/ auff solche Weise mit ihm nicht zu-
verfahren/ ob zwar vor dißmahl er nicht bedacht währe mit zu schiessen/ sondern ihm den
Gewin gerne gönnete/ welchen ohn das zuerhalten er ihm nicht getrauete. Also henkete
Herkuliskus das Ringelein an die Gartentühr/ und begehrete/ daß die Mitschiesser sich
melden möchten. Bald traten acht ädelknaben hervor/ und liessen sich vernehmen/ sie hät-
ten Lust einen Pfeil umb den Gewin mit zu wagen. Herkuliskus mahlete darauff aller nä-
hest unter dem Ringel ein einen weissen Flecken/ so groß als der Ring wahr/ schrieb zu bey-
den Seiten des Groß Fürsten und der Groß Fürstin/ drunten aber des jungen Fürsten Nah-
men/ und sagte: Wer nun mit mir umb diesen aller liebsten Ring scheust/ der mus den Pfeil
in dieses weise Flecklein schiessen/ versehret er den Ring/ mus er in fünff Jahren keinen

Pfeil

Drittes Buch.
ſamt dem Saͤbel auff die Erde fiel/ und aus Ohnmacht bald ſelbſt nach ſtuͤrzete. Nun be-
ſchimpffe forthin mehr unbekante/ ſagte Herkuliſkus/ die hoͤheres Standes ſind als du; und
haſtu die Kunſt nit beſſer gelernet/ biſtu wol ein unſchuldiger Meiſter/ wirſt auch mit dieſer
dich forthin nit mehr kratzen duͤrffen. Die Zuſeher kunten dieſes Juͤnglings Geſchikligkeit
nit gnug ruͤhmẽ/ uñ weil der Großfuͤrſt den verwundeten verbindẽ ließ/ redete die Großfuͤr-
ſtin mit ihm; er muͤſte ohn zweiffel gnaͤdige Goͤtter haben/ die ihn nit koͤntẽ beſchimpfen laſ-
ſen/ und waͤhre ihr in ſonderheit lieb/ dz der unzuͤchtige Bube ſeine Straffe empfangen/ uñ
er dagegen unverletzt blieben waͤhre. Herkuliſkus kuͤſſete ihr aus untertaͤhnigkeit den Roc-
kesſaum/ und befahl ſich ihrer hohen Gnade/ und da ſie ihm die Hand boht/ kuͤſſete er die-
ſelbe inniglich/ daß ſie ſich nicht enthalten kunte zu ſagen: Ach daß die Goͤtter mir einen
ſolchen lieben Sohn oder Tochter geben wolten/ wie hoch wuͤrde ich ihnen davor verbun-
den ſeyn. Es hatte aber der junge Fuͤrſt Arbianes eine ſolche Vergnuͤgung an ſeinem Sie-
ge/ daß er vor freuden in die hoͤhe ſprang/ und mit beyden Armen ihn umbfing/ zu ihm ſa-
gend: Mein geliebter Herkuliſkus/ wie angenehm iſt mir eure Geſundheit/ welche die Goͤt-
ter ja nimmermehr wollen ſtoͤren laſſen; und hoͤnet mich nicht wenig/ daß ich bißher einen
ſo unerfahrnen Lehrmeiſter gehabt/ welcher in der wahren Kunſt faſt weniger als nichts
verſtehet; erkenne ſonſt wol wie hoͤfflich ihr mit mir in der Ubung verfahren. Herkuliſkus
baht umb verzeihung und antwortete: Mein Durchl. Fuͤrſt ſichtet meines ermaͤſſens vor-
ſichtiger/ als der ruhmraͤhtige Meiſter/ der nur gewohnt iſt/ mit ſeinen Schuͤlern zu ſpie-
len/ weis zwar ſeine Streiche in etwas zu fuͤhren/ aber er hat ſie ſo wenig alle gelernet als
ich. Inzwiſchen ſahe er einen aͤdelknaben ſeine Pfeil und Bogen halten/ nahm ſelbe von
ihm ab/ und ruͤhmete/ daß Herr Mazeus ſein groſſer Freund ihm ſolche geſchenket haͤtte.
Wir wiſſen wol/ ſagte die Groß Fuͤrſtin/ daß ihr in der Schießkunſt wol erfahren ſeid/ haͤt-
ten auch deſſen vielleicht ſchon eine gute Bewehrung geſehen/ da euch der Unhold nicht
davon auffgehalten; ich ſetze aber dieſes Gedenk Ringelein vor dißmahl auff den Gewin/
da etliche ſeyn moͤchten/ die darumb ſchieſſen wollen. Herkuliſkus nam den Ring/ der zwaꝛ
nicht ſo gar hoch im Preiſe wahr/ aber doch ſeine Neigung anzuzeigen/ nam er unbeuhr-
laubet denſelben aus der Groß Fuͤrſtin Hand/ kuͤſſete ihn/ und ſagte: Dieſes alle liebſte
Ehrengedaͤchtnis zuerhalten/ wil ich meinen Fleiß nicht ſparen/ es waͤhre dann/ das mein
Gn. Fuͤrſt Arbianes bedacht ſeyn moͤchte/ mit zuſchieſſen/ dann deſſen Durchl. greiffe ich
nicht vor. Der junge Fuͤrſt ſahe/ daß dieſes aus Ehrerbietigkeit geſchahe/ faſſete ihn bey
deꝛ Hand/ und baht/ dafern er ſein Freund ſein wolte/ auff ſolche Weiſe mit ihm nicht zu-
verfahren/ ob zwar vor dißmahl er nicht bedacht waͤhre mit zu ſchieſſen/ ſondern ihm den
Gewin gerne goͤnnete/ welchen ohn das zuerhalten er ihm nicht getrauete. Alſo henkete
Herkuliſkus das Ringelein an die Gartentuͤhr/ und begehrete/ daß die Mitſchieſſer ſich
melden moͤchten. Bald traten acht aͤdelknaben hervor/ und lieſſen ſich vernehmen/ ſie haͤt-
ten Luſt einen Pfeil umb den Gewin mit zu wagen. Herkuliſkus mahlete darauff aller naͤ-
heſt unter dem Ringel ein einen weiſſen Flecken/ ſo groß als der Ring wahr/ ſchrieb zu bey-
den Seiten des Groß Fuͤrſten uñ der Groß Fuͤrſtin/ drunten aber des jungen Fuͤrſten Nah-
men/ uñ ſagte: Wer nun mit mir umb dieſen aller liebſten Ring ſcheuſt/ der mus den Pfeil
in dieſes weiſe Flecklein ſchieſſen/ verſehret er den Ring/ mus er in fuͤnff Jahren keinen

Pfeil
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[566/0604] Drittes Buch. ſamt dem Saͤbel auff die Erde fiel/ und aus Ohnmacht bald ſelbſt nach ſtuͤrzete. Nun be- ſchimpffe forthin mehr unbekante/ ſagte Herkuliſkus/ die hoͤheres Standes ſind als du; und haſtu die Kunſt nit beſſer gelernet/ biſtu wol ein unſchuldiger Meiſter/ wirſt auch mit dieſer dich forthin nit mehr kratzen duͤrffen. Die Zuſeher kunten dieſes Juͤnglings Geſchikligkeit nit gnug ruͤhmẽ/ uñ weil der Großfuͤrſt den verwundeten verbindẽ ließ/ redete die Großfuͤr- ſtin mit ihm; er muͤſte ohn zweiffel gnaͤdige Goͤtter haben/ die ihn nit koͤntẽ beſchimpfen laſ- ſen/ und waͤhre ihr in ſonderheit lieb/ dz der unzuͤchtige Bube ſeine Straffe empfangen/ uñ er dagegen unverletzt blieben waͤhre. Herkuliſkus kuͤſſete ihr aus untertaͤhnigkeit den Roc- kesſaum/ und befahl ſich ihrer hohen Gnade/ und da ſie ihm die Hand boht/ kuͤſſete er die- ſelbe inniglich/ daß ſie ſich nicht enthalten kunte zu ſagen: Ach daß die Goͤtter mir einen ſolchen lieben Sohn oder Tochter geben wolten/ wie hoch wuͤrde ich ihnen davor verbun- den ſeyn. Es hatte aber der junge Fuͤrſt Arbianes eine ſolche Vergnuͤgung an ſeinem Sie- ge/ daß er vor freuden in die hoͤhe ſprang/ und mit beyden Armen ihn umbfing/ zu ihm ſa- gend: Mein geliebter Herkuliſkus/ wie angenehm iſt mir eure Geſundheit/ welche die Goͤt- ter ja nimmermehr wollen ſtoͤren laſſen; und hoͤnet mich nicht wenig/ daß ich bißher einen ſo unerfahrnen Lehrmeiſter gehabt/ welcher in der wahren Kunſt faſt weniger als nichts verſtehet; erkenne ſonſt wol wie hoͤfflich ihr mit mir in der Ubung verfahren. Herkuliſkus baht umb verzeihung und antwortete: Mein Durchl. Fuͤrſt ſichtet meines ermaͤſſens vor- ſichtiger/ als der ruhmraͤhtige Meiſter/ der nur gewohnt iſt/ mit ſeinen Schuͤlern zu ſpie- len/ weis zwar ſeine Streiche in etwas zu fuͤhren/ aber er hat ſie ſo wenig alle gelernet als ich. Inzwiſchen ſahe er einen aͤdelknaben ſeine Pfeil und Bogen halten/ nahm ſelbe von ihm ab/ und ruͤhmete/ daß Herr Mazeus ſein groſſer Freund ihm ſolche geſchenket haͤtte. Wir wiſſen wol/ ſagte die Groß Fuͤrſtin/ daß ihr in der Schießkunſt wol erfahren ſeid/ haͤt- ten auch deſſen vielleicht ſchon eine gute Bewehrung geſehen/ da euch der Unhold nicht davon auffgehalten; ich ſetze aber dieſes Gedenk Ringelein vor dißmahl auff den Gewin/ da etliche ſeyn moͤchten/ die darumb ſchieſſen wollen. Herkuliſkus nam den Ring/ der zwaꝛ nicht ſo gar hoch im Preiſe wahr/ aber doch ſeine Neigung anzuzeigen/ nam er unbeuhr- laubet denſelben aus der Groß Fuͤrſtin Hand/ kuͤſſete ihn/ und ſagte: Dieſes alle liebſte Ehrengedaͤchtnis zuerhalten/ wil ich meinen Fleiß nicht ſparen/ es waͤhre dann/ das mein Gn. Fuͤrſt Arbianes bedacht ſeyn moͤchte/ mit zuſchieſſen/ dann deſſen Durchl. greiffe ich nicht vor. Der junge Fuͤrſt ſahe/ daß dieſes aus Ehrerbietigkeit geſchahe/ faſſete ihn bey deꝛ Hand/ und baht/ dafern er ſein Freund ſein wolte/ auff ſolche Weiſe mit ihm nicht zu- verfahren/ ob zwar vor dißmahl er nicht bedacht waͤhre mit zu ſchieſſen/ ſondern ihm den Gewin gerne goͤnnete/ welchen ohn das zuerhalten er ihm nicht getrauete. Alſo henkete Herkuliſkus das Ringelein an die Gartentuͤhr/ und begehrete/ daß die Mitſchieſſer ſich melden moͤchten. Bald traten acht aͤdelknaben hervor/ und lieſſen ſich vernehmen/ ſie haͤt- ten Luſt einen Pfeil umb den Gewin mit zu wagen. Herkuliſkus mahlete darauff aller naͤ- heſt unter dem Ringel ein einen weiſſen Flecken/ ſo groß als der Ring wahr/ ſchrieb zu bey- den Seiten des Groß Fuͤrſten uñ der Groß Fuͤrſtin/ drunten aber des jungen Fuͤrſten Nah- men/ uñ ſagte: Wer nun mit mir umb dieſen aller liebſten Ring ſcheuſt/ der mus den Pfeil in dieſes weiſe Flecklein ſchieſſen/ verſehret er den Ring/ mus er in fuͤnff Jahren keinen Pfeil

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/604>, abgerufen am 22.12.2024.