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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
gegen einander über auff Bankpolstern/ und wurden von des Arztes Gesellen fleißig gewartet.
Inzwischen hatte jhr Haußwirt Sabihn sich mit seinem Gesinde wieder hervor gemacht/
welche im anfange des blutigen Kampffs davon geflohen waren/ und in Winkeln sich hin
und wieder verstecket hatten/ wo sie meyneten am sichersten zu seyn. Sie kunten sich nicht gnug
verwundern/ daß das Hauß voll Blutes stund/ und mit Erschlagenen angefüllet war; und
wolte der Wirt von Wenzesla fast mit Gewalt wissen/ was die Ursach dieses mördlichen ü-
berfalles seyn möchte; wovon er jhm doch keinen bescheid zu geben wuste/ und gleich in dem
gewahr ward/ daß ein Räuber noch nicht verschieden war/ ließ ihn durch kräfftige sachen er-
quicken/ und mit Dräuung schwerer Peinigung befragen; welcher aber wegen seiner Wun-
den Schmerzen nicht viel reden kunte/ baht sehr/ jhm seine Pein durch schleunigen Todt zu
verkürzen/ und den Gefangenen vorzunehmen/ der umb alles Wissenschafft trüge; worauff
diesem die Seele außfuhr. Wenzesla schleppete seinen Gefangenen auß der finstern Kammer
hervor/ der alles angehöret/ und so viel seine Schmertzen zuliessen/ sich darüber gnug belusti-
get hatte; sagte auch/ wie er die Erfchlagenen sahe: O jhr nichts werte verzagte Hudler; bil-
lich müsset jhr da gestreckt liegen/ weil jhr euch vor zween jungen Kerlen nicht habet schützen
können/ denen ich/ wann ich gesund und frey währe/ allein Mannes gnug seyn wolte. Indem
er aber den Haußwirt unvermutlich erblickete/ hielt er die Arme vor das Ange sicht/ um nicht
erkennet zu werden. Wenzesla dräuete jhm den abscheulichsten Todt/ wo er auff seine Frage
nicht gleich zu antworten würde. Er aber sagte: Lasset zuvor euren Haußwirt abtreten/ als-
dann gelebe ich eures willens. Sab ihn gedauchte die Stimme zu kennen/ reiß jhm die Arme
vom Gesichte hinweg/ und nach fleissiger Besichtigung/ erkennete er jhn vor seinen Knecht
Geta/ der jhm vor zwey Jahren/ da er in einem andern Hause wohnete/ entlauffen war/ und
einen Zehrpfennig auff 200 Kronen mit genommmen hatte; erblassete demnach vor Zorn/
und sagte: O du abgefeimter Bube/ gerähtestu also wieder unter meine Hände? gewiß wird
dir das Glück nicht so günstig seyn/ daß du ungefoltert verscheidest. Erzählete darauff Wen-
zeslaen/ wie er vor ungefehr drittehalb Jahren diesen leibeigenen getauschet/ der sich anfangs
sehr wol gehalten/ endlich aber der Gelegenheit wahr genommen/ ihm die Laden auffgebro-
chen/ und was er an Baarschafften funden/ mit weg genommen hätte. Der verwägene Geta
antwortete ihm: Herr/ jetzt betreffe ich euch auff einer gedoppelten Lügen; dann vorerst habe
ich eure Lade nicht auffgebrochen/ sondern mit meinem Nach schlüssel/ der zu allen euren Schlös-
sern gerecht war/ auffgeschlossen. Vors ander/ habe ich mich an eurer Seiten nie wol gehal-
ten/ sondern allemahl abgeknappet/ wie und was ich gekunt; und hätte ich gewust/ daß hier eu-
re Wohnung währe/ solte mich der alte Krum Reuter wol nicht über eure Schwelle gebracht
haben. Mir genüget an deiner gutwilligen Bekäntniß/ sagte Sabihn/ werde auch desto mehr
ursach haben/ dir nach Verdienste abzulohnen. Aber sage mir/ wer hat dißübel in meinem
Hause gestifftet? Je wer anders antwortete er/ als die/ so diese meine feige Gesellen erschla-
gen haben? Wer sind aber diese deine ehrliche Gesellen? fragte Sabihn. Besehet sie/ ant-
wortete der Bube/ wie jhr mir getahn/ so werdet ihr eigentlich befinden/ daß sie eben diese
sind/ welche da todt liegen. Sabihn ergrimmete des Spottes/ und sagte: Ey so mustu mir
heut noch anders reden/ es wäre dann/ daß dein Fleisch ja so steiff als dein Sinn seyn möch-
te. Tuht euer bestes/ antwortete dieser/ dz werde ich auch tuhn/ und diesen Saz halten müssen.

Die

Erſtes Buch.
gegen einander uͤber auff Bankpolſtern/ uñ wurdẽ von des Arztes Geſellen fleißig gewartet.
Inzwiſchen hatte jhr Haußwirt Sabihn ſich mit ſeinem Geſinde wieder hervor gemacht/
welche im anfange des blutigen Kampffs davon geflohen waren/ und in Winkeln ſich hin
und wieder verſtecket hatten/ wo ſie meynetẽ am ſicherſten zu ſeyn. Sie kunten ſich nicht gnug
verwundern/ daß das Hauß voll Blutes ſtund/ und mit Erſchlagenen angefuͤllet war; und
wolte der Wirt von Wenzeſla faſt mit Gewalt wiſſen/ was die Urſach dieſes moͤrdlichen uͤ-
berfalles ſeyn moͤchte; wovon er jhm doch keinen beſcheid zu geben wuſte/ und gleich in dem
gewahr ward/ daß ein Raͤuber noch nicht verſchieden war/ ließ ihn durch kraͤfftige ſachen er-
quicken/ und mit Draͤuung ſchwerer Peinigung befragen; welcher aber wegen ſeiner Wun-
den Schmerzen nicht viel reden kunte/ baht ſehr/ jhm ſeine Pein durch ſchleunigen Todt zu
verkuͤrzen/ und den Gefangenen vorzunehmen/ der umb alles Wiſſenſchafft truͤge; worauff
dieſem die Seele außfuhr. Wenzeſla ſchleppete ſeinen Gefangenen auß der finſtern Kam̃er
hervor/ der alles angehoͤret/ und ſo viel ſeine Schmertzen zulieſſen/ ſich daruͤber gnug beluſti-
get hatte; ſagte auch/ wie er die Erfchlagenen ſahe: O jhr nichts werte verzagte Hudler; bil-
lich muͤſſet jhr da geſtreckt liegen/ weil jhr euch vor zween jungen Kerlen nicht habet ſchuͤtzen
koͤnnen/ denen ich/ wann ich geſund und frey waͤhre/ allein Mannes gnug ſeyn wolte. Indem
er aber den Haußwirt unvermutlich erblickete/ hielt er die Arme vor das Ange ſicht/ um nicht
erkennet zu werden. Wenzeſla draͤuete jhm den abſcheulichſten Todt/ wo er auff ſeine Frage
nicht gleich zu antworten wuͤrde. Er aber ſagte: Laſſet zuvor euren Haußwirt abtreten/ als-
dann gelebe ich eures willens. Sab ihn gedauchte die Stimme zu kennen/ reiß jhm die Arme
vom Geſichte hinweg/ und nach fleiſſiger Beſichtigung/ erkennete er jhn vor ſeinen Knecht
Geta/ der jhm vor zwey Jahren/ da er in einem andern Hauſe wohnete/ entlauffen war/ und
einen Zehrpfennig auff 200 Kronen mit genommmen hatte; erblaſſete demnach vor Zorn/
und ſagte: O du abgefeimter Bube/ geraͤhteſtu alſo wieder unter meine Haͤnde? gewiß wird
dir das Gluͤck nicht ſo guͤnſtig ſeyn/ daß du ungefoltert verſcheideſt. Erzaͤhlete darauff Wen-
zeſlaen/ wie er vor ungefehꝛ drittehalb Jahren dieſen leibeigenen getauſchet/ der ſich anfangs
ſehr wol gehalten/ endlich aber der Gelegenheit wahr genommen/ ihm die Laden auffgebro-
chen/ und was er an Baarſchafften funden/ mit weg genommen haͤtte. Der verwaͤgene Geta
antwortete ihm: Herr/ jetzt betreffe ich euch auff einer gedoppelten Luͤgen; dann vorerſt habe
ich eure Lade nicht auffgebrochẽ/ ſondern mit meinem Nach ſchluͤſſel/ der zu allen eurẽ Schloͤſ-
ſern gerecht war/ auffgeſchloſſen. Vors ander/ habe ich mich an eurer Seiten nie wol gehal-
ten/ ſondern allemahl abgeknappet/ wie und was ich gekunt; und haͤtte ich gewuſt/ daß hier eu-
re Wohnung waͤhre/ ſolte mich der alte Krum Reuter wol nicht uͤber eure Schwelle gebracht
haben. Mir genuͤget an deiner gutwilligen Bekaͤntniß/ ſagte Sabihn/ werde auch deſto mehr
urſach haben/ dir nach Verdienſte abzulohnen. Aber ſage mir/ wer hat dißuͤbel in meinem
Hauſe geſtifftet? Je wer anders antwortete er/ als die/ ſo dieſe meine feige Geſellen erſchla-
gen haben? Wer ſind aber dieſe deine ehrliche Geſellen? fragte Sabihn. Beſehet ſie/ ant-
wortete der Bube/ wie jhr mir getahn/ ſo werdet ihr eigentlich befinden/ daß ſie eben dieſe
ſind/ welche da todt liegen. Sabihn ergrimmete des Spottes/ und ſagte: Ey ſo muſtu mir
heut noch anders reden/ es waͤre dann/ daß dein Fleiſch ja ſo ſteiff als dein Sinn ſeyn moͤch-
te. Tuht euer beſtes/ antwoꝛtete dieſer/ dz weꝛde ich auch tuhn/ und dieſen Saz halten muͤſſen.

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/46>, abgerufen am 29.11.2024.